Jaguar: Protector

Ein Schwarm heißhungriger Alienschiffe traf in unserem Solar-System ein. Die Folge war ein Krieg! Doch glücklicherweise waren wir nicht ganz unvorbereitet, und es folgte ein langer und schmutziger Kampf. Dabei wurden die Einwohner des Planeten Haven-7 mit gerade mal einem Raumschiff zur Verteidigung völlig allein gelassen. Du musst die Eindringlinge verjagen und die Bewohner von Haven-7 schützen!« Was sich auf den ersten Blick,-wie eine dumme Sache für Haven-7 anhört, sollte den erfahrenen Weltraumpiloten, der sich bereits durch unzählige Abenteuer geballert hat und dabei zum Retter der verschiedensten Welten aufgestiegen ist, nicht schrecken. Hinzu kommt, dass besonders Jaguar-Fans eine lange Durststrecke in Sachen Versorgung mit Spielen hinter sich haben und sich der Daumen, der den Feuerknopf des Jag-Pads bedient, mittlerweile mehr als erholt haben sollte - schlechte Zeiten für Aliens also!

Déjà-Vu

Lange Zeit sah es auch schlecht aus um Protector: ähnlich wie andere für den Jaguar geplante Spiele war auch dieses Produkt schon einige Zeit totgesagt und drohte in den Archiven der ursprünglichen Entwickler Bethesda Software zu verstauben. Unter Leitung von Carl Forhan bemühte sich jedoch das amerikanische Unternehmen Songbird Productions um die Rechte und konnte das Spiel endlich im Dezember des letzten Jahres veröffentlichen. In Deutschland ist es seit Anfang 2000 erhältlich. Wer die Vorgeschichte zu Protector liest, mag ein echtes Déjà-Vu-Erlebnis haben - und der Eindruck täuscht nicht: Protector ist in erster Linie ein Defender-Clone und steht damit in einer langen Tradition. Erinnern Sie sich z. B. noch an Moonpatrol auf dem XL/XE? Was die Programmierer an Spielwitz trotz der grafischen Einschränkungen auf den 8-Bit-Ataris zustande gebracht haben, verspricht Protector mit den Fähigkeiten des Jaguar zu verbinden. Einige unter Ihnen mögen nun denken: »Haben wir nicht bereits Defender 2000?«. Bevor wir jedoch vorschnell urteilen, sollten wir uns anschauen, was Protector aus der Defender-Idee gemacht hat.

Spielgeschehen

Kurz nach dem Start findet sich der Spieler in seiner ersten Mission wieder und kann der Angriffswelle der feindlichen Kampfschiffe und -roboter entgegensehen. Im oberen Teil des Bildschirms ist ein Radarschirm untergebracht, der zeigt, wo sich die Feinde befinden und in welche Richtung sie sich bewegen. Auf dem Planeten selbst bewegen sich dessen Einwohner, für die Sie als Beschützer engagiert wurden. Je nach Bewegung Ihre Schiffes scrollt der Bildschirm in die entsprechenden Richtungen. Den Hintergrund bildet ein Weltraum-Panorama, vor dem die Kämpfe stattfinden. Nachdem Sie sich umgeschaut haben, ist es Zeit, sich dem Gegner zu stellen: Je nach Level stehen Ihnen die verschiedensten Charaktere bevor, die zum Teil sehr flink sind und deshalb unterschiedlich große Gefahren bzw. verschieden schwere Ziele darstellen. Am auffälligsten sind dabei jedoch die Leitschiffe, die grafisch aufwendig gestaltet und zum Teil recht schwer zu erwischen sind. Gleichzeitig stellen sie eine Neuerung zu anderen Protector-Clones dar, die zumeist keine Mutterschiffe vorsehen. Die größte Gefahr für Ihr Schiff stellen jedoch die Tochterschiffe dar, die zeitweise in recht verwirrenden Schwärmen angreifen und Bomben werfen. Lassen Sie sich also nicht in Kämpfe mit einem ganzen Rudel dieser flinken Angriffsformationen verwickeln, da im Gewirr fallender Bomben schnell Ihr Ende bevorsteht! Außerdem müssen Sie ständig die Planetenoberfläche im Auge behalten, da spinnenartige Kampfroboter es auf die Einwohner abgesehen haben, um sie zu entführen. Ist einem Angreifer dieses Vorhaben gelungen, ist es ihre Aufgabe, dem Roboter hinterherzurasen, ihn abzuschießen, den Gefangenen aufzufangen und wohlbehalten auf die Oberfläche zurückzubringen. Nach der Zerstörung aller Feinde bestimmter Level erwartet den Piloten ein Meteroitenschwarm, der überlebt werden muss, bevor das nächste Level erreicht wird. Diese Aufgabe erscheint zunächst sehr hart, wer sein Schiff jedoch mit Schilden ausgerüstet hat (siehe unten), hat gute Chancen. Sorgen Sie sich übrigens nicht allzu stark, wenn Ihr Schiff getroffen wird: Ihr Schutzschild arbeitet recht gut und verträgt drei Treffer bzw. Karambolagen, bevor Sie ein Schiff verlieren. Ab dem Spielbeginn stehen Ihnen übrigens drei Leben zur Verfügung. Nach einer Angriffswelle haben Sie zusätzlich die_ Möglichkeit, Ihr Raumschiff in einem Shop mit zusätzlichen Waffen auszurüsten. Anders als im 2000-Modus von Defender 2000 ist das Spielgeschehen so aufgebaut, dass die Konzentration des Spielers auf das Geschehen selbst gelenkt wird, während Defender 2000 mehr Beachtung des Radars verlangt. Dadurch macht Protector grundsätzlich mehr Spaß, da sich der Spieler mehr auf die Kämpfe und den Schutz der am Boden laufender Einwohner kümmern kann und somit auch mehr von der Grafik hat.

Zusatzpunkte

Zusatzpunkte werden dadurch erlangt, indem der Spieler andere Schiffe abschießt und die hin und wieder dabei frei werdenden Powerups einsammelt. Besonders im allzu dichten Kampfgetümmel ist es aber nicht immer, einfach, diese Zusatzpunkte von den herumfliegenden Bomben zu unterscheiden. Mit den gesammelten Punkten können im erwähnten Shop Waffen, Schilder und Extra-Schiffe gekauft werden. Zu den nützlichsten Waffen zählen sicherlich die Smart Bombs, die alle auf dem Bildschirm sichtbaren Feinde auf einmal zerstören - sehr nützlich, wenn man von Schwärmen angegriffen wird. Der Shop erweitert die Spielbarkeit von Protector also nochmals, lässt ein strategisches Herangehen an kommende Aufgaben zu und motiviert außerdem durch die Verbesserung der Überlebenschancen.

Grafik

Sie sollten von Protector nicht unbedingt grafische Finessen, sondern in erster Linie Umgebungen für klassische Weltraumkämpfe erwarten. Die Hintergründe sind sauber gezeichnet und bieten dem Spiel einen recht schönen Rahmen. Die feindlichen Roboter und Schiffe sind zum Teil recht aufwendig gerendert, bewegen sich aber trotzdem schnell. Die erreichte Framerate soll bei 60 FPS liegen. Etwas langsamer wird das Scrolling auch nur dann, wenn allzu viele Feinde den Bildschirm bevölkern. Sehenswert sind auch in jedem Fall die Explosionen, wenn gegnerische Schiffe ins Jenseits befördert wurden

Sound

Etwas stiefmütterlich wurde meiner Ansicht nach die musikalische Untermalung behandelt. Die Eingangsmusik erinnert eher an die begrenzten Fähigkeiten der Soundchips eines C64 oder Amiga, das Spiel selbst ist mit dem für den Jaguar unberechtigterweise leider üblichen dumpfen Beats unterlegt. Gelungener sind da schon die Audioeffekte: Eine gesampelte Stimme ist für die Ankündigung der Level und gelegentliches Lob des Spieler zuständig. Die Planetenbewohner rufen nach Hilfe, wenn sie von einem Alien gekidnappt werden sollen, und nach medizinischer Unterstützung, wenn sie angeschossen wurden. Die gelungenen Explosionen sind gut unterlegt, so dass sie mit einer eventuell angeschlossene Stereoanlage die Wände zum Wackeln bringen können.

Fazit

Protector ist genau das richtige Spiel für jeden, der klassische Weltraumballereien immer noch ausgeklügelten 3D-Shootern vorzieht. Gegenüber Defender 2000 bietet es einige frische Ideen und ist somit die richtige Wahl auch für den Jaguar-Fan, der sich hier bereits mehrfach durch alle Level geballert hat. Auch die hohe Geschwindigkeit, die zum Teil recht aufwendig gestalteten Gegner und die Möglichkeit der Verbesserung des eigenen Schiffs verwandeln den Ehrgeiz schnell zur Sucht, die gebotenen 40 Level durchzuspielen. Für mich war es jedesmal schwer, das Pad niederzulegen - wenn auch Sie auf klassische Spielideen stehen, wird es Ihnen ähnlich gehen. Preis: 169.90 DM

Video Game Source, http://www.ATARIhq.de


Thomas Raukamp
Aus: ST-Computer 03 / 2000, Seite 64

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