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Online-Auktionen richtig nutzen

Praxis

Möchten Sie sich auch gern eine Grafikkarte anschaffen? Oder einen CD-Brenner? Die Wunschliste ist oft lang, aber meistens bleibt dabei leider die Frage offen: Wie finanziere ich das? Eine gute Möglichkeit ist da oft der Gebrauchtmarkt. Verscherbeln Sie, was Sie nicht mehr benötigen; kaufen Sie gebraucht, was es schon lÀnger auf dem Markt gibt. Neben den traditionellen Internet-GebrauchtmÀrkten bieten sich dabei in letzter Zeit besonders die sogenannten Internet-Auktionen an.

Im Internet haben sich mittlerweile eine Reihe von AuktionshĂ€usern etabliert, die Ihnen das Kaufen und Verkaufen nicht nur von Computern und Zubehör ermöglichen. Hier können Sie um alles mitsteigern, was Sie brauchen oder auch nicht: Neu- und Gebrauchtwagen ebenso wie den Kindersitz fĂŒrs Fahrrad, GrundstĂŒcke auf dem Mond genauso wie Domainnamen. Sogar Singles können bei iez ersteigert werden. Diese Auktionen sind im strengen Sinne keine Auktionen. Bis auf wenige Ausnahmen ist der zeitliche Rahmen fĂŒr eine solche "Auktion" wesentlich weiter als bei einer echten Versteigerung. Zwei Wochen sind hier keine Seltenheit. Die "AuktionshĂ€user" fungieren eher als Makler, die ein GeschĂ€ft zwischen zwei Partnern vermitteln; selten werden sie selbst als VerkĂ€ufer aktiv.

Wie funktioniert eine solche Auktion?

Dies lÀsst sich am besten an einem Beispiel erklÀren, auch wenn es zwischen den Firmen Unterschiede in den Einzelheiten gibt. Wir stellen hier das System von eBay vor, da dort - zumindest im Moment - die meisten Atari-Artikel gehandelt werden.

Hans Schmidt möchte eine Festplatte loswerden. Er ĂŒberlegt: »FĂŒr 1 GB solle ich schon noch mindestens DM 70,- bekommen.« Er loggt sich bei eBay ein, wo er sich bereits vor einigen Wochen angemeldet hat und seinen richtigen Namen mit vollstĂ€ndiger Adresse angegeben hat. In der Auktion erscheint er nur unter seinem selbstgewĂ€hlten Pseudonym "Gigaserv". Er ordnet seine Auktion der Kategorie "Computer/Bauteile/Festplatten (IDE)" zu, fĂŒgt ein paar erklĂ€rende Worte sowie den Anfangspreis hinzu und entscheidet, dass die Auktion die maximal möglichen zwei Wochen laufen soll. Schon wenige Sekunden spĂ€ter wird die Festplatte des Anbieters Gigaserv unter den Angeboten aufgelistet (vgl. Bild 1). Ein Klick auf einen Titel fĂŒhrt zu einer detaillierteren Angebotsbeschreibung (Bild 2). Manuel Aschbach bemerkt die Festplatte in der Liste, und das Angebot spricht ihn an. Da er eine Frage an den Anbieter hat, klickt er auf den entsprechenden Link. Die Mail wird ĂŒber eBay an Herrn Schmidt weitergeleitet, so dass ein direkter Kontakt - z.B. fĂŒr Preisabsprachen - nicht so leicht möglich ist. ZusĂ€tzlich sieht Manuel Aschbach zunĂ€chst noch einmal nach, ob er es auch mit einem seriösen Anbieter zu tun hat: Der Teilnehmer Gigaserv hat bei frĂŒheren Auktionen zwölf positive, drei neutrale und eine negative Beurteilung von seinen GeschĂ€ftspartnern bekommen - das sollte ausreichen (vgl. Bild 3). So bietet er unter dem Pseudonym "Wanke" fĂŒr die Festplatte. Um nicht immer wieder nachsehen zu mĂŒssen, ob er ĂŒberboten wurde, legt er gleich einen Höchstbetrag fest, bis zu dem er automatisch mitbieten möchte: DM 85,- ist seine Obergrenze.

Nun ist also Wanke als Bieter fĂŒr die Festplatte mit 70 DMeingetragen. Erst fĂŒnf Tage spĂ€ter fĂ€llt die Platte einem anderen Teilnehmer auf. Er bietet unter dem Pseudonym "AtariMan" 71 DM, woraufhin er vom Gebotsassistenten von Wanke sofort ĂŒberboten wird. Das neue Gebot liegt nun bei 72 DM. Wanke erhĂ€lt eine E-Mail, die ihn ĂŒber den neuen Stand der Auktion informiert, und AtariMan wird per E-Mail darauf hingewiesen, dass er wieder ĂŒberboten wurde. Bis zum Ende der Auktion steigert sich der Preis auf diese Weise auf 83 DM. Exakt zwei Wochen nach dem Start erhalten Herr Schmidt und Herr Aschbach jeweils eine Mail mit der kompletten Adresse ihres GeschĂ€ftspartners. Sie nehmen per E-Mail Kontakt auf und vereinbaren, dass das Geld zuzĂŒglich Versandkosten ĂŒberwiesen wird. Da Wanke schon 37 positive Bewertungen zu verzeichnen hat, verzichtet Herr Schmidt sogar darauf, den Eingang des Geldes abzuwarten, und schickt sein PĂ€ckchen bereits am nĂ€chsten Tag los. Und weil dieses GeschĂ€ft wunderbar verlaufen ist, geben Wanke und Gigaserv sich gegenseitig jeweils eine positive Bewertung - fertig. Vier Wochen spĂ€ter erhĂ€lt Herr Schmidt als VerkĂ€ufer eine Rechnung von eBay ĂŒber DM 2,49 - das sind 3% der Verkaufssumme.

Schwarze Schafe

Schön, wenn es so gut verlĂ€uft. Leider gibt es auch unter den Auktionatoren schwarze Schafe: Eine Variante ist die, unter falschem Namen mitzubieten und so den Preis in die Höhe zu treiben, ohne dann tatsĂ€chlich zu bezahlen. Andere verlangen Vorkasse fĂŒr Artikel, die sie nicht liefern, bzw. die angebotene Ware entspricht nicht der Beschreibung oder ist defekt - oder sie wurde mittlerweile schon anderweitig verkauft. Die AuktionshĂ€user versuchen daher zum großen Teil, sich mit den beschriebenen Bewertungssystemen oder Ă€hnlichen Maßnahmen abzusichern: Wer ein GeschĂ€ft abgewickelt hat, gibt seinem GeschĂ€ftspartner eine positive, neutrale oder negative Bewertung. So werden zweifelhafte Auktionatoren schnell erkannt und haben zumindest unter diesem Pseudonym kaum noch ein Chance, etwas zu verkaufen. Eine zweite Möglichkeit ist das Treuhandkonto: Der KĂ€ufer zahlt zunĂ€chst auf ein Konto ein; der VerkĂ€ufer bekommt das Geld aber erst, wenn der Kunde zufrieden ist.

In der Internet-Auktion lauern aber noch andere Gefahren: WĂ€hrend eBay nahezu ausschließlich Gebrauchtware von Privat zu Privat vermittelt, gibt es in anderen Internet-Auktionen auch Neuware, die zum Teil mit einem Einstiegspreis von l,- DM angeboten wird, zum Teil aber auch nur knapp unter dem Listenpreis. FĂŒr einen HĂ€ndler kann dies durchaus eine willkommene Alternative sein: Auch Artikel, fĂŒr die anfangs nur eine Mark geboten werden muss, werden schnell in normale Preisregionen hochgesteigert, falls sie interessant sind. Ein GerĂ€t mag zwar etwas unter dem Listenpreis verkauft werden, dafĂŒr ist es ein zusĂ€tzliches GeschĂ€ft, das keine weiteren Kosten fĂŒr Beratung, Lagerung usw. verursacht. Zugleich dient die Auktion als ein Instrument zur Marktanalyse: Wieviel sind die Leute bereit, fĂŒr einen bestimmten Artikel auszugeben? So stellen manche immer wieder das gleiche GerĂ€t in die Auktion - wenn es verkauft wurde, kommt ein neues dran. Auch LadenhĂŒter kann man auf diese Weise vortrefflich loswerden, denn seltsamerweise ist gerade bei solchen Auktionen die UrteilsfĂ€higkeit der Bietenden oft ein wenig getrĂŒbt. Wer hier nicht aufpaßt, fĂŒr den entpuppt sich das vermeintliche SchnĂ€ppchen schnell als die teurere Alternative. Wer einen Monitor, der im Laden um die Ecke fĂŒr DM 1200,- zu haben ist, im Internet fĂŒr DM 1089,- ersteigert, freut sich vielleicht ĂŒber das gesparte Geld. Mit ein wenig Aufwand hĂ€tte er aber vielleicht auch das Versandhaus finden können, wo der gleiche Monitor schon fĂŒr DM 999,-angeboten wird. Zum Teil werden GerĂ€te (selbst gebrauchte!) sogar teurer ersteigert, als sie im normalen Laden kosten. Bevor Sie fĂŒr eine Ware bieten, sollten Sie daher immer erst prĂŒfen, ob der Preis noch realistisch ist. Insbesondere bei dem starken Preisverfall im Computersektor sollten Sie immer noch einmal ĂŒberprĂŒfen, ob Ihre eigene EinschĂ€tzung von dem, was ein normaler Preis ist, nicht schon lĂ€ngst wieder von der RealitĂ€t ĂŒberholt wurde.

Atari-Auktionen

Interessant fĂŒr uns ist nun natĂŒrlich, wo die meisten Auktionen rund um den Atari stattfinden. Auch hier hat der MarktfĂŒhrer aus den USA, eBay, die Nase vorn: In der eigens eingerichteten Kategorie "Computer/Hardware/Atari" finden sich regelmĂ€ĂŸig ca. 300 EintrĂ€ge - Tendenz steigend (Bild 1). Dabei ist die Software mit zeitweise ĂŒber 1000 EintrĂ€gen allein fĂŒr Computerspiele noch gar nicht mitgezĂ€hlt. Doch auch bei IEZ gibt es immer wieder interessante Angebote in der Rubrik "Atari". Etwas weniger Atari-spezifische Auktionen finden Sie bei Ricardo und bei Hardware - natĂŒrlich kann sich das bis zur Auslieferung des Heftes auch wieder gewandelt haben. Da viele Komponenten wie Drucker oder Festplatten aber systemĂŒbergreifend nutzbar sind, sollten Sie eventuell auch den im Atari-Bereich nicht so attraktiven Seiten einen Besuch abstatten - vielleicht ist dort ja das Richtige fĂŒr Sie dabei.

Adressen:

http://www.ebay.de
http://www.hardware.de
http://www.ricardo.de
http://www.iez-auktion.de

Heiko Kuschel