Universal-Genie: 20 Megabyte auf einer Diskette

Nachdem wir in der vorletzten ST-Computer ausführlich die 2.88 MB fassenden ED-Laufwerke besprochen haben, steht auch schon ein weiterer Speicherriese im Diskettenformat vor der Tür. Mit dem Floptical-Drive der Firma Hard & Soft wird es möglich, neben den üblichen DD- und HD- auch Spezial-Disketten mit bis zu 20 Megabyte Kapazität an ATARI-Computern zu verwenden.

Der Begriff „Floptical“ leitet sich aus „Floppy“ und „Optical“ ab, was darauf schließen läßt, daß es sich hier um ein optisches Speichermedium handeln muß. Dies stimmt allerdings nicht ganz. Die Entwicklung der Firma INSITE beruht auf bewährten magnetischen Materialien als Datenträger. Die Optik in dem Laufwerk sorgt lediglich dafür, daß die Schreib/Leseköpfe exakter positioniert werden können, als dies mit den herkömmlichen Diskettenlaufwerken möglich ist.

Das Prinzip

Das technische Prinzip, das hinter dem Floptical-Drive steht, ist dem einer normalen Floppy sehr verwandt. Zusätzlich zu dem Magnetkopf, der auch weiterhin die Daten schreibt und liest, befindet sich noch eine Optik, bestehend aus einer LED, einem Linsensystem und einem Fotodetektor, auf dem Kopfträger. Mit Hilfe von optischen Servospuren auf der Diskettenunterseite sorgt diese Optik für die mikrometergenaue Positionierung der Kopfeinheit. Zunächst wird mit einem herkömmlichen Step-Motor die Spur grob angefahren und dann mit einem zweiten supergenauen Voice-Coil-Motor die Feinjustierung vorgenommen. Durch dieses Verfahren wird es möglich, auf einer 3.5“ kleinen Diskette 755 Spuren (statt 80 im DD/HD-Betrieb) unterzubringen.

Angesteuert wird das Laufwerk über einen SCSI-Bus. Angesichts der Datenmengen, die das Laufwerk verarbeiten kann, ist es angebracht, ein schnelleres System als den üblichen Shugart-Bus von Diskettenlaufwerken zu verwenden.

Die Hardware

Das Gerät selbst macht einen sehr robusten Eindruck. Hard&Soft hat es in ein für 3.5“-Diskettenlaufwerke übliches Gehäuse eingebaut. Äußerlich erkennt man den Unterschied also lediglich an der 50poligen SCSI-Buchse, die sich auf der Rückseite befindet. TT- und Falcon-Besitzer können das Laufwerk direkt mit einem entsprechenden Kabel anschließen und betreiben. Nachteilig ist dabei allerdings, daß die SCSI-Adresse nicht von außen eingestellt werden kann. Dazu muß das Gerät geöffnet werden. Die Adresse läßt sich dann wie üblich per Jumper direkt auf dem Laufwerk konfigurieren. Anschluß an einen ST/STE erhält das Gerät über den mittlerweile sehr verbreiteten ICD-Host-Adapter „The Link“. Er ist so klein, daß er komplett in den Griffschalen eines SCSI-Steckers Platz findet. Ein externes Netzteil, das von den Abmessungen her fast doppelt so groß ist wie das eigentliche Laufwerk, rundet den Lieferumfang auf der Hardware-Seite ab.

Die Software

Obwohl ein ICD-Host-Adapter mitgeliefert wird (ST/STE-Version), stattet Hard-&Soft sein Produkt nicht mit der ICD-Treiber-Software aus, sondern setzt mit den „SCSI-Tools“ lieber auf eine Eigenentwicklung. Daß dies aus gutem Grund geschieht, zeigt sich spätestens dann, wenn man mit dem Floptical-Drive auch normale DD- bzw. HD-Disketten verwenden will. Herkömmliche Festplattentreiber können mit den Diskettenformaten im allgemeinen nichts anfangen. Der Hard&Soft-Treiber (Hushi genannt) ist aber speziell auch dafür ausgelegt worden. So bereitet es keine Probleme, im normalen Betrieb zwischen Disketten und Floptical-Medien hin- und herzuwechseln. Der Treiber erkennt automatisch das eingelegte Medium und kann es entsprechend verwalten. Allerdings zeigte sich in der Praxis, daß der Wechsel nur bei HD(1.44MB)-Disketten einwandfrei erkannt wird. Sollen 720KB-Disketten verwendet werden, muß man mit einer solchen Diskette im Laufwerk neu booten. Dies wird aber sicherlich im nächsten Update des Treibers behoben sein.

Handhabung

Die Handhabung des Laufwerks erweist sich also als recht komfortabel. Der Anwender braucht sich in der Regel nicht darum zu kümmern, welches Medium er verwenden will. Lediglich bei der Formatierung von Medien/Disketten gibt es zusätzlich einiges zu beachten. HD/DD-Disketten lassen sich natürlich nicht wie gewohnt vom Desktop aus formatieren; dazu muß die Formatier/Partitionier-Software aus den SCSI-Tools aufgerufen werden. Um ein normales DD/HD-Format zu erzeugen, darf bei der Partitionierung keine Partition angegeben werden. Andernfalls würde das Medium quasi wie eine Festplatte eingerichtet werden und wäre damit nicht mehr kompatibel zu normalen Diskettenlaufwerken. Bei den Floptical-Medien gilt zunächst das gleiche, wenn man allerdings auch von dem 20MB-Medium booten möchte, muß man es wie eine Fest- bzw. Wechselplatte einrichten und den Treiber bootbar installieren. Auch dies läßt sich mit den SCSI-Tools problemlos bewerkstelligen.

Optische Sensoren sorgen mit Hilfe von Servospuren auf der Diskettenunterseite für die exakte Positionierung des Schreib/Lesekopfes.

Geschwindigkeitstest

Hier haben wir wieder unseren bewährten „How-Fast“-Test eingesetzt. In der Abbildung können Sie erkennen, in welchen Geschwindigkeitsbereichen sich das Laufwerk bewegt. Vergleichen Sie die Grafiken mit den Meßwerten unseres Festplattentests (Okt. 1992) bzw. mit den Ergebnissen der ED-Laufwerke (Dez. 1992). Ca. 110 KB/s können sich sehen lassen.

Prinzipbedingt kann das Floptical-Laufwerk allerdings nicht mit Festplatten konkurrieren. Es ist aber dennoch deutlich schneller als herkömmliche Diskettenlaufwerke.

Gute Geschwindigkeitswerte bescheinigt unser Testprogramm HOW-FAST

Schlußbemerkung

Ein ganz entscheidender Faktor sind die Kosten im Vergleich zur Speicherkapazität. Wir haben einen Vergleich mit den zur Zeit am weitesten verbreiteten Wechselplatten von SyQuest (44MB und 88MB) und Disketten von DD (720KB) bis ED (2.88MB) durchgeführt. Als Anschaffungskosten wurde dabei der jeweilige Kaufpreis für ein anschlußfertiges Gerät ohne Medium angesetzt. Daraus ergab sich, daß sich das Floptical-Laufwerk in diesem Gebiet durchaus mit den Wechselplatten messen kann. Wer also ein reines Back-Up-Medium benötigt und nicht auf die hohen Geschwindigkeiten der Wechselplatten angewiesen ist, ist mit dem Floptical-Laufwerk gut bedient. Immerhin sind die Medien nur so groß wie eine 3.5“-Diskette und nehmen daher wesentlich weniger Platz in Anspruch als die SyQuest-Medien.

CM

Preis :
DM 949.-

Bezugsquelle:

Hard&Soft Computerzubehör GmbH Obere Münsterstr. 33-35 W-4620 Castrop-Rauxel

Positiv:

sehr kleine Baugröße
hohe Geschwindigkeit (im Vergleich zu Disketten)
universal ersetzbar

Negativ:

recht hoher Preis
hohe Erwärmung im Betrieb
Gute Geschwindigkeitswerte bescheinigt unser Testprogramm HOW-FAST.



Aus: ST-Computer 02 / 1993, Seite 12

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