Perspektiven mit Komfort

Sie möchten technische Illustrationen als dimetrische Normperspektive mit Ihrem Computer zeichnen. Aber Ihr Zeichenprogramm hat keinen 3D-Teil! Wir zeigen Ihnen wie es trotzdem geht.

Wenn Ihr Zeichenprogramm, wie beispielsweise »MegaPaint II Professional«, folgende Funktionen bietet, zeichnen Sie DIN-Perspektiven schneller und einfacher als Sie ahnen:

Ein Vektorteil mit Ebenen- bzw. Gruppenverwaltung und zusätzlichem Punktfang (Snap-Funktion) bietet ein noch eleganteres Zeichnen und liefert noch schärfere Linien, aber mit einem reinen Rastergrafikprogramm geht es genauso gut.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die aufgezeigten zwei Rezepte erzeugen einerseits je ein dimetrisches bzw. isometrisches Raster nach DIN 5 zum Skizzieren und erlauben auch ein Skizzieren ohne die entsprechende Rasterunterlage. Um die Wege aufzuzeigen, ist das praktische Beispiel die beste Lösung. Aufgabe ist also eine Zeichnung wie in Bild 1.

Bild 1. Dieses Werkstück soll zuerst in dimetrischer. später in isometrischer Normperspektive nach DIN 5 entstehen
Bild 2. Achsendreibein der dimetrischen Perspektive nach DIN 5

Als ersten Weg wählen wir die dimetrische Normperspektive. »Dimetrisch« bedeutet soviel wie zwei Maßstäbe, hier 1:1 und 1:2. Weitere Eigenschaften zeigt Bild 2. Als Voreinstellungen wählen Sie ein Bildraster, beispielsweise 5x5 mm, die Funktion »Rasterfang«, gehen eventuell in den Vektorteil und verwenden die »Snap«-Funktion. Das Raster selbst Zeichen Sie jetzt in Kavalierperspektive (0°, 90°und 45°). Dabei nutzen Sie die Funktionen »Raster« und »Rasterfang«. Die Raster lassen sich auf Vorrat anlegen und bei Gegebenheit einblenden (vgl. Bild 3).

Die Umrisse zeichnen Sie als Drahtgittermodell in der Kavalierperspektive mit Hilfe des Raster- und des Punktfangens. Wenn Sie dabei nur mit geschlossenen Formen (Polygonzug, Parallelogramm) arbeiten, lassen sich die Flächen auch leicht mit Mustern füllen. Achten Sie beim Zeichnen darauf, die Maße auf den Tiefenlinien zu halbieren. Dabei hilft die Koordinatenanzeige. Das Ganze sieht dann aus wie in Bild 4.

Als nächstes müssen Sie die Zeichnung horizontal mit 99,25% skalieren. Wenn Sie im Vektorteil zeichnen, müssen Sie vorher die Objekte gruppieren, damit alle Elemente den Verzerrungen unterworfen sind. Jetzt kommt noch die Verzerrung (scheren) des Bildes um -7°. Das so »verzerrte« Bild entspricht annähernd der dimetrischen Normperspektive (vgl. Bild 6). Lediglich auf der Tiefenachse sind die Maße um 6,3% zu kurz. Das fällt dem Betrachter weniger auf. Beim Freihandskizzieren auf Rasterpapier nimmt man wegen des Zeichenkomforts noch größere Abweichungen in Kauf. Beim Arbeiten mit Ebenen oder Gruppen läßt sich das »Rasterpapier« auch ausblenden. Wer es ganz genau wissen will, der schaut in die Tabelle. Sie zeigt die Abweichungen der Bilder nach obiger Methode gegenüber der genauen Konstruktion nach Norm oder gegenüber dem Skizzieren auf gekauftem Rasterpapier.

Der zweite Weg, das Zeichnen in isometrischer Perspektive, ist dem ersten Verfahren sehr ähnlich. »Isometrisch« bedeutet, daß mit nur einem Maßstab, hier 1:1:1, abgebildet wird. Die Winkelmaße sehen Sie im Achsendreibein in Bild 7.

Als Voreinstellung verwenden Sie ein Bildschirmraster mit 2,5 x 2,5 mm. Mit Hilfe der Bildschirmrasterpunkte (zwei Einheiten waagerecht und eine Einheit senkrecht) zeichnen Sie das provisorische Raster. Die Breiten- und Tiefenachsen bilden dann einen Winkel-von 26,57° zur Waagerechten. Solche Raster lassen sich in verschiedenen Größen auf Vorrat herstellen (vgl. Bild 8).

Mit Hilfe des provisorischen Rasters zeichnen Sie das Drahtgittermodell. Die Verwendung des Bildschirmrasters mit »Rasterfang« erzielt hohe Genauigkeiten und erlaubt ein schnelles Arbeiten. Die Maße auf der Tiefenlinie tragen Sie im Maßstab 1:1 auf der Tiefenlinie mit einer Einheit (vorläufig 111,8%) ab. Die Winkel und Längen sind jetzt noch verzerrt, dafür läßt sich elegant und genau zeichnen. Das fertige Bild skalieren Sie durch horizontales Stauchen mit 86,6% (vgl. Bild 9). Das isometrische Hilfsraster läßt sich auf Wunsch als Ebene oder als Gruppe ausblenden. Das fertige Bild entspricht den Abbildungsvorschriften der isometrischen DIN-Perspektive. Die Ungenauigkeit beträgt maximal 0,0025%.

Die Normung der Perspektiven zielte darauf, Abbildungsverfahren zu bieten, die trotz leichtem und komfortablem Zeichnen wirklichkeitsnahe Bilder erzeugen. Die Väter der Normperspektiven fanden einen goldenen Mittelweg zwischen den Ansprüchen des Zeichnens, der Wirklichkeitstreue und den Gesetzmäßigkeiten der darstellenden Geometrie. Sie wußten nicht, daß diese Methoden später einmal auch auf dem Computer ihre Anwendung finden würden. Es ist doch interessant, daß die DIN 5 bisher noch nicht, wie so manche andere Zeichennorm, speziell dem Arbeiten mit dem Computer angepaßt wurde. Das spricht auch für die Schöpfer der Normperspektiven. (wk)

Vertrieb von Mega Paint II bei Tommy Software, Selchonerstr. 32, 1000 Berlin 44

# Tabelle der Abweichungen:
Länge/Winkel Konstruktion nach DIN Skizze Rasterpapier
Breite 0,05% 1,6%
Winkel 7°
Tiefe 6,3% -
Winkel 42° 0,5° 0,5°
Höhe 0% 0%
Winkel 90°

Hubert Heinrichs
Aus: TOS 02 / 1992, Seite 71

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