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Arrow

Software

Eine Tatsache steht fest. Was auf dem Amiga schon seit Ende der Achtziger boomte und sich bis heute wesentlich weiterentwickelt hat« steckte auf dem ATARI bis vor kurzem noch in den Kinderschuhen. Die Rede ist vom Raytracing. Waren sieben Jahre Ruhe auf dem ATARI« schießen die Programme jetzt geradezu wie Pilze aus dem Boden.

Ein weiteres Programm gesellt sich in den Reigen der schon vorhandenen Raytracer. „Arrow“ nennt sich der neueste Strahlen Verfolger. Zu finden ist Arrow auf Sonderdisk 100 bei der Firma MAXON. Arrow lĂ€uft, um es gleich vorwegzunehmen, auf ST, TT und Falcon. Unter MultiTOS und MagiX! arbeitet er sogar im Hintergrund. Durch zwei verschiedene Version - eine ohne und eine mit FPU-UnterstĂŒtzung - nutzt Arrow auch vorhandene Hardware-Ressourcen, Durch den Preis von nur 40,- DM könnte man genau hieraufhören zu schreiben, da Arrow dadurch so ziemlich konkurrenzlos preisgĂŒnstig ist. Wer sich aber dennoch fĂŒr die Möglichkeiten innerhalb des Programms interessiert, sollte durchaus weiterlesen.

Einseitig oder vierseitig?

Wie immer stellt sich die Frage, woher man 3D-Objekte fĂŒr eine Szene bekommt. Arrow benutzt dafĂŒr ein eigenes Format, das auf die Endung DOF hört. Ein paar DOF-Files befinden sich bereits auf der Disk. Wer sich jedoch anschickt, und das bleibt ĂŒber kurz oder lang nicht aus, selber Objekte zu erstellen, steht vor einer schwierigen Aufgabe, denn einen komfortablen 3D-Editor, findet man nicht unbedingt. Die nicht gerade einfach gehaltene Anleitung bietet auch nicht die nötige UnterstĂŒtzung. um einen einfachen Einstieg zu bekommen. So werden die Körper nicht durch dreidimensionale Koordination produziert, sondern FlĂ€che fĂŒr FlĂ€che. Durch weitere Punkteingaben kann dann eine Tiefenabmessung erfolgen. Wer eine Ausbildung als technischer Zeichner hatte, ist bei der Erstellung hier klar im Vorteil. Einzige Hilfe bei einfacheren Körper ist die Rotation. Mit ihr kann schon etliches erschlagen werden.

Die Darstellung der FlÀchen und Objekte erfolgt im Hauptfenster immer rÀumlich. Zur besseren Orientierung kann das Koordinatenkreuz miteingeblendet werden. Um jedoch auch mal einen Blick von .oben* riskieren zu können, gibt es die 4-Beobachter-Darstellung. Gut zu erkennen ist dies auf dem Bild mit dem Roboter.

Arrow bietet totalen GEM-Look.

Reine Bewegungssache

Um nachtrĂ€glich die Objekte oder FlĂ€chen zu bewegen, steht die Maus leider nicht zur VerfĂŒgung. Hier ist also Handarbeit per Tastatur angesagt. Ist die Szene arrangiert, sollten den Objekten noch ein paar Farben und OberflĂ€chen gegeben werden, und hier spielt Arrow eine seiner StĂ€rken aus. Neben den normalen OberflĂ€chenfarben spielen natĂŒrlich auch die Materialien eine wesentliche Rolle. Diffuse Reflexion, spiegelnde Reflexion und Transparenz sind ein paar grundlegende Funktionen, die Arrow beherrscht. Daraus lassen sich beliebige Materialdefinitionen erstellen bzw. editieren. Nach der Materialdefinition erfolgt die Zuweisung auf die entsprechende OberflĂ€che eines Körpers. Wird in dem OberflĂ€chen- Dialog der Eintrag Licht angewĂ€hlt, kann diese auch als Lichtquelle dienen. Daneben lĂ€ĂŸt sich einer FlĂ€che auch eine Textur zuordnen, die durch unterschiedliche Parameter wesentlich verĂ€ndert werden kann.

Kurz vorm Startschuß zum eigentlichen Raytracing gilt es noch ein paar weitere Einstellungen vorzunehmen. So wĂ€re als erstes die Wahl des Hintergrunds an der Reihe. Neben der Helligkeit befindet sich hier ein nicht ganz unwichtiger Punkt: hinter der schlichten Bezeichnung "GrĂ¶ĂŸenfaktor" verbirgt sich die Abnahme der LichtintensitĂ€t mit der Entfernung. Arrow nimmt diese Einstellung als Wert fĂŒr die Entfernung, in der der Lichtstrahl die HĂ€lfte seiner IntensitĂ€t verliert. In der RealitĂ€t verliert das Licht im Quadrat zur Entfernung an IntensitĂ€t. Bei Arrow kann dies allerdings auch manuell beeinflußt werden, was zu interessanten Effekten fĂŒhren kann.

Neben dem GrĂ¶ĂŸenfaktor der LichtintensitĂ€t sollte auch noch die Berechnungstiefe der Strahlverfolgung verĂ€ndert werden. Dieser Faktor entscheidet wesentlich ĂŒber die Berechnungszeit einer Szene. Bei Szenen ohne Glas. SpiegelflĂ€chen und wenig Reflexionen lohnt sich keine hoher Wert. Allerdings erhöht ein hoher Wert bei viel Glas in der Szene die RealitĂ€t ungemein.

Jetzt aber los!

Durch einfaches Klicken auf den Raytracing-Eintrag geht es auch schon fast los. Es wird nur noch gefragt, ob das zu berechnende Bild ausgelagert werden soll, oder nicht. Egal welche Version gewĂ€hlt wird, ein Unterbrechen der Berechnung ist zwar möglich, allerdings kann diese nicht spĂ€ter fortgesetzt werden. Die Auslagerung hat jedoch den Vorteil, daß Bilder, die nicht mehr ins RAM passen (Arrow kann bis zu 4096 \ 4096 Pixeln berechnen), gleich auf der Festplatte gespeichert werden. SelbstverstĂ€ndlich werden alle Bilder in 24Bit-True-Color-QualitĂ€t berechnet. Durch die wirklich konsequente GEM-Programmierung kann die Berechnung unter MultiTOS oder MagiX! auch im Hintergrund erfolgen.

Bei grĂ¶ĂŸeren Auflösungen und mehreren Lichtquellen, mĂŒssen selbst TT-Besitzer mit sehr langen Berechnungszeiten rechnen. So brauchte das LEGO-Bild in einer Auflösung von 1280 * 1024 (gute GrĂ¶ĂŸe fĂŒr Publikationen) auf einem TT ca. 34 Stunden. In der Regel hat man es jedoch mit kleineren Bilder (320 * 200 oder 640 * 480) zu tun. Hier halten sich die Rechenzeiten von Arrow in durchaus ertrĂ€glichen Grenzen.

Das fertig berechnete Bild kann im TIFF,-IFF- oder BMP Format exportiert werden. Das eigene Format nennt sich R24. FĂŒr das Shareware-Programm „GEM-View“ gibt es bereits ein Lese-Modul, das das R24-Format darstellen kann. Dieses sollte nach Möglichkeit auch verwendet werden, da die Arrow-eigenen Routinen zum Einladen und Darstellen des Bildes recht langsam sind.

Fazit

Ein Programm fĂŒr 40,- DM kann nichts taugen?! Nein, so kann und darf man nicht an die Sache herangehen. Der Preis sagt nun wirklich nichts ĂŒber die QualitĂ€ten eines Programms aus. Arrow kann zwar nicht den Anspruch erheben, eine professionelle Software zu sein, aber dennoch besticht es in einigen wesentlichen Punkten. So ist das ganze Handling in den Dialogboxen zwar sehr komfortabel, aber nicht immer intuitiv bedienbar. Ohne Handbuch ist ein Arbeiten gar nicht möglich. und selbst mit diesem ist es nicht gerade einfach. Auch ein Import von anderen Formaten wĂ€re noch wĂŒnschenswert. Schön und einfach wiederum ist die Materialerstellung und die OberflĂ€chen Zuordnung gelungen. Auch die Berechnung im Hintergrund ist ein deutlicher Pluspunkt. Eine Empfehlung kann man dem Arrow-Raytracer also durchaus geben. FĂŒr 40.-DM bekommt man ein Programm, das den Einstieg in das Thema Raytracing sehr preisgĂŒnstig ermöglicht.

JH

Lichtquellen lassen sich auch in Körpern plazieren.

Bezugsquelle:
MAXON Computer GmbH Industriestraße 26 65734 Eschborn

Arrow-Raytracer

Positiv:

volle GEM-UnterstĂŒtzung
genĂŒgend Funktionen
sehr gĂŒnstiger Preis

Negativ:

umstÀndlicher Editor
Handbuch noch ĂŒberarbeitungswĂŒrdig