Prospero-Software

Prospero ist ein kleines, aber feines britisches Software-Haus. Es beschäftigt zur Zeit 12 Personen und hat sich ganz den Programmiersprachen verschrieben. Zu den glücklichen Computerbesitzern, die Prospero-Produkte für ihren Rechner kaufen können, gehören auch die QL-Anwender. Für ihr Gerät gibt es das ProPascal und das ProFortran-77. Außerdem werden die Programme noch für den Atari ST und für IBMKompatible unter MS-DOS angeboten.

Für QL-Besitzer ist aber auch die Preispolitik des Hauses Prospero interessant; so kosten die QL-Versionen 99.95 £ und die IBM-Ausführungen rund 400 £. 260 DM für einen QL-Compiler erscheinen zwar sehr teuer, doch bietet Prospero dafür einfach professionelle Qualität. Das kann man ja leider nicht von allen QL-Programmen behaupten. Viele QL-Besitzer fragen sich jetzt nicht zu Unrecht: Was soll ich mit diesen Programmiersprachen? Sind nicht C oder Modula die modernen? Pascal wurde von N. Wirth in, den Jahren 1968 bis 1971 geschaffen. Sein Hauptanliegen war die Entwicklung einer Sprache, mit der strukturiertes Programmieren einfach zu erlernenist.

Ganz anders lautete dagegen die Zielsetzung, als in den fünfziger Jahren Fortran geschaffen wurde. Man suchte eine Sprache, mit der sich mathematische Probleme leicht programmieren lassen. Fortran war sehr erfolgreich (und ist es eigentlich noch immer) und hat sich im technisch/naturwissenschaftli

chen Bereich sehr schnell durchgesetzt. Auch heute stellt es hier die am meisten verbreitete Sprache dar. So ist in vielen naturwissenschaftlichen Studienfächern der Fortran-Programmierkurs nach wie vor obligatorisch, und Supercomputer wie CRAY 2 arbeiten nur mit dieser Sprache.

Unter diesem Aspekt stellt nun die Kombination QL/Prospero-Programmiersprache eine optimale Lösung dar. Preiswerter kann z.B. ein Student sein eigenes Programmiersystem nicht erwerben.

Jetzt bleibt eigentlich nur noch offen, wie gut die beiden Sprachen sind. Die erste Frage ist die nach der Vollständigkeit der Implementierung. Beide Compiler entsprechen voll dem ISO-Standard. Dadurch ist sichergestellt, daß alle Programme, die auf anderen Rechnern (ohne Hersteller-spezifische Spracherweiterungen) geschrieben wurden, auch auf dem QL laufen. Natürlich darf man nicht erwarten, daß sich z.B. Programme, die Systemaufrufe unter MS-DOS benutzen, ohne Änderungen für den QL einsetzen lassen.

Die beiden Prospero-Compiler werden auf drei Cartridges und einem 16-KByte-EPROM geliefert. Das zugehörige Handbuch ist ausführlich und gut, doch leider in Englisch geschrieben. Beim Vergleich mit der MS-DOS-Version stellt man fest, daß beide Handbücher in weiten Teilen wörtlich (!) übereinstimmen. Leider fehlt im Lieferumfang ein Editor. Wer also noch keinen besitzt, muß ihn extra erwerben.

Die Compiler sind 2-Pass-Ausführungen, die ein relozierbares File im Sinclair-Standard-Format erstellen. Der mitgelieferte Linker von GST erzeugt daraus das ausführbare Binär-File. Da der Compiler voll den Sinclair-Standard unterstützt, können die übersetzten Fortran/Pascal-Programme nicht nur untereinander, sondern auch mit anderen Produkten (z.B. dem GST=Macro-Assembler) zusammengelinkt werden. Damit kann Pascal Fortran-Subroutinen aufrufen und umgekehrt.

Da in Fortran Strukturen (COMMON-Blöcke) und Zahlentypen (DOUBLE PRECISION, COMPLEX) existieren, die das Standard-Pascal nicht kennt, wurde Prospero-Pascal um diese Dinge, erweitert. Damit ist es nun recht einfach, große Programmbibliotheken zu erstellen, die dann sowohl in Pascal als auch in Fortran zur Verfügung stehen. Die nötigen Hilfsprogramme zur. Pflege solcher Bibliotheken werden mitgeliefert.

Wer nur Microdrives besitzt, bekommt beim übersetzen und Linken gewisse Probleme. Der Compiler befindet sich auf zwei Cartridges, der Linker auf der dritten; man muß also ständig wechseln. Mit einem Diskettenlaufwerk wird die Sache wesentlich komfortabler. Wir verzichten hier auf die Angabe von Compile-Zeiten, da die Zugriffszeiten auf Datenträger einfach wesentlich sind. Die Bedienung gestaltet sich nicht ganz so einfach wie bei Computer One Pascal, aber dafür erhält man auch ein System, das mit seinen Möglickeiten einem professionellen GroßrechnerCompiler nicht nachsteht. So lassen sich z.B. problemlos beim Compilieren diverse Referenzlisten erzeugen.

Nach der Übersetzung des Programms stellt sich die Frage. nach den Ausführungszeiten und der Größe der Binär-Files. Bei unseren Tests ergab sich, daß die mit Prospero-Compilern erzeugten Programme etwa 10- bis 20mal schneller sind als die entsprechenden SuperBasic-Programme. Der genaue Faktor hängt natürlich von vielen Dingen ab. So laufen z.B. die übersetzten Programme auf einem QL mit dem Sandy SuperQBoard mit 512 KByte fast doppelt so schnell wie auf einem Standard-QL. Der Faktor gegenüber Computer One Pascal beträgt 2 bis 5.

Von allen QL-Compilern erzeugen die von Prospero mit Abstand. den kürzesten Code. Zu einem gewissen Teil liegt das an der Prospero-Runtime-Library (PRL). Diese befindet sich im EPROM. Sie ist für Pascal und Fortran identisch; bei einem Wechsel beider Sprachen ist es also nicht notwendig, das EPROM auszutauschen. In dieser PRL befinden sich die wichtigsten Runtime-Routinen. Die Library muß beim Kompilieren im EPROM vorhanden sein; beim Ausführen eines kompilierten Programms reicht die Software-Version. Wenn man nur ein übersetztes Programm laufen läßt, bringt dies keinen Vorteil, da es egal ist, ob sich die Runtime-Library beim Job oder in der PRL befindet. Aber bereits bei zwei Jobs erweist sich die PRL als günstig, da beide auf die gleiche PRL zugreifen. Sie muß also immer nur einmal geladen werden. Je mehr Jobs man startet, desto größer wird der Vorteil.

Alles in allem kann man sagen, daß die Compiler von Prospero erstklassige, professionelle Produkte sind, die ihr Geld wert sind.

Weitere Informationen:
Philgerma, Ungererstr. 42 8000 München 40


Rainer W. Gerling
Aus: Computer Kontakt 10 / 1987, Seite

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