Während man sich daran gewöhnt hat, mindestens jedes Jahr ein Update beschert zu bekommen, mußten die SIGNUM!-Anwender 4 Jahre darauf warten. Herausgekommen ist auch kein Update (= Aus- und Verbesserung eines bestehenden Programmes), sondern ein neues Programm. Geblieben ist das Konzept einer im Grafikmodus arbeitenden Textverarbeitung. Beim Rest steht fast nichts mehr wie bisher.
Da zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels die Endversion sowie das reguläre Handbuch noch nicht verfügbar waren, beschränken wir uns auf eine erste Orientierung zum Thema: SIGNUM!3.
SIGNUM!2 hat inkl. aller Programmteile eine Länge von zusammen 264 KB. Daher kann man mit SIGNUM!2 auf einem ATARI ST mit nur 1 MB Arbeitsspeicher noch bequem arbeiten. In 4 Jahren sammeln sich eine Menge Wünsche an, so daß das daraus resultierende Programm sehr angewachsen ist. Folgende Zahlen (Beta-Version 11/91) hat SIGNUM!3:
-SHELL.PRG 207.314 (verbindet die Programmteile)
Bei SIGNUM!3 fällt das für viele Anwender lästige INSTALL.PRG weg. Folglich kann das Programm direkt gestartet werden. Wer es möchte, startet das Programmpaket auch über eine SHELL.
Nach dem Start des SHELL-Programmes bietet sich uns eine Benutzeroberfläche, die zwar nach GEM aussieht, aber eigens von Herrn Schmerbeck programmiert wurde. Diese Oberfläche hat einige Verbesserungen zu bieten. Unter MENÜMODUS können Sie z.B. einstellen, wie die Menüs herunterklappen (normal, auf Mausklick). Auf dieser Ebene können noch weitere globale Einstellungen vorgenommen und abgespeichert werden.
Wir wählen den Menüpunkt TEXTEDITOR. Auf den ersten Blick wähnt man sich noch zu Hause. Die Einstellungen der Schriftart, des Arbeitsbereiches und der Position sind SIGNUM!2-ähnlich, wenn auch einige wichtige Erweiterungen hinzugekommen sind.
Bevor wir das erste Menü herunterklappen lassen, stellen wir die Frage, wie wohl die vielen neuen Funktionen dem Anwender zur Verfügung gestellt werden. Manche ATARI-Programme arbeiten mit Unter-Untermenüs, was nicht gerade bedienerfreundlich ist. SIGNUM!3 geht hier einen anderen, m.E. besseren Weg. Der Texteditor startet zuerst mit einer Haupt-Oberfläche. Hier werden die globalen Einstellungen zur Textbearbeitung vorgenommen (abspeicherbar).
Wer es möchte, kann einige der Menütitel mit eigenen Fenstern auf der Oberfläche ablegen. Dadurch sind die dortigen Funktionen direkt abrufbar.
Sie können SIGNUM!2-Dokumente einladen. Da sich aber das Format der Zeichensätze geändert hat, wird beim Laden der Pfad für die alten Zeichensätze abgefragt. SIGNUM! 3 bietet z.B. die Möglichkeit des Kemings, hat 256 statt 127 Zeichen pro Zeichensatz, erlaubt 60 statt 7 Fonts und große Schriften (z.B. SWISS 48 - mit der Option groß2 + breit ergibt sich daraus eine 96 Punkt große Schrift). Da es auch bei vielen anderen Funktionen derart starke Erweiterungen gegeben hat, wird es verständlich, daß alte Dokumente beim Einlesen in der Regel Nachbearbeitungen erfordern.
Nach dem Laden eines Dokumentes (oder Erzeugen eines neuen Dokumentes) wird der erfahrene SIGNUM!2-Anwender mit der nächsten Änderung konfrontiert. Das Dokument hat seine eigene Menüleiste; aber dazu später. Wir befinden uns jetzt in der Kapitel- bzw. Seitenübersicht. Gerade Benutzer des SM 124/144 (ohne Zusatz) werden es begrüßen, daß sie sich den Text auch in einer 1:2-, 1:3- und 1:4-Verkleinerung ansehen können.
Wenn in dieser Kapitel/Seitenübersicht an eine bestimmte Stelle des Textes geklickt wird, springt man direkt in den Bearbeitungsmodus an die entsprechende Stelle. Die langen Suchzeiten unter SIGNUM! 2 gehören nunmehr der Vergangenheit an.
Viele Anwender(innen) hatten große Schwierigkeiten mit SIGNUM!2, das seitenorientiert arbeitet. Zeilenumbruch zum Blocksatz, Seitenumbruch müssen nachträglich ausgeführt werden. Außerdem bietet SIGNUM! 2 nur ein einziges Lineal. SIGNUM!3 kann nicht nur mehrere Texte gleichzeitig bearbeiten, sondern es erlaubt die Vergabe von globalen wie lokalen Linealen (Genaueres im ausführlichen Testbericht), die wiederum untereinander verbunden werden können. Derart können gleiche Absätze auf einen Schlag neu formatiert werden. Wie Sie aus Bild 5 ersehen, kann aber nicht nur die Formatierung des Textes automatisiert werden, sondern auch der Zeilenabstand, der Wortabstand (Grundeinstellungen im Font schon mit abgespeichert) ...
Ein weiteres Problem ist gelöst. Während man in der alten Version von selbst wissen mußte, mit welchem Font man gerade schrieb, erkennt SIGNUM!3 dies automatisch. Klicke ich an eine Stelle mit einer anderen Schrift, wird diese als Normal-Schrift auf die Tastatur gelegt.
Bei einem modernen Textverarbeitungsprogramm, wie es SIGNUM!3 ist, fehlt natürlich nicht die Möglichkeit, ein Textkorrekturprogramm (ELFE) zu benutzen. Ebenso können automatisch Inhaltsverzeichnisse und Register erstellt werden (auch hierzu Näheres im nächsten Heft).
Zum professionellen Desktop-Publishing benötigt man Vektorschriften. Da SIGNUM!3 z.Zt. noch mit Pixel-Schriften arbeitet, gibt es keinen direkten Weg auf eine Lichtsatzmaschine. Bei vielen Anwendungen - wie der multilingualen Textverarbeitung - bietet SIGNUM! 3 aber schon eine Menge Professionalität. Mit einem Angebot von 60 belegbaren Font-Positionen (mit 224 Zeichen statt 127) sowie Kombinationstasten (z.B. ’ + V schreibt gleich die Ligatur) können professionelle Arbeiten bewerkstelligt werden. Mittels der größeren Font-Matrix, der vollen Großbildschirmtauglichkeit, ist die Möglichkeit gegeben, Druckvorlagen in einer größeren Schrift zu erstellen. Wird solch ein Laserausdruck später abfotografiert und vom Film aus von DIN A4 auf DIN A5 verkleinert, kommt ein sehr gutes Druckbild heraus. Wichtig ist auch, daß die Schriften jetzt gedreht werden können. Es fehlt folglich nur noch eine Grafikfunktion. Aber auch diese bietet SIGNUM!3 mittels eines Vektor-/Pixel-Grafikteiles.
SIGNUM!3 bereichert den ATARI ST/STE/TT um ein neues Spitzen-Textverarbeitungsprogramm. Mit der Professionalität des neuen Programmes ergeben sich aber auch Konsequenzen für die alten SIGNUM!-Anwender. Mit 1 MB Arbeitsspeicher ist nicht mehr (sinnvoll) zu arbeiten. Ebenso ist eine Festplatte für den, der nicht nur spielen will, eine Grundvoraussetzung. Da ATARI zum 28. November die Preise für die Mega STE erheblich gesenkt hat, dürfte der Umstieg vom alten 1040 STF auf einem Mega STE jetzt leichter fallen. Die Menüsteuerung ist m.E. sinnvoll und komfortabel. Voll auszuschöpfen ist sie aber nur auf einem Großbildschirm. Es ist schon ein erhebendes SIGNUM!-Gefühl, endlich mit einem Großbildschirm anstatt mit den 640*400 des SM 124 zu arbeiten. Doch dazu mehr im nächsten Heft.
Veit Brixius
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