Afterburner 040 für den Falcon030

Was lange währt... so könnte man diese Geschichte über den Afterburner 040, eine Entwicklung der in Berlin ansässigen Firma OverScan, beginnen. Immerhin erscheint das Turbo-Board mit einer fast zweijährigen Verspätung. Unzählige Klippen mußten umschifft und unverhoffte Probleme gelöst werden, bis das Board schließlich doch in Serie gehen konnte. Uns lag eines der ersten Geräte zum Test vor.

Doch zunächst: Was ist der Afterburner040? Es handelt sich hierbei urn einen Hardware-Beschleuniger speziell für den Falcon 030. Andere Computer, wie ST, STe oder TT, lassen sich nicht mit dem Afterburner ausrüsten. Das Board wird auf den internen Erweiterungs-Port des Falcon aufgesteckt und hat eine Größe von ungefähr 16 mal 12 crn. Der Erweiterungs-Port ist dabei durchgeführt, so daß der Anwender eine weitere Karte, z.B. FalconSpeed oder Screen-Eye, aufstecken kann. Allerdings ist dieser Turmbau nicht besonders ratsam. Das Originalnetzteil des Falcon030 ist allein mit dem Afterburner schon so stark belastet, daß es eine weitere Karte nicht mehr versorgen könnte. Und so scheiterten auch unsere Versuche, den FalconSpeed zusätzlich zu betreiben, was allerdings auch an der Software des FalconSpeed liegt, die offensichtlich nur mit einer 68030-CPU zusammenarbeitet.

Der Afterburner hingegen ist mit einem vollwertigen Motorola-68040-Prozessor (also nicht mit einem LC040, der ohne integrierte FPU auskommen muß) ausgestattet. Laut Aussage von OverScan wird allerdings die vollwertige 040-CPU nur so lange ausgeliefert, wie der Vorrat reicht. Danach kommt der Afterburner mit einer 68LC040-CPU bestückt ins Haus.

Der Prozessor wird mit 32 MHz getaktet. Für einige Operationen wird diese Taktfrequenz intern noch einmal verdoppelt. In unserem Testgerät steckte eine CPU, die allerdings nur für den Betrieb bis 25 MHz ausgelegt ist. Trotz Kühlkörper wird dieser Chip extrem heiß, so daß wir einige unverhoffte Abstürze und Systemhänger zu vermelden hatten. Laut Aussage des Herstellers ist dieses Problem bereits bekannt und tritt nur bei einigen Exemplaren auf. Durch Anbringung eines zusätzlichen CPU-Lüfters läßt es sich zudem ganz aus der Welt schaffen. Ausreichende Kühlung ist also Voraussetzung für den Afterburner 040.

Fast-RAM

Neben dem Prozessor und einigen Logikschaltkreisen befinden sich noch zwei PS2-SIMM-Sockel auf der Platine. Damit lassen sich bis zu 64 MB (bei Einsatz von zwei 32 MB-SIMMs) Fast-RAM nachrüsten. Dieses RAM wird von dem 68040-Prozessor mit voller Geschwindigkeit angesprochen. Erst dadurch kann der Afterburner seine Qualität in Sachen Geschwindigkeit richtig ausspielen. Wir konnten ein Standard-8MB-SIMM, wie es im Handel erhältlich ist, erfolgreich einsetzen.

Das zusätzliche Fast-RAM hat keinen Einfluß auf das original RAM, das weiterhin auf dem RAM-Steckplatz des Falcon verbleibt und ebenfalls eingesetzt werden kann. Einige Programme müssen sogar im normalen RAM laufen (z.B. alle Sound- und Harddiskrecording-Programme), da einige Funktionen des Falcon (z.B. DMA-Sound) nur mit dem DMA-fähigen original RAM einsetzbar sind. Ob ein Programm das Fast-RAM benutzen darf oder nicht, kann, wie auch schon beim TT üblich, mit den Headerflags eingestellt werden. Dazu gibt es diverse Tools.

Um das Fast-RAM für das System zugänglich zu machen, wird ein Programm im Autoordner benötigt, das den neuen Speicher anmeldet. Zwei weitere Programme im Autoordner sorgen dafür, daß die interne FPU und MMU des 68040 korrekt initialisiert werden.

Die Praxis

Eines gleich vorweg: Der Einbau des Afterburners ist wirklich nur erfahrenen Bastlern zu empfehlen. Es müssen einige Leitungen angelötet und zwei Pin des auf der Hauptplatine befindlichen 68030-Prozessors abgelöst werden. Dabei kann man sehr schnell unwiderruflichen Schaden am Motherboard des Falcon anrichten. Zudem sollte bei jedem Falcon noch der sogenannte Clock-Patch, eine kleine Hardware-Modifikation, vorgenommen werden, der dafür sorgt, daß SCSI-Transfers sauber durchgeführt werden können. Andernfalls kann es sein, daß Probleme mit dem Festplattenzugriff entstehen. Besonders Sound- und Musikanwendungen (Harddiskrecording) sind davon betroffen. Aus diesen Gründen ist es dringend anzuraten, den Einbau vom Hersteller vornehmen zu lassen. OverScan bietet den Einbau pauschal für zusätzliche 150,- DM an. Dabei werden alle notwendigen Änderungen fachgerecht durchführt. Obendrein kann der Käufer davon ausgehen, daß er seinen Rechner voll funktionsfähig und gestestet wieder zurückbekommt.

Ist der Afterburner korrekt installiert, stellt der Anwender fest, daß das Originalgehäuse des Falcon nicht weiterverwendet werden kann. Das Platzangebot ist einfach nicht ausreichend. Wer also auf den Afterburner setzt, sollte gleich ein neues Gehäuse mit einplanen. Bewährt haben sich dabei diverse Tower-Umbauten oder auch Desktop- oder Aufsatzgehäuse. Meist springt dabei auch gleich ein kräftigeres Netzteil mit heraus.

Die Afterburner-Platine mit einem SIMM-Speicher. Die Abmessungen erfordern ein neues, größeres Gehäuse für den Falcon.

Tricks mit NVDI

Mit der Grafikbeschleuniger-Software NVDI wird aus einem Afterburner-Falcon eine richtige Rakete. NVDI dürfte unseren Lesern hinlänglich bekannt sein. Damit der Afterburner aber problemlos mit NVDI Zusammenarbeiten kann, wollen wir hier kurz ein paar Tricks verraten: NVDI sollte im Autoordner nach der Afterburner-MMU- und-FPU-Initialisierung, aber vor der Einbindung des Fast-RAM gestartet werden. Zudem muß der Blitter inaktiviert werden, was in einem Kontrollfeld einstellbar ist. Andernfalls gibt es Probleme mit der Darstellung von Farb-Icons.

Im praktischen Betrieb macht sich der Nachbrenner erwartungsgemäß deutlich bemerkbar. Laut Benchmark (GEMBench) erreicht der Falcon mit Afterburner im Durchschnitt die fünf- bis sechsfache Geschwindigkeit eines normalen Falcon. Bei einigen Punkten, z.B. RAM-Zugriff, wird sogar der Faktor 11 erreicht. Benchmarks sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, und so haben wir uns einige Anwendungen herausgegriffen und typische Funktionen verglichen. Calamus beispielsweise erreicht bei rechenintensiven Funktionen im Schnitt ca. 5fache Falcon- und immer noch drei bis vierfache TT-Geschwindigkeit mit dem Afterburner. Das kann sich durchaus sehen lassen. Allerdings darf nicht vergessen werden, daß sich lediglich die Rechengeschwindigkeit verbessert. Massenspeicherzugriffe oder der Datentransfer auf einen Drucker werden vom Afterburner nicht beeinflußt. Auch der DSP bleibt unberührt, so daß Funktionen, die den DSP benutzen (z.B. das JPEG-Plug-In) nicht schneller werden.

Der Kompatibilitätstest ergab, daß der Afterburner sich sehr verträglich verhält. Zwingende Voraussetzung ist das TOS 4.04. Frühere Versionen können nicht benutzt werden. Hier sollte sich der Benutzer ein Update besorgen (gibt es bei vielen ATARI-Händlern). Ein Versuch mit dem brandneuen MagiC 4.0 scheiterte leider. Über eine Anpassung von MagiC 4.0 an den Afterburner wird gegenwärtig bei ASFI nachgedacht.

Ansonsten gibt es nur einige wenige Programme, die mit dem 68040-Prozessor gar nicht Zusammenarbeiten wollen. Prinzipbedingt sind das in erster Linie System-Tools, die bestimmte Eigenschaften der CPU benutzen (z.B. virtuelle Speicherverwaltungen) oder Programme, die den Blitter direkt programmieren. Der Blitter kann aber nicht auf das Fast-RAM zugreifen, was häufig zu Abstürzen oder seltsamen Effekten auf dem Bildschirm führt, hauptsächlich betroffen sind davon allerdings Spiele, die meist extrem hardwarenah programmiert und aus diesem Grunde schon zum Scheitern verurteilt sind. Hier würde man sich eine Umschaltmöglichkeitwünschen, um den Rechner mit seiner original CPU betreiben zu können. Leider ist das nicht ohne größere Umstände möglich.

Resümee

Der Afterburner befähigt den Falcon zu nie gekannten Höchstleistungen. Besonders rechenintensive Programme und Funktionen profitieren sehr stark von der 33/66-MHz-68040-CPU. Kompatibilitätsprobleme mit bekannten Programmen tauchten nur in geringem Rahmen auf. Viele Spiele machen hier leider Schwierigkeiten. Ansonsten können wir der Hardware gute Qualitäten bescheinigen. Beachten Sie beim Kauf, daß zur Afterburner-Hardware an sich noch die Kosten für ein neues Gehäuse mit abgesetzter Tastatur hinzukommen (falls nicht schon vorhanden). Da die CPU jenseits ihrer Spezifikationen betrieben wird, sollten Sie dabei auf ausreichende Kühlung achten. Mit diesen Tips werden kaum Probleme auftauchen. Kurz: Einen schnelleren Falcon hat es bislang nicht gegeben und wird in absehbarer Zeit wohl nicht zu haben sein. Falcon-Fans sollten also trotz der hohen Kosten zugreifen.

CM

Preise (ohne Fast-RAM):
Afterburner 040 mit CPU 1.298,- DM
Afterburner 040 ohne CPU 1.098,- DM
Einbaupauschale: 15O,- DM

Bezugsquelle: OverScan Elbestraße 28-29 12045 Berlin
Peter Konrady Hevinghausen 127 S3804 Much

Afterburner

Positiv:
sehr gute Performance
bis 64 MB Fast RAM
Erweiterungs-Port durchgeführt

Negativ:
recht hoher Preis
neues Gehäuse wird benötigt
keine Umschaltung auf 68030-CPU möglich

1 Praxis Benchmarks
Testnormalmit Afterburner
1. Calamus80s18s
2. ST-ZIP105s18s
3. Papillon165s22s
4. Kandinsky21s8s

Getestet wurde jeweils mit einem normalen Falcon030 mit 68882 FPU und 14 MB RAM, sowie mit einem Falcon030 mit 4 MB RAM und Afterburnert mit 8 MB Fast-RAM. Alle Tests liefen unter 640 x 480 Pixel in 256 Farben. Die Zeitangaben sind in Sekunden.

Test 1, Calamus:
Es wurde unter Calamus ein Doppelseitendokument aufgebaut (Calamus Cache deaktiviert). Das Dokument enthielt dabei ein Rastergrafik, vier Vektorgrafiken und zwei Textrahmen.

Test 2, ST-ZIP:
Es wurde eine 800 KB Progammdatei eingepackt.

Test 3, Papilion:
Das Bild „DRAGON.GIF“ wurde geladen, komplett selektiert und das externe Modul „Block aufblähen" angewendet.

Test 4, Kandinsky:
Die Datei „COLUMBIA.GEM“ wurde viermal geladen und dargestellt.

GEM Bench v3.40

Falcon 030 TOS 4.04, MiNT not present
Blitter Enabled, NVDI 3.01 present
Video Mode = 640'480'16 Colours
LineF FPU installed
Run and Malloc from FastRAM
Ref = F030 + FPU, 640*48016
Afterburner 040 mit FastRAM und NVDI

Falcon-Referenz TT-Referenz
GEM Dialog Box: 383% 334%
VDI Text: 965% 1673%
VDI Text Effects: 1151% 2126%
VDI Small Text: 1460% 1916%
VDI Graphics: 548% 365%
GEM Window: 186% 143%
Integer Division: 330% 163%
RAM Access: 1113% 586%
ROM Access: 203% 121%
Bütting: 115% 168%
VDI Scroll: 151% 157%
Justified Text: 224% 329%
VDI Enquire: 1151% 660%
New Dialogs: 363% 257%
Graphics: 608% 738%
CPU: 548% 290%
Average: 595% 642%


Aus: ST-Computer 02 / 1996, Seite 12

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