CAD-Programme, ob im privaten oder im professionellen Einsatz, helfen beim Zeichnen exakter Vorlagen. Diverse Hilfsfunktionen und Automatiken machen dem Anwender das Leben leichter, aber immer noch bestimmt der Mensch das Endergebnis. Das automatische Genie haben auch die CAD-Programmierer noch nicht erfunden.
Für den Atari sind mittlerweile eine ganze Reihe guter CAD-Programme verfügbar. Gerade dem Anfänger fällt es deshalb sicher nicht leicht, sich hier einen vernünftigen Überblick zu verschaffen. Wir stellen Ihnen deshalb neun CAD-Programme kurz vor und erläutern die wesentlichen Einsatzbereiche sowie ihre Stärken und Schwächen. Dabei tauchen nicht nur CAD-Anwendungen für Architekten oder technische Zeichner auf, sondern genauso der wichtige Bereich der Leiterplatten-CAD-Anwendung.
Vorweg noch einige Erklärungen zu den Vergleichskriterien. Es ist nicht möglich, alle CAD-Programme über einen großen Kamm zu scheren und einfach miteinander zu vergleichen, weil doch wesentliche Unterschiede im Gesamtkonzept der einzelnen Programme bestehen. Deshalb haben wir für Sie in einer Tabelle die Grundfunktionen der Leistungsfähigkeit zusammengestellt und geben in den Kurzbeschreibungen noch Zusatzinformationen.
Dieses Programm von Data Becker ist in unserer Übersicht mit 99 Mark das günstigste Produkt und verdient schon aufgrund seines niedrigen Preises besondere Beachtung. Das Verpackungskonzept ist völlig anders, als man es von Software eigentlich erwartet. Der Käufer erwirbt ein ganz normal gebundenes Buch in dessen Einband eine Diskette mit der zugehörigen Software eingeklebt ist. Becker Design verfügt in Anbetracht seines Preises über einen erstaunlichen Leistungsumfang, der eigentlich sonst nur bei preislich höherangesiedelten Programmen zu finden ist. Hierzu gehören das objektorientierte Zeichnen auf bis zu 250 Ebenen mit allen gängigen Standardfunktionen, eine eingebaute Programmiersprache zur Funktionserweiterung und zur Bearbeitung und Auswertung mathematischer Gesetze, einige Symbolbibliotheken, Vektor-Zeichensätze, der eingebaute Texteditor und eine Vielzahl von Ausgabeformaten. Für den ST/TT-Anwender ist besonders die »Calamus«-Schnittstelle von großer Bedeutung, denn sie erlaubt die Einbindung von CAD-Grafiken in Calamus-Layouts, beispielsweise für eine Belichtung. Becker Design ist sicher für den ST/TT-Anwender mit kleinem Geldbeutel eine gelungene Alternative zur teuren Konkurrenz.
DynaCadd von der kanadischen Firma Ditek stellt eines der umfangreichsten CAD-Programme für die Atari ST/TT-Serie dar. Trotz des hohen Preises wartet DynaCadd mit einem absolut guten Preis/Leistungsverhältnis auf. Dieses Programm ist übersichtlich, sehr schnell, professionell und für den täglichen Umgang sehr gut geeignet. DynaCadd ist aber nicht für den Einsteiger konzipiert, der eben mal schnell eine Küche zeichnen will, denn dafür ist der Leistungsumfang zu groß. DynaCadd wendet sich an den professionellen Anwender, sei es die Industrie, Handwerk oder Gewerbe, und es stellt diesen Berufszweigen leistungsstarke Werkzeuge als Alternative zu CAD-Programmen auf IBM-kompatiblen Rechnern zur Verfügung. Im PC-Vergleich ist DynaCadd sehr günstig und äußerst konkurrenzfähig. Eine spezielle TT-Version unterstützt die Besonderheiten dieses Rechners und erreicht dadurch eine beachtliche Arbeitsgeschwindigkeit. Das deutsche Handbuch sowie der Hotline-Support des deutschen Distributors CRP-Koruk unterstützen den guten Gesamteindruck. DynaCadd übernimmt in meinen Augen momentan die Führung der ST/TT-CAD-Liga.
Cadja 1.3 von Computertechnik Kieckbusch ist ein Programm, dessen Bedienkonzept für den GEM-verwöhnten Anwender wieder etwas ungewohnt ist. Auf einer kompletten Bildschirmseite stellt Cadja dem Benutzer seine komplette Funktionsvielfalt zu Verfügung, und auf einer weiteren Seite zeichnet man. Dieses Konzept erlaubt eine größere Zeichenfläche als bei einigen anderen Programmen. Allerdings ist bei der Funktionsvielfalt eines CAD-Programms die optimale Übersicht durch Darstellung aller Grundfunktionen auf einer Bildschirmseite nicht mehr so ganz gegeben. Es bedarf dann einiger Gewöhnung, bis man mit Cadja effektiv und schnell eine Zeichnung anfertigen kann. Für den Anfänger, der wiederum CAD nicht professionell und effektiv (time is money) nutzen will, ist diese Art der Funktionsdarstellung allerdings hilfreich, denn er sieht alle verfügbaren Funktionen auf einen Blick. Eine schnellere Bedienung von Cadja bieten die PopUp-Menüs, die es bei verschiedenen Unterpunkten gibt. Der Anwender sollte vor Kauf der CAD-Software prüfen, ob er sich mit der eigenwilligen Bedienung von Cadja anfreunden kann. Wenn ja, steht einer gelungenen Zeichnung nichts mehr im Wege.
CADproject vom Markt&Technik-Verlag ist eine CAD-Software, die sich für den mittleren CAD-Bereich eignet. Es ist hervorragend für den Anfänger geeignet, denn das Handbuch führt sehr ausführlich und leicht verständlich in den Umgang mit CADproject ein. Dem allerdings steht ein recht unübersichtlicher Bildschirmaufbau entgegen, bei dem alle Funktions-Icons rund um die Zeichenfläche am Bildschirmrand positioniert sind. Da freut sich die Maus, wenn sie Kilometergeld bekommt. Fasziniert haben mich die Symbolbibliotheken. Bei Aufruf einer Bibliothek werden alle verfügbaren Symbole direkt gezeichnet, und man muß sich nur noch das passende Symbol aussuchen. Das ist genau das, was vielen anderen CAD-Programmen fehlt. Wer viel mit Symbolen arbeitet, muß nicht mehr hunderte von Symbolbezeichnungen kennen, sondern sieht sofort das gezeichnete Symbol am Bildschirm. Bemerkenswert ist noch die gleichzeitige Darstellung von bis zu vier Zeichnungen und der Austausch von Zeichnungsteilen.
CADproject verfügt über einen großen Leistungsumfang und das zu einem erstaunlich geringen Preis. Allerdings gehört zu einem CAD-Programm der professionellen Klasse noch die gute Übersicht und ein schnelles Bedienkonzept zum effektiven Zeichnen sowie eine Farbdarstellung. Wer etwas mehr Geld (knapp 600 Mark) in seine Software investieren will, sollte sich CADproject auf jeden Fall einmal ansehen, es lohnt sich.
Das Programm Drafter der Firma Technobox ist schon vom Konzept her ein CAD-Programm, das sich zum schnellen und übersichtlichen Zeichnen eignet. Der Leistungsumfang fällt daher etwas bescheidener als bei dem weiter unten beschriebenen CAD/2 aus dem gleichen Hause aus. Mit dem Drafter lassen sich CAD-Zeichnungen in hervorragender Qualität bei guter Effektivität erzielen. Die Übersicht ist gegeben. Dem Anfänger stehen zu jedem Icon Hilfstexte zur Verfügung, so daß auch der unregelmäßige Umgang mit diesem Programm nicht lange aufhält. Bemerkenswert ist die Farbdarstellung und die Großbildschirm-Fähigkeit. TT-Anwender kommen ebenfalls auf ihre Kosten, und auch den Betrieb des Cache-Speichers nimmt das Programm nicht übel. Der Drafter dürfte für die meisten Standard-CAD-Anwendungen vollauf genügen und ist für mich in der mittleren Atari-CAD-Liga das Programm mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis.
Der Unterschied von CAD/2 zum Drafter aus dem gleichen Hause ist deutlich zu erkennen. Ein wesentlich erweiterter Funktionsumfang sowie viele professionelle Bemaßungsfunktionen stehen dem Anwender hier zur Verfügung. Damit siedelt sich CAD/2 natürlich in der professionellen CAD-Klasse an und muß auch den Vergleich mit anderen Konkurrenten aushalten. Die Übersicht ist wie beim Drafter gegeben, wobei allerdings mehr Informationen auf dem Bildschirm Platz finden müssen. CAD/2 unterstützt, wie auch DynaCadd, die speziellen Hardwarekomponenten des Atari TT, was sich in sehr guten Werten bei der Arbeitsgeschwindigkeit bemerkbar macht. CAD/2 ist für professionelle CAD-Zeichnungen absolut geeignet. In dieser Klasse muß man aber auch den Vergleich zu DynaCadd ziehen. Das Bedienkonzept ist bei beiden unterschiedlich und läßt sich schlecht direkt vergleichen.
DynaCad verfügt über einen 3D-Modus, der bei CAD/2 in dieser Art entfällt. Auch das Handbuch fällt bei DynaCadd deutlich besser aus. Zu einer professionellen Software gehört eine ebenso professionelle Dokumentation. Dennoch ist CAD/2 auf jeden Fall sein Geld wert.
Auch die Leiterplattensoftware fällt in den Bereich der CAD-Programme und soll daher auch mit aufgeführt werden. Hier hat sich auf dem Atari-Markt einiges getan, und wir wollen drei völlig verschiedene Programme vorstellen. Leider war die Firma Praefke nicht bereit, ihre neueste Version von PCB-Layout zur Verfügung zu stellen, weshalb die entsprechende Leistungsdarstellung entfällt.
Route It von Think GmbH ist ein Programm zum vollständigen Anfertigen einer Leiterplatte mit integriertem Autorouter zur automatischen Entflechtung. Bei diesem Programm haben die Autoren augenscheinlich großen Wert auf die einfache Bedienung gelegt. Das Handbuch führt kurz und knapp, jedoch völlig ausreichend und verständlich, in den Umgang mit der Software ein. Platinen lassen sich mit Route It sehr schnell und auch einigermaßen komfortabel erstellen, jedoch fehlt zu einem professionellen Programm noch einiges. Dafür unterstützt Route It Farb- und Monochrommodi des Atari ST oder auch TT sowie die Grafikkarten von Maxon oder Matrix, den Atari-Großmonitor sowie Overscan. Die Postscriptausgabe rundet das Gesamtbild positiv ab. Route It ist zum Preis von 1 79 Mark in der unteren Preisklasse für den nichtprofessionellen Atari-Anwender zur Herstellung sauberer Platinenlayouts absolut geeignet.
Dieses CAD-Programm von trifolium ist eigentlich nicht ausschließlich für die Herstellung von Leiterplatten gedacht und verfügt deshalb auch nicht über Spezialfunktionen für Leiterplatten-CAD. Mit ADEQ-CAD lassen sich jedoch Leiterplattenlayouts in hervorragender Qualität anfertigen. Eine umfangreiche Library-Funktion stellt dem Anwender Bauteile zur Verfügung. Schaltpläne und Leiterplatten entwirft man mit ein und demselben Programm. Die Fähigkeit zur Leiterplattenherstellung erhält ADEQ-CAD durch die Möglichkeit, ein Layout in ein Gerber-Fotoplot-File auszugeben. Daraus fertigen verschiedene Diensleistungsunternehmen eine Platine mit hoher Kantenschärfe. ADEQ-CAD ist leicht zu bedienen und daher auch für den Anfänger geeignet. Das Handbuch, hier stand allerdings erst eine vorläufige Version zur Verfügung, führt den Anwender leicht verständlich in die Thematik ein und enthält eine Vielzahl von Beispielen. Ein Tutorial gibt Schritt für Schritt Anweisungen zum Zeichnen verschiedener Objekte mit ADEQ-CAD. ADEQ-CAD ist für den nichtprofessionellen Layouter gut geeignet. Für die berufliche Nutzung muß man allerdings noch mehr Effektivität (Dauer der Layouterstellung) erwarten.
Platon von VHF-Computer ist, wie bereits schon in einer vorangegangenen TOS-Ausgabe festgestellt, der Polarstern am ST-Himmel im Bereich der Leiterplatten-CAD-Programme. Für den Erwerb muß man zwar tief in die Tasche greifen, was den Hobby-Layouter etwas abschreckt, jedoch erhält man für sein Geld ein komplettes Leiterplatten-CAD-System.
Platon verfügt zur Zeit zwar noch nicht über einen integrierten Autorouter, dieser soll jedoch nach Auskunft von VHF-Computer gerade eingebunden werden und in Kürze verfügbar sein.
Mit Platon lassen sich auf allen Atari-Systemen professionelle Leiterplattenlayouts bei größtmöglicher Effektivität erstellen. Der Vorteil von Platon liegt im speziellen Zuschnitt auf den Bereich der Platinen- und Schaltplanzeichnung. Hier bietet die Software eine Vielzahl von Spezialfunktionen. Aus dem Schaltplan lassen sich Netzlisten generieren, die der Autorouter in Zukunft direkt in ein Layout verwandeln soll.
Die Bibliotheksfunktion stellt eine Vielzahl von Bauteilen zur Verfügung, auf die man schon vor dem Aufruf in einem Fenster Zugriff hat.
PopUp-Menüs steigern die Effektivität und verbessern auch bei Platon 2.XX die Übersicht erheblich. Zu jeder Funktion gehört das passende PopUp-Menü. Die Ausgaben erfolgen in verschiedenen Formaten. Dazu gehört, fast schon selbstverständlich, die Ausgabe in ein Gerber-File.
Wer Leiterplatten am Atari ST/ TT in Farbe und in professioneller Qualität herstellen will, kommt am Kauf von Platon nicht vorbei. Das Preis/ Leistungsverhältnis ist konkurrenzlos gut. (wk)