Datenfernübertragung (kurz: DFÜ) soll in dieser Ausgabe unser Schwerpunktthema sein. Wir haben einige bekannte Soft- und Hardware-Produkte zusammengetragen und sie Kurztests unterzogen. Der DFÜ-Anwender wird auf der Software-Seite in der Regel zunächst mit Terminalprogrammen konfrontiert, die den Datenaustausch zwischen zwei Computern wesentlich erleichtern. Demgegenüber stehen auf der Hardware-Seite natürlich die Modems, die eine Kommunikation über die Telefonleitung überhaupt erst ermöglichen. Für die fortgeschrittenen DFÜler besprechen wir schließlich noch die sogenannten Frontends. mit deren Hilfe regelmäßiger Datenaustausch mit Mailbox-Systemen automatisiert werden kann.
Zu den technischen Grundlagen möchten wir an dieser Stelle auf einige ältere Ausgaben (z.B. der ST-Computer) verweisen, aus denen Sie tiefergehende Informationen entnehmen können. In diesem Schwerpunkt werden wir eher an der Oberfläche bleiben und uns den augenblicklichen Markt näher ansehen. Beginnen wir mit den Terminalprogrammen:
Mittlerweile gibt es eine recht große Zahl von Terminalprogrammen für ATARI-Computer. Der bekannteste Vertreter dürfte wohl Rufus von Michael Bernards sein. Das Programm ist komplett in GEM eingebunden, was der Bedienbarkeit und Übersicht sehr entgegenkommt. Durch die logische Strukturierung eignet es sich besonders für den DFÜ-Neuling, der es kaum erwarten kann, sein Modem auszuprobieren und Kontakt zu einer Mailbox aufzunehmen. Bevor man jedoch die Arbeit beginnen kann, müssen die Pfade richtig gesetzt sein. In einer Dialogbox definiert man diese für den Up- und Download. Puffer, die Batch-Dateien usw. Rufus bietet die gebräuchlichsten Terminalemulationen VT52, VT 100 und TTY. Leider ist die Implementation des VT 100-Standards etwas buggy und gerät ein wenig „durcheinander“.
In der nicht mehr ganz neuen Version 1.11R9 (die 1.20 ist in Arbeit) von Rufus sind alle Funktionen vorhanden, die auch den anspruchsvolleren User zufriedenstellen dürften. Neben den wichtigsten Übertragungsprotokollen wie X-, Y- und ZMODEM sind auch ein kleiner (für das Gröbste ausreichender) Texteditor und ein Wählverzeichnis vorhanden, in dem eine nahezu unbegrenzte Anzahl von Mailboxen eingetragen werden kann. Wichtig ist auch die Möglichkeit, jeder Box-Nummer die Geschwindigkeit der seriellen Schnittstelle, ein Dialprefix und eine bei erfolgreich aufgebauter Verbindung auszuführende Batch-Datei zuordnen zu können. Das erhöht die Flexibilität im Alltag doch erheblich.
Anhand der abgedruckten Menüleiste bekommen Sie einen guten Eindruck von dem, was Rufus zu leisten vermag: Selbstverständlich können die Funktionstasten frei belegt, normale Programme nachgestartet und der im Terminal- und Wählfenster benutzte GDOS-Font eingestellt werden. Die Benutzer einer Shell können von Rufus aus auch auf diese zurückgreifen (‚Shell starten‘).
Auf das eben erwähnte Wählverzeichnis soll noch ein wenig genauer eingegangen werden, da ihm eine zentrale Bedeutung zukommt. Wie bereits ausgeführt, kann eine fast beliebige Anzahl von Mailbox-Nummern dort abgelegt werden. Einzelne Funktionen, die sich direkt auf das Wahlverzeichnis beziehen, lassen sich über Icons aufrufen. So können die Einträge beispielsweise nach Namen oder Nummern sortiert und mehrere Nummern gleichzeitig selektiert werden. Sollte in solch einem Fall eine angewählte Box besetzt sein, wird einfach die nächste Nummer gewählt.
Rufus läuft auf allen ATARI-Rechnern, was sehr lobenswert ist. Darüber hinaus können alle Schnittstellen vom TT, Mega STE oder Falcon, die sich zur seriellen Übertragung von Daten eignen, angesprochen werden. Selbst der MIDI-Anschluß wird unterstützt.
Abschließend bleibt ein sehr guter Eindruck. Zwar ist Rufus nicht auf dem allerneusten Stand, dennoch stellt sich der Funktionsumfang als recht großzügig dar. Bleibt abzuwarten, was die zukünftige Version 1.20 bringt...
Bezugsadresse:
Michael Bemards
Bussardweg 1
W-5204 Lohmar/Geber
Preis: 40,- DM ohne / 50,- DM mit gedrucktem Handbuch (Shareware)
Demoversion in fast jeder Mailbox
STalker ist ein in Amerika entstandenes Programm und wird in Deutschland von Computerware in einer deutschen Übersetzung vertrieben. Zusammen mit der Programmdiskette erhalt der Käufer zwei (ebenfalls in deutscher Sprache abgefaßte) Handbücher, die auch den Anfänger nicht im Unklaren lassen. Allerdings ist schon allein am Aufbau der Menüleiste erkennbar, daß das Programm selbst etwas älteren Datums ist. Tastenkombinationen wie Alternate-Tab sind doch recht ungewöhnlich, und auch in ästhetischer Hinsicht bleiben einige Wünsche offen.
STalker stellt dem Anwender neben den bekannten Einstellungsmöglichkeiten (Terminalemulation, Geschwindigkeit usw.) ebenso wie Rufus die gebräuchlichsten Übertragungsprotokolle wie ZModem zur Verfügung. Das dürfte aber die einzige Gemeinsamkeit mit Rufus (und vielen anderen Terminalprogrammen) sein. Wie die abgedruckten Screenshots zeigen, besitzt das Programm eine völlig andere Aufmachung und geht in vielerlei Hinsicht eigene Wege. So umfaßt das Wählverzeichnis maximal dreißig Nummern. Das reicht zwar normalerweise aus, jedoch kann es auch nicht schaden, alle dem Anwender bekannten Mailbox-Nummern in die Liste eintragen zu können - selbst wenn einige Nummern nur alle zwei Monate angewählt werden.
In der Nummernliste können für jeden Eintrag alle einstellbaren Parameter mit gespeichert werden. Natürlich lassen sich mehrere Nummern selektieren, die dann der Reihe nach angewählt werden, bis eine Verbindung zustandekommt. Des weiteren stellt STalker einen Gebührenzähler zu Verfügung, was sich in der Praxis als sehr nützlich erwiesen hat.
Um die Login-Prozedur einer häufig benutzten Mailbox zu automatisieren, läßt sich eine individuelle Login-Phase anlegen. Bei anderen Terminalprogrammen wird dies über einen nachgeladenden Batch bewerkstelligt.
Die maximal acht definierbaren Login-Zeilen sind jedoch nicht als Ersatz für eine Batch-Sprache vorgesehen - STalker hat eine solche natürlich auch integriert. Sie heißt BatchTalk, ist an C angelehnt und bietet einen erheblichen Funktionsumfang. Ein Batch wird mit einem normalen ASCII-Editor (den STalker übrigens nicht besitzt) erstellt und durch einen Compiler in einen für STalker verständlichen Code übersetzt. BatchTalk ist so mächtig, daß sich sogar eigene DFÜ-Applikationen erstellen lassen. Jedoch muß man dafür einige Kenntnisse mitbringen, die ein Neuling nicht unbedingt besitzt. STalker kann auch die zusätzlichen Schnittstellen des ATARI TT und Mega STE ansprechen, jedoch nur mit einer maximalen Geschwindigkeit von 19.200 Baud. Im Zeitalter der High-Speed-Modems mit Online-Datenkompression ist das einfach zu wenig, zumal diese Schnittstellen hardwaremäßig die Daten auch schneller übertragen können (Modem 2 beispielsweise mit 38.400 Baud).
STalker ist sicherlich ein Programm, das seinerzeit alles geboten hat, was sich der DFÜling wünschen konnte. Jedoch haben sich mit der Zeit Standards (in der Bedienung und im Aufbau) etabliert, gerade weil sie so ungemein praktisch sind. Auch ist eine maximale Übertragungsrate von 19.200 Baud einfach nicht mehr zeitgemäß. Der einzig unbestreitbare Vorteil von STalker ist die Batch-Sprache. Zwar sind Kenntnisse der Sprache C unbedingt erforderlich, doch wer die besitzt, kann die Features von STalker so richtig ausnutzen. Wie dem auch sei, STalker hat eine starke Konkurrenz, der es in mancher Hinsicht unterliegt.
Bezugsadresse:
Computerware Gerd Sender
Weißer Straße 76
W-5000 Köln 50
Connect ist wohl der jüngste Vertreter im Terminal-Genre und dementsprechend mit dem ausgestattet, was derzeit als „der letzte Schrei“ gilt. Connect legt seine Dialogboxen in ein Fenster und besitzt auch kein eigenes Desktop. Damit können alle Features einer Multitasking-Umgebung mit Connect voll ausgeschöpft werden. Menüeinträge sind, wie bei allen der hier vorgestellten Programme, über Short-Cuts erreichbar, die sich allerdings vom Anwender frei definieren lassen. Connect kann in maximal vier Fenstern auch vier Schnittstellen (quasi) gleichzeitig bedienen. So können Sie sich beispielsweise auf einem TT, der ja bekanntlich mehrere serielle Schnittstellen besitzt, in zwei Mailboxen gleichzeitig herumtreiben (natürlich nur, wenn Sie auch zwei Modems besitzen, hüstel). Besitzer eines Großbildschirms können Dialoge um die aktuelle Mausposition herum zentrieren lassen, so daß ein ständiges Hin- und Herfahren mit der Maus erspart bleibt. Darüber hinaus sind die Dialoge durchgängig über die Tastatur bedienbar (ähnlich den Fly- oder Mydials). Da nun jeder Anwender den Schwerpunkt bei dem legt, was er subjektiv als „gute Bedienbarkeit“ bezeichnet, kann ein Großteil der eben beschriebenen Features auch optional abgeschaltet werden. Wer also die Dialoge in der Mitte des Bildschirms und nicht in einem (frei verschiebbaren) Fenster haben möchte, ist somit auch bestens bedient.
Neben den Standardeinstellungen bietet Connect auch bei den Schnittstellen der neueren ATARI-Computer die hardwaremäßig machbare größtmögliche Geschwindigkeit. Besitzer eines High-Speed-Modems können also in einen wahren Geschwindigkeitsrausch verfallen.
Die herkömmlich Menüleiste bietet bei Connect lediglich globale Einstellungen, sie fallen also recht mager aus (siehe Abbildung). Da jedes Terminalfenster individuell über eine eigene Schnittstelle verfügen kann, sind alle gewohnten Einstellmöglichkeiten in einem Fenstermenü untergebracht worden (ebenfalls: siehe Abbildung). Leider fällt auch schon beim ersten Schritt, nämlich alle notwendigen Einstellungen vorzunehmen, ein Manko auf: Die Aufteilung der Parameter in den einzelnen Dialogboxen ist manchmal etwas chaotisch strukturiert. So findet man der Terminalparameter ‚Echo‘ unter dem Menüpunkt ‚Port‘. Es kann also schon einmal, besonders in der Anfangszeit, dazu kommen, daß man alle Menüpunkte durchforsten muß, bis man einen bestimmten Parameter gefunden hat.
Wie Rufus und STalker, bietet auch Connect eine Script Sprache an, um bestimmte, immer wiederkehrende Aktionen bei einer DFÜ-Sitzung zu automatisieren. Allerdings wurde hier wieder ein neuer Weg beschritten nämlich über eine vollständige Shell (CoShy), die an Unix angelehnt ist. Wer sich mit der Mupfel auskennt, um nur eine Unix-ähnliche Shell zu nennen, wird sich in CoShy gleich heimisch fühlen. Allerdings besitzt CoShy keine (!) eingebauten Befehle zum Datei-Handling. Alle implementierten Befehle beziehen sich auf die serielle Datenübertragung. Um aber eine vollwertige Shell zu erhalten, mit der auch Dateien gelöscht, umbenannt und Text angezeigt werden können, muß man sich der im Public-Domain-Bereich zu findenden TTP-Programme bedienen. Dabei stellt jeder ‚Befehl‘ lediglich ein externes Programm dar, dem in der Kommandozeile die gewünschten Parameter übergeben werden. So würde ‚mkdir folder.fld‘ CoShy dazu veranlassen, das Programm MKDIR.TTP nachzuladen und ihm in der Kommandozeile ‚folder.fld‘ zu übergeben. Das klingt vielleicht etwas umständlich, hat aber seinen unbestreitbaren Vorteil: Jeder Anwender kann seine Lieblingsbefehle und -programme benutzen. Selbstverständlich beherrscht CoShy auch bedingte Sprünge und dergleichen halt alles, was eine gute Unix-Shell so haben muß.
Mit CoShy wird Connect auch zu einem universellen Tool in einer Multitasking-Umgebung - man braucht die Shell nur in einem Terminalfenster zu starten ... Im Handbuch werden alle Script- Befehle ausführlich erläutert und einige Beispiel-Scripts durchgesprochen.
Aber eigentlich ist Connect ja ein Terminalprogramm, das einen Gebührenzähler besitzt, der während der DFÜ-Sitzung bei jeder Einheit ein (abstellbares) akustisches Signal von sich gibt. Bei Ferngesprächen bekommt man so ziemlich schnell ein schlechtes Gewissen, was der Telefonrechung zugute kommt. „Wenn schon Gebührenzähler, dann aber auch eine Statistikfunktion“, dachte sich wohl der Programmierer und nannte sie „DFÜ Kontoführung“. Die Auswertungskriterien sind vielschichtig (pro Woche, Monat, Tag, insgesamt, aufgeschlüsselt nach Einheiten, Gebühren, Anzahl der Anrufe usw.). So weiß man immer, wo das Geld abgeblieben ist.
Für Benutzer eines ZyXels hält Connect einen besonderen Leckerbissen bereit: einen Anrufbeantworter. Das ist eine spezielle ZyXel-eigene Funktion, die jedoch auch von der Software unterstützt werden muß. Dies bewerkstelligt Connect in einer bequemen Art und Weise, so daß es wohl zu einem oft benutzten Programm wird ...
Überflüssig zu sagen, daß auch ein Wählverzeichnis mit einer fast unbegrenzten Anzahl von Einträgen zur Verfügung steht (Abbildung).
Soweit ein kleiner Überblick über Connect. Interessanterweise ist Connect Shareware und kostet lediglich 50,- DM mit gedrucktem Handbuch. Demoversionen sind in vielen Mailboxen erhältlich. Hat der Anwender die 50,- DM bezahlt, erhält er einen Schlüssel, der aus der Demo- eine Vollversion ohne Einschränkungen macht. Leider ist hier der zweite Schwachpunkt von Connect zu finden: In den Schlüssel gehen auch Rechnertyp, TOS-Version usw. ein. So muß man sich, wenn man Connect auf unterschiedlichen Rechnern benutzen will, mehrere Schlüssel geben lassen. Man kann Registrierung auch übertreiben.
Aber angesichts des mächtigen Funktionsumfangs und der für Anfänger noch versteckten Features wächst Connect zusammen mit den Ansprüchen des Benutzers. Auch wenn die Bedienung manchmal etwas chaotisch ist - sein Geld ist es auf jeden Fall wert. Es ist zur Zeit das beste Terminalprogramm, das uns unter die Finger gekommen ist.
Bezugsadresse:
Wolfgang Wander
Sandhäuser Straße 9
W-6900 Heidelberg
Preis: DM 50,- (Shareware)
Demoversion in fast jeder Mailbox