B.A.T. II: Meister aller Klassen

Die Aktionen des »Bureau of Astral Troubleshooters« sorgten bereits vor gut drei Jahren für Furore. Auch der Nachfolger »B.A.T. II« hat durchaus Kultspiel-Qualitäten.

Agent Jehan Menasis muß sich in Subgames bewähren

Alarm auf dem Planeten Shedishan: Der raffgierige Gauner Koshan kauft massenhaft Anteilscheine an Minen, in denen der seltene und äußerst wertvolle Rohstoff Echiaton 21 gefördert wird. Damit verletzt der Kerl natürlich auf übelste Weise das intergalaktische Kartellrecht. Klarer Fall für Jehan Menasis, Agent bei B.A.T., dem Büro für besonders knifflige Angelegenheiten: Koshan muß das Handwerk gelegt werden!

Natürlich übernehmen Sie den Part des gewieften galaktischen Topagenten und müssen zunächst möglichst viele Aktien gewinnträchtiger Minen ins trockene bringen. Ob Ihre Aktionen letztendlich vom Erfolg gekrönt sind, hängt nicht unerheblich davon ab, welche Charaktereigenschaften Sie Ihrem Prügelknaben zu Spielbeginn verpassen. So verteilen Sie im sog. Creations-Menü wie in einem Rollenspiel Intelligenz, Reaktionsvermögen, Selbstbeherrschung oder Kampfgeschick.

Die Science-fiction-Figuren erinnern an japanische Soldaten...

Wem solche Schöpferarbeit zu lange dauert oder wem dafür einfach die notwendige Erfahrung fehlt, der schlüpft fürs erste in die Rolle eines durchschnittlichen Agenten »von der Stange«, um dem Kartellgangster ans Leder zu gehen. Insgesamt haben bis zu zehn maßgeschneiderte Menasis-Charaktere auf der Spieledisk Platz.

»BAT-Man« muß sich während des Spieles in den unterschiedlichsten Situationen bzw. Subgames bewähren. Beispielsweise wird es für den Agenten ferner Tage nicht nur existentiell wichtig sein, Halma oder Breakout möglichst meisterhaft zu spielen, sondern auch Auto zu fahren wie Nigel Mansell, zu fliegen wie der Freiherr von Richthofen, zu schießen wie Old Surehand oder Röhren so flink zu verlegen wie ein schwäbischer Handwerker. Außerdem muß der Gladiator für alle Fälle mit bissigen Biestern in der Arena klarkommen.

Bei soviel Action will unser Held natürlich ordentlich abgefüttert werden. Außerdem brauchen auch Topagenten ab und zu eine Mütze voll Schlaf. Der Spieler entwickelt dazu über eine Icon-Sprache kleine Programme. Diese Sprache ist noch einfacher als Basic und beim grafischen Programmieren hilft das deutsche Handbuch. Das entstandene Listing sorgt dafür, daß Menasis in regelmäßigen Abständen Betriebsstoff nachschiebt und ab und zu ein paar Stunden abliegt. Ruhephasen sind immer wieder möglich, da Mister Menasis im Laufe der Zeit bis zu vier Helfer anwirbt, die leichtere Arbeiten für ihn erledigen. Seine Handlanger treiben z.B. bestimmte Gegenstände auf, beschatten Personen und erledigen ganz allgemein das Grobe. An solchen Stellen zeigt sich die Verwandschaft des Adventures zum Rollenspiel besonders deutlich.

Rollenspielverwandtschaft

Um auf Shedishan längere Strecken zurücklegen zu können, schwingt sich der Agent hinter das Steuer eines chromblitzenden Zukunftsautos. Natürlich kann er sich mal wieder nicht beherrschen und wird von der Polizei gestoppt. Dafür fallt der Streife Fliegen schon wesentlich schwerer als Fahren und Menasis entwischt mit seinem Jetgleiter durch die Lüfte.

Auch all diejenigen, die nicht unbedingt jeden Flugsimulator schlafwandlerisch sicher beherrschen, können hier problemlos abheben. Der Simulator verzichtet auf kompliziertes Beiwerk und ermöglicht dafür vielfältige Perspektiven. Schleichwerbung gibt’s auch: nicht etwa für Flugsimulatoren, sondern für Version 7 des beliebten »Wing Commander«-Epos. Arkadespaß versprechen außerdem ein raffiniertes Breakout mit je einem Schläger an jeder der vier Seiten, eine Art klassisches Halma und ein Rohrverlegespiel im Stil von »Pipe Mania«.

Neben solchen Exkursen hat Agent Menasis natürlich reichlich mit der Auflösung des Falls zu tun. Dazu untersucht er Gegenstände aller Art (mit der Maus) und stopft Nützliches ins Inventory — das schon alleine eine Schau ist: Grafische Symbole tauchen ordentlich in Listen auf, Gegenstände, die sich miteinander kombinieren lassen, befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft.

Mit seinem Raumgleiter entkommt Menasis der Polizei

Auch Gebäude nimmt Menasis (per Mausklick) näher in Augenschein. Damit während des harten Einsatzes keine Details durch Gedächtnislücken purzeln, entrollt sich z. B. bei Gesprächen der digitale Merkzettel, in dem alle bisher gesammelten Informationen lückenlos festgehalten sind. Statt umständlicher Fragerei und überflüssigem Geblubber pickt der Spieler nun einfach einige Stichworte aus der Liste und schon plätschert die Unterhaltung. Praktischerweise sind im Gesprächstext auch noch diejenigen Begriffe rot markiert, die einen interessanten Fortgang der Konversation versprechen.

Wer von anderen Text-Adventures dumme Antworten wie »Dieses Wort kenne ich nicht« gewohnt ist, wird diese Kommunikationsmethode auf jeden Fall schätzen lernen.

Mit den eigenartigen Bewohnern des Planeten kann Menasis sogar handeln, obwohl B.A.T. natürlich keine Wirtschaftssimulation ist. Menasis hat ein paar Kröten in der Tasche, mit denen er hin und wieder Utensilien einkauft — oder er verscherbelt herrenlose Gegenstände an andere weiter. Die dritte Variante ist nicht ganz so fein: Haste keins, nimm Dir eins! Da wird unser Held schnell mal zum Langfinger.

Auf dem phantastischen Planeten macht der Topagent auch ungewöhnliche Bekanntschaften. Manche Bewohner erwecken den Anschein, als seien sie soeben aus einem gentechnischen Versuchslabor ausgebrochen. Menasis trifft Typen, die z. B. halb Mensch, halb Affe sind oder mit denen trotz lächerlicher Erscheinung nicht gerade gut Kirschen essen ist.

Moderne Fortbewegung mit dem Jetpack

Mit B.A.T. II hat Ubi Soft einen gelungenen Rundschlag durch fast alle unterhaltsamen Genres gelandet. Das Spiel fordert alle Tugenden, die ein universell geübter Computerspieler mitbringen sollte: Reaktionsschnelligkeit beim Arcade-Intermezzo und Kampf, strategisches und detektivisches Gespür, technisches Verständnis beim Fliegen und Autofahren, Neugierde und vor allem Nervenstärke. Die Handlungsmöglichkeiten innerhalb des Spieles sind vielfältig und abwechslungsreich, so daß Langeweile erst gar nicht aufkommt.

Die durchdachte Benutzeroberfläche gehört wohl zum Komfortabelsten, was derzeit so am Markt ist, Musik und Sound unterstreichen die Handlung und sorgen für Stimmung. Technisch perfekte Grafiken und Animationen strahlen farbenfroh vom Bildschirm und transportieren die Atmosphäre.

Komfortable Oberfläche

In Frankreich ist B.A.T. II schon längst zum Kultspiel aufgestiegen. Sicher ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Computerfreaks diesseits des Rheins spitzkriegen, daß B.A.T. eine durchaus lohnende Investition ist. (hu)

WERTUNG

B.A.T. II

TT ✘ STE ✓ ST ✓

Hersteller: Ubi Soft
Preis: ca. 100 Mark
Mono: nein
Genre: Adventure
Motivation: 6 von 6
Grafik: 6 von 6
Sound: 5 von 6

Rushware, Bruchweg 128 132,4044 Kaarst 2


Carsten Borgmeier
Aus: ST-Magazin 06 / 1992, Seite 128

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