Filtermodul für Calamus - Weiche Masken und scharfe Filter

Ein Modul zum Filtern von Bildern in einer Layoutsoftware? Manch einer mag sich darunter nur wenig Konkretes vorstellen können. Aber wie sich schon im letzten Monat bei der Vorstellung des Paint-Moduls zeigte, gibt es immer wieder Situationen, in denen Bildarbeiten direkt im Layout von Vorteil sind. Das neue Filtermodul von adequate Systems ermöglicht neben der Aufbereitung des Bildmaterials für die Ausgabe auch eine Vielzahl nützlicher Effekte, die sich nicht nur auf vorhandene Bilder anwenden lassen.

Das neue Filtermodul für den Calamus

Nicht zuletzt mögen manchmal auch Zeitgründe dafür sprechen, Manipulationen am Bildmaterial direkt im Layout und mit den Qualitäten einer externen EBV erledigen zu können. Vor allem aber kommt diese Arbeitsweise der Qualität des Layoutens durchaus zugute. Genauso, wie in der Layoutsoftware an Textstil und Textsatz aufgrund des hinzumontierten Bildmaterials vielleicht noch etwas geändert werden muß, sollte dies auch beim Bildmaterial möglich sein, wenn z.B. Text über ein Bild gelegt und dieses somit partiell etwas aufgehellt werden soll. Oder auch dann, wenn sich der Ausschnitt eines Bildes als idealer Hintergrund fürs Layout herausstellt: nur nicht in Farbe natürlich, sondern als Graubild, und dann auch noch etwas weichgezeichnet usw.

Man sieht schon, der Möglichkeiten sind viele, in denen Text, Bild und grafisches Material gemeinsam und abhängig voneinander gestaltet und modifiziert werden müssen. Letztlich ergibt sich durch diese Arbeitsweise ja auch ein höheres Maß an gestalterischer Unabhängigkeit von der Verteilung eigentlich zusammenhängender Gestaltungsbereiche auf unterschiedliche Software-Werkzeuge.

Das Modul

Das Filtermodul lehnt sich in seiner Bedienung weitgehend an das bereits im Paint- und Merge-Modul realisierte Konzept an. So lassen sich über das Preview-Formular, die Schaltzentrale des Filtermoduls, alle geladenen Filter aufrufen und einstellen. Zum Experimentieren mit den vielen Einstellungsmöglichkeiten lädt dieses Formular geradezu ein. Neben der Abbildung des Originalbildes wird das bei den aktuellen Filtereinstellungen zu erwartende Endergebnis noch vor der eigentlichen Berechnung dargestellt, so daß mögliche Filtereinstellungen durchgespielt werden können, ohne schon die Bildvorlage selbst zu verändern oder die hiermit verbundene Rechenzeit abzuwarten.

Auch das Bildformat des Ergebnisses (in dpi, Pixeln, und Bytes) kann im Preview verändert und angezeigt werden. Durch diese Funktion lassen sich auch größere Ausschnitte des 'Ergebnis-Bildes' darstellen (durch Mausklick auf den entsprechenden Bereich des Originalbildes), was zur exakteren Vorbeurteilung feiner Filter sehr von Vorteil ist. Aber auch zur Qualitätsverbesserung von beispielsweise 'weichen Maskierungen' läßt sich mit der Wahl unterschiedlicher Zielbildgrößen einiges bewirken.

Aufweichen und Schärfen

Eine der wichtigen EBV-Funktionen, die jedes digitalisierte Graustufen-oder Farbbild über sich ergehen lassen muß, ist das 'Schärfen'. Gerade die Bilder, die mit Flachbett-Scannern eingelesen werden, sind, auch wenn sie im Monitor recht gut dargestellt werden, im Druck oft viel zu flach. Wie jede gute EBV-Software beinhaltet daher auch das Filtermodul einen Schärfefilter. Gemeinsam mit dem Weichfilter ist dieser besonders wichtig für eine qualitativ gute Bildanlage. Der Schärfefilter eignet sich aber auch für andere kreative Arbeiten und Effekte, wie unsere Dino-Abbildung zeigt.

„Bildmaterial", das Futter für den Filter, ist für das Filtermodul jedoch nich nur das, was vom Scanner kommt. Wie bereits in 'Merge' und 'Paint', nimmt das Modul alles zur Bearbeitung an, was der Calamus an Rahmentypen zu bieten hat. Wenn also der Schatten einer im Calamus erzeugten Schrift zu künstlich wirkt oder die Flächen einer farbigen Vektorgrafik zu harte Kontraste haben, können mit dem Weichfilter nahezu beliebige Aufweichungen vorgenommen werden. Das kann dann so weit getrieben werden, daß vom Ursprungsbild nur noch aquarellhafte Farbeindrücke vorhanden sind.

Um nun einem Textrahmen einen 'echten' Schatten zu geben, der also an seinen Rändern heller ist als sein Kern, wird zuerst eine Kopie des Textrahmens erzeugt. Dieser Kopie wird eine andere Farbe gegeben, normalerweise ist das ein Grauwert, und danach wird sie mit dem Weichfilter bearbeitet. Das Ergebnis wird dann nur noch unter den eigentlichen Text auf den gewünschten 'Schattenabstand' geschoben.

Ich konnte es während der Arbeiten zu den Bildbeispielen nicht lassen, immer wieder auch das Merge-Modul mit einzubeziehen. Diese Kombination ist einfach ideal. Was das Filtermodul an Ausgangsmöglichkeiten schafft, wie hier beim 'echten Schatten' und weiter unten noch deutlicher bei den Freistellern, integriert Merge exakt in anderes Bildmaterial, unter voller Berücksichtigung des neuen Hintergrunds. Unser'Filter-Schatten'würde dann mit einer solchen Nacharbeit die Farben eines Hintergrundbildes sehr realistisch mit einbeziehen.

Weiche Masken

In der digitalen Bildverarbeitung werden Masken recht häufig zum Freistellen von Bildmaterial verwendet. „Freistellen" bedeutet hier, daß ein bestimmtes Element eines Bildes ohne seine ursprüngliche Bildumgebung für weitere Zwecke verfügbar gemacht wird.

Für diese und auch andere Arbeiten im Calamus SL steht ja bereits das „Masken-Modul" als externes Modul zur Verfügung. Freistellen ist aber nicht modul ist zwar hervorragend in der Lage, mit 1-Bit-Masken in Sekundenschnelle echte Freisteller zu erzeugen. Bei Maskierungen mit 'weichen' Übergängen oder gar mit Halbtonmasken ist das Ergebnis jedoch immer unbefriedigend, da diese lediglich gedithert berechnet werden.

Das ideale Werkzeug zum weichen Einbinden von Bildvorlagen in andere Bilder ist das Merge-Modul (siehe STC 5/94), das die mit dem Filtermodul erzeugten weichen Masken in hoher Qualität freistellt oder in andere Bildhintergründe mischt. Zur Maskierung kann hierbei alles dienen: Textrahmen, Vektorgrafiken, Pixel-Bilder oder mit Paint 'malerisch' erzeugte Masken. Da Calamus genutzt werden können (Vektoreditor, Paint-Modul, Bridge usw.), sind auch kniffelige Detailarbeiten durchführbar, vor denen auch eine gute EBV-Software fast immer kapitulieren muß.

Die einzelnen Filter werden im Filtermodul über Eingaberegler gesteuert, über die sich jeweils die Größe und Intensität des entsprechenden Filters einstellen läßt. Die 'Größe' bezeichnet dabei den Bereich des Bildes in Pixeln, der von der Filterung betroffen ist. Ein Beispiel: Es wird ein schwarzer Kreis angelegt (z.B. eine Calamus-Rasterfläche), der als 'weiche Maske' zur weiteren Nutzung mit Merge zur Verfügung stehen soll. Mit dem Weichfilter erzeugen wir nun einen feinen Grauverlauf um die Kreisfläche, über den beim späteren Maskieren das Bild sanft in einen { neuen Hintergrund hineingemischt i wird. Ist als Filtergröße '3' eingestellt (der maximal einstellbare Wert beträgt 255), so bewegt sich die Reichweite des Effekts vom 'Rand-Pixel' aus je 1 Pixel nach links und 1 Pixel nach rechts. Um nun eine möglichst saubere Maske zu erzeugen, also ohne die gerade in Bitmap-Masken häufig vorhandenen Treppeneffekte in diagonalen Steigungen, gibt es einen kleinen Trick, Da das Filtermodul intern zuerst die Vorlage in ein Pixel-Bild konvertiert und erst danach den eingestellten Filter einrechnet (in unserem Fall also 'aufweichen'), sollte man über das Filter-Formular die Bildgröße der Maske (dpi) vor dem Filtern auf den doppelten Wert der Bildgröße der Vorlage stellen. Ebenso die Größe des Filterbereichs (na ja, fast den doppelten Wert des Filterbereichs. Waren es vorher 3 Pixel: einer links, einer rechts, einer in der Mitte, so müssen es beim doppelten Wert halt 5 Pixel sein: 2 links, 2 rechts, einer in der Mitte). Nun ist der Verlauf der Maske sanfter und beim anschließenden Aufweichen perfekt. Grundsätzlich erweist es sich bei der Arbeit mit dem Filtermodul als nützlich, die Intensität in den meisten Fällen auf dem Extremwert zu belassen und die Filtersteuerung nur über die Größe vorzunehmen.

FM-Raster

Zum Lieferumfang des Filtermoduls gehören neben den Filtern fürs 'Schärfen' und 'Aufweichen' natürlich noch weitere. Da gibt es einen Filter zum Verrauschen von Bildern, der sich unter anderem für die Anlage butterweicher Verläufe eignet. Oder den 'Medianfilter', der 'Pixel-Ausreißer' herausfiltert oder alles, was sich in Calamus-Rahmen befindet, ausdünnen oder verdicken kann. Dann sind da noch ein 'Relief-Filter, ein 'Invers'-Filter und der Filter 'Dithern'. Der letztgenannte hat es aber in sich, ermöglicht er doch eigentlich nichts anderes als eine frequenzmodulierte Rasterung des angewählten Bildmaterials. Mit diesem Weg der Rasterung können zum Beispiel Bilder auch auf handelsüblichen Farbtintenstrahldruckern in einer deutlich verbesserten Qualität ausgegeben werden. Auch für die Belichtung hochwertiger Farbbilder bringt dieses Verfahren einige Vorteile. Doch darüber mehr in einer der nächsten Ausgaben der DTP-Praxis.

Ein weiterer Filter ist der freie 5x5-Filter, der zusätzliche Effekte bereithält, mit dem aber auch beispielsweise die Filter aus der EBV-Software DA's Picture für die Bildarbeit im Calamus genutzt werden können. Alle Filter des Moduls sind im übrigen einzeln ladbar, so daß auch in Zukunft neue Filter einzeln hinzugekauft werden können. Nach Aussage von adequate Systems werden Zusatzdisketten mit weiteren Filtern demnächst lieferbar sein.

Gerade im eher kreativen Arbeitsbereich, wo einfach auch mal in beliebig vielen Varianten einer Gestaltung oder eines Bildes 'herumgespielt' werden muß, (um dann häufig zu guten Ergebnissen zu kommen, die man so eigentlich gar nicht im Sinn hatte ...), finden sich mit dem Filtermodul immer wieder neue, und vor allem auch für die praktische Arbeit anwendbare Effekte. Diese vielseitige Verwendbarkeit der Filter - unerläßlich für eine qualitativ hochwertige Bildarbeit im Calamus und doch immer auch reichlich 'Spielraum' lassen durch die extremen Einstellmöglichkeiten für ebenso extreme Verfremdungen und Manipulationen an allen Calamus-Rahmentypen - machen das Filtermodul sicher unentbehrlich für Calamus-Profis, aber auch sehr interessant für die Gelegenheits-DTPler, die vielleicht nur eine hervorragende Farbausgabe von Bildern für ihren Tintenstrahldrucker suchen. Zumindest der Preis des Moduls orientiert sich eher am letztgenannten Anwenderkreis, und ist mit 300,- DM als sehr günstig zu bezeichnen.


Jürgen Funcke
Aus: ST-Computer 10 / 1994, Seite 56

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