Knallbunte Impressionen mit Pixart: Des Pixels Pinsel

Ich habe es nie eilig, zum Detail vorzustoßen: die Gesamtheit und der Charakter eines Gemäldes interessieren mich vor allem. Wenn das feststeht, dann suche ich die Finessen, die Form und die Farbe. Jean-Baptiste Corot (1796-1845)

Die heutige Grafikanwendung steht im Zeichen von »PixArt«, dem neuen Pixelgrafikprogramm aus dem Hause Omikron. Lassen Sie uns ein wenig in den Farbtöpfen und Blockfunktionen des neuen Malwerkzeuges rühren. Besitzer anderer Grafikprogramme sollen natürlich nicht im Regen stehen. Auch Sie finden hier sicher ein paar Kniffe für den Hausgebrauch.

Vielleicht kennen Sie das Bild »Sabbat« des 1985 verstorbenen Künstlers Marc Chagall. Er, der als einer der bedeutendsten Maler des 20. Jahrhundert gilt, schuf in über sechs Jahrzehnten ein überaus reiches Werk. Besonders die kraftvoll leuchtenden Farben prägen seine Bilder.

Bevor nun das fröhliche Pixelknipsen seinen Gang nimmt, gilt es noch, ein paar Grundeinstellungen vorzunehmen. Soll Ihr späteres Kunstwerk auch zum Ausdruck gelangen, so sollten Sie unter dem Menüpunkt »Extras/Seitenparameter« die gewünschte Seitengröße und die jeweilige Druckerauflösung wählen. Aber Achtung, zusammen mit der verwendeten Farbanzahl entsteht hier schnell ein immenser Speicherbedarf. Hinzu rechnen müssen Sie noch den Platz für den »Undo-Puffer«, auf den insbesondere Ungeübte nicht verzichten sollten. So sind selbst vier MByte RAM schnell gefüllt. Wer erst mal nur ein Bild zur reinen Augenweide malen möchte, der wählt der Einfachheit halber den Button »normal«. Die Bildgröße richtet sich in diesem Falle nach der momentanen Bildauflösung. In diesem Zusammenhang eine Bemerkung zur Farbanzahl. Mit Hilfe entsprechender Grafikkarten oder dem True-Color-Modus des Falcon 030 greifen Sie auf eine Farbpalette von über 16 Millionen Farben. Butterweiche Farbverläufe und fotorealistische Bilder sind die Folge, wenn die Farbnuancen geschickt eingesetzt sind. Letzteres verlangt ein Stück Übung und Erfahrung. Für die heutige Pixelmalerei reichen aber nötigenfalls auch die 16 Farben der niedrigen ST-Auflösung und der Farbfernseher aus Mutterns guter Stube. Bei den Systemparametern sollten Sie, falls Sie nicht zu den ganz ungeübten Anfängern gehören, das »automatische Undo« ausschalten. In diesem Falle bestimmen Sie selber per Shift + Undo, zu welchem Zeitpunkt der Bildinhalt in den Undo-Puffer gelangt. Damit geht das Zeichnen etwas flotter vonstatten und so mancher scheinbar fehlgesetzter Pixel trägt zur Lebendigkeit des Bildes bei. Ob Sie die Infozeile und das Parameterfenster benötigen, bleibt Ihrem persönlichen Geschmack überlassen. Und nun frisch ans Werk. Mit »neues Bild« öffnen Sie das erste Arbeitsfenster. Vergewissern Sie sich anhand der Dialogbox, daß der Undo-Puffer auf »Ein« steht! Ganz ohne Netz und doppelten Boden arbeiten wir ja nun auch nicht. Wie in den Anwendungsbeispielen der letzen Ausgaben, so müssen Sie auch heute zuerst eine Grundzeichnung anlegen. Verwenden Sie als Zeichenfarbe nicht das reine Schwarz, sondern wählen Sie aus der »Farbpalette« einen helleren Grauton. Diese Linien lassen sich später leichter kaschieren. Setzen Sie aus dem selben Grund »Linienstil« und »Stiftform« so, daß Sie zum Zeichnen eine ein pixelbreite, durchgehende Linie erhalten. Zeichnen Sie zuerst mit der Funktion »Strahlen« vom oberen Bildrand ausgehend bis zum unteren Rand ein Strahlenbündel. Der Anfangspunkt liegt in der Mitte und die Strahlen verlaufen über die gesamte Bildbreite. Bitte arbeiten Sie nicht mit dem »Raster« aus dem Dialog »Darstellung«, wir machen hier keine Schemazeichnung.

Da Sie alle Werkzeuge auch über das Pop-Up-Menü erreichen (rechte Maustaste), empfiehlt es sich, die Größe des Arbeitsfensters mit Hilfe des »Fullsize-Buttons« rechts oben auf die maximale Größe zu stellen. Oder wechseln Sie mit »Esc« in den Full-Screen-Modus. Zum Verschieben des sichtbaren Bildauschnittes setzten Sie die Cusor-Tasten ein oder betätigen mit der Maus direkt die »Fensterslider«. Mit »Rechteck gefüllt« und der Farbe Weiß zeichnen Sie anschließend die Wand im Bildhintergrund. Apropos Farbe, rufen Sie zuvor die Farbpalette auf und wählen Sie eine Farbe an, die Sie voraussichtlich nicht in Ihrem Bild benötigen. Für diese Farbe stellen Sie alle Farbslider auf Maximum. In Ihrem Farbeimern befindet sich jetzt zweimal die Farbe Weiß. Zum Malen verwenden Sie bitte immer nur dieses neue Weiß. Die Farbnummer im linken Regler muß größer Null sein. Auf diese Weise vermeiden Sie Fehler beim Arbeiten im Zeichenmodus »Transparenz«! (Näheres siehe Handbuch). Eine ähnliche Handhabung empfiehlt sich auch für die Arbeit mit anderen Farbmalprogrammen. Vervollständigen Sie jetzt die grobe Grundrißzeichnung ohne jedoch weitere Farben zu verwenden. Setzen Sie nach Möglichkeit nur einfache geometrische Formen und wenige Striche ein. Die Lampe an der Decke, Mobiliar und Menschen deuten Sie einfach nur grob an. Im Prinzip sollen Sie nur die Proportionen und die ungefähre Position festlegen (vgl. Bild 2). Vergessen Sie nicht, zwischenzeitlich Ihre Skizze zu sichern.

Fangen wir nun an, das Bild zu vervollständigen. Das Fenster im linken Bildteil ist aufwendiger, als es auf den ersten Blick aussieht. Der Rahmen besteht aus zwei ineinandergelegten Rechtecken, dessen Linienbreite Sie unter »Stiftform« festlegen. Als Farbe habe ich weiterhin das Grau aus der Skizze verwendet. Zum Zeichnen des Fensterkreuzes könnten Sie ebenfalls die Rechteckfunktion bemühen. Mit einem Trick geht es aber einfacher. In Bild 4 sehen Sie die Dialogbox für die Stiftform. Entwerfen Sie sich einfach einen Stift, so wie hier gezeigt. Dazu wählen Sie eine bereits fertige Stiftform an, meinetwegen den senkrechten Stift und ändern diesen im Pixelfeld durch Mausklickerei entsprechend. Wenn Sie mit diesem Stift im Freihandmodus übers Bild fahren, dann erhalten Sie zwei unregelmäßig geformte Linien, parallel nebeneinanderliegend. Den gezeigten Stift benützen Sie für die horizontalen Balken, die vertikalen Balken verlangen ein um 90 Grad gedrehtes Muster. Wie Sie in der Abbildung sehen, sind hier auch andere Stifte festgelegt, die Ihren Einsatz noch später im Bild finden. Denken Sie daran, daß die aktive Form auch für alle weiteren Linien wie Kreis, Linie und so weiter gültig ist. Mit »Sichern« schaffen Sie sich eine Bibliothek für künftige Werke.

Verkleinerte Übersicht der Skizze
Mit dem Pinsel im Dialog

Zum Färben des Fensters verwenden Sie mehrere Farben nebeneinander. Am Besten »zoomen« Sie hierzu den Bildausschnitt durch Drücken der »+« Taste hoch. Dann wählen Sie einen schmalen Stift und die passende Farbe. In der vergrößerten Ansicht dürfte der Rest kein Problem sein. Mixen Sie sich in der Farbpalette die nötigen Farbnuancen zusammen. Achten Sie darauf, keine bereits verwendeten Farben nachträglich zu verändern. Sie erkennen sonst Ihr eigenes Bild nicht wieder. Die Fensterscheiben sind mit schwarz gefüllt und anschließend habe ich mit der Sprühdose bei kleinem Sprühradius und hoher »Intensität« (70%) die Lichteffekte aufgetragen. Die Werte bestimmen Sie unter »Sprühdose« einstellen. Hier ist zu beachten, daß fürs Füllen oder Sprühen neben der Farbe auch das aktuelle Füllmuster ausschlaggebend ist. Ein Beispiel sehen Sie gleich noch. Übrigens sollten Sie sich ein Schmierpapier anlegen, auf dem Sie die unterschiedlichen Effekte zuvor ausprobieren. Öffnen Sie dazu ein neues Fenster. Es reicht die Ausdehnung der aktuellen Auflösung. Die Frage nach »Farben anpassen« beantworten Sie mit ja. Auf diese Weise übernehmen Sie für das Schmierpapier die Farbpalette aus Ihrem Bild. Sehen Sie zu, daß ein Zipfel dieses Bildes immer mit der Maus zu erreichen ist. Jetzt fehlt nur noch die Gardine vor den Scheiben. Hierzu sollen uns auch die Blockfunktionen hilfreich zur Seite treten.

In einem neuen Arbeitsfenster, das ungefähr die Größe unseres gezeichneten Fensters aufweist, zeichnen Sie ein einfaches, gefülltes Rechteck, das die Bildfläche ausfüllt. Als Füllfarbe nehmen Sie das selbstdefinierte Weiß. Sie erinnern sich der anfänglichen Erläuterungen zum Thema Farbe? Sprühen Sie ein paar senkrechte graue Falten ins Rechteck und dann befördern Sie das ganze mit »Block ausschneiden« automatisch ins Blockfenster. Mit »Netz auf Block legen« aus dem Pop-Up geht es nun weiter. Falls Sie nun nicht mehr durchblicken, dann schalten Sie die Blockdarstellung mit einen Tastendruck auf »Help« aus. Der Blockinhalt bleibt erhalten, Sie sehen Ihn nur nicht. Fassen Sie mit gedrückter linker Maustaste die Kreuzpunkte des Gitters und verschieben diese in die gewünschte Richtung. Sie müssen gleichzeitig die »Shift-Taste« gedrückt halten, damit das gesamte Gitter folgt. Bild 3 verdeutlicht die Arbeitsschritte nochmals. Entspricht die Netzform Ihren Vorstellungen, dann startet ein lässiger Fingerdruck auf die Leertaste die Blockberechnung. Ist das Ergebnis meilenweit von Ihren Vorstellungen entfernt, so erhalten Sie mit »Undo« den ursprünglichen Block. Sie können aber auch den bereits verbogenen Pufferinhalt nochmals per Gitter und Maus zurechtbiegen. Irgendwann ist dann auch für Sie der Zeitpunkt gekommen, den Puffer mit »Block einfügen« wieder an Ort und Stelle zu befördern. Wählen Sie vorher unter »logische Verknüpfung« im PopUp die Einstellung »transparent«. Ein Mausklick in Ihr Arbeitsfenster und die Gardine folgt den Mausbewegungen bis ein weiterer Klick sie ablegt. Jetzt sehen Sie auch, warum Sie ein zusätzliches Weiß benötigen. PixArt blendet für den Modus Transparenz immer das Farbregister mit der Nummer Null aus. Hätten Sie dieses Register zum Füllen verwendet, dann gäbe es nun ein großes Loch in Ihre Gardine.

Der Rest des Bildes bleibt Ihrer Phantasie überlassen. Die Uhr habe ich zuerst eingefärbt und dann mit »Block drehen« um ein paar Pixel gekippt. Gehen Sie vorsichtig zu Werke, bei zu starker Drehung treten schnell störende Pixelanhäufungen auf. Der Schatten hinter der Uhr entstand durch das Sprühen mit mehreren Füllmustern in unterschiedlicher Intensität (25-80%). Nutzen Sie zum Probieren Ihr Schmierpapier. Fürs Ausmalen von Boden und Wand benützte ich unter anderem eine Stiftform, die einfach nur aus ein paar willkürlich gesetzten Pixeln bestand. Ein leichter Pastellkreiden-Effekt ist die Folge. Möchten Sie bestimmte Bildteile umfärben, so setzten Sie »Füllen« und eventuell die Lupe ein. Alle zusammenhängenden Pixel färbt unser Pixelpinseler selbsttätig ein. Geschickterweise kopieren Sie die betreffenden Bezirke mit Block ausschneiden bzw. Lasso und gedrückter Shifttaste direkt in ein separates Fenster. Nach dem Sie ausgiebig retuschiert haben, kopieren Sie den Inhalt auf gleiche Weise im Überschreibmodus zurück. Sie brauchen nur mit der Maus von Fenster zu Fenster fahren und ein paarmal die Maustasten betätigen. (wk)


Andreas Wischerhoff
Aus: TOS 07 / 1993, Seite 42

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