← ST-Computer 08 / 2014

Love the Machine: Atari Portfolio

Relax

1989 veröffentlichte die britische Firma DIP Research einen kleinen tragbaren Computer namens „Pocket PC“. Der Mini-Computer, ausgeklappt etwa so groß wie eine Din-A4-Seite, war nicht der kleinste seiner Zeit, unterschied sich aber von den Pocket-Computern von Sharp, Psion und anderen Herstellern durch die Wahl seines Betriebssystems: DIP-DOS, ein MS-DOS-kompatibles Betriebssystem. Der DIP Pocket PC wurde tatsĂ€chlich verkauft, weite Verbreitung erreichte er aber erst, nachdem DIP den PC noch 1989 an Atari lizenzierte.

Der Atari Portfolio sorgte fĂŒr Aufsehen, die Happy Computer bildete den PC in OriginalgrĂ¶ĂŸe und neben einer 5 1/4 Zoll Diskette ab und zeigte sich beeindruckt davon, dass im Portfolio ein kompletter PC steckt, inklusive einem großzĂŒgig dimensioniertem 256 KB ROM mit Texteditor, Tabellenkalkulation (kompatibel zu Lotus 1-2-3) und Terminverwaltung. Angesichts des kleinen Displays, das lediglich acht Zeilen Text mit je 40 Zeichen gleichzeitig darstellen kann, bezeichnete Gregor Neumann von der Happy Computer die DOS-KompatibilitĂ€t mehr als Marketing-Gag. Ein eigenes Betriebssystem wĂ€re sinnvoller gewesen.

Doch gerade diese DOS-KompatibilitĂ€t erwies sich als richtiger Schritt: Mit den ĂŒblichen Compilern konnten unter DOS Programme fĂŒr den Portfolio entwickelt werden, Hobby-Programmierer veröffentlichten eine ganze Reihe speziell an den Portfolio angepasster Software. Hinzu kamen kommerzielle Software, die auf vorbespielten „BeeCards“, ursprĂŒnglich von Hudson Soft entwickelten Speicherkarten, ausgeliefert wurden. Leere BeeCards fassen bis zu 128 KB, von Drittherstellern wurden bis zu 4 MB große Karten angeboten, fĂŒr die aber eine Treibersoftware notwendig war.

Üppig war auch das Zubehörangebot. Von Atari selbst gab es außer einer Speichererweiterung (256 KB), BeeCards und einem parallelen und seriellem Interface noch das Card Drive zum Anschluss an den PC. Doch erst die Dritthersteller holten alles aus dem kleinen Portfolio heraus: CompactFlash-Adapter, Datenlogger, Blutdruck-Messer oder ein Mini-Drucker fanden Anschluss an den „PoFo“. Hinzu kamen Basteleien wie eine Hintergrundbeleuchtung fĂŒr das Display. Empfehlenswert ist besonders ein Adapter fĂŒr die auch heute noch erhĂ€ltlichen CompactFlash-Karten, da sich mit ihnen am komfortabelsten Software auf den Portfolio ĂŒbertragen lĂ€sst. Das Card-Laufwerk von Atari, mit dem die BeeCards direkt gelesen werden, ist keine gute Wahl, da heutige PCs nicht mehr ĂŒber ISA-Slots verfĂŒgen.

Der Portfolio wurde ab 1989 fĂŒr 800 DM verkauft und war damit deutlich gĂŒnstiger als der Ă€hnliche, aber ungleich leistungsfĂ€higere Poqet PC. DIP arbeitete weiter an Palmtop-PCs, Atari war jedoch an den Portfolio-Nachfolgern nicht interessiert. Als legitimer „Portfolio 2“ kann der Sharp PC-3000/3100 bezeichnet werden, der wie der Portfolio sein ROM und RAM als Laufwerk verwaltet, mit AA-Batterien betrieben wird und mit dem Organizer-Softwarepaket von DIP ausgestattet ist. Display (volle CGA-Auflösung) und Tastatur wurden deutlich verbessert. DafĂŒr verbrauchte der PC-3000 mehr Strom und war weniger handlich. Auch andere GerĂ€te litten entweder unter ihrem hohen Preis oder geringer Batterielaufzeit.

Wie diverse andere Atari-Hardware fand auch der Portfolio viele neue Besitzer, als es mit der Firma Atari lĂ€ngst vorbei war: Auf den spĂ€ten Atari-Messen der 90er wurde der Portfolio inklusive Software und Card-Drive verramscht. Die Atari Inside und besonders der Portfolio Club Deutschland unterstĂŒtzten Alt- und Neu-Besitzer des kleinen PCs.

eBay-Kurs: Der Atari Portfolio ist keine seltene Atari-Hardware und taucht hĂ€ufig auf eBay auf. Mit 20 Euro ist in etwa fĂŒr ein GerĂ€t ohne Verpackung und Zubehör zu rechnen, mit Speicherkarten und Zubehör etwas mehr. Zubehör von Drittherstellern wird nur selten auf eBay angeboten.

Mia Jaap