Neues von Atari Interactive: Galaga Destination Earth

Ein Spiel für den PC und Playstation in der st-computer? Waren die Redakteure um Thomas Raukamp wieder betrunken oder verlassen sie die wahre Lehre aus Sunnyvale? Nichts dergleichen - wir möchten Sie vielmehr um Ihre Meinung bitten. Seit einiger Zeit werden unter der Flagge von Atari wieder Klassiker veröffentlicht, die das Unternehmen erst groß gemacht haben. Und nun haben Sie die Wahl: Sollen wir auf diese Entwicklungen von Atari eingehen, oder finden Sie, das dieses Thema nichts in der stc zu suchen hat? Schreiben Sie uns!

Eines der beliebtesten Automatenspiele der 80er Jahre war mit Sicherheit Galaga. Zwar war das diesem Klassiker zugrundeliegende Konzept recht simpel, trotzdem war das Spiel deshalb noch lange nicht einfach zu beherrschen. Es stellte eine erfolgreiche Mischung aus so bekannten Vorgängern wie Space Invaders und Galaxian dar. Auch Galaga selbst zog eine ganze Armee von Nachfolgern nach sich. Dazu gehörte z.B. Galaga ’88, ein Automatenspiel von Namco, Galaga ’90, das für die Spielkonsole NEC TurboGrafx-16 erschien und nicht zu vergessen das exzellente Deluxe Galaga (Shareware für den Amiga). Nun kündigte Atari eine brandneue Version für diesen Herbst an, die für Playstation und PC unter dem Namen Galaga: Destination Earth erscheinen soll.

Einstieg

Das Spiel beginnt mit einem furiosen Video-Intro: Gezeigt wird die originale Galaga-Attacke aus dem Jahr 1981, bei der die feindlichen Außerirdischen von freiheitsliebenden Atarianern von der Erde gejagt wurden. Als nächstes wird ein Kolonial-Raumschiff der Erde gezeigt, das ahnungslos auf dem Heimatplaneten der Galaganer landet. Sobald Sie das Spiel durch die Optionen an Ihre Wünsche angepasst haben, geht die Video-Show weiter, denn nun ist zum ersten Mal Ihr Kampfschiff zu sehen, das Sie lenken werden. Das Mutterschiff ist dabei riesengroß und sehr detailliert dargestellt, sodass Sie einige Zeit brauchen, um es zu passieren. Nach einiger Zeit sehen Sie, dass eine Seite des Mutterschiffs in Flammen steht und eine Armada von feindlichen Schiffen gezielte Angriffe fliegt. Verschiedene Teile sind bereits zerstört und die Gefahr einer Explosion besteht. Die Qualität des Videos ist ohne Zweifel mit Fernsehserien wie „Babylon 5" vergleichbar - sehenswert!

Ziel

Nach Beendigung des Video machen Sie sich bereit für die erste Mission. Ihr Ziel ist es (wie nicht anders zu erwarten), schnellstens zu reagieren, die feindlichen Schiffe zu zerstören und das Mutterschiff zu retten. Damit aber nicht genug: Die Galaganer sind nun in Kampflaune und starten einen Frontalangriff auf die Erde. Es wird Zeit, ihnen wieder einmal Einhalt zu gebieten.

Perspektive

Die Handlung von Galaga: Destination Earth präsentiert sich aus drei verschiedenen Perspektiven: im Blick von oben, in der Sicht von einer dritten Person aus und einer Betrachtung des Geschehens von einer Seite, ähnlich wie z.B. bei Protector für den Jaguar. Die Perspektiven lassen sich dabei nicht frei wählen, sondern werden je nach Mission vorgegeben.

In allen Perspektiven müssen einige Anzeigen stets im Auge behalten werden. So ist die Beobachtung des Zustands Ihrer Verteidigungsschilde exorbitant wichtig. Außerdem werden Ihre erzielten Punkte und die Anzahl Ihrer Treffer prozentual angezeigt. In der linken unteren Ecke wird zusätzlich die Anzahl der Schiffe gezeigt, die Sie noch besitzen. Außerdem behalten Sie stets das Level im Auge, dass Sie bereits erreicht haben.

Zurück zum Kampfgetümmel. Dem klassischen Automatenspiel gleicht am ehesten die Sicht von oben auf das Geschehen. Die feindlichen Schiffe bekamen einen interessanten 3D-Look verpasst. Das Spielgefühl ist aber trotzdem wie bei der Automatenumsetzung: Ihr Schiff befindet sich am unteren Ende des Bildschirms, während die Feindschiffe von oben auf Sie einstürmen.

Die Third-Person-Perspektive erinnert an die StarFox-Spiele für Nintendo-Systeme. Sie sehen Ihr Schiff von hinten und eine Fadenkreuz hilft Ihnen beim Abfeuern der Gegner. Die Bewegungen sind in diesem Modus nicht eingeschränkt, sodass Sie Ihr Schiff in acht verschiedene Richtungen bewegen können.

Bei der Sicht von der Seite befindet sich Ihr Schiff auf der linken Seite des Bildschirms und die Gegner kommen von rechts. Sie können Ihr Schiff nach oben und nach unten bewegen und fröhlich um sich ballern.

Übung macht den Meister

Natürlich werden Sie auf Wunsch nicht unvorbereitet auf das Universum losgelassen. Im „Simulator" können Sie Ihre Fähigkeiten im Steuern des Kampfjets und in der Beherrschung Ihrer Waffen erproben. Der Simulator ist wirklich eines der gelungensten Teile des Spiels und erinnert an den Klassiker Tron.

Features

Eines der besten Features der Originalversion war ohne Zweifel das Dual-Feuer. Atari hat sich auch in dieser Hinsicht dicht an das Vorbild gehalten und einen Weg in die aktuelle Version geebnet. Um dieses Feature zu aktivieren, müssen Sie eines Ihrer Schiffe von einem Traktorstrahl eines Feindschiffes einfangen lassen. Nachdem Sie Ihr Schiff mit einem gezielten Schuss befreit haben, hängt es sich an Ihren Jet, womit Ihnen eine doppelte Feuerkraft erwächst, die Sie die fiesen Aliens sofort schmecken lassen können.

Ein weiteres Feature, das überlebt hat, sind die „Challenging Stages“. Hier füllt sich der Bildschirm mit Feindschiffen, die abgeschossen werden müssen, bevor sie wieder verschwinden. Ihre Gegner feuern dabei nicht selbst auf sie, weshalb Sie völlig ungezwungen Taktiken ersinnen können, um möglichst viele Schiffe lahmzulegen. Schießen Sie alle Gegner ab, gibt es Extrapunkte.

Feinde

Ein freudiges (?) Wiedersehen erwartet den Kenner der klassischen Galaga-Version. In Destination Earth tauchen alle bekannten Feindschiffe in modifizierter Form wieder auf und werden durch neue Kräfte ergänzt. Einige feindliche Schiffe sind z.B. nun mit Schutzschilden ausgerüstet, von denen die eigenen Waffen abprallen - auch Aliens lernen eben dazu.

Es gibt aber noch andere Neuerungen. Im 3rd-Person-Modus muss der Spieler z.B. Asteroiden und anderen Objekten ausweichen, während er auf die Feinde ballert. Die Asteroiden sind übrigens unzerstörbar - machen Sie also nicht den gleich Fehler wie ich und schießen Sie nicht auf sie, es bringt nichts und bedeutete reichlich schnell Ihr sicheres Ende.

Die Mutter aller Ballerspiele im neuen Gewand: Galaga: Destination Earth in Action.
Klassisch oder abgefahren: Galaga: Destination Earth bietet etwas für alle.
# Systemvoraussetzunqen

• Sony Playstation oder
• Pentium 166, Windows 95 oder 98, 4-fach CD-ROM, 2 MB V-RAM, 32 MB RAM, 70 MB HD, Soundkarte, DirectX 6.1, Modem 14400 Baud

Grafik

Obwohl uns erst eine Betaversion des Spiels vorlag, konnte uns diese doch schon grafisch beeindrucken. Besonders das erwähnte Full-Motion-Video hat Klasse, es führt optimal in die zu erwartende Action ein. Auch die einzelnen Levels wurden mit sehr guten Grafiken versehen. Besonders die sorgfältig animierten Hintergründe vermitteln einen fantastischen Eindruck vom Fliegen im All.

Trotzdem gibt es (zumindest in der Beta-Version) noch einige Kritikpunkte: So hätten die Entwickler noch etwas intensiver mit Farben spielen können. In unserem Test lief das Spiel in einer Auflösung von 1024x768 Bildpunkten in einer Farbtiefe von 16 Bit. Alles wirkte sehr gut, aber eben nicht sonderlich spektakulär. Das Spiel wurde übrigens für die Playstation entwickelt und erst dann auf den PC portiert, weshalb einige Grafiken nicht so scharf gezeichnet sind wie man das von Spielen gewohnt ist, die direkt für den PC entwickelt sind. Vielleicht sollte Atari die PC-Version nochmals etwas aufpolieren, bevor diese den Handel erreicht.

Ich persönlich bin nicht sicher, ob die Einführung der Perspektive von der Seite für Galaga sonderlich gut geeignet ist. Es ist sehr schwer, Schiffe anzupeilen, die von der Seite auf das eigene Schiff zukommen. Eine 1st-Person-Shooter-Position hätte dem Spiel besser getan.

Das feindliche Laserfeuer ähnelt meiner Ansicht nach zu sehr den Explosionen, wenn ein Schiff getroffen wurde. Eine Unterscheidung ist hier nicht immer einfach.

Außerdem braucht die Kampftaktik noch einige Überarbeitung. Im originalen Automatenspiel kann der Spieler nur zwei Schüsse auf einmal abfeuern. Bis man eine neuerliche Attacke starten konnte, musste man warten, bis ein Schuss entweder getroffen hatte oder aus dem Bildschirm verschwand. Auch bei Galaga: Destination Earth wird nach dieser Methode gearbeitet, jedoch sind die eigenen Schüsse recht langsam. Es ist daher manchmal etwas schwer, sich angemessen zu verteidigen.

Mehr Infos gibt es unter www.hasbro-interactive.com sowie www.atari.com.

Fazit

Die Entwickler haben einige gelungene Features in das Galaga-Universum eingeführt. Auf den heutigen Konsolen gibt es sicherlich eine Lücke für klassische Arkade-Shooter und Galaga: Destination Earth könnte diese Lücke füllen, wenn es besonders für den PC nochmals überarbeitet wird. Trotzdem ist die Begeisterung nicht ganz so hoch wie bei einigen anderen Classic-Game-Revivals, die Atari schon auf uns losgelassen hat.

Destination Earth wurde am 19. September in den USA für Playstation und PC veröffentlicht. Europa soll kurz darauf beliefert werden.


Michael Steuer
Aus: ST-Computer 10 / 2000, Seite 60

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