»The Vault I bis III« und »Space-Odyssee«: Abenteuers Lust oder Frust?

Adventures gibt es viele, doch gute Text- und Grafik-Adventures mit Rollenspielcharakter muß man suchen. Mit »The Vault I bis III« und »Space-Odyssee« stellen wir zwei Spiele vor — exorbitant!

Bei falschen Entscheidungen grinst Sie dieser »Geselle« an

Böse Zungen behaupten, reine Text- bzw. Grafik-Adventures mit Rollenspielcharakter lägen in den letzten Zügen. Denn es nimmt sich doch heutzutage kaum jemand die Zeit, sich tagelang an einem Spielproblem festzufressen. Als »Dank« für die Lösung des ersten Problems steht man sofort vor dem nächsten. Und das, ohne durch gute Grafik, tollen Sound oder andere Effekte belohnt zu werden. Zugegeben, Abenteuern ist Knochenarbeit, aber es hat dennoch seine Qualitäten: Gute Story, verzwickte Rätsel und literarische Nuancen. So sollte es jedenfalls im Idealfall sein. Im folgenden wird ein Blick auf zwei Adventures, ein reines Text-Adventure und ein Grafik-Adventure, geworfen. Eigentlich handelt es sich nicht um zwei, sondern um vier Programme, denn »The Vault« ist eine Trilogie mit drei voneinander unabhängig spielbaren Stories.

Bei dem Adventure »Die Space-Odyssee« handelt es sich um ein Grafik-Adventure mit einer Ausstattung, die im PD-Bereich keineswegs selbstverständlich ist. Es bietet überdurchschnittlich gute, teilweise digitalisierte Grafiken, digitalisierte Eingangsmusik und ein paar gesampelte Soundeffekte. Ärger mit dummen Antworten bzw. Befehlen, die das Spiel nicht versteht, kommt hierbei gar nicht auf.

Einfache und gute Bedienung

Denn der Autor hat zugunsten einfacher Handhabung gänzlich auf einen Parser verzichtet. Die Kommunikation wird über zwanzig Handlungsoptionen, die dem Programm mittels Tastendruck mitgeteilt werden, geregelt.

Die Story ist ebenso schlicht wie wenig ergreifend: Ein Raumschiffpilot ist in Nöten. Just als er seinen wohlverdienten Mittagsschlaf hält, wird sein Raumer von einem Meteoriten erfaßt. Das hat zur Folge, daß der Autopilot des Schiffs Schaden nimmt und es nun droht, auf direktem Weg in ein Asteroidenfeld zu rasen. Die Mannschaft, die es nicht schafft, den Autopiloten umzuprogrammieren, hat sich bereits mit den Rettungskapseln aus dem Staub gemacht. Dabei wurde aber fatalerweise versäumt, den Captain zu wecken und mitzunehmen. Völlig auf sich allein gestellt, muß er es nun rechtzeitig schaffen, aus dem Schiff zu kommen und einen sicheren Planeten zu finden, von dem er ohne Blessuren auf seinen geliebten Heimatplaneten kommt.

Eigentlich müßte Sie diese ganze Geschichte nicht stören, aber leider sind dieser arme Tropf Sie. Wie bereits erwähnt, haben Sie in jeder Situation bis zu zwanzig Handlungsmöglichkeiten. Diese reichen von Untersuchen über Nehmen, Drücken, Benutzen, Feuern, Reparieren, Trinken u.a., bis zu Reden und Angreifen. Der Vorteil dieser vereinfachten Befehlseingabe wurde bereits geschildert, einen Nachteil hat dieses Procedere allerdings. Es wird mit der Zeit etwas langweilig, einfach nur alle zwanzig Handlungen durchzuprobieren, denn eine davon ist immer die richtige. Nicht sinnvolle Handlungen werden unkommentiert ignoriert, das Programm führt Sie quasi an der Hand durchs Abenteuer. Deshalb ist der Schwierigkeitsgrad dieses Programms auch nicht sonderlich hoch einzuordnen.

Ausprobieren hilft nicht immer

Auch wenn es theoretisch möglich ist, ein Problem mittels simplem Ausprobieren der Funktionen zu lösen, empfiehlt sich diese Vorgehensweise wegen der zahlreichen Fallen, mit denen das Programm gespickt ist, dennoch nicht.

Viel Information gibt’s bei »Vault I-III«

Apropos Fallen: reingetappt bedeutet nichts Geringeres als dahingerafft. Um so ärgerlicher ist es, daß »Die Space-Odyssee« nicht mit einer Save-Funktion aufwartet. Nach jedem Fehltritt wieder von vorne anfangen zu müssen, ist bei fortgeschrittenem Spielstand wirklich sehr ärgerlich. Wer das ein paarmal durchgemacht hat, dem kann die Lust vergehen.

Ein Trostpflaster: Den Tod zu erleiden, heißt auch, das schönste, digitalisierte Bild inklusive Sample zu erblicken — einen grinsenden Totenschädel.

Alles in allem ist »Die Space-Odyssee« eine lohnenswerte Anschaffung, vielleicht eher für Abenteurer des ersten Levels, als für erfahrene Rainbird-, Infocom-, und Magnetic-Scrolls-Recken.

Zum Schluß ein paar Tips für den Einstieg: Alles untersuchen; was wie ein Paßwort aussieht — aufschreiben; Nicht die Schachteln offen (Neuanfang droht); Luke der Rettungskapsel vor dem Start schließen; den Planeten mit der Nummer eins ansteuern.

Im Gegensatz zur »Space-Odyssee« verwöhnt uns die »Vault-Trilogie« nicht mit schönen Bildern. Das muß sie auch nicht, handelt es sich doch um ein reines Text-Adventure mit ganz anderen Qualitäten.

Zum Beispiel besitzt Sie einen echten Parser, der immerhin einen recht umfangreichen Sprachschatz besitzt.

Zwar beruhen viele Schwierigkeiten bei der Lösung von Aufgaben und Rätseln nach wie vor, wie so oft bei Text-Adventures, auf Verständigungsproblemen. Doch mit etwas Tüftelarbeit kommt man meist nach einigen Anläufen auf die richtige Formulierung, so daß der Frust verhältnismäßig gering bleibt. Zudem gibt der Autor in der Anleitung einen kleinen Überblick über die verwendbaren Kommandos, allzuviele Experimente mit der deutschen Sprache entfallen somit.

Aus diesen Infos läßt sich viel fürs weitere Spiel machen

Gute Story ist Trumpf

Belohnt wird man bei »The Vault I-III« mit einer, bei allen Teilen, guten Story, viel Text und somit viel Atmosphäre. Außerdem sind eine Zahl von Komfortbefehlen vorhanden, so kann für den Zweck der Untersuchung eines Gegenstands einfach ein »x« verwendet werden. Auch Befehle wie »Hilfe«, »Inven-tory«, »Look« (wiederholt die Raumbeschreibung) und »Oops« (nimmt einen Schritt zurück) erleichtern das Spielen enorm.

Der Anfang von »Space-Odyssee« macht neugierig

Von sehr großem Wert sind Systembefehle wie »Spielstand laden« und »speichern«, »Dateien löschen«. Um Wartezeiten zu vermeiden kann ein Spielstand obendrein zunächst einmal ins RAM gespeichert werden. Dieses wird erst beim Beenden der Sitzung auf Diskette abgespeichert.

Ein Punktesystem ist leider nur im Teil III vorhanden, es gibt umfangreich Aufschluß über den bisherigen Erfolg der Mission.

Ebenso wichtig, wie eine zufriedenstellend technische Ausstattung, ist bei einem Adventure natürlich die Story. Deshalb nun ein Überblick der Handlungen aller drei Teile.

Ihr Alter Ego in der Trilogie ist ein gewisser Mr. Jones, Privatdetektiv. Im ersten Teil erreicht Sie ein Brief einer Amanda Derock, in dem sie um Ihre Hilfe bei der Lösung eines Mordfalls ersucht. Ihr Vater wurde erhängt an einem Apfelbaum gefunden. Eingeritzt in seinen Oberkörper ist das Symbol einer Schlange, zu seinen Füßen lag ein goldenes Schwert, mit dem er zusätzlich zur Strangulation erstochen wurde. Ein Ritual also? Als die Polizei zur Stelle kommt, ist das Schwert verschwunden. Soweit die Fakten. An Ihnen liegt es nun, Licht in das Mysterium zu bringen.

Hier braucht man Orientierungssinn um die richtige Tür zu finden

Nachdem Sie am Ende des ersten Teils den Bösewicht zur Strecke gebracht haben, kommt er im zweiten Teil wieder abhanden. Er flüchtet nach Schottland, erwirbt ein Schloß und bedroht von dort aus ein zweites Mal die Rechtschaffenen dieser Erde. Mit dubiosen Machenschaften, bei denen allen Anzeichen nach Plutonium eine bedeutende Rolle spielt, treibt er sein Unwesen. Was plant dieser Mensch? Klären Sie es auf, vereiteln Sie seine düsteren Pläne, legen Sie ihm das Handwerk.

Wie es scheint, haben Sie es im Teil II tatsächlich geschafft, die Gesellschaft für einige Jahre von dieser Gestalt zu befreien, taucht sie doch erst im Jahre 2012 nach Verbüßung einer langjährigen Haftstrafe wieder auf. Die lange Haft ist auch Ursache dafür, daß »The Vault« mit einem Male zum Sciencefiction-Abenteuer wird. Dieser schnelle Wechsel ist Geschmackssache, uns hat es etwas gestört.

Auch nach all den Jahren kann es unser Fiesling nicht lassen, er wird wieder kriminell. Es gibt zahlreiche negative Entwicklungen bezüglich der gesellschaftlichen Struktur, der internationalen Beziehungen und der Flora/ Fauna. Sie gestalten sich in diesem Abenteuer ebenso stereotyp, wie in all den anderen Zukunftsfiktionen. Jedenfalls nutzt der uns bekannte Verbrecher die Notlage der Menschheit aus, um sie diesmal global zu bedrohen.

Viel Information ist das nicht... aber man könnte sie brauchen

Man sieht, die dramaturgische Kurve stieg seit Teil I beständig an. Dies geschieht sicherlich zugunsten der Effekte aber auch zu Lasten der Glaubwürdigkeit. Doch wer glaubt schon einem Computerspiel?

Einsteigen in den supermodernen Raumgleiter und tun, was zu tun ist. Viele vergnügliche Stunden wünschen wir Ihnen mit den beiden Programmen. (mb)

»The Vault I-III« sind erschienen auf der PD-Pool-Diskette (# 2092),

»Die Space-Odyssee« gibt’s auf der Pool-Disk (# 2121).

Die vorgestellten Disketten,

erhalten Sie bei folgenden Anbietern:


Andreas Vogelmann
Aus: ST-Magazin 12 / 1990, Seite 44

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