IDEE HAUS II ST: Der ATARI ST als Hausverwalter

Das Wohneigentum wurde per Gesetz im Jahre 1951 als neue Rechtsform des Grundeigentums geschaffen. Nach zögerndem Beginn hat das Wohnungseigentum einen nicht vorhersehbaren Aufschwung genommen. Bereits heute leben in Deutschland mehr als vier Millionen Menschen in einer Eigentumswohnung, Tendenz steigend. Eigentumswohnung heißt: Im Regelfall bessere Ausstattung und Entlastung bei der Hauswirtschaft (Treppenreinigung, Gartenpflege). Eigentumswohnung heißt aber auch, daß sich ein Dritter, der sogennante Hausverwalter, um diverse Dinge wie Nebenkostenabrechnung oder Instandhaltung kümmern muß. Aber nicht nur bei Eigentumswohnungen, sondern auch bei Mietwohnungen ist ein Hausverwalter begehrt.

Im Jahre 1988 wurde die Hamburger Firma IDEE von vier Hausverwaltern beauftragt, eine Hausverwaltung für die tägliche Arbeit zu entwickeln. Auf Grund zahlreicher guter Erfahrungen wurde hierfür der ATARI ST ausgewählt und HAUS I entwickelt. Bereits 1990 entstand durch zahlreiche Anregungen und Verbesserungsvorschläge eine vollständig neue Version HAUS II, die uns zusammen mit einem Programm zur Nebenkostenabrechnung zum Test vorliegt.

Grundlegendes...

Für große Verwaltungen bietet IDEE das Programm HAUS-II-TOOL für weitergehende Listen an, welches auch Disketten-Clearing und Netzwerkfähigkeit beherrscht. Laut Firmenaussage ist HAUS II inzwischen rund 5OOmal im Einsatz und wird überwiegend bei Privatleuten mit Eigentum als auch bei kleineren Verwaltungen, Eigentümergemeinschaften sowie kommerziellen Verwaltern eingesetzt. Die größte Verwaltung soll angabegemäß 3.500 Wohneinheiten betreuen. IDEE HAUS II ST läßt sich auf jedem Atari ST/STE/TT/Falcon030 mit mindestens 2 MB Speicher, Festplatte und Drucker betreiben, die Light-Version begnügt sieb dagegen bereits mit 1 MB Speicher und Diskette. Die Hauptarbeit bei der eigentlichen Installation von HAUS II besteht in einem einfachen Kopieren des Ordners HAUS II von der nicht kopiergeschützten Diskette auf eine beliebige Partition der Festplatte. Die Systemdatei HAUS-II.INF sollte laut Handbuch auf Laufwerk C: kopiert werden, was somit die Dateien auseinanderreißt, kann aber angabegemäß auch auf anderen Partitionen installiert werden, da HAUS II die erste gefundene Datei akzeptiert. In dieser Systemdatei, die zeilenorientiert aufgebaut ist, werden Zugriffspfade, verwendete Sprache, angeschlossener Drucker und andere Einstellungen gesichert. Durch Doppelklick auf die Datei HAUS_II.PRG wird das Programm gestartet. Nachkurzer Zeiterscheint die Eingabemaske für das LOGIN, die nach dem Benutzernamen und Paßwort fragt. Nach erfolgter Eingabe findet man sich auf der Arbeitsfläche von HAUS II wieder, die durch ein starres geöffnetes GEM-Fenster gekennzeichnet ist, in das verschiedene Ausgaben erfolgen.

Adressen

Die in HAUS II integrierte Adreßdatenbank ist ein vorbildlicher Schritt auf dem Wege zum papierlosen Schreibtisch. Ziel dieser Datenbank ist es, das obligatorische Notizbuch, in dem bisher wahrscheinlich Anschriften von Handwerkern, Versicherungen oder Banken aufgehoben wurden, überflüssig zu machen. Denn so kann man diese Daten problemlos dem ATARI anvertrauen, wo sie immer leicht abrufbar sind. Aber wohlgemerkt: Nicht die Adressen der zu verwaltenden Häuser oder Mieterdaten, sondern wichtige Ansprechpartner, die mit der Arbeit als Hausverwalter in Zusammenhang stehen, sind hier richtig aufgehoben. In der Dialogbox (Bild 2) ist jeweils die aktive Zeile schwarz unterlegt. Oben befindet sich ein Feld mit der Beschriftung KÜRZEL. Hier sollte ein eindeutiger Suchbegriff für die Adresse vorgegeben werden, denn nach diesem Kürzel werden die Datensätze sortiert. Danach folgen Felder für die postalischen Daten wie Straße und Plz und Ort. Diese Angaben sind insbesondere für den Druck von Etiketten wichtig. Da die Möglichkeit besteht, gespeicherte Adressen mit dem Programm 1ST-MAIL in Serienbriefe einzubinden, wurde auch ein Feld für die Anrede vorgesehen. Außerdem kann man in der TOOL-Version Adreßdaten für Überweisungen benutzen. Wenn man dann noch die eigene Firma als Objekt anlegt, hat man eine sehr einfache Einnahmen-Überschuß-Rechnung mit integriertem Zahlungsverkehr.

Objekte

Unter Objekte versteht HAUS II die vom Hausverwalter zu verwaltenden Häuser. Die mögliche Anzahl dieser Objekte wird nur durch die Größe der angeschlossenen Festplatte sowie durch die jeweilige Programmversion bestimmt. Um ein neues Objekt anzulegen, wählt man den Menüpunkt WÄHLEN/BEARBEITEN. Es erscheint eine Blätterbox, aus der man das zu bearbeitende Objekt auswählt. Neben dem Kürzel des Objekts steht ein Betrag. Dabei handelt es sich um den aktuellen Kontostand des jeweiligen Objekts. Sollte also ein Eigentümer anrufen und nach dem Kontostand seines Hauses fragen, genügt in der Regel ein Mausklick, um die gewünschte Auskunft zu erteilen. Nun aber noch ein paar Worte zur Erfassung von neuen Objekten (Bild 3): Das Objektkürzel ist ein Sortierkriterium, das im allgemeinen aus dem Straßennamen mit der Hausnummer bestehen sollte. Danach folgen Felder für die genaue Anschrift des Objekts sowie die Telefonnummer (beispielsweise die des Hausmeisters) und eine Zeile für interne Bemerkungen. Auch für die Anschrift des Eigentümers - und eine (ebenfalls interne) Bemerkung zu diesem - ist genug Raum vorhanden. Die Briefanrede an den Eigentümer dient wiederum der Erstellung von Serienbriefen. Unter der Zeile BEMERKUNGEN befinden sich außerdem noch zwei Felder für GES AMT-QM/WE, deren Inhalt in die Nebenkostenabrechnung als Vorgabe übernommen wird. Wenn die Stammdaten des Objekts erfaßt wurden, legt man anschließend die Ausgabekonten und Einnahmekonten fest. Ausgabekonten sind genau die Kategorien, in denen die Ausgaben anfallen. Diese Konten können jedoch frei gewählt werden. Für jedes einzelne Objekt können andere Kostengruppen festgelegt werden (einige Häuser haben Fahrstuhl, andere nicht usw.). Nach Festlegung der Ausgabekonten sollte man die Zusammensetzung der Einnahmen bestimmen. Hierzu gelangt man in eine Eingabemaske, in der man die verschiedenen Ausgabekonten den Einnahmekonten zuordnet. Diese Zuweisung ist insbesondere für eine spätere Nebenkostenabrechnung entscheidend. Beispiel: Dem Einnahmekonto Betriebskosten werden die Ausgabekonten Wasser, Grundsteuer, Müllabfuhr und Fahrstuhl zugeordnet. Zu guter Letzt besteht noch die Möglichkeit, je eine Kontonummer samt Geldinstitut und Bankleitzahl für die Einnahmen und Ausgaben festzulegen. Das ist meiner Ansicht nach sehr sinnvoll, da gerade größere Hausverwaltungen getrennte Konten führen. Selbstverständlich erlaubt HAUS II auch die Ausgabe einer nach den Kürzeln sortierten Eigentümerliste. Über die Kombination ANSCHRIFT/ IST-MAIL kann man dabei einen Serienbrief an alle Eigentümer vorbereiten.

Mieter

Um die Stammdaten eines neuen Mieters zu erfassen, muß zunächst ein bestimmtes Objekt aktiviert werden. Dazu wählt man den Menüpunkt WÄHLEN/BEARBEITEN aus und selektiert in der anschließenden Blätterbox das gewünschte Objekt. Durch Mausklick auf den Knopf OK wird nun das gewählte Objekt initialisiert und der Menüpunkt MIETER BEARBEITEN freigegeben. In der dann erscheinenden Eingabemaske (Bild 4) muß man analog ein Kürzel angeben, das sinnvollerweise der Nachname des Mieters sein sollte. Nun folgen Felder für den Namen, die Anrede für Serienbriefe, die postalische Anschrift und eine interne Bemerkung. Des weiteren erfaßt man die Personenzahl, die Größe der Wohnung in Quadratmetern, den Mietbeginn, das Datum der Mietfestsetzung (= letzte Mieterhöhung), ein Datum für Mietende und die Höhe der Kaution. Links unten wird die beim Objekt festgelegte Mietzusammensetzung (= Einnahmekonten) vorgegeben. Daneben befinden sich zwei Spalten, die linke für den Nettobetrag, die rechte für einen Vermerk für die spätere Nebenkostenabrechnung. Der dabei angewendete Umlagenschlüssel entspricht dem Abrechnungssystem gemäß 27 IIBV. Über den Button KONTEN besteht die Möglichkeit zur Eingabe von zwei Bankverbindungen, von denen die Miete zu erwarten ist. Der Button STAFFEL ruft eine kleine Dialogbox auf, die für Staffelmietverträge wichtig ist. Es können bis zu fünf Stichtage mit der entsprechenden Mieterhöhung eingegeben werden.

Selbstverständlich bietet HAUS II die Ausgabe verschiedener Mieterlisten an. Entscheidendes Sortierkriterium ist das Mieterkürzel. Man kann sich optional alle Mieterdaten, nur die Anschriften für Serienbriefe oder eine Aufstellung der Einzelmieten für jeden Mieter auflisten lassen.

Buchen

Bevor man Mieteinnahmen buchen kann, muß man ähnlich wie bei der Erfassung eines neuen Mieters ein entsprechendes Objekt auswählen. Erst dann gelangt man in die Dialogbox zum Buchen. HAUS II gibt als Eingangsdatum das aktuelle Tagesdatum vor. Ändert man dieses ab, wird das geänderte Datum in Zukunft automatisch vorgegeben. Das ist insbesondere für die Eingabe von Bankauszügen sinnvoll. Das Feld FÜR dient der Festlegung des Monats, für den die Miete überwiesen wurde. Im Anschluß an die obigen Felder wird die Mietzusammensetzung aus den Objektstammdaten und die Höhe der Miete aus den Mieterstammdaten vorgegeben. Im Regelfall braucht man nur noch SICHERN anzuklicken, denn normalerweise stimmen die Mietforderungen mit den Mietzahlungen überein. Sollte dies einmal nicht zutreffen, bietet HAUS II auch die Möglichkeit, Minderzahlungen oder Mehrzahlungen zu verbuchen. Dazu gibt man im Feld NETTO-BETRAG den tatsächlich gezahlten Betrag ein. Durch Mausklick auf den Button BERECHNE wird die Differenz zwischen Zahlung und Sollmiete als Mietminderung vorgeschlagen. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder es handelt sich um eine echte Mietminderung, oder es handelt sich um eine Teilzahlung. Bei einer echten Mietminderung muß die Nummer des geminderten Teils aus der Mietzusammensetzung abgelesen und verringert werden. Bei einer Teilzahlung muß das Feld MIETMINDERUNG gelöscht werden. Der Sollbetrag des Mieters wird nun um die gezahlte Summe verringert. Um einen besseren Überblick zu verschaffen, werden in der Maske immer die Mietzusammensetzung und die für die einzelnen Einnahmekonten bereits gebuchten Beträge angezeigt. Die Differenz wird stets als zu buchender Betrag vorgeschlagen. Da HAUS II keine Finanzbuchhaltung ist, können Buchungen sinnvollerweise auch nachträglich verändert werden. Die Funktion KETTENBUCHUNGEN geht davon aus, daß die Mieter in der Regel korrekt zahlen. Darum ermöglicht es diese Funktion, korrekte Zahlungen mit wenigen Mausklicks zu verbuchen. Hierfür genügt ein Klick auf den Knopf REST-M (restliche Mieter) für die Verbuchung der Mietzahlungen aller Mieter. IDEE HAUS II bietet auch die Möglichkeit, sonstige Einnahmen wie beispielsweise Zinsen korrekt zu verbuchen. Ferner lassen sich auch sonstige Mieteinnahmen problemlos unterbringen. Das sind Zahlungen von einem Mieter, die nicht die Miete, sondern Renovierungskosten oder Schadensersatzleistungen betreffen. Darüber hinaus lassen sich auch Ausgaben, die ein bestimmtes Objekt betreffen, auf bis zu 60 bei den Objektstammdaten festgelegten Ausgabekonten verbuchen.

Auswertungen

Am interessantesten ist sicherlich eine Übersicht über die eingegangenen Mietzahlungen. Diese Liste enthält, aufgeschlüsselt nach den Einnahmekonten des Objekts, alle Zahlungen eines Mieters für den gewünschten Zeitraum. Die Funktion Mietenübersicht verschafft einen schnellen Überblick, wer seine Miete bereits überwiesen hat. Sollte also einmal der Eigentümer eines von Ihnen verwalteten Hauses anrufen und diese Frage stellen, kann man in kurzer Zeit die gewünschte Antwort erteilen. Die Funktion JOURNALE liefert eine Aufstellung aller gebuchten Vorgänge einer oder mehrerer Einahmearten und Ausgabearten für beliebige Zeiträume. Darüber hinaus ermöglicht die Funktion AUSGABENLISTE einen schnellen Überblick über die bisherigen Kosten eines jeden Objektes. HAUS II bietet ferner auch eine Funktion FINANZPLANUNG zur Festlegung von Budgets für jede Ausgabengruppe an. Natürlich kann man mit HAUS II auch für einen gestaffelten Zeitraum eine gestartete Abrechnang erstellen. Das Zusatzmodul NEBENKOSTEN ermöglicht die Abrechnung von Nebenkosten nach Quadratmetern, Personenzahl, Prozentsätzen, Pauschalbeträgen oder Verbrauch. Diverse Zusatzfunktionen wie Termin Verwaltung oder Kalender runden das Bild von HAUS II ab.

Abschließend...

HAUS II ist ohne Zweifel ein professionell entwickeltes Programmpaket und ein mächtiges Hilfsinstrument für Hausverwaltungen. Sehr gut hat mir das Zusammenspiel der einzelnen Funktionen gefallen, die auch ohne Studium des umfangreichen Handbuchs intuitiv zu bedienen sind. Etwas betrübt bin ich über die mangelhafte Einbindung ins GEM. So hält sich HAUS II bezüglich Tastatursteuerung, Shortcuts und Fensterbedienung nicht an die GEM-Konventionen. Zu den Preisen: Die Light-Version für 1 Objekt und 10 Mieter kostet 298 DM, die Junior-Version für 3 Objekte und unbegrenzte Anzahl Mieter 998,- DM und die Profi-Version für unbegrenzte Anzahl Objekte und Mieter DM 2.998,- DM. Bei diesen Preisen muß man schon einmal tief Luft holen und sich die Anschaffung sehr gut überlegen. Allerdings werden dem Käufer hierfür auch eine Hotline für einen Monat und ein Update-Service gegen reine Aufwandsentschädigung geboten. Sieht man nun einmal von den Preisen ab, erwirbt der Nutzer ein rundherum nützliches Programmpaket (unseres Wissens sowieso das einzige dieser Art für ATARI), das die Hausverwaltung wesentlich erleichtert.

RW

Bezugsquelle:
IDEE
Hasselbinnen 2
22869 Schenefeld

Positiv:

umfangreiches Programmpaket für die Hausverwaltung
leistungsfähige Nebenkostenabrechnung
leicht und intuitiv zu bedienen

Negativ:

ungenügende Einbindung ins GEM
relativ hoher Preis
mißverständliche Beschreibung der Installation im Handbuch



Aus: ST-Computer 10 / 1994, Seite 46

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