DTP — ein rentables Geschäft

Wie kann man mit einem Atari-DTP-System Geld verdienen? Wir haben uns mit einem Profi-Grafiker unterhalten.

Nehmen wir einmal an, Sie hätten — wie ich — einen Atari ST, einen Laserdrucker und ein DTP-Programm, zum Beispiel »Calamus«. Nehmen wir weiter an, Sie wollten — wie ich — mit dieser Ausrüstung kommerziell arbeiten. Nehmen wir ferner an. Sie hätten — im Gegensatz zu mir — noch keinen Kundenstamm. Was ist zu tun?

Ein paar ernstgemeinte Mahnungen zu Beginn: Es macht wenig Sinn, viel Geld in ein komplettes DTP-System zu investieren, wenn keine realistische Aussicht auf Aufträge besteht. Seien Sie sich darüber im klaren, daß die Ausgabequalität eines 300-dpi-Laserdruckers für professionelle Ansprüche nicht ausreicht. Es gibt jedoch eine Menge Kunden, die sich auch mit weniger Qualität zufriedengeben, besonders dann, wenn der Preis stimmt.

Laserdruck

Zunächst sollten Sie mit Ihrem DTP-System eine eigene Geschäftsausstattung anfertigen, das heißt Briefbögen, Visitenkarten, Handzettel und Preislisten. Damit können Sie sich und Ihre Angebote adäquat vorstellen. Anschließend forschen Sie die Unternehmen Ihrer Umgebung oder Ihren Bekanntenkreis nach Geschäftskontakten aus. Gute »Connections« sind unbezahlbar. Kommerziell auswertbare DTP-Anwendungen liegen in zwei Bereichen:

  1. Alles, was man selbst auf dem Laserdrucker ausdrucken kann.
  2. Alles, was ohnehin in minderer Druckqualität benötigt wird.

Für diese beiden Bereiche ein paar Beispiele denkbarer Anwendungen: Anzeigen für Tageszeitungen, Handzettel, Schriften auf T-Shirts, Vereinszeitschriften, Firmendrucksachen, eventuell sogar Plakate, und so weiter. Die Auflösung läßt sich unter Umständen verbessern, indem man in doppelter Größe mit dem Laserdrucker ausdruckt und die Vorlage anschließend von der Druckerei verkleinern läßt. So werden aus 300 dpi leicht 400 dpi.

Potentielle Kunden finden Sie sicherlich in Ihrer Nachbarschaft. Es gibt zahlreiche kleine Betriebe, Vereine, Kneipen, Boutiquen oder Einzelhändler, die Handzettel, Formulare, Briefpapier, Logos oder ähnliche Druck-Erzeugnisse dringend für ihren Geschäftsalltag benötigen.

Als besonders geeignet haben sich in meiner Praxis Drucksachen erwiesen, deren Informationsgehalt häufigen Änderungen unterworfen ist, beispielsweise Angebotslisten, Veranstaltungshinweise oder Speisenkarten. Denn mit DTP-Programmen lassen sich einmal entworfene Vorlagen jederzeit leicht aktualisieren: Das Firmen-Logo bleibt bestehen, lediglich das Angebot, die Veranstaltung oder die Speisenfolge ändern sich.

Gedruckte Einzeldokumente wie Urkunden, Zertifikate, Doktorarbeiten, Gratulations- und Einladungskarten, Business-Charts für die Overhead-Projektion oder Schilder stellen ideale Betätigungsfelder für lukrative DTP-Aktivitäten dar.

Die entstehenden Kosten sind von Auftrag zu Auftrag verschieden. Um sich eine Vorstellung von den anfallenden Betriebskosten und dem erzielbaren Gewinn zu machen, ziehen Sie am besten bei der Konkurrenz im professionellen Druckgewerbe Informationen ein.

Das Etikett einer Sektflasche ist nur ein Beispiel für lukrative DTP-Anwendungen

50 Mark pro Stunde

Lassen Sie einen Kostenvoranschlag für ein Projekt machen, das Sie mit Ihrem DTP-Equipment realisieren wollen. Vergessen Sie dabei jedoch keinesfalls Ihren persönlichen Arbeitseinsatz. Kalkulieren Sie für die ersten Aufträge mindestens 30 bis 50 Mark pro Stunde. Sie werden rasch erkennen, wie weit Sie mit diesem »Stundenlohn« kommen.

Vorausgesetzt natürlich, Sie erledigen die erforderlichen Arbeiten in einem angemessenen Zeitraum und in der adäquaten gestalterischen Form. Denn leider ersetzt auch ein Super-DTP-Programm noch keinen Grafiker. Hauptkriterium für erfolgreiches DTP ist letztlich immer die künstlerische Qualität. In diesem Sinne wünsche ich allen angehenden Desktop-Publizisten allzeit »fette« Aufträge. (W. Fastenrath/tb)


Andreas Horn
Aus: ST-Magazin 04 / 1989, Seite 56

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