Schreiben ohne Frust: Textverarbeitung für den Heimbereich

Darauf haben viele schon lange gewartet: Textverarbeitung für den Heimbereich, die einfach zu bedienen und dennoch leistungsfähig ist. Wir haben zwei Programme entdeckt, die diesen Anforderungen entsprechen.

Der »Bank Street Writer« erlaubt freie Farbenwahl. Statt des tristen Commodore-Blau empfiehlt sich grün auf schwarz.

Home Management« ist ein Begriff in der Software-Branche, der nach USA nun auch in Europa von sich reden macht. Dahinter verbirgt sich der interessante Bereich der »ernsthaften« Heimanwendung, also Programme zur Kalkulation oder Textverarbeitung, die speziell auf den privaten Bereich zugeschnitten sind.

Zwischen den Anwendungsprogrammen für Heim und Beruf gibt es einige grundlegende Unterschiede. Heimcomputer können und müssen nicht so große Leistungen bringen wie ihre »Kollegen«, die Personal Computer. Auf der anderen Seite dürfen Heimanwendungsprogramme keine vierstelligen Preise erreichen und müssen dem finanziellen Rahmen eines normalen Haushalts angemessen bleiben. Ein letztes, wichtiges Kriterium ist die vielzitierte Anwenderfreundlichkeit. Wer mal schnell einen Brief mit seinem Computer tippen will, möchte dies tun, ohne monatelang ein üppiges Handbuch studiert zu haben und legt zu Recht Wert auf einfache und gute Handhabung.

Vor kurzem sind zwei mit Spannung erwartete Vertreter der »Home Management«-Welle in Deutschland erschienen. Es handelt sich um zwei Textverarbeitungs-Programme von renommierten Häusern, die bisher nur Spiele veröffentlichten und sich nun auf das Parkett der Anwendungs-Software wagen. In unserem Test stellen wir Ihnen »Cut & Paste« von Electronic Arts und Broderbunds »Bank Street Writer« vor. Beide Taxtverarbeitungsprogramme sind auf Diskette für Commodore 64, Atari und Apple II erhältlich.

»Cut & Paste«: Sieh an, so einfach kann es gehen

Mit hohen Vorschußlorbeeren wurde »Cut & Paste« bedacht, das vom Hersteller als »bemerkenswert einfach« bezeichnet wird. Einfach natürlich nicht im Sinne von schlicht, denn an Leistungsfähigkeit soll es dem Programm nicht mangeln. Vielmehr wurde großer Wert auf problemlose Handhabung gelegt. Laut Packungstext soll selbst ein blutiger Laie nach 20 Minuten Studium das Programm beherrschen.

Für 159 Mark erhält man neben einem deutschen Handbuch und einigen Informationen über die Geschichte des geschriebenen Wortes zwei Disketten, die eigentliche Programm- und eine Dokument-Diskette. Für die ersten Schreib- und Editierversuche enthält die Dokument-Diskette bereits einige Beispieltexte. Für eigene Texte reicht eine ganz normale, formatierte Floppy.

Beim Arbeiten mit »Cut & Paste« kommt man mit den Cursortasten und — bei der Commodore-Version — mit der Linkspfeil-Taste über die Runden. In der untersten Bildschirmzeile sind die wählbaren Menüpunkte angezeigt. Nach einem Druck auf die Linkspfeil-Taste können Sie nun einen Punkt wählen, wie beispielsweise das Laden eines Textes. Mit den Cursortasten geht man auf »Load« und drückt die RETURN-Taste. Nun wird der Text geladen, den Sie sich vorher — ebenfalls mit den Cursortasten — aus der Auswahl an Textfiles herausgepickt haben. Um ein neues Schriftstück zu beginnen, wählen Sie einfach »Blank«.

Schon nach wenigen Minuten kommt man mit diesem Schema sehr gut zurecht. Das Tippen geht auch leicht von Hand, wobei das Problem der Bildschirmdarstellung elegant gelöst wurde. Auf dem Bildschirm arbeitet man schön übersichtlich mit 40 Zeichen pro Zeile. Um einen Text auszudrucken, wählt man den Menüpunkt »Print« und legt nun nach Belieben Zeilen- und Seitenlänge für den Ausdruck fest. Der mit 40 Zeichen pro Zeile getippte Text wird also auf Wunsch auf die volle Breite eines A4-Blattes ohne Zeitverlust umformatiert. Wortumbruch und Absätze werden natürlich berücksichtigt.

Ein Manko ist bei diesem Programm freilich nicht zu übersehen: »Cut & Paste« beherrscht keine deutschen Umlaute. Wer mit diesem ansonsten gelungenen Programm umgeht, muß auf »Ä«, »Ö«, »Ü« und »ß« verzichten.

Trotz der extrem einfachen Handhabung ist diese Textverarbeitung mit allem ausgestattet, was man zum Schreiben braucht. Leider wurde auf einige Optionen wie Zentrieren, Suchen und Unterstreichen verzichtet. »Cut & Paste« ist dennoch ein gefälliges Anwendungsprogramm, das seine 159 Mark wert ist.

Entlastung für den Papierkorb durch zwei starke Textprogramme

»Bank Street Writer«: Lernprogramm inbegriffen

Das zweite Textverarbeitungsprogramm hört auf den klangvollen Namen »Bank Street Writer«. Deutsche Umlaute und »ß« sind hier vorhanden, seit es eine an deutsche Bedürfnisse angepaßte Version des »Bank Street Writer« gibt. Wer dieses Programm kaufen will, sollte darauf achten, daß er diese eingedeutschte Version erhält. Neben der eigentlichen Textverarbeitung bietet der »Writer« noch zwei bemerkenswerte Extras: den »Turtorial«-Lehrgang und die Parametereinstellung über ein komfortables Menü.

Das »Tutorial« ist ein eigenständiges Programm, das — quasi als Ergänzung zum Handbuch — den Anwender mit der Textverarbeitung vertraut macht. Dieses »Tutorial« verdient ein großes Lob. Es ist gut auf gebaut, sehr ausführlich und auch für den Laien verständlich. In fünf Lektionen werden die wichtigsten Funktionen von »Bank Street Writer« erläutert und zur Prüfung der frisch erworbenen Kenntnisse kleine Aufgaben gestellt.

Unterprogramm Nummer 2 ist das »Utility«. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein ausführliches Menü, in dem der Benutzer nach Lust und Laune herumwerkeln darf. So lassen sich die Bildschirmfarben verändern, die gerade bei der C 64-Version ausgesprochen unglücklich gewählt sind (hellblau auf dunkelblau). Auch die verschiedenen Druckerparameter sind bequem manipulierbar. Auf Wunsch werden diese Änderungen auf der Diskette gespeichert und bei einem erneuten Laden des Programms automatisch berücksichtigt.

Was die Fähigkeiten und die einfache Handhabung angeht, braucht der »Bank Street Writer« einen Vergleich mit »Cut & Paste« nicht zu scheuen. Formatierungen und Korrekturen gehen genauso leicht und wirkungsvoll von Hand. Und die 90 Mark Mehrkosten ist der »Writer« auch wert.

Die Bildschirmmaske von »Cut & Paste« ist klar und übersichtlich. Nach kurzer Eingewöhnungszeit ist die Handhabung kein Problem.

Sag mir, wie das Paßwort heißt

Wenn Sie ein Textfile speichern, können Sie es mit einem bis zu fünf Zeichen langen Paßwort versehen. Dieser Text wird nun nur nach Angabe dieses Paßwortes wieder geladen. Schreiber von Liebesbriefen und ähnlich pikanten Dokumenten dürfen sich in Sicherheit wiegen.

Sehr komfortabel sind »Search« und »Replace«. Mit »Search« lassen Sie das Programm nach einem bestimmten Wort innerhalb eines Textes suchen und durch »Replace« durch ein anderes ersetzen.

Die beiden Textverarbeitungen halten den hohen Erwartungen stand, die man in sie gesetzt hat. »Cut & Paste« bietet zum günstigen Preis von 159 Mark die wichtigsten Grundfunktionen. Wer auf die deutschen Umlaute verzichten kann, wird an diesem Programm seine Freude haben. Für 249 Mark kommt man in den Genuß von »Bank Street Writer«, der dank eines Lehrgangs, des umfangreichen »Option«-Menüs und einiger zusätzlicher Feinheiten seinem Preis gerecht wird. (hl)


Heinrich Lenhardt
Aus: Happy Computer 02 / 1985, Seite 46

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