Besitzt mein Atari eigentlich ein Co-Prozessor? Wieviel Speicher ist eigentlich noch frei? Welche Zeichensätze stehen mir eigentlich zur Verfügung? All diese Fragen und mehr beantwortet SysInfo.
Informationen über den eigenen Rechner zu bekommen, ist im Falle des Atari gar nicht einmal so schwierig. Im Internet und auf diversen PD-Disketten schwirren genügend Accessories, CPX-Module und kleine Programme herum, die jeden Wissensdurst des Anwenders über sein eigenes System stillen sollten. Aber für jede Information ein eigenes Programm starten? Warum gibt es kein Analyse-Werkzeug, das möglichst alle Informationen liefert?
Diese Fragen hat sich wohl auch Thorsten Bergner gestellt, als er sein Programm SysInfo entwickelte. SysInfo gibt Hard- und Softwareinformationen zu dem Atari-Rechner aus, auf dem es gestartet wurde. Damit aber nicht genug, denn auch Entwickler und andere interessierte Anwender, die in die Tiefe gehen möchten, kommen voll auf ihre Kosten. Doch der Reihe nach...
SysInfo ist bei weitem kein neues Programm, sondern erblickte bereits Mitte der 90er Jahre das Licht der Atari-Welt. Ab der erweiterten Version 5 ist das praktische Programm allerdings Freeware und kann somit frei benutzt und weitergegeben werden.
SysInfo ist zur Analyse von Atari-Hardware gedacht und arbeitet somit auch auf kleinen Systemen (ST mit 512 KBytes RAM reicht evtl, schon). Aber nicht nur Classic Ataris werden unterstützt und erkannt, auch auf einem Power Macintosh unter MagiCMac machte das Programm keinerlei Schwierigkeiten. In Sachen Auflösung gibt sich SysInfo ebenfalls bescheiden: Selbst in der Auflösung ST Medium (640 x 200) spielte es mit.
SysInfo wird mit einer Online-Hilfe im ST-Guide-Format ausgeliefert. Der moderne BubbleGEM-Standard wird leider nicht unterstützt.
Nun aber los. Nach dem Programmstart trägt SysInfo seine Menüleiste ein, aus der die verschiedenen Analysekriterien abrufbar sind. Die aufrufbaren Informationen sind fein säuberlich in die Bereiche Datei, Hardware und Software eingeteilt. Das Programm erfreut durch vollständige Einbindung in die GEM-Oberfläche und macht daher auch unter Multitasking-Betriebssystemen eine gute Figur. Das nach dem ersten Start etwas altertümlich anmutende zweidimensionale Äußere ist in den Voreinstellungen gegen einen aktuellen 3D-Look austauschbar - so hat auch das Auge seine Ruhe.
Das Datei-Menü lädt nicht in erster Linie zum Laden irgendeiner Konfigurationsdatei, sondern zum Einlesen von System-Informationsdateien ein. Dazu gehören z.B. Dateien wie die „Desktop.inf" oder die "Magx.inf". Nach der Auswahl eines Eintrags in der praktischen Button-Leiste wird der Inhalt der entsprechenden Datei dargestellt.
Noch interessanter ist die Möglichkeit, mittels der Dateiauswahlbox gezielt Datei- und Programminformationen eingelesen. Angezeigt werden allgemeine Informationen (Erstellungsdatum, Größe, Länge) und die dazugehörigen Attribute. Außerdem werden Informationen zu den Programmflags und dem Speicherschutz angegeben. Die entsprechenden Einstellungen können hier auch gezielt verändert werden. Wer es noch genauer wissen will, erhält Einblick in die Programmsegmente. Noch detaillierter können sich MagiC- und MiNT-Benutzer informieren, denn für sie stehen weitere Zusatzinformationen auf Knopfdruck bereit (Zugriffsrechte, Dateinummer, BIOS-Geräte-nummer etc).
Das Datei-Menü hilft dem Anwender aber noch weiter, die Übersicht über sein System zu bewahren. So können installierte und deaktivierte AUTO-Ordner- und Start-Programme, Accessories und CPX-Module übersichtlich in einem eigenen Fenster inklusive einiger Zusatzinfos aufgelistet werden. Auf die Einträge lässt sich aber leider nicht zugreifen. Es wäre z.B. recht praktisch, wenn der Anwender mit wenigen Mausklicks Programme aktivieren und deaktivieren bzw. die Startreihenfolge verändern könnte.
Wer in die auf dem Schreibtisch lüsternde Hardware verknallt ist, der findet unter dem Menüpunkt „Hardware" sein Mekka. Abrufbar sind die verschiedensten Informationen zum System, zur Speicherauslastung (sehr detailliert nach Blöcken), zum Zustand und zur Geschwindigkeit der vorhandenen seriellen Schnittstellen (auf TT und Mega STE sehr interessant), zur Grafikleistung und zum Soundsystem. Auch eine genaue Anzeige der Systemzeit inklusive Swatch Beat-Umrechnung fehlt nicht. Positiv fällt auch hier auf, dass sich das Programm auch beim Betrieb eines Atari-Environments auf "fremder" Hardware nicht täuschen lässt: ein Power Macintosh wird klar als solcher erkannt.
TT- und Falcon-Besitzer können sich auch die Einstellungen des nichtflüchtigen Speichers anzeigen lassen. Wer hier jedoch Änderungen vornehmen möchte, sollte wissen, was er tut, um beim nächsten Systemstart keine unangenehmen Überraschungen zu erleben (SCSI-Arbitration, Tastatureinstellungen etc.).
Ein weiteres Informationsfenster gibt Auskunft über die angeschlossenen SCSI-, ACSI- und IDE-Laufwerke. Dies ist recht hilfreich, wenn Sie z.B. ein neues SCSl-Laufwerk in die Kette schalten möchten, aber nicht mehr im Kopf haben, welche IDs Sie schon vergeben haben. Diese Funktion ist allerdings nur dann verfügbar, wenn Sie ein SCSIDRV-kompatibles Interface installiert haben, was z.B. auf HDDRiver ab Version 7 und CBHD zutrifft.
Außerdem zeigt SysInfo die Belegung der vorhandenen Laufwerke im Allgemeinen und der Festplatten im Speziellen an.
Software. Weiter geht es im Bereich der installierten Software. Zunächst einmal können weitreichende Informationen zum vorhandenen AES-System ausgegeben werden. Diese sind nicht nur für Anwender, sondern in erster Linie auch für Entwickler interessant, denn bis ins Detail werden Möglichkeiten und Einstellungen des installierten AES beleuchtet. Lob verdient dabei die übersichtliche GEM-Oberfläche, die dem Benutzer die einzelnen Informationen mittels Karteikartenreiter bereit stellt - komfortabler geht es nicht mehr. Die Daten sind dabei so reichhaltig, dass zwischen zwei Reihen hin- und hergeschaltet werden kann.
Fast ebenso umfangreich sind die darstellbaren Daten zum installierten VDI-System. Einziger Nachteil bei den verwendeten Listendarstellungen ist nur, dass das darstellende GEM-Fenster nicht einfach größer gezogen werden kann, damit möglichst viele Informationen auf einen Blick bereitstehen.
Interessant ist auch die Ausgabe der DOS-Grenzen: Hier werden nicht etwas die Einschränkungen von MS-DOS besungen, sondern die Grenzdaten des Betriebssystems angezeigt. Diese Funktion ist allerdings nur unter MagiC, XHDI oder Big-DOS verfügbar. Unter MiNT oder Big-DOS wird noch zusätzlich über die Prozessgrenzen informiert.
Moderne Desktop-Umgebungen wie jinnee liefern einen AV-Server mit. SysInfo kann Daten über die Möglichkeiten des Servers liefern. Außerdem können die gesetzten Environment-Variablen in einem Textfenster dargestellt werden.
Wundern Sie sich manchmal, dass ein Teil des Speichers Ihres Systems schon verbraucht ist, obwohl Sie scheinbar noch gar kein Programm gestartet haben? Dann sollten Sie sich von SysInfo die Programmliste anzeigen lassen. Hier erscheinen alle Programme, die automatisch gestartet wurden und aktuell aktiv sind. Noch mehr in die Tiefe geht die Speicherliste, die inklusive der Adressen anzeigt, wie die laufenden Prozesse den ST- bzw. TT-Speicher des Atari belegen.
Gelungen ist auch die Fontübersicht, die die installierten Zeichensätze inklusive einer Vorschau auflistet. Bei installiertem GDOS-System werden auch entsprechend unterstützte Vektor-Zeichensätze angezeigt.
Für Entwicklungsaufgaben ist ausserdem die Darstellung der im System vorhandenen Cookies sowie der XBRA-Vektortabelle inklusive der Verkettung und des Vektornamens.
Ausgabe. Alle Werte von SysInfo können für eine Ausgabe ins CEM-Klemmbrett selektiert werden. Dadurch können die exakten Daten des eigenen Systems weitergegeben werden. Dies ist z.B. praktisch, wenn die eigenen System Informationen an einen Entwickler weitergegeben werden sollen, falls eine Software auf dem Rechner nicht läuft. Der Entwickler hätte dann praktisch alle Daten zum kritischen System auf einen Blick. Leider können die Informationen nicht für einen direkten Vergleich wieder eingelesen werden, wie dies z.B. bei Benchmark-Tools der Fall ist.
SysInfo dürfte das umfangreichsten Diagnose-Werkzeug auf dem Atari sein. Durch seinen Freeware-Status sollte es sich möglichst schnell zum Standard erheben, denn es könnte z.B. Programmierern bei der Fehlerbeseitigung in ihrer Software unschätzbare Dienste erweisen. Sollte es tatsächlich zu neuen TOS-Versionen kommen, sollte SysInfo vielleicht standardmäßig beigelegt werden.
Auf jeden Fall sollte SysInfo auf keinem Atari fehlen. Es findet sich auf der aktuellen stc-Diskette sowie der stCD.
Thorsten Bergner, Harlinger Straße 3 D-14199 Berlin home.snafu.de/thorsten.bergner/