erklärte Atari-Deutschland-Geschäftsführer Alwin Stumpf (Bild) am 11. November, vier Tage vor der Computer-Messe "Comdex” in Las Vegas/USA. Das Warten auf den neuen Atari-Computer geht also weiter.
Die offizielle Geschichte des TT begann auf der CeBIT im März 1988, als Atari-Boss Jack Tramiel den 68030-Computer erstmals ankündigte. Besondere Merkmale: schneller als der ST und trotz besserem Grafik-Chip kompatibel zum derzeitigen Top-Modell. Außerdem benutzt er das Betriebssystem Unix. Ab Herbst '88 sollte dann der Newcomer nach der ursprünglichen Planung verfügbar sein. Doch auf der Düsseldorfer Atari-Messe im September tauchte er nicht auf.
Die Gründe für die weitere Verzögerung sind allerdings nicht technischer Natur. Vielmehr vermuten intime Atari-Kenner, daß lediglich strategische Überlegungen den TT fürs erste wieder in der Schublade verschwinden lassen. Ein Super-ST würde nämlich die Käufer vor Weihnachten schlicht-weg verunsichern. Wer kauft sich schon einen "alten" ST, wenn der "neue" bereits angekündigt ist?
Die Sorge um den ST ist nur schwer zu verstehen. Nach bisherigen Angaben wird der TT drei- bis fünfmal soviel kosten wie ein 1040 ST, der etwa 1800 Mark kostet. Als Nachfolger ist er daher zu teuer, obwohl der TT als hochkarätiger Unix-Computer sehr preiswert ist.
Es ist zwar schade, daß das neue Flaggschiff vorerst nur auf Tischen im Atari-Entwicklungslabor stehen wird — doch für die Atari-Fans ist er deshalb noch nicht verloren. Denn ewig kann Jack Tramiel den fertigen TT nicht verstecken. Vielleicht wird er zum Star der nächsten CeBIT in Hannover — in vier Monaten wäre es so weit. Damit Sie nicht so lange warten müssen, haben wir auf diesen Seiten die wichtigsten Daten zusammengestellt, So können Sie sich schon jetzt ein Bild von den Vorzügen des TT machen.
Der 68030 - ein echter 32-Bit-Prozessor — ist die bisher leistungsstärkste CPU aus der Motorola 68000er-Serie. Im Gegensatz zum MC 68000, der im Amiga und Atari ST verwendet wird, verarbeitet der 68030 nicht 16-Bit, sondern 32-Bit-Daten, was sich beim Kopieren von Speicherinhalten und beim Rechnen bemerkbar macht.
Der 68030 besitzt einen kleinen, 512 Byte großen RAM-Bereich auf dem Chip, einen sogenannten "Cache".
Der Prozessor greift auf Daten im Cache schneller zu, als auf Informationen in den (langsamen) Speicherbausteinen. Ein Prozessor verliert immer etwas Zeit, wenn er intern die gewünschte Adresse einstellen muß, um dann über einen Befehl den Inhalt der Speicherzelle zu lesen. Im Cache läuft der Vorgang zehnmal schneller ab. Man kann die höhere Geschwindigkeit mit dem Unterschied zwischen einer RAM-Disk und einem Diskettenlaufwerk vergleichen.
Um Programme schneller abzuarbeiten, lädt der 68030 immer eine ganze Gruppe von Befehlen in den Cache-Speicher. Er führt sie so schneller aus, als wenn er sie einzeln im Speicher lesen würde. Besonders Schleifen und Berechnungen laufen schneller ab.
Um den Speicher des Computers optimal zu verwalten, besitzt der 68030 eine eigene Memory Management Unit (MMU), die auf dem Chip integriert ist. Die MMU verwaltet den Speicher des Computers, damit Programme ihn optimal nutzen. Wozu braucht man eine MMU? Wenn mehrere Programme gleichzeitig im Speicher stehen, muß das Betriebssystem jedem Programm einen bestimmten Speicherbereich zuweisen. Die MMU achtet darauf, daß das Programm beim Zugriff auf den Speicher nicht mit anderen Programmen in Konflikt gerät. Die MMU ist die Voraussetzung für reibungsloses Multitasking.
Viele Computer besitzen eine MMU, allerdings als zusätzlichen Chip. Wie beim Cache-Speicher arbeitet die integrierte MMU im 68030 schneller, weil hier die Datenübertragung vom eigentlichen Prozessor wesentlich schneller geht.
Unix ist ein multitaskingfähiges Betriebssystem, das bislang vor allem auf Großrechnern benutzt wird. Durch seine weltweite Verbreitung gibt es eine Fülle an Programmen, besonders Programmiersprachen. Viele Software-Entwickler verwenden schnelle Unix-Computer, um auf ihnen Programme für andere Computer zu entwickeln.
Unix ist nicht nur multitaskingfähig, sondern erlaubt auch mehreren Benutzern parallel auf dem gleichen Computer zu arbeiten (multiuserfähig). Manche Mailboxen, in denen man über die Dialog-Funktion mit anderen Benutzern online sprechen kann, laufen unter Unix. Ein kompliziertes Privilegien-System regelt die Rechte der Benutzer, zum Beispiel welche Kommandos er aufrufen und welche Verzeichnisse er sehen kann. Viele Hacker versuchen, durch Fehler in Mail-box-Programmen und im Betriebssystem ihre Rechte im System zu erweitern.
Bei Unix werden wie bei MS-DOS normalerweise alle Befehle über die Tastatur eingetippt. Erst seit kurzem gibt es auch grafische Benutzeroberflächen. Selbst eingefleischte Unix-Fans sagen daher, daß es ein Strafe sei, Unix zu benutzen. Es verwendet sehr kurze Befehle, die meist Abkürzungen sind. So zeigt man mit dem Befehl "LS" (für List) das Directory an. Mit verschiedenen Parametern nutzt man zusätzliche Funktionen des Befehls, zum Beispiel zeigt "LS -A" die Dateien im Directory mit Länge und dem Datum der letzten Änderung an.
Unix entstand schon 1968 in den "Beil-Labs” des amerikanischen Medienriesens AT&T, der bis Anfang dieses Jahrzehnts das Telefonmonopol in den USA hielt. Die Unix-Erfinder Dennis Ritchie und Ken Thompson wollten mit ihrem Betriebssystem ein Problem lösen, das lange Zeit das Arbeiten mit Großrechnern erschwerte. Die sehr leistungsfähigen Computer besaßen alle ein eigenes Betriebssystem, was das Umsetzen von Programmen fast unmöglich machte.
Ein Spiel — so erzählen Thompson und Ritchie — gab schließlich den Anstoß zu Unix. Mitte der siebziger Jahre schrieb ein Programmierer ein einfaches Action-Spiel, das so gut war, daß alle anderen Entwickler es spielten. Das Programm lief aber nur auf einem Computer, der dadurch ständig blockiert war. Weil Thompson und Ritchie das Spiel auch auf ihren Computern haben wollten, ersannen sie einen Weg, alle Computer miteinander kompatibel zu machen — unabhängig von Speichergröße und Prozessortyp des jeweiligen Computers.
Ihre Idee ist relativ einfach: Für alle Funktionen und Aufrufe des Betriebssystems gibt es Standards, die auf allen Computern gleich sind. Lediglich der Kern des Betriebssystems wird an den Computer und den Prozessor angepaßt. Dadurch genügt es, ein Programm, das unter Unix läuft, auf dem neuen Computer zu compilieren. Es läuft im Idealfall ohne, oder mit geringen Änderungen.
Unix ist als erstes Betriebssystem der Welt in einer Hochsprache geschrieben. Kerningham und Ritchie entwickelten die Sprache C, um Unix möglichst einfach auf andere Computer umzusetzen. C erlaubt wie Maschinensprache sehr direkte Programmierung des Computers, ohne für jeden Prozessor verschieden zu sein. Wegen der leichten Übertragbarkeit gibt es sehr viele C-Programme unter Unix.
Doch obwohl Unix als universelles Betriebssystem entwickelt wurde, gibt es bereits verschiedene Unix-Arten, die nur noch bedingt kompatibel sind. Verschiedene Firmen und Universitäten haben Unix-Erweiterungen, sogenannte "Unix-Derivate", entwickelt, wie beispielsweise Siemens mit "Sinix". Die verbreitetste Version ist Unix System V, Version 3.1, das auch der Atari TT verwendet.
Der Atari TT besitzt einen neuen Grafik-Chip, der in fünf verschiedenen Grafik-Modi mehr Punkte und mehr Farben auf dem Bildschirm anzeigen kann, als der Atari ST. Tabelle 1 zeigt die jeweilige Auflösung mit den gleichzeitig darstellbaren Farben. In allen Grafik-Modi für Farbgrafik steht eine Palette von 4096 Farben zur Verfügung, aus der die angezeigten Farben gewählt werden. In der höchsten Auflösung mit 1280 x 960 Bildpunkten verwendet der ST keine Farben mehr, sondern nur Schwarzweiß-Grafik.
Im Gegensatz zum ST ist der Benutzer nicht auf dessen Fähigkeiten beschränkt. Durch die Steckplätze des TT können auch Grafik-Karten nachgerüstet werden.
Der Atari ST beherrscht nur drei verschiedene Auflösungen, bei denen man jeweils aus einer Palette von 512 Farben wählen kann. Farbig stellt er 320 x 200 Bildpunkte in 16 Farben und 640 x 200 Punkte in 4 Farben dar. Auf dem Schwarzweiß-Monitor verwendet er 640 x 400 Punkte. gn
Auflösung und Farben aes TT
Bildpunkt Farben
1280 x 960 monochrome
640 x 480 16
640 x 400 2
640 x 200 4
320 x 480 256
320 x 200 16
Atari TT auf einen Blick | |
Prozessor: |
Motorola 68030 |
Taktfrequenz: |
16,1 MHz |
Speicher: |
2 MByte, auf 16 MByte aufrüstbar |
ROM-Größe: |
512 KByte |
Laufwerke: |
Ein 3%-Zoll-Laufwerk mit 1,44 MByte |
Schnittstellen: |
□ parallele Schnittstelle □ serielle Schnittstelle (für das Atari-Netzwerk "Promise-LAN" vorbereitet) □ Maus- und Joystick-Port □ externe Tastatur □ Midi-Schnittstelle □ SCSI-Interface für externe Festplatte □ drei VMEbus-Steckplötze |
Zusätzliche Ausstattung des Unix-Systems: |
□ mitgeliefertes Betriebssystem Unix System V |