← ST-Computer 02 / 2003

Editorial - Traum-Ehe seit Jahrzehnten: Atari & MIDI

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Es gibt wohl kaum einen Anwenderkreis, in dem der Atari immer noch so hoch im Kurs steht, wie bei den Musikern. WĂ€hrend das System in anderen Bereichen (oft zu Unrecht) belĂ€chelt wird, genießt es im Studio- und Live-Einsatz immer noch eine nicht zu unterschĂ€tzende PopularitĂ€t. Schauen Sie zum Beispiel einmal bei ebay, weiche Preise ein "simpler" Mega ST erreicht, wenn er komplett mit Cubase oder einem Notator und einer MIDI-Schnittstellenerweiterung ausgeliefert wird - Sie werden ĂŒberrascht sein...

Ich selbst setzte den Atari fast tĂ€glich zur Musikproduktion ein. Als Sequenzer benutze ich einen Mega STE mit der Software Sweet Sixteen - simpel, aber effektiv. Als Aufnahmestudio dient ein Atari Falcon 030 mit der Freeware V-Trax. WĂ€hrend ein Macintosh aus den spĂ€ten 90er Jahren mit Cubase Audio sich beim Aufnehmen von Tonspuren immer wieder "Verschlucker" leistet, nimmt der Falcon Audio aus allen möglichen Quellen völlig ohne Mucken auf. Und dies ist der entscheidende Punkt: Der Atari funktioniert. Er setzt keine nervtötende Konfiguration von Treibersoftware voraus, um ein simples MIDI-Interface erkennen zu können. Ein Falcon nimmt Sound in hochwertiger QualitĂ€t auf und mixt diese auch noch, ohne durch eine spezielle Soundkarte erweitert zu werden. Und AbstĂŒrze gibt es mit der erprobten MIDI-Software auch in den seltensten FĂ€llen, was im Live-Einsatz von unschĂ€tzbarem Wert ist. Hinzu kommt die Robustheit der einfach zu transportierenden GerĂ€te "on the Road" - und wenn doch einmal ein altgedienter ST seinen Geist aufgibt, ist bei eBay gĂŒnstig ein neuer zu ersteigern.

Mittlerweile reflektiert auch die Software-Front das Interesse am Atari wieder etwas realistischer. Einige Programme wurden in den letzten Monaten weiter- oder sogar neuentwickelt, so zum Beispiel der analoge Sequenzer-Simulator AEX, den wir Ihnen in der Version 2.0 in dieser Ausgabe vorstellen, oder der Grid Sequencer (analog scheint angesagt zu sein). Auch fĂŒr die Zukunft sieht es im MIDI-Bereich gar nicht so ĂŒbel aus: Aus Holland kommt der Easy Sequenzer, bei dem sich Falcon-Anwender besonders ĂŒber die moderne OberflĂ€che in 256 Farben freuen dĂŒrfen. Auch dieses Programm dĂŒrfen wir Ihnen bereits in der aktuellen Ausgabe in einem ersten Preview vorstellen.

Gut entwickelt sich auch der Software-Synthesizer ACE fĂŒr den Falcon. In unserem Interview bemerkt Raphael Zweifel, Musiker bei 3p, ganz richtig an, dass ACE bei entsprechender Mundpropaganda durchaus zum nĂ€chsten "Must Have" im Produktions-Bereich werden könnte - Ă€hnlich wie die "uralte" Roland TR-909 einen Kultstatus besitzt. Eine Zeitlang kam fast keine Techno-Produktion ohne die Drummachine aus. Preise bis 1000 Euro sind immer noch normal. Nun brĂ€uchte es nur noch etwas Aufmerksamkeit seitens der Musikpresse fĂŒr ACE... stc

Liebe Leser: Unsere Online-Umfrage hat ergeben, dass die meisten Atari-Anwender ihren Rechner immer noch im Musiksektor einsetzen. Wir reflektieren dieses ungebrochene Interesse mit einem großen Musik-Special in dieser Ausgabe. Wir wĂŒnschen Ihnen viel Spaß mit aktuellen Tests, Previews und Interviews.

Thomas Raukamp