← ST-Computer 07 / 1994

Leserbriefe

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Meter vs Zoll

Wenn man den Leserbrief des Herrn H. GĂŒnther aus Rastatt liest, kann man sich des Verdachtes nicht erwehren, daß es sich hierbei um einen „Ewiggestrigen“ handelt, der aber offenbar auch nicht zu den geistigen Brandstiftern des in Deutschland wieder salonfĂ€hig gewordenen Rechtsextremismus gezĂ€hlt werden kann, da geistig nichts dahintersteckt.

ZunĂ€chst einmal möchte ich klarstellen, daß die fast weltweit gĂŒltige LĂ€ngeneinheit „Meter“ und die daraus abgeleiteten GrĂ¶ĂŸen dm, cm, mm, |om, nm, pm etc. keineswegs „deutsche“ Einheiten sind, wie GĂŒnther fĂ€lschlicherweise behauptet, sondern im Jahre 1791 von der französischen Akademie der Wissenschaften („Academie Francaise des Sciences“) im Zuge der französischen Revolution eingefĂŒhrt wurde. Auch die in der Computerwelt standardisierte Einheit „Zoll“ zur GrĂ¶ĂŸenangabe von Disketten hat insofern eine unbedingte Existenzberechtigung, als nicht die Deutschen sich als Erfinder von modernen Personalcomputern hervortaten, sondern die von GĂŒnther als „geistig zurĂŒckgeblieben“ bezeichneten Amerikaner (Steven Wozniak, Steve Jobs u.v.a). Aus dem nĂ€mlichen Grund gibt es umgekehrt diverse deutsche Wörter, die sich in der auslĂ€ndischen (und damit „undeutschen“?) Welt durchgesetzt haben (denken wir z.B. an die Wörter „bremsstrahlung“, „eigen value“ und nicht etwa „proper value“ fĂŒr „Eigenwert“ in der Mathematik oder „kindergarden“ etc. Selbst die russischen Schachspieler haben die Begriffe „Zugzwang“ und „Zeitnot“ in ihre Fachsprache integriert). Deswegen erinnert mich der verbale Rundumschlag des Herrn GĂŒnther an die Zeit des Nationalsozialismus, in der beispielsweise alltĂ€gliche Begriffe wie „Nase“, die nicht im Indogermanischen verwurzelt sind, als „undeutsch“ verpönt waren und durch „Gesichtserker“ ersetzt wurden. Wenn dieser Herr von sich aus eingesteht, er sei „nicht mehr zu retten“, dann soll er die Haßtiraden, die den Tatbestand der Volksverhetzung voll erfĂŒllen, gegen die Amerikaner (Zitat: „amerikanischer Inch-Schwachsinnn“, „diese armen geistig ZurĂŒckgebliebenen“, „Der Inches-Computer-Schwachsinn hĂ€tte generell von Anfang an in Europa verboten gehört“) gefĂ€lligst unterlassen.

Sollte Herr H. GĂŒnther ein stolzer Besitzer eines ATARI-Computers sein, so möge er zur Kenntnis nehmen, daß dieser in einem Land konzipiert wurde, dessen „HĂ€lfte der Einwohner keinen Busfahrplan lesen kann“. (Zitat).

Yasushi K. 44623 Herne

Red.: Dem ist nichts hinzuzufĂŒgen!