Falcon Scene - Don't Panic!

Ja, ich weiß, der Titel ist nicht von mir. Aber genau diesen Spruch lasse ich alle 2 Minuten in meinem Kopf hellrot aufblinken, um das Gefühl loszuwerden, jemand haut mir mit einem frittierten ATARI 2600 sehr engagiert in die Magengegend. Leute mit weniger guten Nerven werden behaupten, daß es am Anstrich meines neuen Wohnzimmers (neongrün mit einer speziellen Lasurtechnik) liegt. Wenn es doch nur so wäre...

OK, ruhig durchatmen und als ob gar nix Nerven zerfetzendes passiert wäre, über lustige Falcon-Programme berichten und sich langsam dem „Problem" nähern.

Heho, nach den schlaffen Sommermonaten rappelt sich die Scene auf, und es gibt reichlich Falcon-Futter. Von FLAN erhielt ich einen Brief mit ein paar Ergebnissen der GIGAFUN 95'. „A very nice Party" (Originalzitat!). Nun ja, so viel scheint aber doch nicht los gewesen zu sein. Zwar waren alle wichtigen französischen Gruppen da, aber es wurden keine Innovationsrekorde gebrochen. Das Siegerdemo der Competition heißt „Evolution", ist von „EXA" und hat sich das Prädikat „nett" verdient. Schöne Grafik (von FLAN), saubere Effekte (teilweise wirklich komplexe Vektorgeschichten) und genehmer Sound, aber eigentlich nichts Umwerfendes. Über andere Plätze herrscht tiefes Schweigen, na, vielleicht kommt da noch etwas. Auf der Party wurde auch die neueste Version des „GRAOUMF"-Trackers verteilt, und mittlerweile ist diese Konkurrenz zum „Digital-Tracker" mehr als erwähnenswert. Es handelt sich wieder um einen 32stimmigen Falcon-Soundtracker, der mit einer unglaublichen Fülle an Funktionen seinem (mittlerweile) kommerziellen Nebenbuhler den Rang abzulaufen scheint. Selbstverständlich kann man in 8- oder 16-Bit-Qualität (bei bis zu 50 kHz Abspielfrequenz) musizieren und sich über8 Oktaven austoben, außerdem bietet dieser Tracker viele Menüs zur Sample-Verwaltung und hat Funktionen, die kein anderes Musik-Tool bietet. Selbst Teilbereiche wie der eingebaute Sampler sind irre komplex, sogar Harddiskrecorcfing wird angeboten. Nebenbei importiert der Tracker neun verschiedene Modulformate aller gängigen Systeme (z.B. ScreamTracker III vom PC), und als Novum kann man ihn in unterschiedlichen Auflösungen benutzen. Anwender mit VGA-Monitoren haben die Wahl zwischen 640240 oder 640480 Punkten (wobei nahezu alle Einträge eines Patterns sichtbar sind), RGB-Monitorbesitzer können einen Overscan-Modus einschalten, um mehr Arbeitsfläche zu bekommen. Das ist nur ein Bruchteil der Funktionen des Trackers, aber dank des Shareware-Prinzips kann sich jeder sein eigenes Bild machen; und wer Gefallen daran findet, sollte dann auch die ca. 30- DM Gebühr für das Teil abdrücken.

Jeff Minter macht's ... Mr. Pink macht's
Großes Bild: Aus der EKO-System-Demo ... Virtua Racer Scene
Klassischer Spielspaß auf Falcon-Niveau
Alle ohne „Lost Blubb“-Demo dürfen hier mal Martina bewundern
EXA macht die „Evolution“ mit FLAN-Grafik durch

Außerdem hat Frontier-Software „some top-secret previews“ auf der Party gezeigt, und nebenbei gibt es eine neue französische ATARI-Zeitschrift namens „MUST“. Weiter meinte FLAN, daß der Falcon jetzt von einer neuen Firma (nicht nur C-Lab) gebaut wird, und warf noch sehr geheimnisvolle Attribute wie „more powerful and faster than Falcon“ in den Gerüchtetopf.

Von FLAN bekam ich auch die neueste Ausgabe (Nr.18) des Diskmags „Maggi“, was mich zum nächsten Thema bringt. Neben einem exquisiten Intro (von TAT/ Digital Chaos) hat sich das mit der Zeit etwas eingestaubte Maggi liften lassen und kommt nun mit einer komplett neuen Falcon-Oberfläche daher. Neben frischen Berichten rund um die Scene gibt es knallbunte Grafik, Fading und Zooming, daß einem das Herz höher schlägt. Schuld daran sind die „Reservoir Gods“, die für das Maggi-Team diese neue Oberfläche erschaffen haben - genau, die Macher von „God-Paint“ (das Zeichenprogramm erwähnte ich in einer der letzten Falcon-Scenes). Die Jungs aus dem UK infiltrieren die Scene aus einer etwas anderen Ecke. Statt elegant gestylter Demos liefern sie den „Falconesen“ fette Games. Vor geraumer Zeit brachten sie einen „Match It“-Clone für den Falcon heraus, der mich als begeisterten Spieler der „Delta Force“-ST-Version allerdings nicht vom Hocker riß. Dieses „Arcade Puzzle Game“ gibt es aber mittlerweile für lumpige 3 Pfund oder 10 Leerdisks in einer neuen Version. Und „Tautology 2“ weiß diesmal zu überzeugen. Neue knallbunte Grafik, die anscheinend ein Markenzeichen der „Einweckgötter“ zu sein scheint, paart sich mit kultigen Programmiereffekten und exzellenter Funktionsvielfalt.

1-2 Spieler können sich gleichzeitig über Tastatur, Joystick oder Jaguar-Pad (frei einstellbar) ins süchtigmachende Spiel stürzen. Dabei kann man die Tastaturbelegung, Maus-und Stick-/Pad-Geschwindigkeit, Steingrafiksets und vieles mehr mittels eines übersichtlichen Menüs einstellen. Gesamturteil: very cool!

Double Bobble 2000

Ihr jüngster Schachzug ist aber „Double Bobble 2000" in bester ATARI-Tradition portierten sie den Arcade-Klassiker auf aktuelles Niveau. Eigentlich sollte das Game kommerziell vertrieben werden, aber es gab wohl Trouble wegen des Copyrights. Also hat man den Namen leicht verfälscht und sich für den Vertrieb per Shareware entschieden. Glück für nostalgische Gamer, denn für 10 Pfund (ca. 30,- DM) gibt's nicht nur die Vollversion. R.G. legen auch noch einen 2. Teil des Games mit dem Untertitel „the further Adventures“ und einen Mapeditor, mit dem man selbst Levels erstellen kann, obendrauf. Aber zum Spiel:

Wieder begegnen wir knallbunter Happy-Hippo-Grafik und einem aufgeräumten Menü mit vielen Einstellmöglichkeiten. Ob RGB, VGA, Joystick, Tastatur oder Joypad ... für jeden ist das Richtige dabei. 1-2 Spieler „bubbeln" mit den kleinen Dinos um die Wette in einer süßen TrueColor-Grafikumgebung mit beeindruckenden Zoom-Effekten. Nicht nur das digitale Remake der original Gamemusik ist Stereo, auch die saftigen SoundFX nutzen diese Möglichkeit. Geht Ihr also nach rechts, kommt auch das jeweilige Quietsch-, Peng- etc. -geräusch von der Seite. Gesamturteil: ultracool!

Die Games der „Reservoir Gods“ machen einen sehr guten Eindruck; Grafik, Sound und Spielspaß stimmen, und der Falcon darf zeigen, was er draufhat. Viele Shareware-Autoren dürfen sich davon eine Scheibe abschneiden. Für Interessierte (modemlose) hier die Adresse:

Leon O’Rellly (Mr. Pink)
Cwm Isaf
Abermule
Montgomery Welshpool Powys SY15 6JL
United Kingdom

Substation und kein ENDE! Immer mehr Zusatz-Levels von Freaks aus Schweden tauchen auf, und gerüchtehalber soll bald ein Level-Editor zu haben sein. Außerdem munkelt man etwas über Substation 2, das ein reines Falcongame werden soll. Wahr ist, daß Unique Development Sweden wieder etwas Neues angekündigt haben. Leider hatte mein „Informant“ den Namen vergessen, und über den Inhalt wurde noch nichts verlautbart.

... und ATARI?

Ha, jetzt hat tatsächlich keiner gemerkt, daß in allen News unterschwellig ein Wort mitschwingt. Mit der beängstigenden Ruhe eines komplett Wahnsinnigen sitzt es in der Ecke, und ich frage mich, ob es sich vorbereitet, um vielleicht ein lustiges Liedchen zu pfeifen oder mit der Sprengkraft einer Atombombe zu zerplatzen: ATARI!

Also, nachdem ATARI sich wohl sogar offiziell aus dem Computerbusiness zurückgezogen hat und tapfer den Jaguar supportet, gibt es mal wieder Gerüchte. Eigentlich hatte ich mich schon an den Gedanken gewöhnt, noch ein paar Jährchen mit meinem Falcon zu verbringen und dann mal zu schauen, wie es weitergeht, und jetzt „das“! Nicht nur das Flan in seinen Briefen ständig etwas von einem neuen Rechner murmelt, bald gab es auch z.B. im Maggi 18 einen Bericht über ATARIs neueste Wundermaschine, die „Microbox“ zu lesen. Da ich mich damals bei den Vorankündigungen des Falcons auch in Hysterie fallen ließ und das nachträglich als ziemlich stressig empfand, blieb ich unaussprechlich cool. Mit einem Lächeln studierte ich die Infos zu dieser Kreuzung zwischen Jaguar und Medusa (leistungstechnisch) und fand es ausgesprochen witzig, daß da noch mehr Leute von einem Rechner träumen, den ich mir auch schon zusammengesponnen habe. Dabei klang aber alles sehr plausibel, und die Quelle wurde auch als seriös ausgewiesen. Höchst interessant, aber cool bleiben, Mann, auf sowas fällst Du nicht nochmal rein. Als ich aber letzte Woche das ATARI-Talk-Brett im Maus-Netz lese, schreibt ein Typ, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, daß er gerade mit der eben veröffentlichten Microbox von ATARI rumexperimentiert. Ich stehe kurz vor einem Zusammenbruch, verzweifelt durchforste ich das Brett nach mehr Informationen, aber in jeder Mail steht nur, daß es die Microbox gibt und sonst nur Gelaber, keine Daten etc.

Seitdem sitze ich hier, und kleine lila Fragezeichen (übrigens auch die Farbe meiner neuen Küche) tanzen vor meiner Nase. Tausend „Wie"s und „Warum"s lassen Platz für unendliche Spekulationen. Also gebe ich meine Verwunderung an Euch weiter und bin kaum noch in der Lage, meinem allerbesten Freund Janosch ein schönes, halbes Jahr in Australien zu wünschen (Svenja sowieso) und einen dicken Gruß für Silke und meine Ballerinaschwester Kirsten zu versenden. Außerdem grüße ich den „Großen InternetWolf“.

Ciao, euer Hausmeister A.-t- of Cream

Last minute: Nach neuesten (zuverlässigen) Infos existiert tatsächlich ein Prototyp der Microbox (sogar schon seit einigen Jahren). Es gibt aber keinerlei Pläne zur Produktion seitens ATARIs.


Kay Tennemann
Aus: ST-Computer 11 / 1995, Seite 56

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