proTOS: Gestalten, publizieren - together!

Unter diesem Motto stand eine der DTP-Austellungsflächen, es hätte leicht auch das Motto der gesamten DTP-Sonderfläche sein können. War hier doch all das zu finden, was in DTP und EBV auch Rechnergrenzen überschreitend derzeit zur Verfügung steht. Der endlich fertiggestellte Eagle, neue EBV-Module für den Calamus, eine neu erschienene Fachzeitschrift fürs DTP, Calamus auf gleich drei Rechnerplattformen, ein völlig neues Farbsystem, und natürlich auch Beta-Versionen von Software-Produkten, die sich im Moment noch in der Entwicklung befinden und erst in den kommenden Wochen und Monaten dem Anwender zur Verfügung stehen werden.

Die proTOS in Bonn/Hennef war in diesem Jahr besonders für DTP-Anwender eine Pflicht Veranstaltung. Nach mehr als 2 Jahren kamen endlich einmal wieder alle relevanten Firmen rund ums ATARI DTP auf einer wichtigen Messe zusammen, um auf der eigens fürs ATARI DTP eingerichteten Sonderfläche ihre neuesten Produkte vorzustellen und Perspektiven für die Zukunft des Publizierens mit ATARI-Software aufzuzeigen. Ein ständiges Gesprächsthema war auch hier natürlich die erfolgreich durchgeführte Portierung von MagiC auf den Mac, die nicht nur fürs ATARI-DTP von großer Bedeutung zu werden scheint. „Alles, was auf dem ATARI unter MagiC problemlos läuft, läuft auch problemlos auf dem Mac", so war von Apple und ASH zu hören, und so war es auch zu sehen,- und dazu mit einem erstaunlichem Geschwindigkeitszuwachs im Vergleich zum TT.

MagiC Mac ist ja auch kein bloßer Emulator, der auf dem Apple-Betriebssystem das Arbeiten mit der Software einer anderer Rechnerplattform ermöglicht. Bereits auf dem ATARI ersetzt MagiC das Betriebssystem, und auch auf dem Apple läuft es „neben" dem Apple OS. Auf der proTOS bewarb dann auch Apple Computer das MagiC Mac konsequenterweise als „das alternative Betriebssystem für Apple-Rechner".

Das so eine Messe immer auch eine Kontakt-Veranstaltung ist, bekamen die anwesenden Programmierer und Firmenchefs der DTP-Software-Häuser an beiden Messetagen deutlich zu spüren. Da hatte man als Anwender endlich einmal die Gelegenheit, mit den Entwicklern selbst zu reden, sich aus erster Hand zu informieren oder auch mal gehörig Dampf abzulassen über die eine oder andere Unzulänglichkeit im System. Auch die Firmen selbst kamen miteinander ins Gespräch. Und adequate Systems, DMC und Digital Arts werden wohl einiges zu besprechen haben, gerade auch im Hinblick auf den sich für die ATARI-Software öffnenden Apple-Markt...

adequate Systems

Auf der proTOS konnte adequate Systems 3 Module für den Calamus SL vorstellen, die dem Calamus SL excellente Bildbearbeitungsmöglichkeiten eröffnen: Paint, Filter und Merge. Zusätzlich war auch das neue Hilfslinien-Modul erhältlich.

Ganz besonders gefragt war, so KlausGarms, Geschäftsführer von adequate Systems, das Filter-Modul, da es neben den notwendigen Werkzeugen für eine professionelle Bildaufbereitung auch dem Heimanwender mit Handyscanner und Farbdrucker gestattet, Bilder zu dithern, bzw. frequenzmoduliert zu rastern, um so eine deutlich höhere Ausgabequalität zu erzielen.

Für eine kleine Überraschung sorgte das neue drucksensitive Grafiktablett „ArtPad" der Firma Wacom, das neben adequate Systems, die für das ArtPad gleich einen neuen Treiber präsentieren konnten, noch von einer weiteren Firma (Crazy Bits) auf der proTOS angeboten wurde: schon am ersten Tag waren bei beiden Firmen alle vorhandenen Geräte ausverkauft!

Das ArtPad, ein etwa DIN A5 großes Grafiktablett, kann die Maus am Rechner vollständig ersetzen. Gearbeitet wird mit einem kabellosen Stift, der auch auf Andruck reagiert, wie bei einem ganz normalen Farbstift. Das ArtPad läßt damit nicht nur für die Bildbearbeitung, sondern auch für alle anderen Programme neue Arbeitsmöglichkeiten zu.

Ein Calamus-Modul, mit dem die meisten Anwender, besonders dann, wenn sie mit MagiC arbeiten, vielleicht immer noch Probleme haben, ist der dem Programm beiliegende PKS Write-Texteditor. Auf dem as-Stand konnte nun endlich ein neues Text-Modul gezeigt werden. Es befand sich noch in einem frühen Vorstadium, soll aber in den nächsten Monaten erhältlich sein und das bisherige PKS-Modul des Calamus SL mehr als ersetzen. Klaus Garms: „Wir legen natürlich großen Wert darauf, daß der neue Texteditor sauber und stabil läuft, auch mit MagiC auf ATARI und Apple. Es sind zudem Schnittstellen vorsehen, um auch zukünftig noch einige spektakuläre Funktionen dazubauen zu können. Die Texterfassung im Calamus SL auf eine sichere Grundlage zu stellen und das Layouten auch längerer Texte wirklich komfortabel zu machen, das ist unser Ziel."

Cybercom

Cybercom aus Plön stellte die neueste Version der Bildschirmkalibrierung „CalColor" vor. Außerdem konnte „Re-Color", die Scannerkalibrierung und Farbkorrektur in der Version 2.0 vorgeführt werden.

CalColor ermöglicht in seiner neuen Version nun auch eine kalibrierte TrueColor-Darstellung, in der Farbauszüge einzeln auf dem Monitor dargestellt und beurteilt werden können. In der Praxis heißt das: man kann man sich eine ganze Calamus-Seite komplett farbsepariert darstellen lassen, auf Grundlage der Separation, mit der man arbeitet. Das Resultat entspricht einem „Soft-Proof" direkt am Monitor.

Das Thema „Monitor-Kalibrierung" zog dann auch viele Anwender an, die endlich mal wissen wollten, ob das wirklich geht: die Druckfarben schon im Monitor korrekt beurteilen zu können. Und es geht wirklich, wobei CalColor sogar den Offsetdruck mit lasierenden Druckfarben auf unterschiedliche Papierfarben simuliert.

Die neue Version von ReColor zeichnet sich vor allem durch eine Batch-Bearbeitung aus. Die nach dem Scan eigentlich immer notwendige Farbkorrektur des Bildmaterials ist besonders bei großen Scans immer recht zeitintensiv. In der vorgestellten neuen Version zieht man einfach den Ordner mit den zu bearbeitenden Bildern über das ReColor-Ikon im Desktop. Der Inhalt wird daraufhin von ReColor nach der eingestellten Defaulteinstellung selbständig abgearbeitet.

Digital Arts

Digital Arts stellte gleich mehrere neue Software-Produkte erstmals auf der proTOS vor. Ganz neu ist „DA's Color-System", das in 3 Versionen für unterschiedliche Arbeitsfelder gezeigt wurde. Die 1. Version beinhaltet eine Prozeßbildverarbeitung mit Farbseparation, Farbkorrektur, FM-Rasterung und Gradationskurven. Eine weitere Version, „DA's Referenz K" enthält zusätzlich ein neues, zum Patent angemeldetes Unbuntverfahren. „DA's Referenz K" ist auch als Modul für DA's Picture-Modul erhältlich. Eine dritte Version steht für die High End-Anwendung zur Verfügung. Diese enthält zusätzlich die 7-Farben-Separation. Auch das neue DA's 3D-System wurde erstmalig vorgestellt und verkauft. Auf großes Interesse stießen die ersten Versionen des neuen DA's Layout, das in einer ersten Beta-Version gezeigt wurde und Anfang des Jahres erhältlich sein soll.

DMC

Am DMC-Stand wurde Calamus für Windows NT in der neuen Version 1.5 gezeigt, sowie der Calamus SL auf einem Apple Performa 630. Eine Calamus NT-Plattform war erstmals auch ein Power PC von Motorola, nach Aussage von Dr. Riedl „einer der ersten wenigen, wenn nicht der derzeit einzige Motorola Power PC in Europa".

Absolutes Highlight war aber auch hier der ATARI-Calamus SL auf dem Apple Performa, der unter MagiC Mac „etwa 3-4-fache TT-Geschwindigkeit" erreichte! Da mochte es wohl auch am Charakter der Messe gelegen haben, daß der Apple bzw., der darauf laufende SL dichter umlagert war als die NT-Versionen des Calamus, obwohl auch der neue NT-Calamus mit neuen Modulen und Features aufwartete, die sich wirklich sehen lassen können.

Einige der für den NT-Calamus neu entwickelten Module wurden inzwischen auch für den Calamus SL verfügbar gemacht, und konnten auf der proTOS bereits vorgeführt werden, wie z.B. auch LineArt 1.5 (Vektor-Illustrator), Stereo-Magic (das „magische Auge", ein Modul für Calamus zum Berechnen von Stereogrammen) und PhotoTouch, ein Filtermodul zum Nachbearbeiten und Verfremden von Bildmaterial.

Viele Calamus-Anwender steuerten den DMC-Stand aber auch an, um neben den neuesten Updates auch Informationen über die weitere Entwicklung des Calamus SL zu erhalten oder auch mal etwas Dampf abzulassen, was nach der etwas mißglückten Auslieferung des SL-Sommer-Updates zumindest verständlich ist.

Deutlich wurde hier aber vor allem, das der Calamus als zentrales Publishing-Werkzeug inzwischen auf einer sehr soliden Basis steht. Konnte man ihn doch in direkter räumlicher Nähe gleich auf 3 relevanten Rechnerplattformen sehen: am TT und Eagle, unter Windows NT und auf dem Power PC sowie auf Apple-Rechnern. Und nicht zuletzt zeigte die Calamus-Schmiede DMC mit ihrer Präsenz auf der proTOS auch, daß neben dem starken Engagement der letzten Monate auf dem PC-Markt auch der Calamus SL weiter ernst genommen wird.

invers

Mit der „invers" erblickte auf der proTOS ein neues Fachmagazin für Typografie und Gestaltung das Licht der DTP-Welt. Die „invers" wird ausnahmslos von Gestaltungsprofis aus dem ATARI-DTP gemacht. Daher liegen die Schwerpunkte natürlich auf den Software-Werkzeugen, die diese Plattform bietet, „invers" ist aber auch ein offenes Projekt und will sich auch anderen Plattformen nicht verschließen. Schließlich arbeiten viele Profis mit mehreren Systemen, allein schon aus Kompatibilitätsgründen für unterschiedlich ausgerüstete Auftraggeber wie Druckereien und Agenturen.

Nicht unbedingt nur die neuesten Hard- und Software-Tests sollen hier den Schwerpunkt bilden, es sind vor allem Einblicke, individuelle Erfahrungen und Know-How aus der täglichen gestalterischen Arbeit, die hier zu finden sind. Völlig unüblich aber höchst anwenderfreundlich ist dabei, das die Autoren der jeweiligen Fachartikel ihre Seiten nach einem vorgegebenen Layout auch größtenteils selbst gestalten. So sind Einblicke in die unterschiedlichen aber immer auch nachvollziehbaren Arbeitsweisen des grafischen Bereichs möglich.

Kanji Do

Das wichtigste Element im DTP sind immer noch die Schriften, die der Software zur Verfügung stehenden Fonts. Der Schriftenmarkt liegt derzeit jedoch ziemlich kränkelnd am Boden, da überall, auch auf der proTOS, Billigangebote von Billigschriften in Mengen zu erhalten sind. Für viele semiprofessionellen Anwender mag das ausreichend sein, bekommt man doch eine umfangreiche Grundausstattung an Schriften für wenig Geld.

In diesem Kontext war es schon erfreulich, wenn sich mit „Kanji Do" auch eine Firma auf der proTOS befand, die „Vorarbeit" zu leisten versucht, und ein „Gefühl für Schriftqualität und Schriftästhetik" vermitteln will, so Alfred Smeets, Inhaber von Kanji Do.

Auch wenn es manchmal so aussieht, als ob jeder Schriften machen könnte; die „Schriftenschneiderei" erfordert schon ein sehr großes Wissen, wenn die Fonts später in der Anwendung auch funktionieren müssen. Für Alfred Smeets ist das auch letztlich ein Kriterium für den Erfolg von Schriften im Markt: diejenigen, die mit viel Bedacht und Kenntnis gemacht worden sind, sind auch immer sehr erfolgreich.

Die von Kanji Do vorgestellten Schriften werden unter dem Label „Headliners" vertrieben, und dieser Begriff ist auch Programm. Ausgefallene Designerschriften sind da zu finden, die nicht dem reinen Satzbereich zugeordnet werden können, - eben Headliners. Die Renner unter den Schriften sind momentan die „Marie Luise" und die „uhura". Kanji Do veröffentlicht zudem regelmäßig Font-Journals, in denen neue Schriften und Fontübersichten präsentiert werden. Auch die inzwischen renommierten Fonts von „Emigre", „Apply" und des „Fontbüro" wurden auf dem Kanji Do-Stand angeboten.



Aus: ST-Computer 01 / 1995, Seite 51

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