Wurde ja höchste Zeit, daĂ der altgediente Schreibtisch des ST mal einen neuen Anstrich bekam! »Neodesk 3.01« sorgt zusammen mit den »Neotools« fĂŒr ein glĂ€nzendes Auftreten der grauen Eminenz...
Er hat schon ganz schön Furore gemacht, der ST. Nicht unbedingt, weil er so ein ĂŒberlegenes GerĂ€t gewesen wĂ€re, damals vor fĂŒnf Jahren, sondern vor allem, weil er so eine herrlich bedienerfreundliche BenutzeroberflĂ€che hatte: Raus die Maus, und los gingâs. Kein Befehlskauderwelsch, keine nichtssagenden Zeichenkolonnen, einfach nur anklicken...
Doch der hochgepriesene Desktop hatte durchaus seine Macken â es dauerte nicht lange, und diverse schlaue Köpfe machten sich daran, den ST-Schreibtisch besser zu organisieren. WĂ€hrend in diesem unserem Lande die legendĂ€re »Gemini-Shell« entwickelt wurde, machte sich jenseits des groĂen Teichs ein ambitionierter Programmierer namens Dan Wilga an die Arbeit. Das Ergebnis seiner BemĂŒhungen nannte er »Neodesk« â die neue OberflĂ€che. Inzwischen liegt Neodesk in der Version 3.01 vor, erweitert und ergĂ€nzt durch die »Neotools«. Das sind Zusatzprogramme, die dem Neodesk zu mehr AttraktivitĂ€t und LeistungsfĂ€higkeit verhelfen sollen. Zum Lieferumfang der neuesten Version gehört ein 166 Seiten starkes Handbuch sowie die Programmdiskette, beides verpackt in einer schlichten KlarsichttĂŒte â es geht auch umweltbewuĂt und ohne gigantische Kartonagen. ZusĂ€tzlich zu dieser »Grundausstattung« kann man noch fĂŒnf Tool-Disketten und einen Befehls-Interpreter nachkaufen.
Neben dem Grundpreis von 98 Mark kostet der neue Schreibtisch vor allem Speicherplatz: Je nachdem, ob das Programm komplett im Arbeitsspeicher hĂ€ngt oder bei Bedarf von Platte oder Diskette ins RAM hinĂŒber-»swappt«, benötigt es 240 bzw. 30 KByte. StĂ€ndiges Nachladen ist allerdings nur etwas fĂŒr Anwender mit Nerven wie BrĂŒckenpfeiler: Nach jedem Programmabbruch fĂ€ngt das Laufwerkgeleiere wieder von vorne an â ein gerĂ€umiger Arbeitsspeicher ist da schon viel angebrachter.
Der frischgebackene Neodesk-Besitzer muĂ seinen neuen Schreibtisch zunĂ€chst ordnungsgemÀà in Besitz nehmen. Dazu tippt er Name und Wohnort in ein InstallationsmenĂŒ, denn Updates gibt es nur fĂŒr eingetragene Benutzer, deren persönliche Daten mit denen der Registrierkarte ĂŒbereinstimmen.
Der eigentliche Hammer aber ist die Installation selbst: Wer sich von Neodesk eigentlich Erleichterungen gegenĂŒber dem gewöhnlichen Desktop versprochen hatte, wird bei der Installation sein blaues Wunder erleben: Die Installationsroutine erledigt zwar immerhin die wesentliche Kopierarbeit, doch wer beispielsweise unter TOS 1.4 arbeitet, erhĂ€lt nach AbschluĂ aller Kopieraktionen noch lange keine automatisch startende BenutzeroberflĂ€che. Und jetzt ist guter Rat teuer: Das gewichtige Handbuch preist zwar marktschreierisch die VorzĂŒge der neuen OberflĂ€che (als gelte es, den KĂ€ufer noch einmal zum Kauf zu bewegen), prĂ€sentiert auĂerdem eine ausfĂŒhrliche Aufstellung aller Ordner und Dateien, vergiĂt aber zu erlĂ€utern, wie man diverse Dateien und Accessories korrekt im Autoordner und Unterverzeichnissen ansiedelt. Ein trauriges Zeugnis, wenn man schon zur Installation eine gehörige Portion Erfahrung, Fantasie und Durchhaltevermögen mitbringen muĂ!
Die Feinheiten von Neodesk erkennt man erst auf den zweiten Blick
Noch schlimmer wird es bei der Installation der Neodesk-Accessories: Hut ab vor demjenigen Neuling, der ohne Hilfe damit klarkommt. Das Handbuch auf Seite 19: »NEODESK.ACC â Alle Accessories fĂŒr Neodesk befinden sich in diesem Ordner ...« In welchem Ordner? MuĂ man den erst auf der Boot-Diskette/-Partition erzeugen? Und wo soll er zu finden sein, im Autoordner oder im Neodesk-3-Ordner oder... DafĂŒr erklĂ€rt die Dokumentation dann auf Seite 119 unter der Ăberschrift »Accessories«, warum irgendwelche Feinheiten nicht (!) im neuen Kontrollfeld eingebaut wurden. Wie jedoch die im Handbuch genannte Zahl von zehn Neodesk-Accessories (zusĂ€tzlich oder insgesamt?) greifbar sein soll, bleibt ein Geheimnis â nirgends eine klare Anweisung.
Hier muĂ ein klares Wort gesprochen werden: Derartige HandbĂŒcher sind eine Zumutung und ihr Geld nicht wert. Ein guter Programmautor ist nicht gleich ein guter Handbuchschreiber!
Doch nun zu den Eigenheiten, die Neodesk vom Vorbild GEM-Desktop unterscheiden. Genauso wie Gemini (oder auch der neue TT-Desktop) zeichnet sich der Neodesk vor allem durch seine reiche Palette an Icons aus, die man einzelnen Dateien zuordnen kann. Fortsetzung folgt. (hu)