Vianen, 4. Mai: ATARI gibt bekannt, daß der TT ausläuft. Letzte Bestellungen werden noch entgegengenommen. Lieferung solange der Vorrat reicht. Und noch mehr Neues aus dem Land der Tulpen: Irma macht in ihrem Brief auch noch auf die Ulmer Messe ProTOS aufmerksam, die vom 22. bis 24. April in Ulm stattfindet. Hmm, na ja, der gute Wille zählt!
Das amerikanische Untemehmen Commodore International Ltd., West Chester/Pennsylvania, wird liquidiert. Dies gab die Gesellschaft bekannt. In einer knappen Firmenmitteilung heißt es, Commodores Vermögen werde auf einen nicht identifizierten Treuhänder zugunsten der Gläubiger übertragen und für die Tochtergesellschaft Commodore Electronics Ltd. ein Abwicklungsverfahren eingeleitet. Dies sei die Anfangsphase der Auflösung beider Unternehmen. Commodore war in den letzten Jahren hauptsächlich in Europa aktiv, doch das Hauptprodukt Amiga CD32, ein Videospiel, kam nicht besonders gut an. Im März meldete die Firma 8,2 Mio. Dollar Verlust bei 70,1 Mio. Dollar Umsatz. In der entsprechenden Vorjahresperiode hatte Commodore 77,2 Mio. Dollar Defizit erlitten bei 237,7 Mio. Dollar Umsatz. Im Geschäftsjahr 1993 überstiegen die Verbindlichkeiten erstmals das Firmenvermögen.
In den siebziger Jahren war Commodore mit seinen PCs erfolgreich im Markt gewesen, konnte aber mit dem rasanten Fortschritt in der Branche nicht Schritt halten. Das vor vierzig Jahren im New Yorker Stadtteil Bronx von Jack Tramiel (heute Firmeninhaber von ATARI) mitgegründete Unternehmen entwickelte zunächst Schreibmaschinen. Dann kamen Addier- und später elektronische Rechenmaschinen hinzu. Eines der ersten Systeme war 1977 der persönliche elektronische Rechner (PET), der Vorläufer des berühmten C64. Danach wurden Tower-, Desktop- und Notebooks vertrieben, die vom Hobby-Computer bis zum professionellen Mehrplatzsystem reichten. Sie sind unter der Produktbezeichnung "Amiga" bekannt und mit Motorola-Prozessoren ausgestattet. Daneben hatte Commodore lange Zeit auch MS-DOS- kompatible PCs mit Intel-Prozessoren im Programm, deren Herstellung allerdings wegen zu großer Konkurrenz aus dem fernen Osten bereits im letzten Jahr eingestellt wurde.
Ich bin am Freitag gegen Mittag nach Ulm gefahren, teilweise mit geöffnetem Dach, was mir eine schwere Grippe einbrachte. Ich habe dann einen netten Nachmittag mit den Händlern verbracht. Mein Lieblingskollege Jochen hatte für uns die Zimmerreservierung übernommen. Teilnehmer: Carsten Kraus (Omikron), Michael Nolte (Freischaffender), HUHU' Ulli Ramps (R.O.M.) mit Lieblings-HiWi Attila, zwei Jungs von Richter DTP (nicht zu verwechseln mit Distributor!) Christian, Arnün, Ulli Eickmann, Lieblingskollege ,Jochen, Kollege Willi und ich (H3).
Wir sind dann abends, nach den Häppchen, in unser Basislager gefahren, "Zur Sonne!" 35 DMdie Nacht inkl. Frühstück. Mann, war das basisnah! Viele Handwerker und Zeitarbeitsleute und wir. In dem Laden gab es immerhin ein Etagenbad und sonst eigentlich nichts. Kein Fernseher (ganz bitter), keine Minibar, kein Telefon, in manchen Zimmern ein Stuhl, selten einen Tisch. Ein Handtuch hatte ich auch, ein rotgewürfeltes Geschirrhandtuch, das für drei Tage veranschlagt war.
Wir sind dann auch ganz basisnah in die Kneipe um die Ecke noch einen trinken gegangen. Mir hat's bei der Deko schon die Sprache verschlagen. Die zwei Jungs von Richter DTP hatten die Kneipe schon vor uns eingenommen und dementsprechend schon einen sitzen - leichter Vorteil. Mike Nolte hatten wir auf dem kurzen Weg schon verloren, der kam dann etwas später nach. Carsten (Omikron) hatte als letzter die Kneipe betreten und stellte sich vor den Fernseher. Das war ein Fehler! Es lief gerade Fußball! Hätte nur noch gefehlt, daß er Schalke gerufen hätte, dann hätten wir wohl alle etwas in die Fresse bekommen. Ein Handwerker, dessen Sicht stark durch Carsten eingeschränkt wurde, ging ihn dann kurz und knapp an. Carsten verließ daraufhin die Kneipe. Michael Nolte schleifte ihn aber wieder zurück. Eine Runde Flipper, Mike, Attila, Carsten (noch leicht verstört) und ich. Gegen 1.00 Uhr sind wir dann zurück ins Basislager. Ich wurde von meinem Lieblingskollegen geweckt. Ich weiß nicht, ob dieser wirklich laut sprach oder ob es mir nur so vorkam.
Sa. 9.55 Uhr kam ich auf dem Messegelände an (10.00 war Beginn). Viele Mauser waren dort, und wir haben mächtig Spaß gehabt. Am Abend sollte dann eine tolle Party stattfinden, inkl. eines Marylin-Monroe-Doubles, und ein DJ von Radio 7 sollte Musik machen. Außerdem wäre eine Liveband auch da.
Ich hatte mich mit den beiden Jungs vom Heim-Verlägelchen zum Essen verabredet. Wir fuhren in die Ulmer Altstadt. Das erste Restaurant, das wir ansteuerten, hatte kein Essen, dafür aber Selbstbedienung und Bier aus der Flasche. Das zweite Restaurant wurde maßgeblich von einem Bauschutthaufen versperrt, aber im dritten Lokal hatten wir dann Glück und wurden auch nach kurzer Wartezeit bedient. Meine beiden Begleiter Hans und Ralf und ich fuhren dann zum Messegelände zurück. Wir wollten uns die tolle Party auf keinen Fall entgehen lassen. Nix war los! Keine Marylin, keine Leute, keine Liveband (die hatte schon wieder abgebaut). Vereinzelt standen ein paar Verwirrte rum. Den DJ hatte ich beim Verlassen der Halle noch gefragt, wo denn eine Disco wäre, die kein Techno spielte. Er empfahl uns das "Take Oft", das wäre genau unser Fall. Wir fuhren wieder in die Altstadt, um vor unserem Discobesuch noch ein Bierchen zu trinken. Die Altstadt besteht aus einer Handvoll Kneipen, in denen nichts los ist. Wir haben uns dann eine rausgesucht, in der wir lange nicht bedient wurden. Hans bewegte sich leicht zu der Musik. Die Frage, ob man die Musik denn etwas lauter machen könnte, wurde mit den Worten, "Wenn ihr tanzen wollt, geht in die Disco" kommentiert. Wir zahlten. Das "Take Off" entpuppte sich als Heavy-Metall-Schuppen erster Güte. Mit meinen beiden Leisetretern (kein Täto, keine Stiefel, keine zerrissenen Lederjacken) fielen wir schon optisch etwas aus der Rolle. Nicht genug, daß wir das Staudard-Outfit nicht hatten, wir kannten auch das Liedgut nicht.
Das einzige Lied, das ich erkannte, war "Sunday, bloody sunday" von U2. Da sich im gleichen Gebäude noch eine Disco befand, die sich "BelAir" nannte, mit dazugehöriger Kneipe, die sich nun wiederum "Love Off" nannte, probierten wir diese aus. Nicht zu vergessen, der Country & Westem Salon im Erdgeschoß, aber soviel Mut hatte dann doch keiner von uns. Ererinnerte schwer an "Bob's Country Bunker", nur daß die Good Old Boys Blues Band nicht spielte. Techno war nun angesagt. Und dann kam der Höhepunkt: "Technofox". Als dieser Technofoxtrott gespielt wurde, bildeten sich acht Damenpärchen, die engumschlungen tanzten. Meine beiden Foxkönige Hans und Ralf gingen zielstrebig auf ein Damenpärchen zu, um sie von ihrer Qual zu erlösen. Die beiden Damen lehnten dankend ab. Das war der Moment, in dem ich vor Lachen vom Stuhl gefallen bin. Meine beiden Foxkönige und ich wechselten nach diesem Tiefschlag wieder in den Heavy-Schuppen, schlimmer konnte es ja nicht mehr kommen. Außerdem fordert man da auch keine Dame zum Tanzen auf, weil man mit größter Wahrscheinlichkeit von ihrem Typen sofort eine auf Maul bekommt. Etwa zeitgleich versuchten Franz Georg Rappl von der Firma Comtex und ein paar seiner Kollegen noch ein Bier in einer dieser freundlichen Altstadtkneipen zu ordern. Es muß gegen 23:45 Uhr gewesen sein, erzählte mir Franz, als sie sich an einen Tisch setzten und ca. 15 Min. auf eine freundliche Bedienung warteten. Niemand kam. Franz faßte sich dann ein Herz und fragte die freundliche Bedienung, ob er etwas bestellen könnte. "Nein", sagte diese, die Kneipe würde jetzt schließen. Auf seine Frage, warum Sie denn nicht schon früher Bescheid gegeben hätte, gab die freundliche Bedienung zurück: "Wir machen immer um 24.00 zu, warum sollte ich da etwas sagen?" Auch für Franz Georg und seine Mannen war dieser Abend ein voller Erfolg.
Doch nun wieder zurück an den Ort des Grauens. Die letzte ultimative Runde Bier wurde bestellt. Hans war noch wie gelähmt von dem Korb, den die beiden Damen ausgeteilt hatten. Die beiden Jungs setzten mich dann an der "Sonne" ab. Während der ganzen Fahrt jammerte Hans, daß er so etwas noch nicht erlebt hätte und das er auf der Stelle die Stadt verlassen würde. "Nie mehr Ulm, nie mehr Ulm!". Ich machte Hans darauf aufmerksam, daß er doch nun in sein schönes Hotel fahren könnte (185 DMpro Nacht). Als die Jammerei immer noch nicht enden wollte, zwang ich die beiden, mein Zimmer anzuschauen. Ich öffnete die Tür und ließ sie ins Zimmer treten. Das war der Moment, indem Hans die Hand von Ralf nahm und sagte: "Wir können sie unmöglich hierlassen", Ralf nickte. Ich versicherte ihnen, daß es mir gut ginge und ich hier bei meinen Freunden bleiben wollte. Hans ließ sich (mit etwas Schwung) und leicht erschöpft auf mein Bett fallen. Dieses brach im selben Augenblick zusammen. Hans und Ralf reparierten es notdürftig und versicherten sich beim Gehen, daß ich wirklich hierbleiben wollte. Am nächsten Morgen nahm ich wieder ein Aspirin und überstand den letzten Messetag doch recht gut.
Ulm hat mich nicht gerade überzeugt! Aber, man hat die ganze Zeit etwas zu lachen, wenn man sich nicht gerade vor den Fernseher stellt!