Wir berichten von neuen Entwicklungen bei Netzwerklösungen. Außerdem gibt es wieder einige — teilweise amüsante — Gerüchte zu Falcon und Co.
Als 1989 der »Atari TT« auf dem Markt war, bescherte er der Atari-Welt eine neue Schnittstelle: Den LAN-Port. Ein Jahr später besaß dann auch der Mega STE diese Buchse auf der Gehäuserückseite. Aber obwohl Atari seither mit den Netzwerkfähigkeiten dieser Computer warb, gab es lange keine Software, die sie auch nur ansprechen konnte, geschweige denn, eine Netzwerklösung darauf schuf. Das soll sich nach den Ankündigungen der amerikanischen Firma »Dragonware« in naher Zukunft ändern.
»PowerNet V1.5« heißt ihre Antwort und ist ein universelles Netzwerk für verschiedene Schnittsteilen-Architekturen. Es kann auf MIDI, TT/STE »LANports« und »LanTec«-Cartridges betrieben werden und erlaubt damit eine netzweite Installation von Druckern und Plattenlaufwerken. Diese können dann unter einem eigenen Laufwerk (meist als »N:« für Network) und darin enthaltenen Verzeichnissen für die verschiedenen Nodes im Netz verwaltet werden. Innerhalb dieser Node-Ordner findet man die Ressourcen wie Platten, Drucker und weitere, zusätzliche Hardware, die diese Rechner besitzen. Powernet ist jetzt zu einem Preis von 100 US-Dollar für zwei Nodes erhältlich und für reine Atari-Netze gedacht.
Wie jetzt in einer On-line-Diskussion im Genie zu lesen war, benutzt laut Bob Brodie sogar Atari USA zur vollen Zufriedenheit diese Netzwerklösung.
Aber auch für heterogene Netze hat Dragonware schon Pläne und veröffentlichte bereits einige Informationen über ein in der Entwicklung befindliches »AtariTalk«. Der Name dieser Anwendung kommt nicht von ungefähr, sondern ist vom bekannten »AppleTalk« übernommen, da es zu diesem kompatibel ist. Es zielt damit vor allem auf Besitzer, die ihren Rechner in ein bestehendes Appletalk-Netzwerk mit unterschiedlichen Rechnerplattformen und Appletalk-fähigen Druckern einbinden wollen. Mit Ataritalk wird es dann auch ein Apple-ähnliches Auswahlfenster geben, in dem man die gewünschten Partitionen »anmounten« und dem eigenen System unter einer neuen Laufwerksbezeichnung verfügbar machen kann. Das Drucken über Netz wird über eine Auswahlbox geschehen, in der man den entsprechenden Remote-Drucker anklicken kann.
Für diese Netzanbindung wird es eine Hardwareerweiterung geben, mit der Sie alle älteren ST/STEs nachträglich mit einer LAN-Schnitt-stelle ausrüsten können. Dabei handelt es sich um eine Erweiterung, die an den ACSI-Bus angesteckt wird. Der Clou dieser Erweiterung: Dieses DMA-Device läßt zwar keine höhere Übertragungsgeschwindigkeit zu (durch die Standards mit 20 kByte/s vorgegeben), aber die CPU verbraucht für den Schnittstellenbetrieb wesentlich weniger Rechenzeit.
Wie Chris Roberts von Dragonware beschrieb, werden die Mega STEs sehr gebremst, da dort die LAN-Schnittstelle per Interrupt bedient wird und diese Interrupt-Auswertung mehr Rechenzeit beansprucht. Wie es scheint, wird dieses SCSI-Device zu einem Preis von ungefähr 100 US-Dollar zu bekommen sein.
Doch Dragonware scheint sich damit nicht zufrieden zu geben: Kürzlich hat Chris Roberts neben dem SCSI-Appletalk auch noch eine SCSI-Ethernet-Erweiterung mit einer Leistungsfähigkeit von 300 MBit/s — anschließbar an jeden TOS-Computer — für Januar ’93 angekündigt. Noch interessanter ist der Preis: Er hofft, diese Erweiterung für unter 200 Dollar (pro Node) anbieten zu können und kommt damit in den Preisbereich, der für Ethernet-Karten IBM-kompatibler üblich ist. Lassen wir uns überraschen.
Übrigens muß zusammen mit dem Powernet das Setup nicht geändert werden — nur die andere Schnittstelle anwählen und die Anbindung läuft. Das Softwarepaket dazu nennt sich »EtherPower« und ist vollständig kompatibel zu Powernet.
Aber auch in Deutschland gibt es schon länger Bestrebungen, dem LAN-Port Leben einzuhauchen. Bereits auf der Atari-Messe in Düsseldorf gab es erste Ankündigungen über entsprechende Software. Dort wurden auch die Probleme bekannt, die es nur schwer möglich machen, auf dem Mega STE den LAN-Port zu betreiben. Wie zu hören war, liegen sowohl MIDI-Schnittstelle, Tastatur und der LAN-Port auf dem gleichen Interrupt, was natürlich z.B. bei MIDI-Anwendungen entweder zu Netzausfällen führt, oder die Anwendung nicht arbeitet. Der Netzwerkentwickler »Biodata« scheint jetzt die Lösung gefunden zu haben und hat das LAN-Netzwerk »Start-Net« angekündigt, das zusätzlich zu den von Powernet bekannten Funktionen noch eine User-Verwaltung mit Datenschutzprozeduren besitzt.
Diese Interrupt-Probleme waren Atari wohl schon vor der Entwicklung des »Falcon 030« bekannt, denn hier wurden die Interrupt-Prioritäten anders verteilt, die LAN-Schnittstelle dort besser implementiert ist.
»C-Lab« beendet die Entwicklung der erfolgreichsten Atari-MIDI-Sequenzer-Programme »Creator« und »Notator«. Vertrieb und Entwicklung werden durch eine neue Firma mit dem Namen »EMAGIC« — gegründet von dem US-Distributor »Ensoniq« — übernommen und fortgeführt. Einige der früheren Entwickler arbeiten nun bei Emagic.
Auf der COMDEX stellte »Verbatim« eine neue 5 Zoll doppelseitige wiederbeschreibbare optische Diskette vor, die 1,1 bis 1,3 Gigabyte Daten speichern kann. Diese Diskette ist kompatibel zu den bisher bekannten optischen Diskettenlaufwerken, besitzt aber eine höhere Daten-Transferrate von 750 bis 1600 kByte/s.
Atari Corp. USA hat den langen Rechtsstreit um das Urheberrecht am Videospiel »BREAKOUT« gewonnen. Das U.S.-Berufungsgericht des Distrikts von Columbia wies den Prozeß über eine Gerichtsverfügung gegen Atari zurück. Die Gerichtsentscheidung basiert auf der liberalen Interpretation des Bundesgesetzes über Urheberschutz, das auch andere Entwickler von Videospielen und audiovisuellen Produkten interessieren wird. Das Berufungsgericht entschied, daß schon der geringste Grad von Kreativität urheberrechtlichen Schutz erlaube. Das Gericht hat den Fall an die Abteilung für Urheberrechte zur weiteren Klärung zurückgegeben und ergänzte, daß es nicht Aufgabe dieser Abteilung wäre, die Schwelle zu formen, ab wann ein Spiel schützenswert ist.
Nachdem das US Department für Handel bekannt gab, daß im neuen Jahr vielleicht Strafzölle auf Produkte koreanischer Chiphersteller erhoben werden, da diese durch Dumpingpreise versuchen, die Konkurrenz aus dem Markt zu vertreiben, sind die Preise für Speicher explodiert. Das kann bedeuten, daß SIMMs der betroffenen Firmen mit Zöllen bis zu 90 Prozent des Verkaufspreises belegt werden. Zur Zeit werden Preisgarantien für ein oder zwei Tage gegeben, da sich die Preise innerhalb einer Woche verdoppeln können.
George Richardson (»Merlin Group«), Designer der »SST68030«-Erweiterung für »Gadgets by Small«, hat angekündigt, im Januar eine neue Grafikkarte mit dem Namen »Chromax color video card« anzubieten. Zur Zeit ist er dabei, das Marktinteresse abzuschätzen. Er will Versionen für alle Atari-Rechner anbieten. Die Palette wäre wirklich interessant: Mega ST, VME-Karten für STE/TT und natürlich auch eine Karte für den SST-eigenen Expansion Slot. Auch an den Falcon hat er gedacht. Bei entsprechendem Echo seitens der 520/1040er Besitzer denkt er auch an eine Version für diese Rechner. Leider sind noch keine Leistungsdaten angegeben. Der Preis soll sich im Rahmen von 500 US-Dollar bewegen.
Zurück zu Dragonware: Die Firma stellte ein neues, überarbeitetes GEMDOS namens »PowerDos« als Freeware vor, das auch zum Lieferumfang des zuvor erwähnten Powernet gehört. Natürlich hat diese Neuentwicklung noch ihre Macken, läuft scheinbar aber doch stabil. Dragonware hofft durch die schnelle Veröffentlichung als Freeware, daß die Benutzer weitere Programmfehler finden und die Entwicklung voranbringen. Leider haben die Programmierer vergessen, entsprechende Installationsanleitungen beizulegen; viele Tests fielen darum durch falsche Installationen nur mäßig aus. Aber die Entwicklung von Powerdos war nicht so selbstlos wie es auf den ersten Blick erscheint. Vielmehr hofft Dragonware darauf, daß andere Entwickler auf den Zug des Powerdos aufspringen und ihre Applikationen darauf abstimmen. Später soll dann eine Professional-Version herausgebracht werden, die zwar den gleichen Funktionsumfang bietet, aber noch schneller ist.
Zu den Fakten: PowerDos ist ein vollständiger Ersatz für alle GEMDOS-Funktionen der Atari ST/STE/TT-Systeme, die falcontaugliche Version soll in Vorbereitung sein. Es bietet sowohl eine wesentliche I/O-Beschleunigung als auch wirkliche Multitasking-Fähigkeiten — im Gegensatz zum Original-GEMDOS. Die Beschleunigung der Diskzugriffe wird unter anderem durch Cashing erreicht, das zu einer 170- bis 240prozentigen Beschleunigung führt. Der Trick dabei: Alle anderen Beschleuniger wie »CACHEnnn«, »PINHEAD«, »FATSPEED« und die eingebauten Caching-Algorithmen mancher Festplattentreiber müssen abgeschaltet werden, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Wie es aussieht, stören bzw. unterbinden diese Patches im Autoordner die Funktionen des Powerdos und können sogar die Daten auf der Platte zerstören, da z.B. »CACHEnnn.PRG« an den offiziellen GEMDOS-Routinen vorbeiprogrammiert wurde! Der Grad der Beschleunigung ist dabei stark von der Fragmentierung der Platte abhängig. So ist eine zusammenkopierte Boot-Partition ungefähr 240 Prozent schneller als unter dem Standard-GEMDOS. Allerdings sinkt dieser Wert nach intensivem Gebrauch innerhalb weniger Tage auf einen Wert von ungefähr 170 Prozent ab. Die Programmautoren empfehlen, oft benötigte und selten zu verändernde Softwareinstallationen in einem gut sortierten Zustand auf der Partition zu bringen, um in solchen Bereichen mit großen Programmdateien ein besonders gutes Caching betreiben zu können. Der Rest der Partitionen kann dann ruhig durch ständiges Verschieben und Löschen fragmentieren, verschlechtert aber dann trotzdem nicht die Beschleunigung beim Arbeiten mit großen Programmpaketen.
Da PowerDos ein Ersatz der GEMDOS-Funktionen ist, muß es aus dem Autoordner heraus gestartet werden. Es benötigt einen Powerdos-Ordner in dem Wurzelverzeichnis der BOOT-Partition, in dem die Konfigurationsdateien zu finden sind.
Speicher wird nicht nur für das Caching benötigt; Powerdos wird auch ein Network-Filesystem unterstützen. Die Konfigurationsvariablen sind wie folgt: »RAM-TOP« reserviert Speicher für Netzwerkprozesse; »CACHE SECTORS« legt die Zahl der im Speicher behaltenen Sektoren fest. Diese Variable kann von einem Konfigurationsprogramm in einem Bereich von 50 bis 999 Sektoren eingestellt werden, was einem Speicher von 25 bis 500 KByte entspricht. Mit Hilfe eines Editors kann diese Variable aber auch niedriger eingestellt werden.
Wenn die beschriebenen Variablen nicht verwandt werden, also das Caching ausgestellt wird, belegt Powerdos nur 60 kByte im Speicher. Hier stellt sich allerdings die Frage nach dem Sinn. Andere interessante Parameter sind »MAX PROGRAMM RAM«, der Anwendungen nur die angegebene Speichergröße zubilligt und »FASTLOAD SIZE«, der festlegt, wieviel Speicher beim Laden einer Anwendung automatisch gelöscht wird.
Mittlerweile sind schon einige Powerdos-Applikationen von Dragonware als Freeware erhältlich. Dazu zählen ein Powerdos-Prozeßmonitor, Speicher-Snapshot-Utility, ein Hilfsprogramm zur Konfigurierung von Powerdos und der seriellen Schnittstelle (verschiedene Aliase für verschiedene Konfigurationen der Schnittstellen) und ein Hintergrund-Copyprogramm. Einziger Wermutstropfen: Powerdos kann seine Multitasking-Fähigkeiten nur dann voll ausspielen, wenn es auch schon in der Programmierung der Applikationen berücksichtigt wurde.
Es dürfen auch nicht die bisher bekannten, aber nicht fatalen Bugs verschwiegen werden. In der aktuellen Version 1.2 ist es nicht möglich, Ordner zu löschen. Wie es aussieht, hat Powerdos auch noch erhebliche Schwierigkeiten mit einer zu großen Zahl an Ordnern und mit der File-Selector-Box.
Insgesamt bleibt Powerdos jedoch eine interessante Entwicklung, die es wert ist, genau beobachtet zu werden.
Wie zu erfahren war, sind die Lizenzrechte an den Produkten Powernet und Powerdos von den Programmierern an die Firma »ViewTouch Corporation« verkauft worden. Dragonware war es nicht möglich, den Lizenzvertrag zu erneuern.
Alle Fragen dazu und eventuell auftauchende Probleme mit Powernet/Dos werden nun von Gene Mosier und Chris Latham bei »PowerPoint Software« beantwortet. (uw)
Das lange Warten auf den Falcon 030 bringt ganz witzige Gerüchte mit sich. So berichtete ein norwegischer Use-Net-Teilnehmer über angeblich gesicherte Informationen zu den Verzögerungen beim Falcon 030: Laut seiner Quelle soll das Videosystem des Falcon überarbeitet werden, um auch den »Amiga 1200« noch zu übertrumpfen. Ganz fantastisch — im wahrsten Sinne des Wortes — war dann die angeblich angestrebte Auflösung von 1280 x 960 Punkten. Bob Brodie von Atari Corp. bestritt mittlerweile dieses Gerücht.
Ein eher plausibler Grund für die Verzögerung erschien in einer anderen Mail: So schrieb jemand über schwere Probleme mit der Fertigung des Sechsfach-Layer-Falcon-Motherboards in Übersee.
Die bisher von Atari an Entwickler ausgelieferten Chargen sollen in den Atari-eigenen Fertigungsstätten in Kalifornien produziert worden und daher entsprechend teuer sein. Die Nachfrage nach den Falcons ist bereits so hoch, daß Atari nicht einmal den Bestellungen der Entwickler nachkommen kann! Dies zeugt jedoch von der hohen Akzeptanz der neuen Maschinen.
Grund für diesen verstärkten Wechsel zum Falcon ist nach Meinung des Teilnehmers, daß der Falcon neben dem »NeXT« zur Zeit der einzige Rechner ist, der einen DSP in seine Rechnerarchitektur integriert habe und der Falcon erheblich günstiger ist.