Irgendjemand hat mir gesagt, ich müßte unbedingt so eine Maschine haben, die man ‘Computer’ nennt. Klar weiß ich, was ein Computer ist und wo diese Geräte überall eingesetzt werden. Man liest ja schließlich Zeitung, sieht im Fernseher so allerlei, und in der Elektronikabteilung vom Warenhaus darf man sogar auf den Tasten herumtippen aber ich und ein Computer? Nun gut, überlegt habe ich mir das schon eine Weile, vielleicht gäbe es schon einige Aufgaben, die ich einem Computer überantworten könnte.
„Da kannst Du dann Texte editieren, Adressen selektieren, Grafik konstruieren, Musik komponieren, Zahlenkolonnen kalkulieren ...“, meinte ein Bekannter. Das ist schon grandios, was man mit diesen ‘Rechengehirnen’ alles machen kann, aber für meine Briefmarkensammlung oder für den Skatverein reicht eigentlich die kleinste Ausführung - was so etwas wohl kosten mag?
Als ich neulich bei Onkel Herbert war, stand auch ein Computer in seinem Arbeitszimmer. Er hat mir eine regelrechte Vorführung geboten, gezeigt, was er alles für Programme hat; und es ist schon beeindruckend, mit welcher Selbstverständlichkeit er in den kompliziertesten Programmen die Menüs bedient, mit Dialogboxen hantiert und mit einer Maus steuert. Aber das ist doch alles viel zu viel. Ich selber würde höchstens ein Textprogramm brauchen, vielleicht auch noch das, was man Datenbank nennt, aber sonst... Außerdem ist mein Etat begrenzt, so daß höchstens tausend Mark übrig sind.
Naja, da gibt es mittlerweile Läden, die nur noch mit Computern handeln, anscheinend ein lohnendes Geschäft, vielleicht können die mir helfen (die machen ja tagtäglich nichts anderes). Zugegeben, Schwellenangst hatte ich schon, als ich so einen Laden betrat, ich wollte mir nicht die Blöße geben, von überhaupt nichts Ahnung zu haben.
Vor sauber weißgetünchten Wänden stehen die Geräte in den unterschiedlichsten Zusammenstellungen. Kein Gehäuse gleicht dem anderen. Die Bildschirme sind unterschiedlich groß, mal schwarzweiß, mal farbig. Schrifttafeln mit viel Text erklären die unterschiedlichsten Sachverhalte und natürlich: den Kaufpreis (in großen Buchstaben). Merkwürdig ist das schon, da steh’ ich in dem Laden herum, aber keiner scheint sich für meine Anwesenheit zu interessieren. Die Geräuschkulisse ist sehr eintönig, ein permanentes Surren liegt im Raum - irgendwie etwas Überirdisches.
Weil ich halt nicht den ganzen Tag Zeit hatte, sprach ich jemanden an, der gelegentlich die Registrierkasse bediente - der mußte ja dann wohl zu dem Laden gehören: „Ach, könnten Sie mir mal erklären,...“. Lind schon war er zielstrebig zu einem Computer unterwegs, an dem bereits ein Mann mit den Tasten ganz eifrig Eingaben machte. „Tschuldigung, ich interessiere mich für ...“. „Wer tut das nicht?“ entgegnete er mir kurz angebunden und schenkte dem Tastenspiel des sitzenden Mannes wieder Aufmerksamkeit. Weil ich sowieso nicht viel von deren Zwiegespräch verstand, bin ich dann in dem Laden wieder umhergewandert.
Irgendwie muß jemandem aufgefallen sein, daß ich längere Zeit vor ein und demselben Computer stand, der hat mich dann angesprochen: „Das ist derzeit unser Renner, mit VGA, hundert Megabyte Platte und dreißig Megahertz. Und dann können Sie noch dazu ...“. Das war ja eigentlich nicht da», was ich wissen wollte, und mein Gegenüber muß wohl das Runzeln meiner Stirn nicht bemerkt haben. „Also, ich wollte nur mal fragen, ob ich ... Briefmarkensammlung, ... Skatverein, ... Textprogramm.“ Schließlich habe ich wirklich keine Ahnung von Computern.
„Ich wollte mich halt nur mal beraten lassen“, entschuldigte ich mich eilig. „Na, also für Beratung gibt esandere Firmen. Auch die Volkshochschule bietet Einsteigerkurse an, da können Sie ausprobieren, was man alles so machen kann. Wir leben vom Verkauf.“ „Kaufen würde ich ja schon, es soll ja nur ein Computer sein für so um die tausend Mark oder so.“ Das Gesicht meines Gesprächspartners versteinerte - als hätte ich ein Staatsgeheimnis verraten oder ihn persönlich beleidigt. „Ja also für ‘nen Tausender bekommen Sie ... XT,... monochrom,... Diskettenlaufwerk und das gleich zum Mitnehmen.“ Dabei deutete er auf die Registrierkasse und sah so aus, als wären ihm plötzlich dringende Termine eingefallen.
Als ich den Laden verließ, war ich enttäuscht. Da stehen die Wunderdinger mit ihren flimmernden Schirmen, ihren Megahertz und O-Waitstates, aber was ich selbst damit anstellen kann, das konnte (wollte, durfte?) mir keiner sagen. Ich werde mir wohl doch zuerst ein Buch kaufen, Prospekte und Testzeitschriften durchlesen. Nur, wer sagt mir, welches Buch und welche Zeitschrift ich lesen soll, und Prospekte gibt es wie Sand am Meer.
Der Einstieg in die ‘Geheimwissenschaft Computer’ wird einem wirklich nicht leicht gemacht. Es gibt eben Leute an der ‘ Verkaufsfront’, die haben nur ihre Handelsspannen und Verkaufszahlen im Kopf (die Konkurrenz ist groß und schläft nicht). Nur, ob ich mit dem Computer XY und dem Programm ABC genau das machen kann, was ich wollte, das konnte mir niemand sagen. Dann werde ich wohl doch jenen Laden besuchen, bei dem die Rechner alle teurer sind. Vielleicht kann mir ja da jemand helfen?