Transarctica

Um unsere Zukunft ist es nicht zum Besten bestellt: die Ozonschicht schrumpft, die Polarkappen schmelzen ...

Die Katastrophe ist da - Eiszeit

Der Erde drohen tropische Verhältnisse. Aber glaubt man der Geschichte der französischen Handelssimulation Transarctica, kennen die Wissenschaftler bereits Anfang des nächsten Jahrtausends einen Ausweg aus der Misere. Mit Hilfe eines Schutzschirms soll die Erdtemperatur wieder auf (verträgliche Werte sinken. Doch das Experiment geht schief und fortan liegt unsere Erde unter einer dicken Eisschicht begraben. Irgendwo unter den Schneemassen versteckt sich eine Laserkanone, stark genug, den teuflischen Mantel zu durchbrechen. Aber bereits ein anderer hat ein Auge auf die Wunderwaffe geworfen. Mit ihren riesigen Dampfrössern regiert die Eisenbahngesellschaft Viking Union die gesamte Welt. Schmilzt der Schnee, bröckelt auch das Bahn-Imperium.

Davon unbeeindruckt beklickt der Spieler die verschiedenen Grafik-Menüs. In der Schaltzentrale von Transarctica legt man die Reiseroute fest. Dabei greifen einem zwei Landkarten unter die Arme. Auf der einen erscheinen nur Großstädte, während auf der anderen, detailreich in Nahaufnahme, auch kleinere Bahnhöfe und Weichen zu finden sind. Ein paar Klicks hier und da, schon stehen alle Weichen auf Durchfahrt und im Führerhaus wird der Ofen angeheizt. Maximal zieht die Lok zwanzig Waggons. Diese müssen natürlich erst einmal vom begrenzten Startkapital gekauft werden, bevor sie als rollende Lagerstätte für Rohstoffe, Nahrungsmittel oder Mammuts herhalten. Welche Waren es in einer Stadt gibt, erfahrt der Reisende erst bei seiner Ankunft. Oft herrschen in den Städten katastrophale Versorgungsengpässe, aus denen sich kinderleicht Gewinn schlagen läßt. Wer seine Fracht nicht an den Mann bringt, darf immerhin mit den Einheimischen über den möglichen Verbleib des Lasers plaudern oder im Kaffeehaus in Zeitungen stöbern.

Der Edel-Lok Transarctica wird kräftig eingeheizt
Eine Übersichtskarte...

Wissen bedeutet bekanntlich Macht und die Viking Union setzt alles daran, unliebsame Schnüffler auszuschalten. So kommt es schon mal vor, daß auf offener Strecke Armeen von Fußsoldaten oder andere Lokomotiven das Feuer eröffnen. In diesem Fall holt das Programm auf Wunsch eine kurze Action-Sequenz in den mindestens 1 Megabyte großen Speicher. Zwischen den Gleisen liefern sich die Truppen falls nötig auch mit Waffengewalt ihren Schlagabtausch. Nicht von ungefähr erinnert diese Einlage an das Vorgängerspiel Storm Master. Die Franzosen zaubern wunderschöne Grafiken mit 32 Farben auf den Monitor. Sei es nun das verschneite London oder eine malerische Mammut-Herde, alle Bilder versprühen den dezenten Charme arktischer Kälte. Gegen das große Aufgebot an stimmiger Staffage wirken die zwei mausgrauen Karten mit ihrem ruckligen Scrolling geradezu amateurhaft. Gleiches gilt für die dünne Soundkulisse, die außer einer kurzen Titelmelodie nur eine handvoll schlampig digitalisierter Effekte bereithält. Schlimmer als derlei äußerliche Schwächen wiegen aber die Unstimmigkeiten im Spieldesign: Da man erst bei der Ankunft erfährt, welche Waren gefragt sind, verkommt das Handelselement zum Glücksspiel. Um eine Route, planen zu können muß ständig zwischen den zwei Plänen hin- und hergeschaltet werden - Prädikat besonders nervig!

Für seinen Ärger mit der umständlichen Benutzerführung über ein halbes Dutzend Menüs entschädigt Transarctica den Spieler mit einer packenden Story und netten Gimmicks. So kann der Lokführer in jeder Stadt einen Spion anheuern bzw. auf Beutejagd in anderen Zügen gehen. Doch trotz guter Ansätze und kleinen Puzzles kommen die Adventure-Elemente nie so recht zum Tragen. Erfahrene Rätselknacker finden den Laser an einem Wochenende, Gelegenheitshändler verzweifeln dagegen am knappen Budget. Transarctica ist also unterm Strich weder Fisch noch Fleisch. Keinesfalls ein schlechtes Spiel, aber zur Güte eines Klassikers wie Railroad Tycoon fehlt der richtige Feinschliff.

Zum Schluß noch eine gute Nachricht für die ebenso treue wie kleine Fangemeinde des Atari Falcon. In der aktuellen Fassung läuft Transarctica zwar nicht auf ihrem Traumcomputer, doch in ein paar Wochen erscheint eine überarbeitete Version mit kürzeren Ladezeiten und Grafiken in VGA-Qualität. ua

Leisuresoft, Robert-Bosch-Straße 1, 4703 Bönen

WERTUNG

Transartica

F030 ▣ TT ▣ STE ▣ ST ▣

Hersteller: Silmarils
Preis: ca 100 DM
Mono: nein
Harddisk: nein
Genre: Strategie
Grafik: 5 von 6
Sound: 3 von 6
Idee: 3 von 6
Simulation: 5 von 6


Carsten Borgmeier
Aus: ST-Magazin 07 / 1993, Seite 96

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