50-MHz-Beschleunigerkarte: Weltrekord!

Ataris mit 32 MHz getakteter TT hat seine schnellsten Runden noch vor sich. Einen Vorgeschmack auf ungenutzte Leistungsreserven gibt ein Beschleuniger aus Übersee: 50 MHz stehen in den Startlöchern.

»Schneller als der TT erlaubt«; nach diesem Wahlspruch operierte der amerikanische Hersteller »Fast Technology« bei der Entwicklung einer Beschleunigerkarte mit 68030-Prozessor und 68882-Coprozessor. Wir durften mit dem Prototyp bereits vorab ein wenig experimentieren.

Lockt den ST aus der Reserve: »Turbo 030«-Board mit 50 MHz

Entwickler James C. Allen hatte sich bereits im August vergangenen Jahres, als er der Atari-Messe eine Stippvisite abstattete, weit vorgewagt: Vor Publikum und Fachpresse kündigte er kühn einen spektakulären Alleingang an: eine Beschleunigerkarte, deren Taktfrequenz dem Level von Radiosendern nahekommen sollte. Neben vereinzelten ehrfürchtigen Blicken erntete er dafür überwiegend Skepsis aus dem Auditorium.

»Anfänglich sah es durchaus nicht danach aus«, erinnert sich Allen, »als sei die magische Grenze von 32 MHz zu durchbrechen.« Lediglich Apples Macintosh schien zumindest noch 1 MHz zulegen zu können: »Alle Versuche, das Original-TOS oberhalb dieser Taktrate einzusetzen, scheiterten an der Abstimmung mit der vorhandenen ST-Peripherie.«

Daß er dennoch bereits fünf Monate später Wort halten konnte, verdankt er zwei Programmierern aus Hannover. In monatelanger Detailarbeit waren Andreas Kromke und Dirk Katzschke dem ST ans TOS gegangen (siehe ST-Magazin 12/90).

Die Düsseldorf-Premiere ihres überarbeiteten und modifizierten Betriebssystems »Kaos« nutzte Allen zu einem genialen Schachzug: Tief beeindruckt vom TOS-Abkömmling, der bereits an eine Reihe handelsüblicher Beschleunigerkarten angepaßt war, schlug er den Entwicklern kurzentschlossen eine konkrete Zusammenarbeit vor: »Wenn überhaupt etwas, konnte uns nur dieses Betriebssystem zum Erfolg führen.«

Die Zusammenarbeit über den großen Teich koordinierte Aliens deutscher Vertriebspartner »Makro CDE« in Großwallstadt. Mit Erfolg, denn das erste überzeugende Ergebnis liegt nun vor:

Auf der vergleichsweise bescheidenen Platine (130 x 115 mm Kantenlänge) ist genügend Platz für eine 68030-CPU (Central Processing Unit), einen 68882-Copro-zessor und den 68000er (bei unserer Testplatine noch nicht bestückt). Ferner für jeweils 16 KByte Daten- und Instruktions-Cache sowie das Betriebssystem auf 1-MBit-EPROMs mit einer Zugriffsgeschwindigkeit von 45 ns.

Fünf GALs steuern die Logik des Boards. Um drangvolle Enge zu vermeiden, bediente sich Allen eines Kunstgriffs: Durch platzsparende »SMD«-Technik ließ sich der »Nachbrenner« so verkleinern, daß er als kompakter Einbausatz in jeden ST paßt.

# »Turbo 030«-Performance Test

Das Programm »Quick-Index« lieferte uns folgende Werte:

Test Wert
CPU-memory: 440 %
CPU-register: 1303 %
CPU-divide: 1584 %
CPU-shift: 5395 %
TOS-Text: 890 %
TOS-String: 3368 %
TOS-Scroll: 153 %
GEM-Draw: 2262 %

Ein Schwachpunkt aller größeren Prozessoradaptionen zeigt sich allerdings auch hier: Handelsübliche STs verfügen lediglich über einen 68000-Prozessor. Ein- und ausgehende Daten werden durch die Standardschnittstelle, den 16-Bit-Bus des STs, geschleust: bekanntermaßen der sorgenträchtige »Flaschenhals« des Systems.

Das beeinflußt natürlich die Speicherzugriffswerte (siehe Kasten). Die angezogene Handbremse läßt sich allerdings lösen, wenn die CPU zusätzlichen eigenen Speicher besitzt: Cache Memory heißt hier die Zauberformel.

Noch Zukunftsmusik und eine Aufgabe für findige Bastler: Möglicherweise gelingt es aber schon bald, den Prozessorbus erfolgreich mit neuen überzeugenden Spurteigenschaften zu versehen.

Zumindest 48 der versprochenen 50 MHz brachten nach einigen Anlaufschwierigkeiten den ST in Schwung. Einige Anwendungen erwiesen sich unzweifelhaft als rekordverdächtig.

Seine volle Programmkompatibilität muß das »Turbo 030«-Board aus Andover allerdings noch nachweisen. Bei zwei Standardprogrammen wollten wir es genau wissen: Bei der DTP-Software »Calamus« wirkt sich die Geschwindigkeitssteigerung besonders deutlich aus. Der 50-MHz-Beschleuniger konnte die Leistungsmerkmale des TTs deutlich übertreffen. Auffallend auch, daß der Editor »Tempus«, ein Sorgenkind auf dem TT, mit der neuen Hardware keine Probleme hatte.

Zur Einstimmung auf neue Rundenrekorde gibt’s den Hardwarebeschleuniger auch mit einer Taktrate von 25 MHz. Er läßt sich nachträglich auf 33 oder 50 MHz aufrüsten. Dafür ist allerdings ein Austausch der GALs und Prozessoren notwendig.

Die Kosten für den aufwendigen Umbau der hochfrequenten Kunstharzplatte mochte auch »Makro CDE« nicht nennen. Geschäftsführer Heinz Komparsky konnte zumindest beim Basis-Board mit 25 MHz und 68882-Coprozessor konkreter werden. Der Preis liege derzeit im »Bereich von 2000 Mark«.

Angesichts der sehr hohen Umrüstkosten räumt auch Hardwareentwickler James Allen ein, insgeheim doch eine spezielle Zielgruppe anvisiert zu haben: »Vor allem jene Anwender, die zusätzlich zum Tempogewinn auf volle Kompatibilität zum ST setzen.«

# Leistungsmerkmale des 50-MHz-Boards

Die technischen Daten der Auslieferungsversion:

Platinengröße: 130 x 115 mm.

Einbau: In Mega ST(E) und normalen ST(E). Für Sommer dieses Jahres ist eine angepaßte Version für den 1040 ST(F) angekündigt.

CPU: MC 68030 mit 25, 33, 40 oder 50 MHz Taktfrequenz. MC 68000 CPU mit 8 MHz Taktfrequenz. Der zusätzliche Zentralprozessor ist umschaltbar und sorgt im Zweifelsfall für volle Kompatibilität.

FPU: MC 68882 mit 25 bis 50 MHz Taktfrequenz (unabhängig von der CPU). Der Coprozessor verfügt über einen eigenen Quarzoszillator.

Cache: 32 KByte (30 ns) statisches Cache-RAM für schnellen Speicherzugriff aufs ST-RAM.

ROM: 256-KByte-Betriebssystem auf dem Board (Adreßlage »SEOOOOO« - wie im STE oder TT).

Erweiterungsbus: 32 Bit breit, gepuffert, mit 16-Bit-Zugriff für den Blitter.

Zusätzlich verfügbar:
□ 32 Bit breites RAM □ Erweiterungs-Board mit 4 oder 8 MByte Speicher, »Burst mode« (Fast-RAM). Läßt sich entweder in den Adreßbereich »$004xxxx« (ST- und Blitter-kompatibel) oder »$01xxxxx« (TT-kompatibel) legen □ 128 KByte (Burstmode) »Fast-RAM-Cache«. (em)

Makro CDE, Schillerring 19, 8751 Großwallstadt


Egbert Meyer
Aus: ST-Magazin 03 / 1991, Seite 12

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