← ST-Computer 06 / 1987

1st Proportional: Blocksatz und Proportionalschrift friedlich vereint

Software


Bild 1: Das OptionsmenĂŒ zur Druckausgabe bei ”1st Proportional“

Einen Schönheitsfehler von ”1st Word“ und ”1st Wordplus“ haben bisher viele Anwender zu Recht kritisiert: Es ist nicht möglich, Texte in Proportionalschrift und Blocksatz auf dem (Typenrad-) Drucker auszugeben. Abhilfe schafft jetzt ein neues Druckprogramm: “1st Proportional“.

Wer mit "1st Word“ oder ”1st Wordplus“ arbeitet, wird bei der Druckeranpassung schnell festgestellt haben, daß beide Programme die schönste aller Schriftarten, die Proportionalschrift, nicht im Blocksatz auf Papier bringen können. Das liegt daran, daß ”lst Word“ von einem Ă€quidistanten Zeichensatz ausgeht, bei dem alle Buchstaben die gleiche Zeichenbreite besitzen. Bei einem proportionalen Zeichensatz variiert hingegen die Buchstabenbreite in Punktschritten, so daß z.B. ein ”i“ viel schmaler gedruckt wird als ein ”m“.

Schweizer KĂ€se in Schwarz

Auch die integrierte Graphikausgabe ist bei ”lst Wordplus“ kein „Plus“punkt. Die englische Text Verarbeitung war fĂŒr die immer seltener eingesetzten 9 Nadeldrucker konzipiert. Wer inzwischen ĂŒber einen Schönschriftdrucker mit 18 oder 24

Nadeln verfĂŒgt, kann mit dem ”Snap-shot“ erstellte Graphiken nur in einer 8 Nadel-Emulation zu Papier bringen,- das sieht aus wie Schweizer KĂ€se in Schwarz und meistens stimmen Bildschirmbild und Druckbild nicht ĂŒberein.

Alle Möglichkeiten dieser Welt...

Beide Probleme löst "1st Proportional“ auf höchst elegante Weise und bietet dazu noch einige Features, die vorbildhaft sind. ’Tst Proportional“ ĂŒbernimmt einen von “1st Word“ oder ’1st Wordplus“ erstellten Text, berechnet die "Microspaces“ zwischen zwei Wörtern und gibt ihn in Proportionalschrift und Blocksatz auf dem Drucker aus. Optional können alle Snapshotgraphiken in höchster QualitĂ€t ausgegeben werden, die RĂŒckseiten lassen sich selbst bei Verwendung eines Einzelblatteinzuges bedrucken und die Kopf-und Fußzeilen kann man auf Wunsch unterstreichen und fett wiedergeben.

Doch zunĂ€chst zum Programm selbst: "1st Proportional“ wird auf einer einseitig formatierten Diskette mit mehreren Druckertreibern (auch fĂŒr Typenraddrucker!), Beispieldokumenten und ausfĂŒhrlicher Anleitung geliefert. Das kompilierte GFA-Basic Programm nimmt rund 80 KByte Speicherplatz ein und kann mit einem Doppelklick gestartet werden. Auf einen hinderlichen und lĂ€stigen Kopierschutz hat der Autor verzichtet;- dafĂŒr wurde eine Seriennummer implementiert, die mit dem Namen des Anwenders in der Copyrightmeldung erscheint.

Im DateimenĂŒ kann im Unterpunkt „einen Text drucken “ der auszugebende Text mit der bekannten Objektauswahlbox angeklickt werden. Auf dem Bildschirm erscheint dann ein OptionsmenĂŒ, das in Bild 1 wiedergegeben wurde. ZunĂ€chst lĂ€ĂŸt sich- wie bei ’1st Wordplus“- der Druck ab/bis Seite, der linke Rand, die Seitennummervorgabe und die Seitenvertauschung von Kopf- und Fußzeile einstellen. Desweiteren erwartet ’1st Proportional“ einen Eintrag bei „Faktor Buchstabenbreite“. Das ist ein Korrekturfaktor der angibt, auf wieviel Prozent der Ă€quidistanten Schrift die schmalere Proportionalschrift gestaucht werden soll. Ist die Option „Beidseitig drucken“ eingeschaltet, werden zunĂ€chst alle Vorderseiten des Textes ausgedruckt. Anschließend erscheint eine Meldung, die bedruckten BlĂ€tter so einzuspannen, daß im nĂ€chsten Durchgang die RĂŒckseiten bedruckt werden können.

Schließlich kann man die Kopf- und Fußzeilen auch in Fettschrift und Unterstrichen ausdrucken lassen, um diese als Statuszeilen deutlicher hervorzuheben: eine sinnvolle Option, die leider bei ’1st Word“ fehlt. Wer mit ’1st Wordplus“ und dem ”Snapshot“ Accessory einige Bilder oder Graphiken in den Text eingefĂŒgt hat, kann wĂ€hlen, ob diese mit ausgedruckt werden sollen oder nicht. Damit alle Einstellungen in der nĂ€chsten Arbeitssitzung stimmen, kann man unter „Optionen sichern“ die gewĂŒnschte Konfiguration auf Diskette abspeichern,- sie wird beim nĂ€chsten Start automatisch mitgeladen.

Das UntermenĂŒ „mehrere Texte drucken“ ist ein besonderes Bonbon fĂŒr Buchautoren oder alle Vielschreiber, die kapitelweise ihr „opus magnus“ verfassen. Es ermöglicht den verketteten Ausdruck von bis zu 25 Texten. Jedem der eingetragenen Texte können wahlfrei und unabhĂ€ngig voneinander im OptionsmenĂŒ beliebige Optionen zugeordnet werden. Die eingetragenen Texte können mit den eingestellten Optionen auf Diskette gespeichert bzw. wieder geladen werden. Weiterhin kann beim Ausdruck mehrerer Texte die Seitennummer kontinuierlich durchgezĂ€hlt werden, ohne daß die Seitenzahl der Texte bekannt sein muß.


Bild 2: Ein Text ausgedruckt mit ’1st Wordplus“

Im GraphikmenĂŒ findet man drei Auswahlmöglichkeiten. Die erste und zweite Graphikbreite ergeben ein formatgerechtes Bild auf dem Papier, das exakt dem Monitorbild entspricht. Ein Unterschied besteht nur in der Zeilenbreite des Bildes. Nahezu einmalig ist jedoch der dritte Modus „Graphik unverzerrt“. WĂ€hrend fast alle Malprogramme im Ausdruck einen Kreis zur Ellipse stauchen, ermöglicht ’Tst Proportional“ in dieser Einstellung die Graphikausgabe mit unverĂ€nderten SeitenverhĂ€ltnissen,- da bleibt die Tortengraphik wirklich rund.

Druckeranpassung leicht gemacht

Bevor jetzt der eigentliche Ausdruck beginnen kann, muß zunĂ€chst eine eigene Druckeranpassung fĂŒr ’1st Proportional“ erstellt werden. GlĂŒcklicherweise hat der Programmautor die wesentlichen Prinzipien der ’1st Wordplus“ Anpassung ĂŒbernommen, so daß diese lĂ€stige Prozedur einfach und schnell zu erledigen ist. ZunĂ€chst wird mit einem Editor ein ASCII File erstellt, das aus einer Steuerzeichentabelle (fĂŒr das Einschalten aller Textattribute) und einer Buchstabentabelle (fĂŒr die

Zeichenfilterung) besteht. ZusĂ€tzlich muß zu jedem Buchstaben die Zeichenbreite (fĂŒr den korrekten Randausgleich) angegeben werden. FĂŒr die Graphikansteuerung muß zum einen angegeben werden, ob man mit einem 9, 18 oder 24 Nadeldrucker arbeitet und zum anderen die Initialisierungssequenz zum Umschalten in den Graphikmodus des Druckers. Das erstellte ASCH File wandelt ’1st Proportional“ anschließend im MenĂŒpunkt Drucker in eine kĂŒrzere Parameterdatei um, die bei jedem Start automatisch eingelesen wird.

Zur Ermittlung der Buchstabenbreite, die in vielen DruckerhandbĂŒchern entweder gar nicht oder bisweilen mit falschen Werten angegeben ist, hilft das MenĂŒ Extras. Hier lĂ€ĂŸt sich zunĂ€chst ein Probeausdruck aller Zeichen vornehmen, deren Breite man dann schnell messen und im UntermenĂŒ „Rechnen“ auf die druckerabhĂ€ngige Einheit umrechnen kann. Somit ist auch an alle Anwender gedacht, die nur ĂŒber ein unvollstĂ€ndiges Handbuch verfĂŒgen.

Ein Schriftbild wie’s Im Buche steht...

Nachdem nun alle Anpassungsprobleme erledigt sind, muß sich ’1st Proportional“ an seinen Druckergebnissen messen lassen. Wir haben zum Vergleich einen identischen Text einmal mit ’1st Wordplus“ und zum anderen mit ’1st Proportional“ auf dem NEC P6 ausdrucken lassen. Das Ergebnis sehen Sie in Bild 2 und 3. Sofort augenfĂ€llig ist natĂŒrlich die sehr schöne Proportionalschrift in Blocksatz, die mit manchem Laserdrucker durchaus mithalten kann. Wenn Sie auf beiden Reproduktionen die Kopf- und Fußzeilen vergleichen, werden Sie sehen, daß diese mit ’Tst Proportional“ viel besser zur Geltung kommen. Der Unter- bzw. Überstrich entspricht exakt der Textbreite. Die wiedergegebene Graphik mußte mit ’1st Wordplus“ in einer 8 Nadel-Emulation ausgedruckt werden. Das sieht zum einen nicht sehr schön aus (die schwarzen FlĂ€chen sind alles andere als deckend) und zum anderen stimmen Bildschirmbild und Druckbild nicht ĂŒberein (das sehen Sie an den Textmarkierungen). ’1st Proportional“ hingegen liefert gesĂ€ttigte schwarze FlĂ€chen und das Prinzip „What you see is what you get“ wird auch bei Graphikern eingehalten. Die beiden Ausdrucke sprechen wohl fĂŒr sich: ”1st Proportional“ liefert sowohl in der Text- als auch in der Graphikausgabe ein Schriftbild von bisher unerreichter QualitĂ€t.


Bild 3: ... und mit ’1st Proportional“. Vergleichen Sie selbst!

Ein Zeitvergleich fĂŒr die beiden Ausdrucke zeigte, daß ”1st Proportional“ bei der (aufwendigeren) Graphik etwas langsamer war als ”1st Wordplus“. Umgekehrt war es bei der reinen Textausgabe,- hier erwies sich "1st Proportional“ als schneller.

Zum guten Schluß sollen zwei MĂ€nner von ”lst Proportional“ nicht unerwĂ€hnt bleiben. So verfĂŒgt das Programm ĂŒber die Möglichkeit, "1st Wordplus“ automatisch nachzuladen. Diese Option funktionierte leider nur dann, wenn sich das Textprogramm nicht in einem Ordner befand- dies ist fĂŒr Festplattenbesitzer u.U. Ă€rgerlich. In der neuen Version 2.01, die jetzt ausgeliefert wird, ist dieses Manko allerdings behoben. Desweiteren bleibt anzumerken, daß ’Tst Proportional“ leider nur mit dem Monochrommonitor lauffĂ€hig ist. Ob eine Farbversion demnĂ€chst lieferbar sein wird, ist noch ungewiß.

Fazit: Das Programm ’1st Proportional“ kann allen Anwendern empfohlen werden, die mit ’1st Word“ oder ’1st Wordplus“ Texte und Graphiken in höchster QualitĂ€t ausdrucken möchten. FĂŒr 89 DM stellt ’Tst Proportional“ eine ĂŒberaus sinnvolle Investition dar.

Bezugsnachweis:

’1st Proportional“ ist fĂŒr 89 DM bei Knißsoft, Victoriastraße 9, 5100 Aachen zu beziehen