Unsere Public-Domain-Ecke

Haben Sie schon einmal vor "Creature F.W." gehört? Nein? Keine Sorge, es handelt sich nicht um ein grünes, schleimiges Fabelwesen, sondern um das Pseudonym eines fähigen Adventurefreaks, der die PD-Szene um einige hübsche Programme bereichert hat.

Zunächst im 8-Bit-Atari-Bereich aktiv, arbeitet Frank Weese - so sein bürgerlicher Name heute auch auf dem ST. Inzwischen hat er dort schon Beachtliches auf dem Public-Domain-Sektor geleistet. Sein Grafikabenteuer "Trolls" wird unter Eingeweihten fast schon als Klassiker gehandelt. Ganz auf Deutsch und somit gerade für Adventure-Einsteiger besonders geeignet, präsentiert es sich auf vier (!) Diskettenseiten dem XL/XE-Publikum, das mit phantasievollen Spielen dieser Art nicht gerade überschwemmt wird.

Zu jedem Schauplatz hat "Trolls" ein eigenes Bild zu bieten. (In manchen Fällen wechselt es auch noch in besonderen Situationen.) Durch Benutzung von Rastermischfarben in der Grafikstufe 15 konnte eine recht attraktive Optik erzielt werden. Die Bilder lassen sich durch die Kommandos GRAPHIK AUS bzw. GRAPHIK EIN weg- und wieder zuschalten. Die Handlung ist im Fantasy-Genre angesiedelt. Stellenweise erkennt man Anklänge antolkiens "Herr der Ringe", wie etwa das Zwergenmetall Mithril oder das finstere Volk der Orks.

Die Handhabung des Spiels entspricht etwa dem, was man von Adventures wie "Alptraum" gewohnt ist. Im Normalfall bestehen die Eingaben aus einem Verb und einem dazugehörigen Objekt. Wenn man zusätzlich noch einen Artikel eintippt, stört sich der Parser des Programms auch nicht daran. Manche wichtigen Kommandos (z.B. GRABE) benötigen kein Objekt. Sieben Kurzbefehle erleichtern die meistbenutzten Aktionen. So ist es auf Tastendruck möglich, sich in eine Richtung zu bewegen (N, S, 0, W sowie R für runter und H für hoch). Das gleiche gilt für die Inventur (I) der mitgeführten Gegenstände und die †bersicht über das, was die Umgebung zur Zeit gerade bietet. Der Spielstand läßt sich abspeichern und laden. Vorsichtige Naturen sollten daher mit Extradisketten arbeiten, damit mehrere Situationen festgehalten und gegebenenfalls wieder abgerufen werden können.

Einige Details der Eingabe muten ein wenig rätselhaft an. Normalerweise wird für Verben die Befehlsform (z.B. ISS) erwartet. In einigen Fällen besteht "Trolls" aber auf der 1. Person, jedoch ohne "ich" (NEHME STEIN, SPRECHE, WERFE SEIL, ZERBRECHE HOLZSTUECK, LESE KARTE). Diese sprachliche Unlogik hat mich nicht gerade begeistert. Dagegen ist die Tatsache, daß man beim Nehmen oder Ablegen von Objekten den Sammelbegriff ALLES benutzen kann, durchaus ein Kompliment wert.

Alles in allem kann ich "Trolls" nur jedem Abenteuerfreund wärmstens empfehlen, der Fantasy mag. Die Texte sind gut und humorvoll, die Grafiken sehenswert. Das Weiterkommen im Spiel ist nicht allzu schwierig, wenn man das Vokabular einmal herausbekommen hat. Daß dieses Programm in Atari-Basic (freilich unter Benutzung von Maschinenroutinen) geschrieben wurde, schmälert seinen hohen Wert keinesfalls. Hier zeigt sich nur einmal mehr, daß ein fähiger Programmierer auch mit dieser Sprache durchaus Brauchbares zustande bringt.

Allen, die sich nun auch vom "Trolls"-Fieber mitreißen lassen wollen, möchte ich gleich noch ein paar Tips geben.

Der Einsteiger ist zunächst an den drei Schauplätzen innerhalb der Schloßruine gefangen. Jeder Versuch, den Spalt vor dem Tor durch einen Sprung zu überbrücken, bringt dem Abenteurer Ruhe und Erholung. Mehr Erfolg hat man durch Bauen eines †berwegs. Das hierzu nötige Material wird zwar vom Programm HOLZPLANKE genannt, man kann es jedoch auch als PLANKE ansprechen. €hnlich funktioniert die Sache auch bei anderen zusammengesetzten Hauptwörtern. Nicht jede Tür, die sichtbar ist, wird vom Programm auch im Text erwähnt. Bisweilen ist es ratsam, sich am Bild zu orientieren. Licht sollte man unbedingt schon vor dem Betreten zwielichtiger Bereiche machen.

Soviel für heute. Auf eines sei noch hingewiesen: Wer Frank Weese einen Shareware-Beitrag von 20.- DM für "Trolls" schickt, bekommt als "Dankeschön" das Text-Adventure "Paranoia". "Trolls" ist als PD 16 beim Verlag erhältlich. Der gewohnte PD-Preis von 10.- DM pro Diskette wurde diesmal ermäßigt; beide "Trolls"-Disketten kosten zusammen 15.- DM.

Peter Schmitz

16-Bit

Die Besitzer eines Atari ST können sich diesmal besonders freuen. Gleich vier neue Public Domain-Disketten, randvoll mit Software für die verschiedensten Geschmäcker,sind ab sofort bei uns erhältlich. Doch bevor ich Ihnen mit den Erzeugnissen aus deutschen PD-Küchen den Mund wässrig mache, zunächst einige Informationen aus der Szene.

"Das Karstadt-Computer-Center hat es sich zum Steckenpferd gemacht, Public-Domain-Software zu sammeln und weiterzugeben. " Von dieser am Beginn einer Liste mit über 100 Disketten PD-Software proklamierten - und wohl nicht ganz selbstlosen Sammlerleidenschaft läßt sich nichtsdestotrotz vortrefflich profitieren. Eine Diskette (408 KByte) kostet 9.90 DM und ist, wie die Softwareliste, über die Karstadt Computer-Center in allen größeren Städten zu beziehen.

Ein sehr produktiver Programmierer ist Frank Sonnabend, der uns gleich vier PD-Programme aus eigener Fabrikation zugeschickt hat. "Scribble" ist eine Computerversion des allgemein bekannten Scrabble. Durch geschicktes Aneinanderlegen von Buchstaben müssen von den Spielern Wörter gebastelt und damit Punkte gesammelt werden. Der Computer übernimmt hier die Aufgabe eines intelligenten Spielbretts, das den Wert des gelegten Wortes berechnet und neue Buchstaben verteilt.

Für kleine und große User ist "Memory" gedacht. Das bekannte Kartenlegespiel, das die Merkfähigkeit und Konzentration fördern soll, wurde für den ST adaptiert und besticht durch wirklich putzige Bilder.

"Dreißig" ist ein Würfelspiel, bei dem es gilt, einen Punktestand von 30 zu verteidigen und dem Gegner durch geschicktes Kombinieren zu schaden. Besonders mit mehreren Teilnehmern ist das Spiel trotz einfachcr Regeln sehr lustig.

"Wissen Sie es?" ist wohl die ,Meisterleistung von Frank Sonnabend. Hier dreht sich nämlich, ähnlich wie bei "Trivial Pursuit", alles um das Beantworten von Fragen aus fünf Wissensgebieten. Jeder Spieler versucht, als erster eine vorher festgesetzte Obergrenze beantworteter Fragen zu erreichen. Ein besonderes Feature des Programms ist der eingebaute Editor, mit dem sich eigene Fragen zu beliebigen Themen eingeben lassen. So kann ein individuelles Spiel erstellt werden. Sollten Sie Interesse an den beschricbencn Programmen haben, so wenden Sie sich doch bitte direkt an den Autor. (Eine Autorenliste finden Sie am Endc dieses Artikels.)

Die PD-Disketten des Verlags werden ab jetzt nach einem neuen System zusammengestellt. Während wir früher auf eine möglichst große "Artenvielfalt" der auf den Disks enthaltenen Software Wert gelegt haben, sind wir nun auf vielfachen Wunsch dazu übergegangen, die neuen Programme thematisch zu ordnen. So entstanden diesmal vier Disketten zu den Themen Anwendung, Utility und Spiel.

STPD 11 (spiel)

Beim Programmpaket "Durchbruch" von Achim Hörnecker, das auf dieser Diskette enthalten ist, handelt es sich um eine Version des unter dem Namen "Breakout" allseits bekannten und beliebten Spiels. Wäre dies auch normalerweise keine ganze Diskette wert, so erfährt das Programm durch seinen eingebauten Editor doch eine enorme Wertsteigerung. Es ist nämlich möglich, eigene Spielfelder durch freies Setzen der verschiedenen Steine zu erstellen. Achim Hornecker hat als Beispiel bereits drei "Klassiker" mitgeliefert, die als Anregung dienen können. Sein Programm läuft nur im Farbmodus des ST.

STPD 12 (Spiel)

Wer kennt nicht das zappelige Männchen, dessen einziger Lebensinhalt das Aufsammeln von Diamanten zu sein scheint? Behindert wird es dabei von plötzlich herabstürzenden Steinlawinen, die ins Rutschen kommen, wenn sie unterhöhlt werden. Na klar, ist spreche von dem Superspiel "Boulderciash", das überall seine treuen Anhänger gefunden hat. Jürgen Hollfelder hat nun eine Monochromversion entwickelt, die den Namen "Diamonds" trägt. Zusätzlich kann man über einen mitgelieferten Editor eigene Bildschirme zusammenstellen und abspeichern.

"Fußball ST" von Rainer Duda ist eine Umsetzung ähnlicher, vom C 64 bekannter Fußball-Manager-Programme. Die Teilnehmer (maximal 3) übernehmen dabei einen Fußballclub der 3. Liga und müssen versuchen, ihn mit viel kaufmännischem Geschick und Fachwissen in die 1. Liga, vielleicht sogar bis zur Meisterschaft zu bringen. Dabei ist gegen 62 andere Mannschaften anzukämpfen, die auch nicht schlafen. Für dieses Spiel benötigen Sie einen Monochrommonitor und einen ST mit mindestens 1 MByte Speicher.

STPD 13 (Anwendung)

Bei "Themadat", das von der Firma Try Soft entwickelt wurde, handelt es sich um eine assoziative Datenbank. Mit ihr ist es möglich, Daten nach bestimmten Themenbereichen zu verwalten und diese später ohne Wissen um den genauen Namen oder die Nummer des Datensatzes wiederzufinden. Dies geschieht einfach, indem man bestimmte Assoziationen nennt, die beim Abspeichern angegeben wurden. Eine Anwendung ist z. B. die Verwaltung der Fotosammlung eines Profi-Fotografen, der mit Agenturen zusammenarbeitet. Durch eine einfache Beschreibung können Bilder zu verschiedenen Themen aufgefunden werden. Eine kommerzielle Version von "Themadat" ist mit ausführlicher Anleitung bei Try Soft für 49.DM erhältlich, aber auch mit der "abgespeckten" PD-Version läßt sich schon sehr gut arbeiten. Als Hilfe dient ein umfangreiches "Read-me"-File.

STPD 14 (LMIIW)

Unsere Utility-Diskette bietet eine wirkliche Fülle von interessanten Hilfsprogrammen, die durchweg eine hohe Qualität aufweisen. Leider kann ich aus Platzgründen nur kurz auf einige der Programme eingehen.

"Diskhelp" (Microdeal) untersucht Disks auf defekte Sektoren und kann diese in den meisten Fällen reparieren, reformatieren oder retten. Ein PatchProgramm für die FileselectorBox (Martin Patzel) schafft eine bequeme Dateiauswahl für GEM-Programme, die viele neue Möglichkeiten bietet. "Memtest" prüft Speicherbausteine auf etwaige Defekte. "Mouse" (G. Gerhardt) beschleunigt die Maus um den Faktor 1,5 bis 2. "Resdisk" (G. Gerhardt) bietet eine resetfeste RAM-Disk mit nachträglich veränderbarer Größe und Kennung. "Speeder" (Stefan Schreiber) beschleunigt den Diskettenzugriff ohne Gefahr für Leib und Floppy. Der Autor liefert in einem extrem langen "Read-me" alle wichtigen Grundlageninformationen dazu. "ST-Klick" (Wolfgang Zweygart) ist ein Accessory, das Notizblock, Wecker, Druckereinstellung, Kalender, Taschenrechner und eine "Minischreibmaschine" für Drucker zur Verfügung stellt. Mit "The Graphic Shell" (G. Gerhardt) können Sie Ihre individuelle Shell erstellen. Ein Hilfsprogramm ermittelt nötige Parameter (für Compiler usw.).

So, das war es mal wieder. Bis zum nächsten Mal Disk- und Mausbruch.


Jochen Wegener
Aus: Atari-Magazin 07 / 1988, Seite

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