Haben Sie schon einmal vom "papierlosen Büro" gehört?

Damit war gemeint, daß angesichts der Verbreitung der Computer auf den Schreibtischen die Information nicht mehr auf Papier geschrieben werden würde. Vielmehr sollte sie auf Datenträgern gespeichert, in Datenleitungen transportiert und auf Datensichtgeräten gelesen werden. Die Ordner sollten durch Festplatten ersetzt werden und statt überquellender Aktenkörbchen hätte ein Bildschirm den Schreibtisch geziert.

Inzwischen ist diese papierlose Wunschvorstellung ein bißchen außer Mode geraten. Die Entdeckung, daß der Computer auch dazu nütze sein kann, Ansehnliches (oder was dafür gehalten wird) zu Papier zu bringen, brachte die Wende. In den USA wurde sogar behauptet, daß mit dieser Entdeckung überhaupt erst eine sinnvolle Anwendung für die überall herumstehenden Computer gefunden worden sei. Die Rede ist natürlich von Desktop Publishing, der Druckerei für jedermann.

Die Profis aus dem grafischen Gewerbe sprechen mit einer gewissen Häme von einer "DTP-Heimwerkerbewegung" und das natürlich insofern zurecht, da die Heimwerker, ob sie nun ihr Wohnzimmer tapezieren oder den Vergaser wechseln, das Geschäft dieser Profis betreiben. Andererseits besteht die Frage, was ein DTP-Heimwerker eigentlich basteln soll, außer einer Einladung zum Skatabend oder einer Familienzeitung. Dennoch erscheinen bereits die ersten Veröffentlichungen nach dem Motto "Jetzt helfe ich mir selbst", wo erklärt wird, was eine Serife ist und wie die Titelseite der Schülerzeitung grafisch zu gestalten ist.

Aber das ist nicht der wesentliche Bereich, in dem Desktop Publishing mit dem PC gemacht wird. Wer sich aufmerksam durch die Papierberge wühlt, wird mit DTP-Produkten konfrontiert. Die Bücher beispielsweise, die mit DTP zusammengestellt werden, kommen oft auch selbst aus dem Laserdrucker, und es bedarf keiner großen Fachkenntnis, das auch zu sehen. Jenseits ihres Wertes als Anschauungsbeispiele geht die mindere Qualität auf Kosten des Käufers, der diese Bücher ja lesen soll.

Natürlich steht Desktop Publishing erst am Anfang, sowohl was Qualität, vor allem aber was die Verbreitung betrifft. Noch geht, wer etwas zu veröffentlichen hat, meist in die Druckerei, zumal die Bundesrepublik, was die Verbreitung von Computern betrifft, nicht gerade an führender Stelle steht. Aber stellen Sie sich vor, die Computer verbreiten sich weiter, die Laserdrucker werden noch preiswerter und die DTP-Programme funktionieren!


Robert Kaltenbrunn
Aus: Atari-Magazin 07 / 1988, Seite

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