Falcon-Scene: SEE YOU SOON - ON THE MOON!

Heho, eigentlich könnte ich diesen Artikel genauso beginnen wie den letzten, ich müßte nur den Titel „Alien vs. Predator“ gegen „DOOM“ austauschen, denn das Spiel, um das in der PC-Welt wohl am meisten Wind gemacht wurde, gibt es jetzt auch für den Jaguar, und ich hatte keine Chance, einem Kauf zu widerstehen. Nun, in bezug auf die spielerischen Inhalte von DOOM gab es schon etliche Diskussionen, und nicht zu unrecht ist dieses blutige Spektakel in Deutschland indiziert. Die technische Seite dieser Action-Orgie ist aber unumstritten faszinierend. Vielleicht ist das Erscheinen zum Weihnachtsgeschäft gut für den Verkauf des Jaguars, aber dennoch etwas makaber.

Ich bleibe gleich mal mit dem Joypad in der Hand sitzen und wechsele nur kurz die Maschine. Genau, auch auf unserem Falcon030 kann man inzwischen in schneller Vektorgrafik und Texturemapping schwelgen, allerdings zu weitaus friedlicheren Zwecken. Wir treffen uns nämlich zum lustigen Space-Gleiter-Rennen in „Moon Speeder“. Dieses Spiel aus Frankreich erwähnte ich schon in der letzten Falcon-Scene, und nun ist es erhältlich (in Deutschland soll es von COMPO Software vertrieben werden).

Kurz zum Inhalt: Es stehen 8 Gleiter mit unterschiedlichen Fahreigenschaften zum Verheizen auf ca. 30 Kursen zur Verfügung. Falls jemand kein Jaguar-Joypad besitzt, braucht er keine Angst zu haben, in dieser Beziehung ist „Moon Speeder“ freizügig, man spielt mit „normalem“ Joystick, Tastatur, Maus oder (erstaunlicherweise) Analog-Joystick, wobei mir die Maussteuerung nicht so zusagte, da man den Gleiter schlecht kontrollieren konnte. Allerdings unterscheiden sich die Gleiter auch in ihrem Steuerverhallen, so daß es wohl auch einen besseren für Maussteuerung geben wird. Wie bei den Jaguarspielen kann man die Lautstärke der Musik und Geräuscheffekte separat verstellen oder auch einfach komplett ausblenden (da die Musik etwas Rechenzeit verbrät, wird das Spiel dann sogar ein wenig flüssiger). Lustig ist auch die Dynamik des Spieles. Wenn sich zwei Gleiter zu nahe kommen, stoßen sie sich ab, als ob sie von einem Magnetfeld umgeben wären. Ähnlich verhält es sich mit dem Fahrbahnrand. Nach zu vielen Karambolagen gibt’s dann auch eine kernige Explosion. Besonders lustig wird es, wenn man. da man sich in einer echten 3D-Welt befindet, einfach wendet und Geisterfahrer spielt.

Während man also seinem Ziel entgegenschwebt. gibt es auch Extras einzusammeln, die einem zu einer Art „Turbo“ verfiel fen und das Gefährt mit einer Laserkanone bestücken. Interessant ist auch, daß im Auswahlmenü der mir vorliegenden Demoversion (leider noch gesperrt) eine „Link-Option“ und eine Option für das Verstellen der Kameradistanz zu sehen waren. Die Grafik hat sich leider nicht verbessert, ist aber abwechslungsreicher geworden. So kann man also jedem Gamefan ein Antesten empfehlen.

RISK

Ok, genug gespielt, wenden wir uns der Scene zu. Diesmal möchte ich die Produktionen einer weiteren Crew aus der Independent vorstellen. Die Jungs nennen sich RISK und beschäftigen sich weniger mit Demos. Sie tüfteln lieber an nützlichen Tools.

Jeder wird sich wohl an die Soundchip-Musiken der ST/E-Demos und -Spiele erinnern, die irgendwann Kultstatus erreichen. Während lange Zeit ein einziger Musiker (MAD MAX) dominierte, gab es später viele tolle, die dem flachbrüstigen ST-Soundchip Erstaunliches entlockten. So kam es dann, daß viele Hacker sich die Musiken aus den Demos „rippten“ (ehmm, borgten ... na gut - klauten) und diese wiederbenutzten. Von „Inter“ gibt es nun einen geeigneten Player für Leute, die entsprechende Bibliotheken von Soundchip-Musiken haben.

Der RIPplayer V2.0 spielt 12 unterschiedliche Soundchip-Musikformate vor uralten bis trickbeladenen neuen. Durch ein komplexes Einstellungsmenü kann mar aber, bei etwas Kenntnis der Materie, alles, was chipsoundmäßig existiert, durch den Player jagen. Nebenbei erweist sich das - als Programm oder Accessory benutzbare - Tool aber als echtes Multitalent, denn die beliebten Amiga-Module können auch abgespielt werden. Und dann gibt es noch etwas Exotisches. Der Player verträgt sogar mit dem Future-Composer auf dem Amiga erstellte Amiga-Soundchip-Musiken und soll demnächst auch original Commodore-64-Musiken abspielen. Man kann mit Hilfe dieses Players also nicht nur akustisch in alten Zeiten schwelgen, sondern die wirklich guten C64er- und Amiga-Musiken genießen, falls einem beim Tippen in der Textverarbeitung zu langweilig wird.

Oh, außerhalb der Fahrbahn - das kostet Energie!
Die spannenden Sekunden vor dem Start bei „Moon Speeder“
Die zahlreichen Funktionen von RAG-D...
Großes Bild: So etwa fühlt man sich nach ca. 3 Stunden DOOM auf dem Jaguar
Beim Rumspielen mit RAG-D ist „das“ entstanden.

RAG-D

Aber auch für Hobbygrafiker haben RISK gesorgt. Danny O. hat sein Zeichenprogramm „RAG-D“ veröffentlicht. Alle Freaks, die auf dem ST mit dem Klassiker „Degas“ gearbeitet haben, können sich freuen, denn RAG-D bietet eine an Degas angelehnte Benutzerführung. Es ist sprichwörtlich auf die Bedürfnisse eines Szenegrafikers zugeschnitten und bietet neben allen Standardzeichenfunktionen viele andere Schmankerln. Am meisten unterscheidet es sich aber von anderen Szenegrafikprogrammen durch seine Flexibilität. RAG-D ist auflösungsunabhängig und verträgt sich dadurch mit allen bekannten Auflösungserweiterungen. Durch eine eigene Oberfläche bleibt es aber trotzdem schnell und behindert die Arbeit nicht, wie das gewisse GEM-Kollegen tun. Alle Funktionen, die für den Benutzer eines pixelorientierten Grafik-Tools wichtig sind, erweisen sich als sehr gut durchdacht. So steht bei Funktionen, in denen genau positioniert werden muß, eine Realtime-Lupe zur Verfügung die sich schnell mit „HELP“ ein- und ausblenden läßt; außerdem werden die Mauszeigerkoordinaten angezeigt, was beim Arbeiten mit Blöcken wahnsinnig nützlich ist. Alle Funktionen des Programmes sind über Mausklick erreichbar, und die nötigen Einstellungen dazu stehen dann beim Klick auf die rechte Maustaste bereit. Nach einer Weile Einarbeitung kann man dann noch schneller arbeiten, indem man die Zeichenfunktionen über Tastatur aufruft. Zu erwähnen wäre auch noch, daß das Programm komplett zweisprachig ist. Man kann nach dem Start zwischen Englisch und Deutsch wählen.

Je nach Auflösung und vorhandenem Speicher stellt RAG-D mehrere Bildschirme zur Verfügung, zwischen denen frei umgeschaltet werden kann. Als Besonderheit betrachte ich auch die sehr komplexe Animationsfunktion. Etliche Parameter können eingestellt werden und sind so eine nützliche Hilfe für Spielegrafiker. RAG-D ist übrigens in Zusammenarbeit mit dem Szenegrafiker „Mc Fly“ (Hi, Bleick) entstanden, der auf fast jeder Convention die 1. Plätze abräumt, also sein Handwerk versteht. Ich denke, RAG-D stellt eine gute Alternative zu den schon vorgestellten Konkurrenten dar, und wer sich mit Indypaint und Delmpaint nicht anfreunden konnte, sollte sich unbedingt RAG-D ansehen. Außer in den einschlägigen Mailboxen kann man RAG-D (und auch den RIPplayer) bei T. Bonnke, Postfach 1171, 72562 Bad Urach bekommen. RAG-D ist übrigens Shareware.

Kinderfest

Tja, was wäre da noch? Genau, „Dan’s lustiges Kinderfest“. Es lief eher im kleinen Rahmen ab, und die meisten Leute trieben sich tagsüber auf der proTOS in Hennef herum. Neben kleineren Neuigkeiten haben „Inter“ ihr neues Demo vorgestellt, an dem lediglich noch die endgültige Musik fehlte. Ein großer Haufen technisch perfekter, gut designter und teilweise wirklich beeindruckender Effekte rollt auf den Betrachter zu. Ein Gesamteindruck läßt sich aber erst mit Musik vermitteln. Zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels sollte es sich aber schon jeder auf den üblichen Wegen besorgen können. Apropos proTOS: Witzigerweise verkauften dort holländische Händler, ähnlich ihren Kollegen im Pflanzenbereich auf Jahrmärkten, ältere ATARI-Artikel. Ich habe mir dann auch noch ein ATARI 7800 für sage und schreibe 20,- DM „gezogen“. Für mich als Grafiker gab es dann auch noch eine kleine Sensation am Stand von TEAM-Computer. Dort wurde das brandneue Raytracing-Paket „NEON“ vorgestellt. Dieses Paket bietet alles, was sich der Erschaffer virtueller Welten wünscht, und protzt mit super Animationsfunktionen sowie schnellen Berechnungen der Werke. Die Reaktion aller Vorbeikommenden war: „...haben wollen!“. Sehr gut zu wissen, daß auch von kommerzieller Seite tolle Produkte für den Falcon erscheinen. Respekt für die Programmierer von „NEON“!

Zum Schluß (trotz vieler Spinner) einen Gruß an Silke.

ciao, euer A.-t- of Cream


Kay Tennemann
Aus: ST-Computer 02 / 1995, Seite 88

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