Die im lieblichen Cornwall gelegene britische Firma Microdeal hat uns in letzter Zeit vermehrt mit preiswerten Produkten zum Thema »Musik mit dem Atari ST« überrascht. Neuester Streich der emsigen Insulaner: Die 16-Bit-Version des überaus erfolgreichen Replay-Sample-Systems.
Wer ein bißchen die Historie der Sample-Zusätze für Atari Computer beobachtet hat, dem ist der »ST Replay« sicherlich ein Begriff, war er doch eines der ersten Systeme dieser Art auf dem Markt. Nach der Aufwertung zum »Replay Pro« und »Replay Stereo«, gelang den Briten jetzt der Durchbruch zum 16-Bit-Mono-Sampler.
Überraschender noch als die CD-taugliche Auflösung ist allerdings der Preis des Pakets: für nur ca. 130 Pfund Sterling (z.Zt. unter 390 Mark) erhält man nämlich nicht nur die Sample-Hardware, sondern auch ein umfangreiches Software-Paket.
Der Sample-Zusatz besticht durch sein schlichtes Äußeres, an dem es außer einem Ein- und Ausgang -jeweils als Chinch-Buchse ausgeführt - und einem Regler für die Eingangsempfindlichkeit nichts weiter zu bestaunen gibt. Dieses kleine Kästchen stecken Sie wie gewohnt in den leidgeprüften ROM-Port Ihres Ataris, womit Sie alle notwendigen Installationsarbeiten erledigt hätten.
Zentrale Schaltstelle des Software-Bündels ist zweifelsohne das Editor-Programm, in dem Sie Samples aufnehmen und bearbeiten. Die Steuerung des Programms erfolgt in bester GEM-Manier über Menüleiste und zeitgemäße Icons. Der Sample-Profi darf jedoch auch einen Großteil der Funktionen per Tastatur aufrufen. Alle geladenen Samples stellt der Editor als Icons dar, ein Doppelklick auf ein Icon öffnet ein GEM-Fenster und gibt somit das Sample zur Weiterverarbeitung frei.
Der Editor akzeptiert Samples von 8 bis 16 Bit, die Samplefrequenz darf dabei 5,5 bis 50 kHz betragen. Mit diesen Werten schlägt der Editor die Hardware um Längen, die nämlich lediglich Frequenzen bis maximal 12,5 kHz darstellt (Samplefrequenz = 25 kHz). Im Gegensatz zum Sampler verarbeitet unser Software-Kandidat außerdem auch noch Stereo-Samples. Wer an dieser Stelle den Drang des Editors nach Höherem vermutet, liegt goldrichtig, denn auch alle anderen Features zeugen von großer Professionalität und Praxisnähe. Komplett ausgestattet präsentiert sich beispielsweise die Filtersektion, mit der sich alle erdenklichen Varianten mit frei wählbarem Einsatzpunkt realisieren lassen. Lobenswert ist die Funktion, die Wirkungsweise des gerade aktiven Filters anhand einer Grafik zu verdeutlichen. Gute Dienste für den richtigen Einsatz der Filter leistet die Fast Fourier Analyse, mit deren Hilfe sich die Frequenzverhältnisse in einem Sample genau durchleuchten lassen. Im Gegensatz zu »Avalon«, dem »Übervater« aller Sample-Editoren aus dem Hause Steinberg, gestattet Replay 16 allerdings nicht den Zugriff auf das errechnete Obertonspektrum.
Der Menüpunkt S.F.X. führt direkt in den Effekt Prozessor. Sechs verschiedene Effektypen wie z.B. Hall, Flanging und Echo warten hier auf ihren klangkosmetischen Einsatz. Alle Effekte lassen sich dabei in ihrer Wirkung und Intensität regeln. Selbstverständlich beherrscht Replay 16 auch alle anderen, bei Programmen dieser Art üblichen Funktionen wie Ausschneiden, Kopieren, Loops setzen, digital Verstärken und noch vieles mehr aus dem »Eff-Eff«. Die Liste aller Funktionen wäre in der Tat so lang, daß sie den Umfang dieses Tests bei weitem sprengen würde.
Ein großer Pluspunkt des Editors offenbart sich in seiner Kompatibilität zum MIDI Sample-Dump-Standard, durch die künftige Replay 16-Besitzer problemlos Klänge mit »großen« Samplern (z.B. Akai S1000, Roland S-750 etc.) austauschen dürfen. Ein weiterer Vorteil: Sie benötigen keinen neuen Editor, sollten Sie sich einmal zum Kauf eines Profi-Geräts entscheiden. In Verbindung mit einem großen Sampler läßt sich ST Replay also als vollwertiger Editor benutzen, wobei die Hardware als komfortable Abhörmöglichkeit direkt am Rechner dient. Damit sparen Sie auch gleich noch ein DA-Board, wie es z.B. beim Einsatz von Avalon zu empfehlen ist.
Im Vergleich zum exzellenten Editor wirken die anderen beiden Programme des Pakets etwas rustikal in ihrer optischen Präsentation. Da wäre zum einen »MIDIplay«, das den Replay 16 zu einem MIDI-fähigen, polyphon spielbaren Musikinstrument avancieren läßt. In MIDIplay ordnen Sie Ihre Samples den verschiedenen Tastaturzonen des Keyboards zu, wobei der MIDI-Kanal für alle Zonen identisch bleibt. Eine Nutzung des Replay im Multimode ist also nicht möglich, aufgrund der maximalen Vierstimmigkeit aber vielleicht auch nicht unbedingt notwendig. Schade allerdings, daß MIDIplay statt der möglichen vier Stimmen nur höchstens drei zu produzieren im Stande war. Hierbei scheint es sich allerdings um einen Softwarefehler zu handeln, da der Dritte im Bunde, »Drumbeat«, brav alle vier Stimmen simultan zum Klingen brachte.
Wie der Name schon erahnen läßt, handelt es sich bei »Drumbeat« um einen Drum-Computer auf Software-Basis. In einem Gittersystem stellen Sie hier Ihre Pattern zusammen, aus denen Sie dann wiederum einen kompletten Song arrangieren. Als Schmankerl gestattet »Drumbeat« neben der Step-by-Step Eingabe mit der Maus auch noch das Einspielen eines Grooves in Real-Time überein MIDI-Drum-Pad. Welche Drum-Sounds später erklingen sollen, legen Sie ebenfalls in »Drumbeat« fest, ein Drum-Kit umfaßt hierbei bis zu 32 Schlaginstrumente.
Mit dem Replay 16 Sample-System legt Microdeal ein durchaus ernstzunehmendes Komplettsystem vor, mit dem sich auch in kleineren Heimstudios durchaus vernünftig arbeiten läßt. Zwar darf man an die Hardware keine allzu hohen Ansprüche stellen, sie klingt aber dennoch deutlich besser als alle anderen verfügbaren 8- und 12-Bit Systeme. Die Klangqualität »großer« Sampler erreicht das kleine Kästchen natürlich nicht, dafür sorgt schon der verhältnismäßig geringe Frequenzgang von nur 12,5 kHz. Mit seiner maximal vierstimmigen Polyphonie eignet sich der Replay dann auch weniger für bombastische Arrangements, sondern eher zum »Einfliegen« von Soundeffekten oder als Ergänzung zu einem Drum-Computer.
Wer den Replay zum Sequencing einsetzen möchte, darf nicht außer acht lassen, daß er zwei Ataris benötigt: einen für den Sampler, den anderen für den Sequenzer. Eine Zusammenarbeit zwischen Replay 16 und einem MIDI-Tasking-System verhindert schon die Form der Hardware, die in keinen uns bekannten ROM-Expander paßt.
Deutlich in professionelle Regionen strebt dagegen schon der Sample-Editor des Paketes, der eigentlich alles zu bieten hat, was man so zum Sample-Veredeln benötigt. Angefangen von der Stereo-Funktion bis zum sehr detailliert konfigurierbaren Filter, der FFT-Analyse und dem wirklich sehr guten Benutzer-Interface bleiben hier kaum Wünsche offen. Es sollte mich nicht wundern, wenn sich auch der eine oder andere »Profi«-Sampler für das Programm erwärmen könnte. Allein der Editor-Teil rechtfertigt schon beinahe den Kaufpreis des Replay 16.
Von der »Verpackung« her nicht ganz so aufregend aber dennoch funktionstüchtig präsentieren sich MIDIplay und Drumbeat. Eine Anpassung an den Standard des Editors wäre für die nächste Version allerdings anzuraten.
So ist Replay 16 ein gelungenes Paket sowohl für den qualitätsbewußten Einsteiger als auch für den Hobby-Sampler. In jedem Fall ein guter Deal von Microdeal. (wk)
Microdeal Ltd, Box 68, St. Austell, Cornwall PL25 4YB England
Name: Replay 16
Preis: 129,95 Pfund inkl. Versand nach Deutschland
Hersteller: Microdeal Ltd.
Stärken: sehr umfangreiches Softwarepaket □ gute Klangqualität □ Kommunikation mit »Fremdsamplern« über MIDI-Sample-Dump □ MIDIfizierung
Schwächen: Hardware nutzt Möglichkeiten der Software nicht ganz aus (Mono, max. Sampling-Frequenz: 25 kHz) □ Benutzerführung von MIDIplay und Drumbeat fällt gegen den Editor etwas ab
Fazit: Ein gelungenes Sample-Paket zum fairen Preis.