Scene-Report: Error in Line

«Warum denn nicht?», dachten sich rund 100 Atari-Freaks aus ganz Europa und reisten zur diesjährigen Neuauflage der „Error in Line" über Ostern nach Dresden.

Partypeople im Keller

Ein Bericht über der Atari-Convention „Error in Line", und warum die Szene so freundlich ist

Während draußen Ostern im Schnee versank, wurde es in den „Grotten" des Kellerclubs GAG18 immer atarifreundlicher. Bereits am Karfreitag war in jedem Raum der allseits bekannte Atari-Klick zu hören. Angereist waren DHS, Toys, NoCrew (Schweden), Sector One, Dune (Frankreich), YesCrew (Slowenien), Reservoir Gods (England), Mystic Bytes (Polen), TSCC und Paranoia (Deutschland), um nur einige zu nennen.

Teilnehmer

Wie bereits im Vorfeld angekündigt, konnte der Besucher nicht nur mit den Szeneleuten in Kontakt treten, sondern auch mit Programmierern und Entwicklern aus dem Anwenderbereich. So stellte Frank Naumann seine neueste MiNT-Software vor, Richard Gordon Faika arbeitete eifrig an einigen Luna-Verbesserungen und - nicht zu vergessen - die Entwickler der Deesse-DSP Karte präsentierten ihre aktuelle Planungsphase. Fast die gesamte Redaktionscrew des „Triple a" Mag war anwesend, MoAco und ein Vertreter des Acorn-Vertriebs Wolfen zeigten, was auf diesen alternativen System alles möglich ist.

Was wäre eine Atari-Party ohne Realtime-Artikel? Moondog/PoD ließ viele erstaunen, denn das schon begrabene Szene-Mag UCM wurde wieder zum Leben erweckt. So konnte jeder Teilnehmer rund um die Uhr seine Befindlichkeit in den Artikel tippen, der in der nächsten Ausgabe des Mag erscheinen wird.

Apropos Scenemag: von der „Alive" gab es für die Party ebenfalls eine neue Ausgabe. Auch Mystic Bytes sammelten erste Berichte für ihr neues Mag mit dem klangvollen Namen „Chosnek", das mit einer völlig neuen Oberfläche und einigen Effekten eine neue Art von Magazin werden soll.

Das hat natürlich seinen Preis: ein Fal-con mit 14 MB ist Pflicht. Nimmt man die „Triple a" dazu, so gibt es also derzeit vier Szenemagazine - bleibt zu hoffen, dass uns diese wohltuende Vielfalt noch eine Weile erhalten bleibt.

Gamer's Delight

Das „Triple a"-Team: Mr. Bacardi, MoAco, Dididuck (v.l.)

Auch für den Spielefreund gab es einiges zu entdecken, M4 (vormals Running Design Team) zeigten, was uns durch den Rückzug des Milan II entgangen ist. Das Stune Development Team veröffentlichte eine neue Version des gleichnamigen Strategiespiels, das sich durch zahlreiche Bugfixes und eine deutliche Geschwindigkeitssteigerung auszeichnet. Auf den Rechnern von Nature (Schweden) konnte das Ballerspiel „Aces High" bewundert werden, es soll in naher Zukunft ein Release geben. Auch die Reservoir Gods, bekannt u.a. durch ihren Gameboy-Emulator, werkelten an mehreren Spielen. Sie führten dazu auf der Party eine Umfrage durch, was das Lieblingsgemüse der Teilnehmer sei. :) Zur Erholung oder - wie man es nimmt -zur Anspannung gab es die ganzen drei Tage eine Spiel-Competition gesponsort von Foundation Two, bei der jeder mit Hilfe des Atari 8-Bitters die Erde vor Aliens beschützen musste.

Atari-Networks

Ein Novum ist ebenfalls zu erwähnen: durch die Verbreitung des ROM-Port-Ethernet-Adapters (Elmar Hilgart) wurde eine große Anzahl von Atari-Rechnern (zeitweise mehr als 30) in einem großen Netzwerk untereinander und mit dem Internet verbunden. Ich glaube, auf der Party hat jeder mitbekommen, was für eine großartige Sache dieser Adapter ist - und wann gab es schon jemals so ein großes Atari-Netzwerk?

Happy Hour!

Nachdem am Samstag die Grafiken und Musiken präsentiert worden waren, wartete alles gespannt auf den Sonntagabend: nun sollten auf einer großen Leinwand die Demos veröffentlicht werden. War der Gerüchteküche zu glauben, dass diesmal der Falcon mit mehr Demos bedacht werden sollte?

Doch bevor der große Showdown begann, war auf der Party ein anderer Höhepunkt im Gange: Whip-pong. Ihnen ist das Prinzip nicht bekannt? Man suche sich ein paar Freunde zusammen, starte auf seinem Falcon „Whip!", wähle das Modul Whippong und stöpsle zwei Mono-Mikrofone oder ein paar billige Kopfhörer (die sozusagen als umgekehrtes Mikro fungieren) in den Rechner und brülle los. Sie lesen richtig, das Spiel ist dem klassischen Pong nachempfunden, nur dass man hier statt des Joysticks seine Stimme zur Steuerung ein-setzen muss. Jetzt können Sie vielleicht nachempfinden, welche Stimmung herrscht, wenn 100 Atari-Freaks in einem Raum zusammen kommen und dieses Spiel als Wettbewerb austragen.;-)

Showtime!

Doch nun zu den eigentlichen Competitions. Nach den Wild-compos und der 8-Bit-Compo war der ST-Demo-Wettbewerb an der Reihe. Leider gab es nur zwei Demos, aber dafür entschädigte die Sector One/ Dune-Demo. Viel kann man dazu nicht schreiben, man muss sie einfach gesehen haben. Nur so viel: klasse Design, gute Musik, geniale Effekte und Grafiken, sogar ein perfekt gestylter Hidden Screen.

Nur noch zu toppen war dies von den Falcon-Demos. Waren es auf der EiL 99 die ST-Releases, so erlebte nun der Falcon ein wahres Revival. Angefangen mit den Veröffentlichungen von Toys, Paranoia und Remo, die ein Feuerwerk neuer Effekte zündeten bis hin zur Demo „Don't Break The Oath" von DHS, die ebenfalls neue Maßstäbe setzte. Der absolute Renner war die Siegerdemo „Hmmm" von No/ Escape (Dresden). Er zeigte, was man so alles aus einem Standard-Falcon mit nur 4 MB heraus kitzeln kann, wenn man „nur" den DSP einsetzt. Seine 3D-Routinen nutzen fast ausschließlich diesen wundervollen Spezialchip. „Hmmm" setzt die Meßlatte für neue Demos ziemlich hoch, erstmals wurde damit von der Qualität „Sonolumineszenz" (Avena), das immerhin schon mehr als 3 Jahre auf dem Buckel hat, abgelöst.

Eine große Anzahl der anderen neuen Demos setzte mehr auf Beschleunigerkarten und größeren Speicher als auf den DSP. Dies scheint wohl eher der Trend bei Neuentwicklungen zu sein - eigentlich schade meiner Ansicht nach, denn der DSP reizt schon noch für umfangreichere Projekte. So war auf der Party die 14-MB-RAM-Karte von Paskud der Verkaufsrenner, in naher Zukunft wird man also fast nur noch Demos mit dieser Anforderung erwarten können.

Bei der Whippong-Compo: MoD und SOS an den Mirkos

Fazit

Insgesamt gesehen war die Party wieder ein großer Erfolg. Auch die Integration des Anwenderbereichs war ein richtiger Schritt. In einer so kleinen Szene wie die im Atari-Bereich ist eine Zusammenarbeit aller "Kräfte" einfach notwendig um den Rechner am Leben zu halten. Obwohl es am Anfang schwierig war, Sponsoren für die Party zu gewinnen, hat es sich doch ausgezahlt, dass viele kleinere Firmen bzw. Einzelpersonen die Wettbewerbe unterstützt haben. Dies könnte auf alle Fälle ein Zukunftsmodell sein. Dank gilt u.a. der st-computer, deren gesponserte Zeitschriften ziemlich schnell vergriffen waren.

Für die meisten Teilnehmer waren nicht die Preise, sondern die Möglichkeit des Treffens von Freunden bzw. das Kennenlernen von Leuten das Wichtigste, um sich mit Ihnen über das gemeinsame Hobby auszutauschen und somit neue Erfahrungen zu gewinnen. Die Freundlichkeit der Atari-Szene ist weithin bekannt und wird gerade durch solche Events geprägt. Es ist erstaunlich, dass es für unseren Lieblingsrechner immer wieder neue Programmierer gibt, die auch relativ schnell Unterstützung durch andere bekommen. Dies erzeugt Hoffnung, dass diese Szene noch lange existieren wird.

Nächstes Jahr wird es in Dresden eine Pause in Sachen Atari-Party geben. Es ist einfach sehr kräftezehrend, so einen Event jedes Jahr zu organisieren. Dafür gibt es schon Überlegungen, 2002 eine Convention in den Niederlanden auszurichten.

Als nächste Party wird die „Unconventional" [1] Anfang September in Lengenfeld/Thüringen stattfinden. Sie ist besonders den 8-Bit-Fans zu empfehlen, da sie vom ABBUC unterstützt wird.

Ich hoffe, wir sehen uns dort... a

[1] unconventional.atari.org

Alle Veröffentlichungen der Error in Line finden Sie auf der Partywebseite (eil.atari.org)

Die TSCC und M4 Grotte, vorn Moondog/ PoD.

spion/escape
Aus: ST-Computer 06 / 2001, Seite 54

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