Bücher

Helmut Kopka
LaTeX-Erweiterungsmöglichkeiten mit einer Einführung in METAFONT
Bonn 1990
Verlag Addison-Wesley
463 Seiten, DM 79,-
ISBN 3-89319-287-5

Kopkas Buch schließt sich an die LaTeX-Einführung desselben Autors an und wendet sich an den geübten LaTeX-Anwender, dem die vorgegebenen Möglichkeiten nicht mehr ausreichen.

Im ersten Teil beschreibt Kopka einige Standardergänzungen, die das normale La-TeX-Paket erweitern. Wichtig für den deutschsprachigen Raum ist der GERMAN-Style von Hubert Parti, mit dem beispielsweise ff nach ff-f oder ck nach k-k getrennt wird. Kopka beschreibt ihn in seiner Anwendung und geht auch auf die interne Struktur des Style-Files ein.

Es schließen sich Beschreibungen der erweiterten tabular-Umgebung von Frank Mittelbach und der supertabular-Erweiterung von Gabriele Kruljac-Dronskowski an. Angesichts der Unmengen von La-TeX-Ergänzungen hat Kopka eine gelungene Auswahl getroffen, beschreibt aber abschließend noch sehr praxisorientiert den Netz-Zugang zu den Dateisammlungen der TUG- und DANTE-Anwendervereinigungen.

Die folgenden Kapitel beschäftigen sich mitderLaTeX-Einbindung der mathematischen Sonderzeichen des AMSTeX-Pakets und der Anwendung des SLITeX-Formats für die Erstellung von Over-head-Folien. Wichtig ist auch die Beschreibung des Make-Index-Programms, mit dem LaTeX-Register sehr komfortabel sortiert und gestaltet werden können.

Im vierten Kapitel findet sich ein ganz besonderer Leckerbissen, da hier das PiCTeX-Paket von Michael Wichura beschrieben wird. PiCTeX ermöglicht wirkliche Grafikanwendungen mit TeX - so können beispielsweise freie Kurven gezogen, Flächen mit Rastern unterlegt, Linien beliebig gestrichelt oder auch Diagramme mit einer sehr flexiblen Achsengestaltung versehen werden. PiCTeX ist - wie die oben genannten Makro-Sammlungen - frei erhältlich, leider wareine Dokumentation bisher nur in den USA über die TUG zu bestellen.

Kopka beschreibt das Paket anschaulich auf 74 Seiten, die mit vielen Beispielen und Illustrationen versehen sind. Das Kapitel wird abgeschlossen mit einem Index, der nicht nur auf eine Seitenzahl verweist, sondern sich durch eine kleine Erläuterung hervorragend zum Nachschlagen eignet. Eine ähnliche Registergestaltung hat sich schon bei den anderen TeX- und LaTeX-Büchem von Addison-Wesley bewährt.

Damit endet die Anwenderbeschreibung existierender Erweiterungen und der zweite Teil des Buchs führt den Leser zu dem Wissen, das man für eigene LaTeX-Erweiterungen benötigt. Es beginnt mit einer detaillierten Beschreibung der verschiedenen TeX- und La-TeX-Bestandteile und der entsprechenden Makro-Definitionen in LPLAIN.TEX, LA-TEX.TEX und LFONTS.TEX. Gerade das Wissen über letzteres File ist für die Einbindung eigener Zeichensätze wichtig. In dem Abschnitt über die La-TeX-Hauptstile finden sich die Angaben, die man braucht, wenn einem beispielsweise das normale Erscheinungsbild von Kapitelüberschriften nicht mehr genügt.

Es folgt ein Kapitel über die TeX-Programmierung, die man für LaTeX-Erweiterungen unabdinglich benötigt. Sie kann auf 80 Seiten sicherlich nicht die „Einführung in TeX“ von Norbert Schwarz oder das Ori-ginal-TeXbook von Donald E. Knuth ersetzen, ist aber dennoch als Referenz und erste Einführung geeignet.

Wie man eigene LaTeX-Layouts entwickelt, beschreibt Kopka anhand der refman-Op-tion von Hubert Parti. Schrittweise wird gezeigt, wie eigene Lay out-Vorstellungen in entsprechenden TeX-Code fließen und Seitenaufteilung, Überschriftengestaltung etc. gesteuert werden. Anhand von Briefgestaltungen, also eigenen letter.sty-Entwicklungen, zeigt Kopka, wie man die Optik von Briefköpfen umsetzt.

Der dritte große Teil des Buchs gibt eine Kurzeinführung in METAFONT. METAFONT ist der TeX-Bestand-teil, mit dem die Zeichen sätze erzeugt werden. Dabei „programmiert“ man die einzelnen Buchstaben - vereinfacht gesagt - durch die Festlegung von Stützpunkten und die Art der Linien. METAFONT ist nicht einfach und kaum jemand wird eine ernstzunehmende Schrift ohne tieferes typographisches Wissen erstellen können.

Dennoch sollte dieser Teil den Leser in die Lage versetzen, beispielsweise ein Firmenlogo oder ein exotisches Sonderzeichen selber zu erzeugen. Da immer mehr Zeichensätze als METAFONT-Code verfügbar sind, kann auch schon das Wissen um die Bedienung der Font-Erzeugung die typographischen Möglichkeiten mit TeX erweitern helfen.

Die Anhänge beschreiben das WEB-System, in dessen Pascal-Pseudocode TeX programmiert wurde und die Installation eines kompletten TeX-Pakets auf dem eigenen Rechner von der Erzeugung des eigentlichen Pascal-Codes mit WEB bis zum „Torture-Test“, der die Korrektheit der Implementierung überprüft. Den Abschluß des Buchs bildet ein 17seitiges Register.

Das Buch deckt den ungeheuer weiten Bereich ab, der durch die Vielzahl von Hilfsprogrammen und Ergänzungen zu LaTeX entstanden ist. Es ist dadurch unbedingt zu empfehlen, will man ernsthaft mit LaTeX arbeiten und sich dabei über die vorgegebenen Möglichkeiten hinausentwickeln.

Über den seltsam nach unten verrutschten Seitenspiegel, die Verwendung der englischen, oberen Anführungszeichen und einige nicht aufgelöste Seiten-und Abschnittreferenzen im ersten Kapitel läßt sich problemlos hinwegsehen. Vielleicht wäre noch ein Abschnitt über die LaTeX-Output-Routine sinnvoll gewesen.

Mit diesem Buch ist die TeX-Reihe von Addison-Wesley fast komplett, wenn man auch merkt, daß sich der Verlag noch nicht zu einem deutschsprachigen METAFONT-Buch durchringen kann. LaTeX-Anwender sollten auf das Originalbuch von Leslie Lamport verzichten und sich die beiden Kopka-Bücher neben den Rechner stellen.



Aus: ST-Computer 01 / 1991, Seite 190

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