Missile Command - Ein weiterer Klassiker im neuen Gewand

Ein Spiel für den PC und Playstation in der st-computer? Waren die Redakteure um Thomas Raukamp wieder betrunken oder verlassen sie die wahren Pfade aus Sunnyvale? Nichts dergleichen - wir möchten Sie vielmehr um Ihre Meinung bitten. Seit einiger Zeit werden unter der Flagge von Atari wieder Klassiker veröffentlicht, die das Unternehmen erst groß gemacht haben. Und nun haben Sie die Wahl: Sollen wir auf diese Entwicklungen von Atari eingehen, oder finden Sie, das dieses Thema nichts in der stc zu suchen hat? Schreiben Sie uns!

Mit Missile Command hat ein weiteres klassisches Automatenspiel aus dem Hause Atari ein umfangreiches Facelifting erhalten. Die neue Version erreichte im letzten November die Geschäfte und ist für den PC und die Playstation erhältlich. Es wurde entwickelt von Meyer/Glass Interactive LLC und wird von der Atari-Abteilung von Hasbro Interactive vertrieben.

Vorspann

Missile Command begrüßt den Spieler nach dem Start mit einem eindrucksvollen Intro: Ein riesiger Asteroid bewegt sich auf die Erde zu. Ein Erkundungsschiff der Erde bewegt sich langsam auf den Brocken zu, um ihn zu erforschen. Plötzlich öffnet sich der Asteroid, ein kleines Schiff fliegt aus dem Innern heraus und zerstört das Erkundungsschiff. Nun bricht die Hölle los: Ein massiver Raketenangriff auf die Erde wird gestartet.

Classic Missile Command

Das Spiel von Atari besteht aus zwei verschiedenen Versionen: Classic Missile Command und Ultimate Missile Command. Wie zu erwarten handelt es sich bei Classic Missile Command um eine stark verbesserte Variante des Spiels, das wir alle in den 80er Jahren in einer Spielhalle oder auf unseren 8-Bit-Maschinen gespielt haben. Diese Classic-Variante kann in zwei verschiedenen Modi gespielt werden: Single Player und Head to Head. Bei der zweiten Varianten können zwei Spieler gemeinsam die Verteidigung der Welt übernehmen, wobei für jeden Spieler ein unterschiedlicher Schwierigkeitsgrad eingestellt werden kann. So kann auch ein Anfänger bereits vom Start weg mit einem erfahrenen Spieler zusammenarbeiten.

Das Gameplay gleicht dem des Originalspiels. Sechs Städte müssen vor einem Raketenangriff geschützt werden. Sie selbst besitzen drei Raketenbasen, auf denen Ihnen jeweils 10 Raketen bereitstehen. Diese Raketen schießen Sie in den Himmel, wo sie explodieren. Jede Rakete, der Angreifer, die in diese Explosion gerät, wird augenblicklich zerstört. Es ist also möglich und erstrebenswert, eine Vielzahl von Raketen mit einem Schuss zu vernichten. Die feindlichen Raketenangriffe werden in verschiedenen Angriffswellen vorgetragen, nach denen Bonuspunkte verteilt werden, wenn es Ihnen gelungen sein sollte, Städte zu verteidigen und eigene Raketen zu behalten. Je länger die Schlacht dauert, umso heftiger und schneller werden auch die gegnerischen Angriffe.

Aber nicht nur mit ankommenden Raketen muss sich der Verteidiger herumschlagen: Hin und wieder tauschen auch feindliche Raumschiffe im Himmel auf und lassen ihre tödliche Ladung fallen. Einige Raketen besitzen mehrere Sprengköpfe und teilen sich, um aus vielen verschiedenen Richtungen anzugreifen.

Das Spiel wird mit der Maus, einem Trackball und einigen Tasten auf der Tastatur bedient.

Grafik und Sound

Natürlich sind die Grafiken von Missile Command gegenüber der Originalversion aus den 80er Jahren stark aufgemotzt worden und nutzen die heutigen Möglichkeiten. Trotzdem verliert sich das Spiel nicht in einer Zurschaustellung von Effekten, sondern weiß den Spieler durch dieselbe Intensität zu begeistern wie das Original.

Wie vielleicht einige Classic-Game-Fans wissen, beinhaltete das Original auch keinerlei Musik - die neue Version weiß natürlich auch dadurch zu überzeugen. Dabei handelt es sich um die heute aus der Industrie gewohnte Technomusik. So fehl diese auch meist am Platze ist, umso mehr passt Sie zu Missile Command - vielleicht, weil ihre Aggressivität einen Sinn für die Dringlichkeit vermittelt, die nahenden Gegner auszulöschen.

Missile Command ist voll von kleinen Details, die das Spiel noch besser machen. Ihre Raketenabschussbasen richten ihre Waffen z.B. nach Ihren Mausbewegungen aus. Wenn Sie Ihre Maus also in die linke obere Ecke des Bildschirms bewegen, richten sich die Raketen in diese Richtung. Wenn dagegen eine feindliche Rakete eine Ihrer Städte erreicht, bildet sich ein Atompilz über der Einschlagstelle - und alles, was von Ihrer Stadt bleibt, ist ein Krater.

Ultimate Missile Command... ist eine moderne 3D-Variante des klassischen Spiels. Wenn Sie jemals Missile Command 3D auf dem Atari Jaguar gespielt haben, werden Sie sich schnell zuhause fühlen.

Sie kontrollieren drei Raumschiffe, die mit Kampfraketen ausgerüstet sind. Ihr Auftrag ist es, in verschiedenen Teilen der Welt gegnerischen Raketenangriffe entgegenzutreten. Ihre erste Mission führt Sie dabei nach Australien, wo die fiesen Außerirdischen Ihre Attacke beginnen. Während die australischen Städte unter Ihnen liegen, sehen Sie das Grauen in Form der gegnerischen Raketenstöße nahen und müssen eingreifen.

Grundsätzlich spielt sich Ultimate Missile Command wie die Classic-Version, jedoch ist Ihre Perspektive eine andere: Sie sehen die Raketen direkt auf sich zukommen. Sie blicken also in den Himmel und versuchen, die Raketen zu erwischen, die sich auf die zu verteidigende Stadt zubewegen. Außerdem ist das Ende einer Stadt endgültig - sie kann also nicht wie in der klassischen Version ersetzt werden. Sie werden außerdem die Anzeige eines Kontostandes in der rechten Ecke Ihres Schirms entdecken, der anzeigt, über wieviel Geld Sie verfügen. Sie sammeln also nicht nur Punkte, sondern verdienen hartes Geld. Dieses Geld kann für verschiedene Zwecke eingesetzt werden. Wenn z.B. eine Anti-Raketenwaffe zerstört wurde, kann diese am Ende einer Angriffswelle für $ 15.000 ersetzt werden - wenn Sie soviel Geld verdient haben. Wenn Sie eine Stadt erfolgreich verteidigt haben und das Führungsschiff des jeweiligen Angriffs zerstören konnten, werden Sie in eine andere Stadt auf der Welt berufen, die unter Angriffen der Außerirdischen leidet. Jedes Kommandoschiff ist dabei anders, Sie benötigen also jedesmal eine neue Kampftechnik. Wenn Sie die Flaggschiffe angreifen, verlieren diese verschiedene Power-Ups, die Sie einsammeln und in Geld, Raketen oder Spezialwaffen eintauschen können. Bedenken Sie aber, dass sich ein Flaggschiff nicht einfach ausradieren lässt und Ihr Raketenvorrat begrenzt ist. Jedes hat eine schwache Stelle, die Sie finden müssen, um erfolgreich zu sein.

Sobald das Flaggschiff zerstört ist, können Sie Ihr Geld einlösen. Eine Versorgungsstation bietet verschiedene Waffenergänzungen an. So können schnellere und stärkere Abwehrraketen gekauft oder die Kapazität der eigenen Waffenlager erhöht werden.

Im ersten Level des Spiels müssen Sie lediglich einen Angriffswinkel von 75 Grad verteidigen. Die Herausforderung steigt jedoch mit jedem zusätzlichen Level. Am Ende müssen Sie solle 360 Grad kontrollieren - ein fast unmögliche Aufgabe, denn die Raketen kommen jetzt aus allen Himmelsrichtungen auf Sie zu.

Ultimate Missile Command bietet eine anspruchsvolle Full-Motion-Videoanimation am Anfang des Spiels, die fast so spannend ist wie ein Science-Fiction-Film aus Hollywood. Auch die Zwischensequenzen sind fantastisch gut gelungen und geben dem Spiel Tiefe durch die Erläuterung der Hintergrundgeschichte.

Mehrere Spieler. Missile Command offeriert einen Multiplayer-Modus über ein lokales Netzwerk, das Internet oder direkte Verbindungen via Modem. Im Classic-Modus wechseln sich die Spieler wie in der klassischen Variante beim Verteidigen der Erde ab. Im Ultimate-Modus kämpfen zwei Spieler Seite an Seite gegen die Angreifer.

Fazit

Ich denke, Atari ist mit dieser Auffrischung des klassischen Missile Command ein hervorragendes Spiel gelungen. Ich muss zugeben, dass meine Erwartungen in diese Umsetzung doch recht hoch waren, da ich ein Fan des Originals bin - ich muss aber gleichzeitig sagen, dass fast alle Erwartungen voll erfüllt wurden.

Jaguar-Fans werden mit Genugtuung feststellen, dass sich der neue Ultimate-Modus ähnlich wie Missile Command 3D spielt. Wahrscheinlich diente die Jaguar-Version als Vorbild für die nochmals verbesserte PC- bzw. Playstation-Version.

Auch die Möglichkeit, durch die Verteidigung der Städte Geld zu verdienen, gibt dem Spiel zusätzliche Impulse. Endlich ist es möglich, sich optimal auf die Waffen des Gegners einzustellen.

Enttäuschend ist hingegen die Anleitung. Zwar sind hier alle benötigten Informationen enthalten, jedoch handelt es sich beim „Handbuch“ einfach nur um die Einlage für ein CD-Case - Anleitungen wie diese sind einfach nur billig.

Außerdem wäre es schön gewesen, wenn Atari etwas mehr über die große Geschichte dieses Klassikers verraten hätte. Dass das Unternehmen dies besser kann, beweist es auf der Spielkollektion „Atari Arcade Hits # 1“: Hier sind a reichhaltige „historische“ Informationen enthalten.

Alles in allem denke ich aber, dass es sich bei Missile Command um ein aussergwöhnlich gutes Spiel für alle „Classic-Gamers“ und Liebhaber von Arcadespielen handelt. Wenn Sie eine Playstation oder einen PC neben Ihrem Atari stehen haben, sollten Sie dieses Spiel in Ihre Kollektion aufnehmen.


Michael Steuer
Aus: ST-Computer 09 / 2000, Seite 60

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite