Diskus: Bitwühler

»Diskus« ist ein »Universelles Disketten- und Festplatten-Tool«. Und wirklich, Diskus ist mehr als nur ein einfacher Diskettenmonitor.

Mit dem Begriff »Diskettenmonitor« verbinden viele ein Werkzeug, das ausschließlich von Profis benutzt wird. Eine Meinung, die zwar nicht ganz falsch ist, aber die Tatsache verkennt, daß auch normale Anwender aus diesen Programmen großen Nutzen ziehen können.

Diskus ist nicht nur ein Diskettenmonitor, sondern vereint Backup-Tool, Kopier-Utility, Festplatten-Optimierer, Datentester, Virenschützer, Datenverschlüsseler und - natürlich - Diskettenmonitor in einem Programm (»Diskette« heißt hier auch Fest- und Wechselplatten). Zum Lieferumfang von Diskus gehört ein Festplattentreiber, der auch TT und Falcon unterstützt und außerdem BGM-Partitionen verwalten kann (Julian Reschkes XHDI-Spezifikati-on 1.10 wird unterstützt).

Los geht's

Nach dem Programmstart erscheint das Diskus-Desktop mit der für GEM-konforme Programme obligatorischen Drop-down-Leiste, Fenster und einer Reihe Buttons. Diskus kann bis zu drei Datenfenster darstellen: Sektor-, Track- und FAT-Fenster. Bei den Sektor- und Trackfenstern werden die Daten sowohl hexadezimal als auch im ASCII-Format angezeigt. Möchten Sie Daten ändern, müssen Sie lediglich auf die entsprechende Stelle in den Fenstern klicken, um anschließend neue Werte einzugeben. Durch Knöpfe auf dem Desktop können verschiedene Lese- und Schreiboperationen durchgeführt werden. Um unnötige Abfragen zu vermeiden, wird in aller Regel ein Lesezugriff durch einen Mausklick mit der linken Taste gestartet, für Schreibzugriffe ist die rechte Maustaste da. Neben dem Schreiben und Lesen des Bootsektors, der beiden FATs, dem Directory, von logischen und physikalischen Clustern und beliebigen Sektoren, können auch Tracks bearbeitet werden. Hier fällt angenehm auf, daß die unterschiedlichen Trackdaten in verschiedenen Schriftarten dargestellt werden. Zum Schutz vor ungewollten Schreibzugriffen können Sie aus der Knopf-Leiste heraus einzelne Laufwerke schreibschützen. So werden aus Unachtsamkeit wichtige Daten nicht ins Datennirwana geschickt.

Andererseits können Dateien auf Wunsch auch physikalisch gelöscht werden, restaurieren der Daten ist dann unmöglich. Mit der Funktion »Verketten« lassen sich verschiedene Cluster zusammensetzen, was besonders bei manueller Datenrekonstruktion von unschätzbarem Wert ist. Kann nämlich Diskus eine Datei nicht mehr selbständig wiederherstellen, lassen sich Datenteile mit etwas Handarbeit problemlos retten. Das ist natürlich nur bei Texten sinnvoll, denn eine bruchstückhafte Programmdatei ist nicht lauffähig.

Trotz aller Vorsicht kann es Vorkommen, daß unbeabsichtigt eine Datei gelöscht wird. Diskus hilft Ihnen aus der Patsche. In Diskus wählen Sie die Funktion »Daten retten« im »Spezial«-Menü. Nach einem weiteren Dialog, in dem das Problem näher eingegrenzt werden kann, erscheint der Diskus-Fileselector. Durch Auswahl des Knopfes »gelöscht« werden alle gelöschten Dateien im aktuellen Pfad aufgeführt. Um die für TOS nicht mehr vorhandenen Dateien zu rekonstruieren, wählen Sie diese aus und bestätigen mit »Ok«. Besteht keine Möglichkeit des Restaurierens mehr, teilt Diskus das mit. Das ist einer der Unterschiede zu unausgereiften Werkzeugen, die dennoch »restaurieren« und dabei intakte Dateien beschädigen. Besteht Aussicht auf Erfolg, können Sie in einem Dialog den Namen der Datei eingeben und die Attribute ändern. Über das »Datei«-Menü kann eine Datei »stückchenweise« betrachtet und selbstverständlich auch verändert werden. Ebenfalls im Datei-Menü finden Sie eine Funktion zum Anzeigen und Verändern des Programmheaders. Im »Kopf« eines jeden Programmes sind bestimmte Daten untergebracht, die das Betriebssystem über Speicherbedarf und die Art, wie das Programm im Speicher abgelegt werden soll, informieren. Diese Informationen können nicht vom Desktop aus geändert werden, Diskus kann dagegen auch hier eingreifen: Fast-Load-Bit, Shared Text [1], TT-RAM, TPA-Größenfeld (nur relevant, wenn das Programm ins TT-RAM oder in virtuelles RAM geladen wird) und Speicherschutz (Memory Protection) lassen sich einstellen. Die Konfiguration des Speicherschutzes und Shared Text sind nur dann von Interesse, wenn Sie MiNT oder MultiTOS installiert haben.

Weiche Scheibe

Unter dem Eintrag »Disk« sind Funktionen untergebracht, die Disketten betreffen. Zur Auswahl stehen: Kopieren, Löschen, Formatieren und Messung der Umdrehungsgeschwindigkeit der Diskettenlaufwerke. Beim Formatieren können Sie das Format frei definieren, auch bei HD- oder ED-Disketten hat Diskus keine Probleme - die entsprechende Hardware vorausgesetzt. Hinter dem Menüpunkt »Bootsektor« verbergen sich eine ganze Reihe Funktionen, um diesen speziellen Bereich zu verändern. So können Sie beispielsweise ein Programm im Bootsektor unterbringen (vorausgesetzt, es ist nicht länger als 512 Byte), die Diskette IBM-kompatibel machen ohne sie neu formatieren zu müssen oder einen Virenschutz installieren. Diskus schreibt auf Wunsch auch eine 60-Hertz-Umschaltung in den Bootsektor (nicht bei TTs möglich) oder erstellt eine Systemdiskette. So können Sie, falls Sie Ihr TOS zu Experimentierzwecke als TOS.IMG ausgelesen haben, mit Hilfe des von Diskus in den Bootsektor geschriebenen Starterprogrammes das Betriebssystem von der Diskette booten.

Diskus bietet ein übersichtliches Desktop

Das »Harddisk«-Menü stellt Funktionen zur Bearbeitung der Festplatte zur Verfügung. Viele der hier genannten Optionen können allerdings nur dann aufgerufen werden, wenn der zu Diskus gehörende Festplattentreiber installiert wurde. Das ist sowieso zu empfehlen, denn der originale Atari-Treiber (AUDI) läßt teilweise zu wünschen übrig. Gleich die erste Option überrascht: Backup. Ein Feature, das man eigentlich nicht bei Diskus vermutet, ist die Möglichkeit der Datensicherung. Allerdings sind nur Backups von kompletten Partitionen möglich. Einzelne Files oder Dateigruppen können nicht gesichert werden. Diese unkonfortabel erscheinende Vorgehensweise hat jedoch auch ihre Sonnenseite: Im günstigsten Fall (ED-Disketten) wird pro Megabyte weniger als eine halbe Minute benötigt, DD-Disketten brauchen etwa doppelt so lange. Vor dem Backup können Sie festgelegen, ob und in welchem Format die Disketten formatiert werden sollen. Einen Geschwindigkeitsvorteil kann man herausschlagen, indem man nur die belegten Sektoren »backupen« läßt. Diese Methode spart außerdem Disketten. Das Archivbit wird auf Wunsch bei den gesicherten Dateien gesetzt [2]. Die Disketten, auf denen sich das Backup befindet, können übrigens nicht mehr vom TOS gelesen werden. Um die Daten wiederherzustellen, benötigen Sie ebenfalls Diskus. Alternativ können Sie auch künftige Versionen von »E-Copy« zum Restore benutzen [3].

Weitere Funktionen im »Harddisk«-Menü betreffen die Konfiguration der angeschlossenen Festplatte: Gerätenummer, -adresse, Default-Partition, Schnittstelle (SCSI, ACSI, IDE), Präferenz, ACSI-relevante Einstellungen, Installation des Festplattentreibers, Bearbeitung des Rootsektors, Abruf ausführlicher Informationen über die angeschlossene Festplatte und einzelne Partitionen, Kopieren kompletter Partitionen, Senden eines Befehles an den Festplattencontroller (z. B. zum Parken der Platte). Unter den Menüeinträgen »Track« und »Sektor« sind Funktionen zusammengefaßt, die sich besonders an Anwender mit fortgeschrittenen Kenntnissen richten: Track erzeugen, interpretieren, analysieren, reparieren und Sektor lesen und schreiben.

Spezialitäten

Unter »Spezial« sind weitere besondere Funktionen zusammengefaßt. Zu den interessantesten Eigenschaften von Diskus zählt das »Daten testen«. Folgende Testmöglichkeiten, die durch frühzeitige Fehlererkennung Datenverlusten Vorbeugen können, stehen zur Auswahl: Lese-Schreib-Test auf dem aktuellen Medium, Vergleichen der beiden FATs, Überprüfung der FATs, Testen aller oder ausgewählter Dateien, Kontrolle der Verzeichnisse sowie der Ordnerstruktur. Auf Wunsch werden kaputte Cluster automatisch als defekt markiert.

Sie können nicht nur gelöschte Dateien wieder restaurieren, sondern mit »Daten retten« auch das Directory, den Rootsektor restaurieren, einen Sektor zurückholen und einen FAT-Prototyp erzeugen. Überraschend ist auch die Option »Daten schützen«. Hier können Sie einzelne Dateien oder ein ganzes Medium mit einem Paßwort verschlüsseln (und auch wieder dekodieren).

Diskus bietet auch die Möglichkeit des Optimierens von Datenträgern. Auf welche Art das Medium optimiert werden soll, können Sie selbst festlegen. Bei unseren Tests traten beim Optimieren keinerlei Probleme oder gar Datenverluste auf -selbst unter MultiTOS gab es keine Schwierigkeiten.

Die fehlerhafte Bedienung eines mächtigen Disketten-und Festplattenwerkzeuges wie Diskus kann rasch zu irreparablen Datenverlusten fuhren. Deshalb ist eine gute Dokumentation notwendig, sollen mit dem Programm auch »Otto-Normal-Anwender« zurechtkommen. Das Handbuch von Diskus ist beispielhaft für eine gute Dokumentation. Auf den ersten 170 Seiten werden alle Funktionen ausführlich und reich illustriert erklärt. Der zweite Teil des Handbuches, die »Zusatzdokumentation«, führt den Anwender in leicht verständlicher Sprache in die Welt der Speichermedien ein. In dieser knapp 100 Seiten umfassenden Einführung wird häufig auf die praktische Abwendung der erläuterten Thematik mit Diskus eingegangen. So ist die Zusatzdokumentation ein ausführlicher Lehrgang über die elektronische Datenspeicherung, wobei der Leser nebenbei Funktionen und Fähigkeiten von Diskus kennenlernt. - Diskus ist ein nützliches Programm für alle Aufgaben rund um den Massenspeicher, das nicht nur für den Profi interessant ist. Der Preis von 189 Mark ist bei diesem Funktionsumfang und dem ausgezeichneten Handbuch angemessen, (thl)

CCD, Postfach 1164, 6228 Eltville 1

Programmautor Uwe Seimet ist im MausNet unter »Uwe Seimet @ LU« erreichbar. Eine Demo-Version von Diskus können Sie aus vielen Mailboxen des MausNets downloaden (die neuste Version finden Sie auf jeden Fall in der Maus Ludwigshafen) oder direkt von CCD beziehen. Registrierte Anwender der Version 2.6 erhalten Ende Mai ein kostenloses Update.

[1] »MiNT 0.96 — Shared Text und Debugging«, J. Reschke, ST-Magazin 12/92, 98 ff

[2] vergl. »Sicherheitsverwahrung«, M. Vondung, ST-Magazin 4/93, 20 f

[3] »Sicher über die Runden«, P. Dubbrow, ST-Magazin, 12/93, 34 f

WERTUNG

Diskus 2.62

Hersteller/Vertrieb: Uwe Seimet/Creative Computer Design (CCD)

Preis: 189 Mark

Stärken: mächtige Funktionen, hervorragendes Handbuch, GEM-konform

Schwächen: keine unmodalen Dialoge


Michael Vondung
Aus: ST-Magazin 06 / 1993, Seite 42

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