Wer daran denkt, von der optisch-chemischen Dunkelkammertechnik zum âDigitalen Fotolaborâ umzusteigen, kann davon ausgehen, daĂ er dort zu jedem seiner mĂŒhsam perfektionierten Arbeitsverfahren gleich mehrere elektronische Pendants vorfindet. Der Unterschied liegt jedoch nicht nur im trockenen, giftfreien Arbeitsplatz und im âNichtverbrauchenâ teurer Verbrauchsmaterialien wie Chemikalien und Fotopapier, sondern vor allem in der hochprĂ€zisen, feingestuften und stets reproduzierbaren Steuerung aller einzusetzenden Bildbearbeitungsfeatures.
Dazu kommt als wichtigstes Universalwerkzeug fĂŒr die Festlegungen, an welchem Ort der BildflĂ€che in welcher WirkstĂ€rke eine Bearbeitung eintreten darf (0% und 100% eingeschlossen), die vielgerĂŒhmte digitale 8-Bit-Maske.
Objekttransfer
In der letzten Folge haben wir erarbeitet, wie wir im Rahmen einer âFotomontageâ ein Objekt im Quellbild durch das sog. 'Ausmaskieren' fĂŒr das Ausschneiden und Umkopieren vorbereiten. Jetzt wollen wir das markierte Objekt (hier ein braunes Sofa) in unser Zielbild transferieren. DafĂŒr gibt es zwei Verfahren:
A. Als BLOCK herauskopieren
B. Mit Zeichen Werkzeug als STEMPEL-Bild ĂŒbernehmen
Beide Verfahren haben eigene Vor- und Nachteile, und man wird sich von Fall zu Fall entscheiden mĂŒssen.
Verfahren A: Es ist universell in jeder GröĂe und auf jedes SeitenverhĂ€ltnis anwendbar. Man zieht einen Rahmen um das maskierte Objekt, aktiviert bei den Block-Parametern âMaske beachten beim Ausschneidenâ und klickt âKopierenâ an. Eventuell ist unser herausgeschnittenes Objekt jetzt plötzlich von einem weiĂen Rand umgeben, ĂŒberall dort, wo vorher die Maske saĂ ist ja auch klar, denn dort wurde nichts kopiert. DafĂŒr gibt es den Schalter âWeiĂ ist transparentâ bei den Blockparametem. Wird er aktiviert, verschwindet das weiĂe Umfeld im Block, und das herausgeschnittene Objekt steht fein sĂ€uberlich herausgetrennt im Blockrahmen (funktioniert leider nicht im TrueColor-Modus, weil hier natĂŒrlich nicht mit Farbpaletten gearbeitet wird).
Der Block mit dem Objekt wird jetzt auf das Zielbild gezogen. Hat man dieses nicht bereits geöffnet vorliegen, kann man den Block einfach auf dem Desktop ablegen. Er bekommt dort automatisch ein eigenes Fenster verpaĂt, von dem aus er auch gespeichert werden kann. Er kann jetzt sogar wie jedes andere Bild bearbeitet, gefiltert, skaliert und per LUT-Diagramm z.B. nochmal farblich an das Zielbild angepaĂt werden. Nach dem Ăffnen des Zielbildes dragt man sich das Blockbild herĂŒber (vorher âAlles selektieren' und âKopierenâ). Es lĂ€Ăt sich pixelgenau unter Sichtkontrolle positionieren. Wenn im Zielbild eine dort vorhandene Maske beachtet werden soll, weil das EinfĂŒgebild an bestimmten Stellen nicht erwĂŒnscht ist, muĂ bei den Blockparametem âMaske beachten beim EinfĂŒgenâ aktiviert sein. Ein Klick auf âEinfĂŒgenâ - voilĂ , unser Sofa steht (Bild 22).
Bild 22: Noch fÀllt schwer, an eine perfekte optische Integration des frisch eingesetzten Bildteils zu glauben.
Ganz schön schon, aber doch recht unorganisch. Es fehlt einfach die subjektive optische Einbindung. Das liegt, wie schon erwĂ€hnt, an den scharfgeschnittenen Kanten mit ihren hĂ€Ălichen Pixel-Treppenstufen (Bild 24) und an der völlig schattenfreien Aufstellung, die das Sofa einfach in der Luft schweben lĂ€Ăt. Hier ist Retusche vonnöten (Bild 23).
Bild 23: Wohldosiert aufgeweichte Kanten und natĂŒrlicher Schattenfall sind neben spektraler Anpassung und Vermeidung perspektivischer Fehler die wichtigsten Voraussetzungen fĂŒr eine ĂŒberzeugende Bildmontage.
Pixel-Schmirgler
Schauen wir uns andere bildeigene Kanten vergröĂert an: Ăberall dieser freundliche Anti-Aliasing-Effekt, der die unvermeidbaren Stufungen sanft auslaufen lĂ€Ăt und fĂŒr das Auge unsichtbar macht (Bild 25). Wie erzeugen wir sie bloĂ? Wieder haben wir drei Möglichkeiten:
- Funktion GLĂTTEN
- Funktion VERWASCHEN
- Werkzeug SCHWAMM
Alle drei Hilfsmittel tun im Prinzip dasselbe: Sie verrechnen nebeneinanderliegende Pixel miteinander und geben ihnen Farb- und Helligkeitswerte, die die vorliegenden Unterschiede graduell nivellieren. Heraus kommt dabei zunĂ€chst ein angenehmer GlĂ€ttungseffekt, der die Pixel-Strukturen wirksam mildert. Wie stark, das lĂ€Ăt sich in 100(!) Abstufungen nach Bedarf einstellen. WĂ€hrend die Funktion GLĂTTEN dabei nur einander Ă€hnliche Werte bearbeitet und dadurch alle scharfen Konturen beibehĂ€lt und nicht auf-weicht, arbeitet die Funktion VERWASCHEN viel globaler und erzeugt sehr rasch betrĂ€chtliche UnschĂ€rfen, eben ein verwaschenes Bild. Trotzdem sind beide Funktionen dank der feinstufigen Dosierbarkeit ihrer WirkstĂ€rke zur Anti-Aliasing-Erzeugung hervorragend geeignet.
Das Werkzeug SCHWAMM arbeitet wie die Funktion âVerwaschenâ und ist mit seinen 100 Wirksamkeitsabstufungen ebenfalls fĂŒr die StufenglĂ€ttung prĂ€destiniert. Der Unterschied liegt in den Verfahren zur Lenkung und Eingrenzung der Aktion. Den âSchwammâ können wir als Werkzeug in der Breite einstellen und auf einem Lineal entlanglaufen lassen, die Funktionen âGlĂ€ttenâ und âVerwaschenâ mĂŒssen durch Masken auf die zu bearbeitenden ObjektrĂ€nder begrenzt werden.
Maskenkinder
Schon wieder eine Maske generieren? Ja, aber bitte automatisch! Wir gehen zurĂŒck zum Quellbild. Da liegt doch noch die Freischneidemaske vom Sofa (Hatten wir sie nicht auch abgespeichert?).
Was haben wir vorliegen? Eine schwarze FlĂ€chenmaske ĂŒber dem ganzen Bild, die genau das Sofa freilĂ€Ăt (Bild 21, ST 2/ 94, S. 115). Und was brauchen wir? Eine schwarze Maske ĂŒber das ganze Bild, die nur den Rand unseres Sofas in einer Breite von 4-6 Pixeln freilĂ€Ăt. Dieser schmale weiĂe Streifen soll dazu noch an seinen AuĂenrĂ€ndem weniger durchlĂ€ssig sein als in der Mitte, weil ja die Wirkung unseres âVerwaschfiltersâ direkt auf dem Objektrand am stĂ€rksten sein und nach beiden Seiten rasch abnehmen soll, um die Retuscheaktion nicht durch abrupte ĂbergĂ€nge zu verraten (Bild 26).
Bilder 24: Nach dem Freischneiden und Ăbertragen ins Zielbild verraten harte Pixel-Treppen an schrĂ€gen Kanten die Bildmanipulation ...
Was tun? Wir mĂŒssen die Grenzlinie zwischen Schwarz und WeiĂ in einen 6 Pixel breiten Streifen umwandeln. Automatisch. Dazu holen wir uns die Maske allein in ein eigenes Fenster (âMaske in neues Bildâ). Masken sind in CHAGALL Halbtonbilder. Die nachfolgenden beiden Arbeitsschritte lassen sich aber nur an Monochrombildern durchfĂŒhren. Also: âSPEZIAL: Wandeln in Monochromâ. Dann: âFILTER: UmriĂ' anklicken - und siehe da; Eine 2 Pixel breite Linie anstelle der SAV-Grenze, genau 1 Pixel links, 1 Pixel rechts von dieser. Zweimal âFILTER: Verdickenâ drĂŒcken verbreitert das schmale Band jedesmal an beiden Seiten um je 1 Pixel, macht 6 Pixel. âSPEZIAL: Wandeln in Halbtonâ macht wieder eine HT-Maske daraus. Die ganze Arbeit bestand aus gerade mal 6 Mausklicks!
Nach âInvertierenâ sehen wir einen klares weiĂes Band mit harten RĂ€ndern auf schwarzem Grund. 5mal lassen wir die Funktion âVERWASCHEN 100%â auf dieses Band wirken. Resultat: Eine herrlich weiche Halbtonmaske, in der Mitte hell und damit fĂŒr Filteraktionen durchlĂ€ssig, zu beiden RĂ€ndern hin sich rasch verdichtend (Bild 27). Wir kopieren sie als Block, draggen sie auf das Zielbild mit dem eingesetztem Sofa, justieren sie pixelgenau auf Deckung mit dem Sofarand und klicken nach dem Umschalten in den Masken-modus(!) auf âEinfĂŒgenâ. Die Maske sitzt. Vom ĂŒbrigen Bild durch einen Rahmen abgegrenzt, lassen wir im Zeichenmodus(!) die Funktion âGLĂTTEN 50%â oder alternativ âVERWASCHEN 10%â ĂŒber den Sofarand laufen. Resultat: Bild 23. Verschwunden sind die harten Treppenstufen, weg ist das FremdkörpergefĂŒhl beim Betrachten (ĂŒber die Schattenretusche reden wir weiter unten). Aufwand: 10 weitere Aktionsklicks und ein wenig Justiersorgfalt.
Wir haben diese Schritte so ausfĂŒhrlich beschrieben, um auch (Noch-)Nichtpraktiker etwas vom Komfort moderner Bild-bearbeitungs-Software spĂŒren zu lassen. Der Arbeitsaufwand bemiĂt sich in Sekunden oder wenigen Minuten. Und ich denke, daĂ auch eine Menge Grundlagenwissen fĂŒr EBV-Einsteiger dazwischengeflochten war. Zudem war die beschriebene Arbeit ein immer wieder ersetzbares Allroundrezept im Bereich der Montageretuschen. Aber beileibe nicht der einzige Weg zu diesem Ziel.
Bild 25:... doch die beschriebenen selektiven GlĂ€ttungsarbeiten fĂŒhren bald zu solchen freundlichen ObjektĂŒbergĂ€ngen.
Da war doch oben die Rede vom Werkzeug SCHWAMM, der auf einem Sofarandlineal reitend die gleiche Retuschearbeit ausfĂŒhren können sollte. Man braucht wieder eine gut sitzende BĂ©zier-Umrandung. Manchmal kann man die alte vom Freischneiden nochmal aktivieren (s. o.), falls man diese in einem StĂŒck gezogen und zwischendurch keine weiteren BĂ©ziers gestartet hatte. Den âSCHWAMMâ lĂ€Ăt man einmal mit 3, einmal mit 5 und einmal mit 7 Pixeln Breite, jeweils in 5-8% Deckung, um das Objekt laufen, und schon ist alles fein vermauschelt. Das sind natĂŒrlich nur Grundempfehlungen, die je nach Bildgegebenheiten in eigenen Versuchen variiert werden mĂŒssen.
Stempelbilder
Verfahren B: Und dann haben wir noch das elegante Stempel-Verfahren. Bekanntlich ĂŒbernehmen alle farbgebenden Werkzeuge beim Linksklick mit gleichzeitig gedrĂŒckter [ALT]-Taste den Teil des Bildes, der unter der dabei als Umrandung angezeigten WerkzeuggröĂe liegt. Beim nĂ€chsten Mausklick âstempelnâ sie diesen Bildausschnitt, wohin wir wollen, ins gleiche Fenster oder in jedes andere. Ein recht flottes Ăbertragungsverfahren, das selbstverstĂ€ndlich, falls aktiviert, auch die âMaske beachtetâ, also sich auf das freigeschnittene Objekt beschrĂ€nkt.
Das funktioniert bis zu einer quadratischen AusschnittgröĂe von 255 x 255 Pixeln, eben der gröĂten wĂ€hlbaren WerkzeuggröĂe - fĂŒr viele Montagearbeiten sicher ausreichend. Es empfiehlt sich folgender Arbeitsweg: Objekt genau wie oben mit Maske freischneiden. Dabei sowohl auf dem zu ĂŒbertragenden Bildausschnitt als auch deckungsgleich auf der Maske in der Mitte ein auffĂ€lliges Stör-Pixel als Passerpunkt einbauen. TuschestiftgröĂe so einstellen, daĂ bei der Ăbernahme, mit dem Mauspfeil auf dem Passerpunkt(!), alles GewĂŒnschte erfaĂt wird ([ALT]+-[Mausklick links]). Den ĂŒbernommenen Bildausschnitt in geschĂ€tzter Position ins Zielbild âstempelnâ (Mausklick links). Genaue Positionierung nur ĂŒber laufendes Verlagern des Mauspfeils, Löschen des eingestempelten Bildes mittels UNDO-Taste und neues Einstempeln möglich. Das geht allerdings viel schneller, als es sich hier liest. Sehr prĂ€zises Einpassen, wenn der Mauspfeil mit den Tasten [ALT]+[SHIFT]+[Pfeiltaste] bewegt und der Mausklick durch [ALT]+[INSERT] ausgelöst wird.
Diesmal variieren wir die Anti-Aliasing-Technik. Wir wollen gleich eine Softkonturmaske zum âEinfĂŒgenâ verwenden. Also die Freischneidemaske als Block herauskopieren und aufs Desktop draggen. Sofort bekommt sie ein eigenes Fenster. Ein-bis höchstens zweimal âVERWASCHEN 100%â drĂŒberlaufen lassen, dadurch bekommt sie einen weichen Randverlauf. Diese weiche Maske, mit der Mauspfeilspitze exakt auf dem Passerpunkt, als Stempel ĂŒbernehmen, im Zielbild im Maskenmodus(!) mit Mauspfeil auf Passerpunkt einstempeln. Es ist also kein erneutes schrittweises Einpassen mehr nötig.
Wir schalten in den Zeichenmodus. Das anfangs eingestempelte hartkonturierte Bild diente nur zur exakten Postionierung des Objektes und damit des Passerpunktes. Es wird jetzt ĂŒber UNDO entfernt. Statt dessen holen wir uns, wieder mit dem Mauspfeil exakt den Passerpunkt auf der Maske anzielend, noch einmal den Bild-ausschnitt aus dem Quellbild, diesmal mit nicht(ĂŒ) aktivierter âMaske aktivâ-Option. Dadurch ĂŒbernehmen wir jetzt den ganzen quadratischen Bildausschnitt mitsamt der Objektumgebung in den Stempel. Im Zielbild schalten wir âMaske aktivâ wieder ein(!ĂŒ), positionieren den Mauspfeil exakt auf dem Passerpunkt der Maske, und klick - unser Sofa steht, wunderbar softgerandet, an seinem Platz. Die am Innenrand weich auslaufende Maske hat dafĂŒr gesorgt, daĂ das Objekt nicht nur konturgerecht beschnitten wird, sondern auch an den RĂ€ndern weich mit dem Umgrund verschmilzt und keine harten Treppenstufen mehr zeigt. Automatisches Anti-Aliasing.
Bild 26: Die verlaufende Halbtonmaske sorgt dafĂŒr, daĂ die Anti-Aliasing-MaĂnahmen am stĂ€rksten mittig auf die kritische Objektkante wirken und sich daneben weich auslaufend verlieren.
Soft-UNDO
Dieses Verfahren kann nochmals variiert werden. Wieder justieren wir âper Stempelâ das ausgeschnittene Objekt in das Zielbild (dieser Schritt dient nur der exakten Positionierung des Passerpunktes). DarĂŒber stempeln wir jetzt gleich ohne Maske einen zweiten, ohne Freischneiden ĂŒbernommenen quadratischen Bildausschnitt unter Beachtung des Passerpunktes. Auch die Maske separieren wir wie oben, invertieren sie aber sofort, schĂŒtzen also jetzt das Sofa und nicht das Umfeld. Den AuĂenrand verwaschen wir wie oben und setzen dann die Maske mittels Passerpunkt exakt aufs Bild.
Jetzt dimensionieren wir das Werkzeug âRestauriererâ auf eine GröĂe, die ĂŒber das ĂŒbernommene Bildquadrat hinausragt, stellen ihn auf 100% WirkstĂ€rke, wĂ€hlen âMaske aktivâ, setzen den Mauspfeil auf den Passerpunkt und klicken genau nur einmal. Der âRestauriererâ bewirkt ein Löschen des eingesetzten Bildes, also ein Hervorholen des Grandbildes ĂŒberall dort, wo er wirken kann, und so stark, wie die Maske ihn durchlĂ€Ăt. Das heiĂt, im Verlaufteil der Maske wird seine Wirkung zum Objekt hin immer schwĂ€cher, was uns wieder einen schönen Ăbergang beschert. Sollte im Verlaufbereich der Maske noch zuviel vom Umfeld sichtbar sein, kann man durch ein zweites Mal âRestaurierenâ mit verringerter WirkstĂ€rke eine Optimierung versuchen. Andernfalls muĂ die Maske verĂ€ndert werden.