Lynx-Underground

Im Internet kursiert so manches und einige Lynx-Fans werden auf Titel stoßen, die es eigentlich gar nicht für ihre Konsole geben dürfte. Kein Spielehändler führt diese Titel, lediglich eine BIN-Datei für Emulatoren ist erhältlich.

Neben den immer besser werdenden Hobby-Projekten gibt es einige Beta-Versionen von Spielen, die einmal für das Lynx angekündigt waren, es aber nie bis zur Fertigstellung schafften. Von daher sind sie nur begrenzt spielbar und auch die Fertigstellung seitens Songbird ist eher unwahrscheinlich. Um die Wartezeit auf die nächsten Songbird-Produkte zu verkürzen, haben wir uns die Betas dennoch angeschaut:

Marlboro Go!

Werbespiele waren eine Zeitlang groß in Mode - Langnese verschickte den „Calippo-Fresser" kostenlos, und ein Zigarettenhersteller wagte sich mit „Sunny Side of Life" an das Adventure-Genre. Der Marktführer auf dem Glimmstengel-Markt wollte diesen Trend nicht verschlafen, aber „Marlboro Go!" ist nicht etwa das Spiel zur Zigarette, sondern das Spiel zur Abenteuer-Rally: in einer Art Abenteuerausflug wurden damals Freiwillige durch eine Urwald-Tour gescheucht, die zwar anstrengend, aber nicht wirklich gefährlich war - immerhin sollten die Kandidaten auf Werbefotos vorzeigbar aussehen.

Das Spiel wurde von der deutschen Softwareschmiede Digital Image geschrieben und ist ein Motocross-Rennspiel für einen Spieler. Mit dem Motorrad muß von Checkpoint zu Checkpoint gefahren werden. Ein Druck auf die linke Steuertaste bremst das Motorrad ab, die rechte beschleunigt das Bike. Das Streckendesign ist nicht wirklich anspruchsvoll und beschränkt sich auf das Ausweichen nach oben bzw. nach unten. Ab und zu erscheinen Rampen, mit denen man große Sprünge hinlegen kann. Landet man jedoch im Sumpf bzw. auf einem Felsen, wird man zum letzten Checkpoint zurückversetzt - die Uhr läuft jedoch weiter.

Per Feuerknopf lässt sich das Motorrad aufrichten. Macht man dies kurz vor einer Rampe, fliegt das Motorrad nicht nur sehr weit - es gibt auch wertvolle Bonussekunden.

Schafft man den Parcour, wird man vom Team standesgemäß mit einer Champagnerdusche begrüßt. Danach kann man erneut spielen.

Grafik

Das Spiel ist hauptsächlich in Rot-Tönen gehalten, was gelegentlich zu lasten der Übersichtlichkeit geht. Die Animation des Fahrers geht in Ordnung, auch das Scrolling ist flüssig und läuft in zwei Ebenen ab.

Musik

Relativ uninspiriertes Gedudel, das nicht unbedingt zum Spiel passt.

Fazit

Marlboro Go! ist voll spielbar und erinnert an die BMX-Disziplin der California Games, ohne dessen Klasse zu erreichen. Eine Veröffentlichung oder sogar Weiterentwicklung seitens Songbird ist aufgrund der Lizenz wohl sehr unwahrscheinlich.

Loopz

Dieses Denkspiel war bereits auf diversen Computern und Konsolen verfügbar und war einer der originelleren Vertreter des Genres.

Die Evaluation (Test)-Version für den Lynx wurde von Handmade Software programmiert. Das Titelbild war bereits fertig und mit einer Titelmusik ausgestattet. Die Anleitung hat es auch noch ins Programm geschafft, nicht jedoch das Spiel.

Fazit

Loopz würde gut zum Lynx passen. Hoffen darf man, jedoch gäbe es auch hier Lizenzfragen zu klären.

Centipede

Den Atari-Klassiker gibt es auf dem Lynx von Shadowsoft, die bereits Robotron 2084 umgesetzt hatten. Das Spiel ist zwar etwas langsam, aber perfekt spielbar, kommt jedoch ohne Sound daher. Das Spielfeld ist größer als der sichtbare Ausschnitt und scrollt automatisch. Ähnlich wie Lexis nutzt auch Centipede das Hochkant-Format.

Fazit

Von den vorgestellten Spielen wird Centipede sicherlich noch am ehesten veröffentlicht werden, sofern Infogrames die Erlaubnis gewährt.

Eye of the Beholder

Eine der größten Ankündigungen für das Lynx war Eye of the Beholder, ein Dungeon Master-Verschnitt, der in der „Advanced Dungeons & Dragons“-Rollenspielwelt spielt. Nach dem Start erscheint der Titelbildschirm mit Musik. Anschließend stellt man sein Heldenteam, bestehend aus vier Charakteren, zusammen. Ist dies getan, startet schon das Spiel und die Truppe wird von einem ziemlich übel gelaunten Skelett-Soldaten begrüßt. Während das Skelett munter auf die Truppe einschlägt, kann man leider nichts machen, denn die Option zum Angreifen ist noch nicht im Spiel eingebaut. Dafür kann man fliehen - und das sogar immer erfolgreich. Nun stellt sich aber ein Gnom in den Weg, der offensichtlich das „Gefecht" mit verfolgt hat. Der Gnom mit der Mini-Axt und dem Wikingerhut glaubt, mit einer Truppe von vier Feiglingen fertig zu werden. Da könnte er recht haben - aber unsere Helden sind nicht nur gut im Wegrennen, sondern auch noch unsterblich. Man kann also dem Gnom ruhig seinen Spaß gönnen und anschließend wieder weglaufen. Der nächste Raum zeigt nur die Leiter.

Grafik

Die Grafik ist sehr gut. Die Wände des Dungeons sind teilweise mit Moos überwachsen und auch der Rest ist sehr gut gezeichnet worden. Die Gegner sehen zwar hübsch aus, aber reißen mit ihren drei Animationsphasen nicht unbedingt vom Hocker.

Fazit

Das hätte ein Lynx-exklusives Superspiel werden können, denn für keine andere Handheld-Konsole gibt es Eye of the Beholder. Eine fertige Version wird es wohl nie geben, aber Songbird arbeitet an einem eigenen Rollenspiel.

Dragnet

Das Spiel zur Serie? Leider nein, Dragnet ist nur eine sehr gut klingende Musik-Demo mit Sound-Samples. Die Musik entspricht der Art of Noise-Version des Dragnets-Themas.

Gesamtfazit

Es werden sicher noch weitere Lynx-Prototypen auftauchen. Vor kurzer Zeit wurden z.B. Screenshots von Alien vs. Predator veröffentlicht, das sogar teilweise spielbar sein soll. Selbst für das VCS tauchen nach langer Zeit immer mal wieder Prototypen auf (Combat II, Real Sports Basketball).

An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass der Programmierwettbewerb von Songbird noch läuft. Von einigen der Einsendungen wird man in Zukunft sicherlich noch hören.


Mia Jaap
Aus: ST-Computer 05 / 2001, Seite 50

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