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Grundlage Samples: Roland Synthesizer JV-80 im Test

MIDI

Sounds bestimmen die AktualitÀt eines modernen Synthesizers. Aus diesem Grund stellen wir Ihnen nicht nur den neuen Roland JV-80 vor, sondern haben auch gleich einige Zusatzsoundpakete unter die Lupe genommen.

Ein herausragender Synthesizer: der Roland JV-80

Der JV-80 ist ein Multi-Timbral-Synthesizer mit einem umfangreichem Repertoire an internen Samples, das mit einzusteckender Hardware noch einmal erheblich zu erweitern ist. Die Sounds des 28stimmigen GerĂ€tes sind Roland-typisch in Patches und Performances unterteilt, wobei 8 BĂ€nke mit je 8 Patches zur VerfĂŒgung stehen. Eine Performance bildet die Kombination aus 7 Patches und Rhythmus. Ein Patch resultiert aus maximal 4 Tones mit Filter, HĂŒllkurve und LFOs. Die Sounds basieren auf 129 internen Wellenformen, die in 4 MByte enthalten sind. Mit den angebotenen Erweiterungen vergrĂ¶ĂŸern Sie den Bereich der ROM-Samples nochmals um 8 MByte. Momentan existieren zwei Erweiterungen: ein Orchestral-Set und ein Pop-Set. Man kann allerdings immer nur ein Set einsetzen. Jede PCM-Card erweitert das Wellenformrepertoire um 2 MByte, wobei auch auf Cards des JD-800 zuzugreifen ist.

Im internen RAM-Bereich stehen 16 Performances, 64 Patches und 1 Rhythmus-Set zur Auswahl. Wie bereits bei den GerĂ€ten D10 und D20 ist ein gleich großer Speicherinhalt jeweils in den ROM-BĂ€nken A bzw. B sowie ĂŒber eine RAM-Card zu verwalten.

FĂŒr jeden der maximal vier in einem Patch enthaltenen Tones, also jede Stimme, haben Sie Zugriff auf zwei LFOs, einen Filter als Hoch- oder Tiefpaß, sowie HĂŒllkurven fĂŒr VerstĂ€rker, Filter und Wellenform mit vier Pegeln und vier Zeiten. FĂŒr jeden Tone sind zudem vier Modulatoren definierbar.

Trotz des kleinen 2x32-Zeichen-Displays ist die Bedienung des JV-80 nahezu genial gelöst. Unter dem Display befinden sich acht Taster, mit denen Sie Tones oder Patches, je nach gewÀhltem Modus, an- oder abschalten bzw. auswÀhlen. Auf der linken Seite des Bedienfeldes haben Sie direkten Zugriff auf die Parameter Chorus, Hall und Transpose. Zudem schaltet ein Taster in den Editier-Modus der Rhythmuseinstellungen.

Je nach gewÀhltem Modus, Performance oder Patch, zeigen Ihnen farblich gekennzeichnete Beschriftungen an den Tasten die jeweilige Funktion. Alle blauen ErlÀuterungen betreffen die Performances, die orangen die Patches.

Über acht Schieberegler haben Sie Zugriff auf alle im Display angezeigten Editierfunktionen. Die Regler arbeiten dynamisch, so daß sich VerĂ€nderungen immer vom eingestellten Wert aus ergeben.

In jeder Performance ist ein Part fĂŒr den Rhythmus reserviert, der sich natĂŒrlich editieren lĂ€ĂŸt. FĂŒr jedes Instrument der Rhythmusgruppe sind die Effektanteile, das Volume, das Panorama sowie die FilterhĂŒllkurve einstellbar. Die Mute-Groups dienen zum Definieren von Sounds, die sich gegenseitig ausschließen. Wichtig ist das zum Beispiel fĂŒr eine HiHat, bei der der Klang fĂŒr die geschlossene die geöffnete HiHat verstummen lĂ€ĂŸt. Als Effekte stehen ein Stereo-Chorus sowie ein Hall-GerĂ€t zur Auswahl. Ein besonderer Effekt ist das Analog-Feel, quasi eine Kombination aus Phaser und Flanger. In der Performance bestimmen Sie den Effektanteil pro Part, die Effekteinstellungen des Patch ĂŒbernimmt der JV-80 nicht.

Nicht zu vernachlĂ€ssigen sind die Masterkeyboard-Funktionen des JV-80. Der Synthesizer unterscheidet zwischen dem »Single Mode« fĂŒr den Sequenzerbetrieb, der Einstellung »Zone« fĂŒr den Livebetrieb, sowie »Layer«. Im Single Mode erklingt nur das jeweils mit dem Cursor angewĂ€hlte Patch. Bei Zone gelten die Performance-Daten des jeweiligen Tastaturbereiches, sie werden zu den Parts sowie ĂŒber MIDI gesendet. Im Layer Mode ĂŒbergeht der JV-80 alle Einstellungen der Tastaturbereiche.

Gut editierbar

Interessant ist, daß der JV-80 z.B. Volumeneinstellungen bei der Anwahl einer Performance ĂŒber MIDI sendet, so daß alle angeschlossenen GerĂ€te gleich den von Ihnen gewĂŒnschten und eingestellten LautstĂ€rkelevel aufweisen. VerĂ€nderungen nehmen Sie wiederum mit den acht Reglern vor, mit denen Sie auch in Echtzeit Zugriff auf die anderen Parts bzw. auf die weiteren via MIDI-KanĂ€le angeschlossenen GerĂ€ten haben. Gleiches gilt fĂŒr das Panorama und die Transpose-Einstellung.

Neben dem Roland-eigenen Bender finden Sie drei Schieberegler. Zum einen sind dies Volume und Presence, wobei letzterer eine Kontrolle des Höhenanteils ermöglicht. Der Schieberegler CI ist programmierbar, so daß Sie Control Changes, Druckdynamik, Pitchbending oder auch Programmwechsel mit diesem Regler ausfĂŒhren können.

Auf der RĂŒckseite hat der JV-80 einen Stereo-Ausgang, einen Kopfhörerausgang sowie die SchĂ€chte fĂŒr PCM- und RAM-Cards. Zwei Pedalschalter sowie ein LautstĂ€rkepedal sind anzuschließen. Das relativ kompakte und leichte GerĂ€t lĂ€dt geradezu zum Umhertragen ein. Mit seinen 61 anschlagdynamischen Tasten und dem reichen Repertoire an Sounds ist der JV-80 ein ideales GerĂ€t, um fast ĂŒberall mitzuspielen.

Doch auch fĂŒr das eigene MIDI-Studio bietet die Soundvielfalt fast alles, was das Herz begehrt. Wenn Sie zudem noch einen »echten Synthesizer« besitzen, sollten Sie in den meisten FĂ€llen fĂŒr den Heimbedarf ausreichend und mit qualitativ hochwertigen Sounds bestĂŒckt sein. Zum Lieferumfang des JV-80 gehört ein 200 Seiten starkes Handbuch.

Roland bietet zwei Erweiterungen mit jeweils 8 MByte an gespeicherten Samples fĂŒr den JV-80 an. Die Erweiterung ist sehr einfach an der Unterseite des JV-80 an einer speziellen Öffnung einzusetzen. Der notwendige Schraubendreher gehört selbstverstĂ€ndlich zum Lieferumfang. Uns stand die Erweiterung »POP« zur VerfĂŒgung. Auf diesem Expansion Board befinden sich 224 sehr gute Samples, die die internen Wellenformen ergĂ€nzen. Das eine Piano-Sample ist nun ergĂ€nzt durch sieben weitere Grand-Samples. Zu den E-Pianos gesellen sich Samples des Wurlitzer Pianos sowie weitere Clavinett-Samples. Elf neue Organ-Variationen vervollstĂ€ndigen die beiden Orgel-Samples des internen Bereiches. Auch die vermißten Chor-Samples finden sich in der Erweiterung. Die letzten 70 Samples sind weitere Drum-, Percussion- und Effekt-Wellenformen mit dem unvermeidlichen »Orchestra Hit«. Im allgemeinen stellt die Erweiterung viele zusĂ€tzliche Samples zur VerfĂŒgung, die im GrundgerĂ€t nur in einer Variation enthalten sind. Somit ist das Basismaterial zur Klangerzeugung vervielfacht. Weiterhin enthĂ€lt das Board 142 weitere Patches, die die QualitĂ€t der neuen Samples eindrucksvoll belegen. Zu erreichen sind diese Patches ĂŒber die Taste »Write« und die Wahl der Einstellung Card - PCM Card.

Alles eine Frage des Sounds

Die QualitĂ€t eines Instruments messen wir oft an den Sounds, die fĂŒr das GerĂ€t verfĂŒgbar sind bzw. angeboten werden. Aus diesem Grunde haben wir uns einmal bei den Soundanbietern fĂŒr Sie umgesehen. Wir erhielten die Soundsets von drei renommierten Anbietern: Best Service, Michael Hotop und Peter Krischker. Viele dieser Sounds entsprechen nach Aussagen der Programmierer denen, die auch fĂŒr den JD-800 erhĂ€ltlich sind, wobei betreffend der KlangqualitĂ€t nur graduelle Unterschiede auftreten.

Im Vertrieb von Best Service erhalten Sie zwei Soundsets fĂŒr den JV-80 von Sound Source Unlimited -Animated Textu res und Country/ Acoustic Folk. Neben schönen Solo- und FlĂ€chensounds wie Sweet Lead oder Vektor Pad finden Sie in dem Soundset Animated Textures auch pianoartige KlĂ€nge wie Rhodes, CP80 oder U220 Piano. Auch alte Bekannte sind dem Namen nach berĂŒcksichtigt. So zeigt das Display die Soundnamen Wavestation 1 und 2, oder vom D-50 die Sounds Fantasia und Digital Native Dance. Die Namen verdeutlichen meines Erachtens allerdings mehr den Grundgedanken des Program-mieres, als daß sie sich mit den Originalen messen wollen. Eine andere Namensgebung wĂ€re aufgrund des sich zwingend ergebenden Vergleichs vielleicht sinnvoller gewesen. Breiten Raum mit ĂŒber 20 Sounds nehmen die Effekte in der Soundbank ein. Die beispielhaft genannten Namen Oceanwave, Rain oder 747 verdeutlichen die Richtung dieser KlĂ€nge.

Das zweite Soundset Country/ Acoustic Folk bietet ein breites Spektrum an unterschiedlichen KlĂ€ngen und zeigt an einigen Beispielen, welches Spektrum an interessanten und guten KlĂ€ngen sich auch aus nur einem Sample der internen Wellenformen programmieren lĂ€ĂŸt. Die Soundbank enthĂ€lt viele nicht alltĂ€gliche Patches wie Fiddle, Dulcimer, Bagpipes, Table, Washboard oder Sitar in unterschiedlichen Variationen. Doch auch ĂŒbliche KlĂ€nge sind im Set zu finden. Hierzu gehören Electric Grand, unterschiedliche BĂ€sse sowie Cello und Orgel.

ZusatzklÀnge

Das Soundset Magical Wishes von Michael Hotop erfordert die Erweiterung Pop und ist speziell auf die dort enthaltenen Samples zugeschnitten. Die Bank enthĂ€lt Pianos, BĂ€sse sowie Orgeln, programmiert mit den neuen Wellenformen. Zu beachten sind die Gitarrenvariationen wie Led Zeppelin oder AC/ DC, wobei dieser Sound ĂŒber Verlocity Switch zwischen einer gestoppten und einer verzerrten Gitarre umschaltet. Weitere KlĂ€nge sind weiche Synthesizer- und Streichersounds, sowie leicht verspielte Effekt- und FlĂ€chensounds. Zu der Soundbank gehört auch ein Drum-Set, durch das Sie ĂŒber neue PercussionklĂ€nge wie z.B. Finger Snap verfĂŒgen. Nahezu alle KlĂ€nge lassen sich problemlos in ein Arrangement eingliedern. Die 16 Performances verdeutlichen die klanglichen Möglichkeiten bei der Kombination von nur 2 Patches.

Die Sounds von Peter Krischker greifen auf die internen Samples des JV-80 zurĂŒck. Im Gegensatz zu der erst genannten Bank, enthĂ€lt diese im wesentlichen Synthesizersounds als ErgĂ€nzung zu den Natursounds in den Preset-BĂ€nken. Abgesehen von einigen Orgel- und StreicherklĂ€ngen, weist die Bank ĂŒberwiegend fette und komplexe Solo- und FlĂ€chensounds auf, die die klanglichen Möglichkeiten des JV-80 in dieser Richtung eindrucksvoll demonstrieren. Solosounds wie Jan Hammersyn oder Moog Solosyn entsprechen nahezu ihren bekannten Vorbildern und zeigen, daß der JV-80 auch diese Art KlĂ€nge produzieren kann. Auch hier zeigen die Performances weitere Möglichkeiten der Klangkombination und verdeutlichen, wie man schnell und kreativ neue KlĂ€nge aus diesem Material erzeugt.

Aufgrund der unterschiedlichen Soundkategorien, die sich den BÀnken zuordnen lassen, sollte jeder JV-80-Besitzer eigentlich zwei SoundbÀnke zur Erweiterung seiner Klangpalette besitzen. Die Sets erhalten Sie entweder auf einer RAM-Card oder auf einer Diskette u.a. im Keyboards-Bankloader-Format bzw. bei Best Service mit einem Shareware Dump-Programm.

(wk)

JV-80 Vertrieb ĂŒber den Musikfachhandel

Easy Sounds Peter Krischker. Am Langenberg 97a, 2050 Hamburg 80.
Music Shop, Siegesstr. 23, 8000 MĂŒnchen 40
Michael Hotop, RĂŒckertstr 27. 4500 OsnabrĂŒck

WERTUNG

Name: Roland JV-80
Preis: 3350 Mark
Hersteller: Roland
StĂ€rken: umfangreiches und gutes Repertoire an Samples □ sehr gute Bedienung
SchwÀchen: nur ein Stereo-Ausgang
Fazit: Sehr große Klangvielfalt und ein gelungenes Bedienungskonzept bilden einen herausragenden Synthesizer.

Dietmar Lorenz