Harddiskrecording mit Win Rec Pro und WinCut Pro (2)

Während wir uns in der letzten Ausgabe der ST-Computer mit dem Harddiskrecorder WinRec Pro beschäftigt haben, möchten wir Ihnen heute WinCut Pro, ein digitales Mischpult und Schnittsystem, näherbringen. Mit WinCut Pro können 16-Bit Samples nichtdestruktiv geschnitten, miteinander kombiniert und neu abgemischt werden. Zudem lassen sich gezielt DSP-Soundeffekte einsetzen, so daß Sie spielend leicht neue Musikstücke zusammenbasteln können. In Verbindung mit WinRecPro, mit dem sich Samples von DAT, CD oder anderen Audioquellen aufnehmen lassen, steht beispielsweise der Kreation einer Maxiversion Ihres Lieblingssongs nichts mehr im Wege.

Grundlegendes

Getestet haben wir WinCut Pro sowohl auf den TOS-Versionen 4.01 und 4.04 als auch unter MultiTOS V 1.08. Obwohl WinCutPro sauber und ordentlich ins GEM eingebunden wurde, können wir von einem Einsatz unter MultiTOS oder zusammen mit anderen bremsenden Programmen nur abraten. Da alle Routinen von einem unendlich schnellen Falcon ausgehen, erhalten Sie recht amüsante Klangeffekte, wenn Bremser im System eingebunden sind.Beidieser Gelegenheit möchten wir Sie auch darauf hinweisen, daß Sie unbedingt auf einen schnellen internen oderexternen Massenspeicher achten sollten. Bei unserem Test-Falcon kam es sogar zu der Situation, daß die externe SCSI-Wechselplatte klaglos ihren Dienst verrichtete, während die interne Toshiba Festplatte ständig Hänger produzierte. Fast überflüssig zu erwähnen, daß Besitzer von Beschleunigerkarten überdurchschnittlich vom Performance-Gewinn profitieren.

Im Praxiseinsatz

Um einen möglichst realistischen Praxistest zusimulieren,haben wir zwei aktuelle Dancefloor-Tracks herangezogen, um versuchsweise eine synthetische Maxiversion zu produzieren. Aus dem Stück „The Rhythm of the Night" von Corona haben wir, natürlich mit WinRec Pro, ein 600 KB und aus dem Hit „The Colour of my Dreams" von B.G.The Prince of Rap ein 460 KB großes Sample herausgeschnitten und ungepackt auf der Wechselplatte abgelegt. Anschließend haben wir WinCut Pro gestartet und das Sample-Fenster geöffnet, in dem alle zu einem Song gehörenden Samples verwaltet werden. Über den Button NEU werden die zwei Samples in die Liste aufgenommen. Dabei legt das erste Sample in der Liste Format und Sample-Frequenz für alle nachfolgenden Samples fest. Dies bedeutet, daß alle Samples zwangsläufig ein identisches Datenformat aufweisen sollten.

Der Editor

Ein neuer Song kann aus beliebigen Samples oder aneinandergereihten Blöcken, die Teile eines Samples sind, zusammengestellt werden. Um in den Editor zu gelangen, wird ein Sample aus dem Sample-Fenster ausgewählt. WinCut Pro rechnet dann das Sample auf die Länge des Monitorpuffers um. Hier gilt es teilweise schon eine Hürde zu überwinden, falls der Monitorpuffer nicht ausreichend dimensioniert wurde und WinCut Pro den Vorgang abbricht. Sofern der Hauptspeicher ausreicht, werden im oberen Bereich des Editors die Audiodaten des selektierten Samples dargestellt. Im mittleren linken Bereich des Editors erkannt man vier Icons, die je nach Aktivierung verschiedene Funktionen auslösen. Selektiert man das Flaggen-Icon, kann man mit der Maus im Audiodatenfenster Marken setzen. Sofern man die Maus an die Stelle einer bereits eingetragenen Marke bewegt, verwandelt sich der Mauszeiger in ein Kreuz. Die gesetzte Marke kann dann verschoben werden, wobei der Timecode der Marke in der Digitalanzeige mitläuft. Überflüssige Markierungen lassen sich über das MülleimerIcon löschen. Mit dem Lupen-Icon wird die gewünschte Stelle im Fenster jeweils verdoppelt oder halbiert. Akiviert man das Mischpult-Icon, kann man eine Marke anwählen und ins Mischpultfenster ziehen.

Marken und Blöcke

Blöcke werden jeweils durch eine Anfangs- und eine Endmarke festgelegt. Nützlich ist hierbei die Loop-Funktion, die den Block beim Abspielen ständig zwischen der Start- und Endmarke wiederholt. Damitkönnen Sie sich anhören, ob die Markierungen einwandfrei gesetzt wurden. Marken können aber auch beim Abspielen definiert werden. Sofern man die SHIFT-Taste betätigt, setzt WinCut Pro eine Marke und vergibt für diese Marke automatisch einen Namen. Zum Aufspüren exakter Schnittstellen unterstützt Sie aber auch das Jog-Shuttle, das Ausschnitte um eine Marke vor-und rückwärts abspielt. Dabei informiert Sie der Timecode in der Digitalanzeige ständig über die aktuelle Position. Wahlweise läßt sich die Marke auch entsprechend verschieben. Links unten im Editorerkennen Sie den Blockbereich, der den Namen des durch die Start-und Endmarken festgelegten Blocks aufnimmt. Hier läßt sich auch die zeitliche Länge einer Überblendung zwischen diesem und dem folgenden Block angeben. Ferner stellt man hier ein, wie oft dieser Block hintereinander wiederholt werden soll. Der nun fertig definierte Block kann mit der Maus in die sogenannte Playlist verschoben und dort hinten angehängt werden. Natürlich ist auch der umgekehrte Weg möglich: Wählen Sie einen Block aus der Playlist aus und verschieben Sie diesen in das Editor-Fenster. WinCut Pro stellt dann alle Daten erneut korrekt dar.

Die Playlist

Die Playlist legt quasi die Ablaufregelung aller Blöcke und Samples fest. Selbstverständlich stehen für die Playlist alle denkbaren Blockoperationen wie Ausschneiden, Kopieren, Einfügen oder Löschen zur Verfügung. Um einen Song abzuspielen, müssen die entsprechenden Blöcke selektiert und aktiviert werden. Sie können aber auch inaktiviert werden, um in größeren Songs schnell und zügig an bestimmte Stellen zu gelangen. Neben einer Start und einer Stop-Taste bietet WinCut Pro auch eine Exportmöglichkeit, die den Song im DVS-Format als normales Sample-File abspeichert. Wünschenswert wäre hier die Möglichkeit, einen erstellten Song eventuell über eine Assembler-Routine in eigene Programme einzubinden. Vielleicht nimmt der Programmierer dies als kleinen Denkanstoß für weitere Entwicklungen auf. In der Playlist werden alle Blöcke nacheinander dargestellt und auch entsprechend abgespielt. Sofern man kleine Änderungen anbringen möchte, braucht man nicht unbedingt in den Editor zu wechseln. Hier genügt eventuell auch schon ein Doppelklick auf den gewünschten Block. Es öffnet sich eine Dialogbox, die einige Informationen ausgibt und in der die Anzahl der Wiederholungen und die Länge der Überblendung verändert werden kann.

Das Mischpult

Alle Effekte, die auch WinRec Pro anbietet, können von WinCut Pro durch einfaches Kopieren in den LODS-Ordner mitbenutzt werden. Ebenfalls gilt auch für WinCut Pro, daß bis zu drei Effekte gleichzeitig kombiniert und deren Parameter sanft zwischen verschiedenen Marken verändert werden können. Um einen gewollten Effekt zu definieren, klickt man das Popup-Menü im Mischpult an. Etwas nachteilig ist die Tatsache, daß man sich somit auf einen Effekt festlegt. Sofern man etwas verändern will, heben sich alle bisherigen Effektblöcke auf. Die einfachste Form zum Einfügen von Effekten erfolgt durch Schieben einer Marke vom Editor in den freien Bereich des Mischpultfensters. Es öffnet sich ein Dialog in dem alle Parameter des Effekts für den ausgewählten Zeitpunkt eingestellt werden.Sehr schön ist der Übergang zum nächsten Effektblock gelöst worden: Durch Aktivierung eines sogenannten LINK-Buttons unterhalb des jeweiligen Schiebereglers erfolgt ein weiches Überblenden bis zum nächsten Effektblock.

Sonstiges

WinCut Pro bestätigt erneut die alte Weisheit, daß man fürs Samplen nie genug RAM haben kann. Denn sofern man in der Dialogbox EINSTELLUNGEN die Werte für Sound-Puffer, Fade-Puffer und Editorpuffer erhöhen kann, erhält man ohne Frage bessere Arbeitsergebnisse. Dies merkt man überaus deutlich am Fade-Puffer.150 KB reichen beispielsweise für 0,8 Sekunden Überblendung. Verdoppelt man diese Speicheranforderung, verdoppelt sich auch der Zeitraum für die Uberblendeffekte.
Eine nette Dreingabe ist das eigenständige Programm CLOCKWORK, das zum Umrechnen von Samples auf verschiedene Sample-Frequenzen und zum Ändern der Geschwindigkeit von DVS-Samples benötigt wird. Der Hauptzweck wird aber sicherlich sein, Samples unterschiedlicher Sampling-Raten untereinander zu konvertieren, um sie dann in das Sample-Fenster einfügen zu können.

Fazit

WinCut Pro setzt die mit WinRec Pro begonnene Programmreihe konsequent fort. Die eingangs erwähnte Maxiproduktion zweier Dancefloor-Tracks haben wir erfolgreich beendet. Jeder DiscJockey wird uns zweifelsohne um diese gelungene Kombination zweier Musikstücke beneiden. Kurz vor Redaktionsschluß erreichte uns die Beta-Version 2.4, die einige Ergänzungen erfahren hat. Zwar zeigten sich, wie es bei Beta-Versionen nun mal üblich ist, einige Kinderkrankheiten, die aber prompt vom Programmierer beseiligt wurden. In Verbindung mit WinRec Pro erhält man eine ideale Ergänzung zur Musikproduktion, die allen Sample-Freaks empfohlen werden kann. WinCut Pro gibt es für den fairen Preis von 129 DM.

RW

Positiv:
gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
zeitgemäße GEM-Einbindung
Nutzung aller DSP-Effekte von WinRec Pro
Einbindung eigener Effekte möglich
weiches Überblenden zwischen den Effektblöcken
CLOCKWORK im Lieferumfang enthalten

Negativ:
keine interne Regelung des Wiedergabepegels
derzeit noch nicht gelöste Weiterverwendung der Songs
keine Aneinanderreihung unterschiedlicher DSP-Effekte

Aus presserechtlichen Gründen sind wir zu folgendem Hinweis verpflichtet: MAXON Computer als Herausgeber dieser Zeitschrift ist gleichzeitig Vertrieb des beschriebenen Pragrammes.



Aus: ST-Computer 01 / 1995, Seite 32

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