Musik am elektronischen Band
Die wesentlichen Funktionen erreicht man im C-Lab Creator durch Tastendruck oder Mausklick
Wer sich die aktuellen Titel der internationalen Popmusikcharts aufmerksam anhört, wird sich rasch die Frage stellen, auf welche Weise die absolute Perfektion der Soundproduktionen zustandekommt. Die leise Vorahnung, daß hier ein Computer — im wahrsten Sinne des Wortes — mitgemischt haben mag, trügt nicht. Die Kreationen aus den supermodernen Elektronikstudios basieren nämlich nicht nur auf ausgefeilten Klangeffekten der musikelektronischen High-Tech-Geräte und Instrumente. Sie werden immer stärker vom Einsatz spezieller Hard- und Software der Computertechnik geprägt.
Der Computer hat in der Musikszene eine völlig neue Bedeutung erhalten. Seit der Atari ST als erster Low-Cost-Computer mit serienmäßig eingebauten MIDI-Anschlüssen auf den Markt kam, vermehren sich die Software-Werkzeuge zur Musikproduktion und -Verarbeitung unerwartet schnell.
Viele Programme ersetzen die in der elektronischen Musikproduktion so erfolgreichen Hardware-Sequenzer, die Steuerinformationen zu der auf einem Instrument eingespielten Musik aufnehmen, diese speichern und wiedergeben. Darüber hinaus lassen sie weitreichende Manipulationen der Musikdaten zu. Mit dem Programm »Creator« stellt die auf diesem Gebiet sehr rührige Firma C-Lab einen Software-Sequenzer für den Atari ST vor, der nicht nur auf den ersten Blick eine Reihe hochinteressanter Eigenschaften für die kreative Arbeit mit einem MIDI-System bietet.
Creator präsentiert sich in einem stabilen Ordner im DIN-A5-Format, der zwei Disketten, einen Hardkey (Hardware-Kopierschutz) und ein überraschend umfangreiches Handbuch enthält, das verständlich und anspruchsvoll gestaltet ist. Sein außergewöhnliches Konzept wendet sich an drei verschiedene Benutzergruppen: Der »blutige Laie« wird ebenso angesprochen wie der MIDI-Kenner und der musikelektronische Vollprofi.
Die entsprechenden Textpassagen sind gemäß ihrer Zielgruppe gekennzeichnet und verraten, daß hier nicht nur über Assembler-Programmierung, sondern auch über Benutzerführung nachgedacht wurde. Im Unterschied zu vielen anderen sogenannten Handbüchern wird der Versuch gemacht, eine jedermann verständliche Sprache zu sprechen und eine gewiß schwer verdauliche Mischung der »fachchinesischen« Begriffe aus den beiden Disziplinen »Musik« und »Computerei« zu vermeiden.
Bei der Konzeption des Creators standen die Forderung nach hohem Bedienungskomfort und nach einfacher Handhabung im Vordergrund sowie das Bestreben, jede erdenkliche MIDI-Anwendung mit diesem Programm zu unterstützen. Daraus resultiert das sogenannte »prioritätengesteuerte Multitasking«, das nur durch eine effiziente Interruptprogrammierung in Assembler verwirklicht werden konnte. Nur so lassen sich die meisten wichtigen Funktionen wie Quantisierung, Tempoänderung, Transpositionen, Delay-Einstellungen etc. in Echtzeit(l) bei Aufnahme und Wiedergabe beeinflussen, wobei das jeweilige Klangergebnis sofort überprüfbar ist.
Zunächst sei die interne Datenstruktur des Creators aufgezeigt. Das Programm bietet eine Aufteilung von 4 x 16, das sind 64 Spuren, auf denen beliebige MIDI-Informationen in bis zu 99 Patterns (das sind beliebige Musikabschnitte, Themen, Akkordfolgen, rhythmische Muster) zusammengefaßt werden. Dabei erstreckt sich ein Pattern auf alle 16 Spuren. Abweichend von der MIDI-Spezifikation, die als kleinste zeitliche Einheit eine 1/96-Note vorsieht, arbeitet der Creator sogar mit der hohen Auflösung von 1/768-Noten.
Auf der niedrigsten Ebene der Datenhierarchie stehen die MIDI-Events, also MIDI-codierte Klangereignisse, von denen über 1 Million(!) im Speicher des Computers Platz finden. Dies entspricht zirka 1330 Takten, was bei der Tempoeinstellung MM = 120 etwa 45 Minuten Aufnahme- beziehungsweise Wiedergabezeit ergibt. Nebenbei erwähnt übersteigt diese Kapazität die Vorgabe der MIDI-Spezifikation, die als maximalen Wert für den Song-Position-Pointer nur 1024 Takte verlangt.
Nach dem Start des Programmes erscheint ein GEM-Fenster, das trotz der Fülle der Bedienungselemente einen aufgeräumten Eindruck hinterläßt. Bei genauerem Hinsehen erkennt man, daß alle wesentlichen Funktionen per Mausklick oder Tastendruck erreichbar sind, während die seltener benötigten Features über die Pull-Down-Menüs angesteuert werden.
Das Fenster unterteilt sich in vier große Bereiche. Unter dem Titelbalken mit dem Copyright-Vermerk steht die Statuszeile, die das Gesamtsystem betreffende Informationen enthält. Darunter liegt links das Arrange-Fenster, direkt daneben ist das Pattern-Fenster mit angehängtem Track-Fenster, woran sich ganz rechts das Bedienungsfeld anschließt, das sich an den Bedienungstasten einer Tonbandmaschine orientiert.
Werfen wir einen genaueren Blick auf die »Tonbandtasten«.
Die Start-, Record- und Stop-Tasten entsprechen dem realen Vorbild, ebenso die »Tasten« zum »schnellen Vor- und Rückspulen« des vom Programm simulierten Bandes. Die Start-Taste setzt die Echtzeituhr in der Statuszeile zurück. Sie fährt das »Band« immer automatisch an den Anfang zurück, die Start-Taste bewirkt also die Wiedergabe eines aufgenommenen Titels von Anfang an.
Wie die Start-Funktion so springt auch die Record-Funktion an den Anfang des Stückes zurück, bevor der Aufnahmevorgang beginnt. Direkt in den Aufnahmemodus gelangt man über »Punch«. Enthält die ausgewählte Spur jedoch bereits eine Aufnahme, so wird ein versehentliches Überspielen beziehungsweise ein Löschen der alten Einspielung automatisch verhindert. Diese sinnvolle Einrichtung hilft, den Verlust genialer musikalischer MIDI-Arrangements während der Hektik einer Produktion zu vermeiden und erhöht die Datensicherheit für den professionellen Umgang mit dem MIDI-System. Ist man sich seiner Sache jedoch sicher, können alte Aufnahmen bei zusätzlicher Betätigung von »Drop« dennoch gelöscht werden. »Undo« macht den jeweils letzten Löschvorgang im Bedarfsfälle rückgängig. Es schaltet sogar zwischen der alten und der neuen Version beliebig oft hin und her.
Eine pfiffige Eigenschaft stellt die Fernsteuerung des Sequenzers mit Hilfe der »MIDI -> Key Remote«-Funktion dar. Auf dem zur Einspielung angeschlossenen Keyboard wählt man einige selten benötigte Tasten aus, die von der Tonsteuerung ausgeblendet werden und statt dessen die Funktionen der auch über die Computertastatur zugänglichen Bedienungstasten übernehmen. Denn was liegt dem Keyboarder näher als seine Tastatur? Wer die Nöte eines nicht mit »Krakenarmen« ausgestatteten Computermusikers kennt, weiß dieses Feature schnell zu schätzen.
Tonbandmaschinen für Studioproduktionen vereinfachen normalerweise, mit Hilfe von frei setzbaren Locator-Positionen, die Aufnahme von Teilstücken einer Einspielung. Dazu werden Anfang und Ende der entsprechenden Passage auf dem Band über ein exaktes Zählwerk oder über Synchronisationsvorrichtungen markiert. Die Markierungen sorgen dafür, daß das Bandgerät bei Erreichen des linken Locators automatisch auf Aufnahme umschaltet, um beim rechten Locator den Aufnahmemodus zu beenden (Punch In/Out beziehungsweise Drop In/Out).
Hier standen Tonbandgeräte Pate
Das genaue »Reinfahren« in eine knifflige Stelle wurde auf diese Weise erheblich vereinfacht. Die Computer-Realisierung des Verfahrens gestattet obendrein den sogenannten Cycle-Mode, bei Studiobandgeräten als »Shuffle«-Betrieb bekannt. Dabei »spult« der Sequenzer das »Band« bei Erreichen des rechten Locators blitzschnell bis zur linken Locator-Position zuruck, um anschließend ohne Pause weiterzufahren. Hier ist das Tempo, mit dem der Creator sein »Band« um spult, wirklich absolut bemerkenswert Die Funktion des Cycle-Betriebs bei der Aufnahme erleichtert die Einspielung schwieriger Melodieparts erheblich. Hier kommt eine weitere Feinheit zum Vorschein: der Benutzer darf nämlich zwischen »Overdub« und »Replace« wählen Der Replace-Modus entspricht der normalen Bandaufnahme, er löscht den alten Bandinhalt. Im Overdub hingegen kommt die neue Information zur alten hinzu, ein Verfahren das besonders bei Drum-Computern bekannt ist. Dabei besitzt der Creator ein quasi 16schichtiges(!) Gedächtnis. Ebenso viele aufeinanderfolgende Aufnahmedurchgänge werden gespeichert und sind über das Pattern-Fenster zugänglich — in der Praxis eine sehr nützliche Funktion.
Trotz der großen Kapazität des Creators bleiben die eingespeicherten Informationen überschaubar, was sich bereits aus der Bildschirmaufteilung ergibt. Im Pattern-Fenster erhält jede einzelne Spur innerhalb eines Patterns einen eigenen, charakteristischen Namen (zum Beispiel Trumpetl).
Simultan dazu läßt sich jeder MIDI-Channel benennen, sinnvollerweise mit der Bezeichnung des »angehängten« Gerätes. Zusammen mit einer »Aussteuerungsanzeige« im Pattern-Fenster (direkt vor dem Spurnamen) verliert man den Überblick nicht so leicht. Rechts neben dem Spurnamen steht der aktuelle Wert für einen Parameter bei allen Spuren. Den Parameter wählt man im direkt angehängten Ttack-Fenster an, beispielsweise »Quantize« oder »Transpose«.
Für ungenau spielende Keyboarder — und im Sinne der Computergenauigkeit sind das nahezu alle — bietet der Creator wie andere Sequenzer eine Quantisierungsfunktion an. Unüblich sind jedoch die Fähigkeiten dieser automatischen Korrektur, die hier über eigene »Intelligenz« verfügt.
Die erste Quantisierungs-Methode stellt die »Quantize On & Off«-Funktion dar. Sie zwingt alle Notenwerte in ein vom Benutzer einstellbares Raster. Dieses Verfahren hat jedoch mitunter gravierende unerwünschte Auswirkungen auf die Interpretation. Daher die Suche nach neuen Wegen! Der sogenannte »Note-On-Quantize« verschiebt lediglich den Einsatz eines Notenwertes, ohne dessen Ende zu beeinflussen. Eine bessere, weil unauffälligere Wirkung erzielt das »Musical Quantize I«, das bereits von einem Vorläufer des Creators bekannt ist. Hier werden die Notenanfänge ins Raster gerückt und die Notenenden parallel dazu verschoben, was sich auf die Charakteristik des Songs kaum auswirkt. Die »intelligente« Spielart der Quantisierung, die der Creator erstmals bietet, analysiert die gesamte Einspielung hinsichtlich gewisser, typischer Eigenheiten und bestimmter Regeln der Harmonielehre, um fehlerhafte Ungenauigkeiten von individuell bedingten Interpretationsfeinheiten zu unterscheiden.
Stellt das Programm bei der Analyse beispielsweise fest, daß der Musiker stets ein wenig zu früh einsetzt, so wird die Korrektur dies berücksichtigen, einen rhythmischen Ausreißer jedoch ausgleichen. Die auf diese Weise erzielten Ergebnisse klingen denn auch fast immer so, wie man es beabsichtigt, aber vielleicht nicht gespielt hatte.
Lobend hervorzuheben ist die uneingeschränkte Anwendbarkeit der Quantisierungsarten, die von einer Ausnahme (»Length-Quantize«) abgesehen, grundsätzlich erst bei der Wiedergabe wirksam werden und die eingespielten Daten nicht gleich dauerhaft verändern. Der freie Zugriff auf alle Quantisierungsverfahren während des Sequenzerlaufes beweist einmal mehr die enorme Geschwindigkeit, mit der die zeitkritischen Programmteile arbeiten.
Neben der Funktion der automatischen Korrektur stellt der Creator noch andere interessante Funktionen zur Verfügung, wie beispielsweise die Verschiebung der »Tonhöhe« des ausgegebenen Steuersignals per »Transpose« in weiten Grenzen.
Auch die Anschlagstärke läßt sich mit dem Creator effektvoll beeinflussen. Zunächst läßt sich die original eingespielte Anschlagsdynamik um einen bestimmten Offset-Wert ( ± ) verändern. Darüber hinaus ist der Creator in der Lage, fast wie im Tonstudio die Dynamik zu verringern (komprimieren), zu vergrößern (expandieren) oder für jeden Ton zu vereinheitlichen.
Ferner läßt sich bei einer Aufnahme der Tonraum, also der Bereich, den eine Spur registrieren soll, eingrenzen. Noten, die über die Grenzpunkte hinausgehen, werden ignoriert. Schließlich stellt man mit »Ghost of« die imaginäre Kopie einer Spur her, die jedoch mit eigenen Spur-Parametern — zum Beispiel bezüglich des MIDI-Channels — besetzt werden kann.
Das MIDI-Sieb: Ausgabe-Steuerung mit der Maus
Hier tummelt sich die Maus: Die Pull-Down-Menß-Funktionen auf einen Blick
Neben den »nicht datenverändernden Funktionen« beeinflussen die über Pull-Down-Menüs erreichbaren Funktionen teilweise den Datenbestand im Speicher. Hier sei als Beispiel auf die Fähigkeit hingewiesen, alle 16 Spuren eines Patterns in einer einzigen Spur zusammenzufassen (»Mixdown«) oder mit »Demix« alle Events auf ihre jeweiligen Spuren aufzuteilen. Letzteres ist besonders dann interessant, wenn Daten von einem anderen Sequenzer übernommen werden. Mit »Extract« lassen sich die Events eines MIDI-Channels isolieren. Obendrein ist mit »Transform« eine sehr flexible Art der Datenmanipulation gegeben, die beliebige Event-Typen umwandelt.
Mittels verschiedener Einträge im MIDI-Menü sind mehrere Filter in das Programm integriert, die das Aussieben bestimmter, momentan unerwünschter Signale gestatten. Über entsprechende Wahlknöpfe läßt sich anwählen, was per MIDI-In oder MIDI-Thru ausgegeben beziehungsweise ausgeblendet wird. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, MIDI-Nachrichten auf Maus-Klick an die angeschlossenen Instrumente zu senden.
Wem das noch nicht reicht, der greift über die Edit-Page auf jedes Event einzeln zu. Der Clou dieses Event-Editors besteht in der Fähigkeit, Bearbeitungen in Realtime zu gestatten. Der Bildschirm scrollt entsprechend der Wiedergabegeschwindigkeit, zeitlich zusammengehörende Noten werden gleichzeitig wiedergegeben. Die Geschwindigkeit der Darstellung bringt jedoch in der Praxis Probleme mit sich — wer hört schon, was er sieht beziehungsweise umgekehrt. Die »Catch«-Funktion des Creators kommt hier gerade recht. Damit fängt der Editor den gerade hörbaren Event ein. Die Darstellung auf dem Bildschirm wird im Moment des Mausklicks sozusagen eingefroren, und die gesuchte Note liegt im Edit-Fenster zur Bearbeitung bereit.
Es erstaunt nicht, daß man bei der Realtime-Bearbeitung an die Grenzen des Atari ST stößt. Zu groß sind die Datenmengen, die hier auf einmal über den Monitor ausgegeben werden müssen. Der Bildaufbau benötigt verhältnismäßig viel Zeit. So kommt es vor, daß die grafische Darstellung der MIDI-Events nicht ganz synchron zur klanglichen Wiedergabe verläuft.
Neben den »normalen« Note-On- oder Note-Off-Signalen sind alle (!) MIDI-Events editierbar, eine Tatsache, die nicht genug hervorgehoben werden kann. Obendrein stellt der Creator eine Reihe sogenannter Pseudo-Events zur Verfügung, die zum Teil zu internen Steuerungszwecken und demzufolge nicht für die »Außenwelt« bestimmt sind. So läßt sich beispielsweise das Tempo absolut und relativ verändern, Song-Select-Meldungen werden abgesetzt oder beliebige MIDI-Bytes ausgesandt. Darüber hinaus kann man eine Spur »stummschalten« (mute) oder wieder aktivieren (demute).
Das Programm gestattet die Erfüllung kühnster Manipulationswünsche. So wird die Funktion, den Creator als universelles Dump-Programm zur Aufzeichnung und Übertragung beliebiger System-exclusiver Daten zu nutzen, kaum noch überraschen. Im Edit-Modus lassen sich mit Hilfe spezieller Pseudo-User-Events eigene System-exclusive-Nachrichten »zusammenbasteln«. Auf der Originaldiskette befinden sich bereits eine Reihe fertiger Dump-Module. Klangdaten werden sogar während eines laufenden Songs übertragen, so daß die richtigen Sounds an der richtigen Stelle zur Verfügung stehen.
In der Event-Editor-Page liegt unterhalb des Event-Fensters eine freie Fläche, die der Darstellung eingespielter Musik in Form der traditionellen Notenschrift Vorbehalten ist. Inwieweit hier neben die bereits integrierte grafische Notation im Event-Editor eine dem hohen Niveau des Programms entsprechende Notendarstellungs- und Editierungsfunktion hinzutritt, bleibt abzuwarten. Für diese Aufgabe ist ein eigenes Programm namens »Notator« vorgesehen, über das in Kürze zu berichten sein wird.
Der Creator arbeitet mit drei Sync-Modes, nämlich intern, MIDI oder manuell über die Tabulator-Taste der Computertastatur. Spätestens auf diesem schwierig zu handhabenden und relativ ungenauen Wege ist aber eine Adaption an äußere Abläufe realisierbar, ebenso die Aufnahme im externen Sync-Mode. Die Synchronisation über eine SMPTE/MIDI-Sync-Box ist laut Handbuch bereits ebenfalls vorgesehen.
Der Creator verwendet als kleinste zeitliche Einheit 1/768-Noten, die MIDI-Spezifikation geht dagegen von 1/96-Noten aus. Eine Lösung dieses Problems enthält die Funktion »Interpolations-MIDI-Sync«. Dahinter verbirgt sich eine aufwendige Konvertierung der eintreffenden MIDI-Sync-Signale auf das intern verwendete Format. Der Creator berechnet aus dem zeitlichen Abstand der eintreffenden MIDI-Sync-Signale die Position der eingehenden Noten im 1/768-Noten-Raster. Auch diese Berechnungen laufen in Echtzeit ab und belegen wieder einmal, daß der Programmierer Gerhard Lengeling sein Handwerk meisterlich versteht.
Der Arrange-Modus schließlich stellt den internen Schneidetisch des MIDI-Musikers dar. Die »Versammlung« aller Patterns läßt sich im Arrange-Fenster frei positionieren, die eingespielten Pattern werden nach der Reihenfolge in der Arrange-Liste abgespielt. Dabei lassen sich die Pattern-Parameter »Up-Beat«, »Transpose«, »Delay« und »Mute« einstellen.
Mit dem Arrange-Modus hat der Creator eine Manövrierplattform erhalten, die ein unkompliziertes Verändern von Reihenfolge und Zusammensetzung der produzierten Songs gestattet. Auch die spätere Umstrukturierung eines Werkes stellt den Musiker vor keine ernsthaften Probleme. Selbst komplexe und simultan ablaufende Vorgänge lassen sich durch die Aufteilung auf vier verschiedene, gleichzeitig abgespielte Patterns realisieren.
Die Aufgabe des Notenpapiers übernimmt beim Computersequenzer die Diskette. Die Ergebnisse der musikalischen Arbeit bleiben so im Zugriff, wobei das komplette Stück mit »Load/Save Song« gespeichert oder gelesen wird. Hier war bei der ersten Version ein Manko des Creators zu verzeichnen: Zwar ist er konsequent Patternorientiert konzipiert, wollte man jedoch die einzelnen Bausteine seines Songs, die Patterns, einzeln in Form einer Bibliothek auf Diskette ablegen, so mußte der Creator passen. Der Autor reagierte schnell auf die Bedürfnisse der Praxis. Die Version 1.2, die diesem Test zugrundeliegt, gestattet die Ablage einzelner Spuren eines Patterns. Durch Zusammen fassen (»Mixdown«) aller Spuren auf einer Spur läßt sich auch ein komplettes Pattern im Diskarchiv ablegen.
Die Probleme bei Live-Auftritten, nämlich über die gespeicherten Songs schnell genug und jederzeit verfügen zu können, sind offenbar auch dem Programmierer bekannt. Eigens zu diesem Zweck wurde die Option »Simultan-Load und Save« integriert. So läßt sich, noch während der Sequenzer ein Stück abspielt, eine neue Datei laden (die Hohe Schule der Interrupt-Programmierung läßt grüßen). Auf Tastendruck beendet der während des Ladens allerdings nur noch per Extern-Sync steuerbare Sequenzer den alten Song und stellt sofort das neue Stück zur Verfügung. »Auf diese Weise kann beliebig lange ohne Ladepausen Musik gemacht werden, bis der Strom ausfällt« (Zitat Handbuch Creator). Wer sich als Leser, der zwar mit Computern vertraut ist, in der Musik jedoch über keinerlei Erfahrung verfügt, bis hierher »durchgekämpft« hat, mag sich die Frage stellen, ob denn angesichts solcher technischer Manipulationsmöglichkeiten in der Musik noch von »Musikmachen« die Rede sein kann. Die Antwort lautet schlicht: Ja!
Sorgt für klare Verhältnisse: Pattern und MIDI-Kanäle erhalten aussagekräftige Namen
Denn von der Suche nach guten musikalischen Ideen entbindet den Keyboarder auch der beste Computer nicht. Vielmehr sollte man bedenken, daß die Unzahl an Funktionen eine entsprechende Arbeitsdisziplin erfordert. Erst eine genaue Vorstellung von dem, was man am Ende hören möchte, hebt die erzielten Ergebnisse aus dem Bereich des Zufälligen in die Ebene der geplanten, beabsichtigten Summe einzelner Arbeitsschritte. Der Computer beziehungsweise das Programm stellt dabei nur ein Werkzeug dar, das bestenfalls die musikalische Arbeit erleichtern, aber diese nie ersetzt.
Daß sich jedoch die Qualität der eingesetzten Werkzeuge auf das Endresultat auswirkt, ist nicht nur »Handwerkern« aus außermusikalischen Branchen bekannt. Demzufolge liegt das Streben der musikalischen »Handwerker« nach effizienten und dennoch einfach zu benutzenden Werkzeugen wie dem Creator durchaus im Sinne der musikalischen Kreativität.
C-Lab stellt mit dem Creator ein Programm vor, das mit Fug und Recht im professionellen Bereich anzusiedeln ist. Besonders herausgestellt sei die fast unglaubliche Geschwindigkeit, mit der es selbst komplexe Rechenoperationen in Echtzeit ausführt. Daß jedoch programmtechnische Raffinessen nicht zu Lasten der Benutzerfreundlichkeit gehen müssen, belegt das Sequenzerprogramm ebenfalls sehr eindrucksvoll.
Die Features sind sowohl sinnvoll in der Konzeption als auch nützlich für den Musiker, eine keineswegs selbstverständliche Kombination. Einerseits bleibt dem Studio-Profi kaum ein Wunsch offen, andererseits ist die Funktionsvielfalt auch für den Einsteiger ohne Kopfschmerzen zu handhaben. Dies ist nicht zuletzt der methodisch sauber strukturierten und mit Bedacht gestalteten Bedienungsanleitung zu verdanken. Der Kopierschutz wird vor dem Hintergrund eines angemessenen Preises verständlich.
Alles in allem: ein empfehlenswertes professionelles Werkzeug für den engagierten MID1-Musiker und musikinteressierten Computerfreak, der seinen Atari ST professionell einsetzt.
(U. Hilgefort/Dr. B. Enders/ W. Fastenrath/U. Hofner)
Vertrieb: C-Lab Software, Wandsbeker Straße 20, 2000 Hamburg 60
Produktname: C-Lab Creator
Hersteller: C-Lab
Preis: 598 Mark
Stärken:
64-Spur-Sequenzer □ prioritätengesteuertes Multitasking □ Echtzeitmodifizierung bei Aufnahme und Wiedergabe □ direkte Hörkontrolle im Edit-Modus □ hohe Taktauflösung 1/768-Noten) □ intelligente Quantisierung □ übersichtlicher Arrange-Modus □ vorzügliches Handbuch
Schwächen:
Hardware-Kopierschutz □ Notendarstellung noch nicht implementiert