Traumhaft bunte Dimensionen mit InShape: Traum oder Wirklichkeit?

Herkömmliche Pixelbilder und Wektorgrafiken haben einen gravierenden Nachteil. Sie sehen schön bunt aus, aber es fehlt das plastische Etwas. Und bei besonderen Oberflächen oder Schattenwürfen versagt die reine Pixelkunst oft kläglich. Zeit fur Rendering, Raytracing und 3D-Look.

Wer eine Kugel, ein Haus oder seinen TT samt Sitzmöbel möglichst realistisch mit dem Computer zeichnen möchte, der benötigt viel Geduld. Einige neuere Grafikprogramme wie beispielsweise DA's Vektor nehmen dem Anwender Arbeit ab, und berechnen anhand von Parametern das spätere Aussehen dieser Objekte. Um es im Computerdeutsch auszudrücken, die Flächen sind »gerendert«. Wie auch immer, das Zeichnen mit der Maus oder anderen Eingabegeräten bleibt bei den Grafikprogrammen Grundlage des Bildes.

Einen ganz anderen Weg gehen sogenannte Raytracing-Programme. Nicht mehr das manuelle Zeichnen steht im Vordergrund. Vielmehr ist das räumliche Konstruieren von Objekten unter Zuhilfenahme unterschiedlichster Perspektiven Grundlage für diese Entwürfe. Die Maus ist nun nicht mehr alleiniges Zeichenwerkzeug, sondern Parametereingabe und Schaltereinstellungen schaffen die dreidimensionale Traumwelt. Die Ergebnisse ähneln dem Fotorealismus der späten sechziger Jahre. Zwei relativ bekannte Vertreter dieser Gattung »Grafikanwendung« sind das amerikanische »Phase Four«-Paket und das Programm »InShape« des Flensburger Autors Roald Christensen. Grafikanwendung ist für derartige Programme auch nicht mehr das richtige Wart, vielmehr dürfte Design Studio oder Konstruktionsprogramm die bessere Umschreibung sein. Anhand von »InSape« zeigen wir Ihnen die Arbeitsweise einer derartigen Software. Die für diese Vorstellung zur Verfügung stehende Version ist schon etwas älter und läuft nur auf dem TT mit mindestens vier MByte RAM. Somit ist der Anwenderkreis von vornherein eingeschränkt. Laut Programmautor soll eine deutlich verbesserte Version, die dann unter anderem auch auf dem Falcon lauffähig ist, in Kürze verfügbar sein.

Wie schon mehrfach angesprochen, unterscheidet sich die Arbeit mit InShape von herkömmlicher Pixelknipserei ganz erheblich. Können Sie beim letzteren noch relativ ziellos herummalen und ausprobieren, so sollten Sie für InShape schon ziemlich konkrete Vorstellungen von dem künftigen Bild haben. InShape besteht im Prinzip aus zwei Programmteilen, dem »3D-Modeler« und dem »Shader«, die Sie über eine Shell aufrufen. Der Modeler ist sozusagen die erste Stufe zum Erfolg. Hier modeln Sie sich Ihr Objekt zusammen, das heißt, Sie entwerfen ein dreidimensionales Gitternetz und stellen die passende Verkleidung samt Umgebung zusammen. Anschließend rücken Sie die einzelnen Objekte im Bild herum, bis die gewünschte Bildkomposition erreicht ist. Im zweiten Schritt tritt der Shader in Aktion. Er ist eigentlich nur für die aufwendige Berechnung des fertigen Bildes zuständig. Er füllt also Objekt, Verkleidung und Umgebung mit Leben und speichert es in einem InShape-eigenen Format. Dieses Unterfangen ist selbst auf dem TT je nach Bild eine langwierige Sache, da eine zeilenweise Berechnung stattfindet. Das Kontrollbild, das während dieser Zeit auf dem Monitor entsteht, vermittelt einen ersten Eindruck. Die 24 Bit Farbtiefe (=16,7 Millionen Farben), die der Shader für jedes Bild anlegt, können Sie mit dem Converter-Modul in das Motorola Tiff-Format wandeln. Danach steht einem Ausdruck oder einer Weiterverarbeitung mit einem EBV-Programm nichts mehr im Wege.

Der Modeler besteht aus vier Arbeitsumgebungen. Im »Objekteditor« setzen Sie die eigentlichen Bildobjekte zusammen. Diese bestehen im Grunde genommen aus einzelnen Flächen, im Programm als »Plane« bezeichnet. (Die gesamte Benutzerführung von InShape ist in Englisch gehalten) Diese Flächen entwickeln Sie aus den sechs geometrischen Körpern: Kasten, Scheibe, Zylinder, Röhre, Kegel und Kugel. Je nach gewählter Form geben Sie in einem Dialogformular die Koordinaten für Größe und Position innerhalb des Raumes ein. Für die dreidimensionale Darstellung benötigen Sie logischerweise neben den X- und Y-Koordinaten auch Werte für die Tiefe des Körpers, hier als Z-Koor-dinate bezeichnet. Übrigens arbeiten Sie ohne Maßangaben, die Eingabegenauigkeit liegt bei einem Tausendstel. Neben den Objektmaßen bestimmen weitere Eingaben das Aussehen der Gebilde. So dürfen die Ecken eines Würfels angeschrägt sein, Kugeln aus beliebigen Segmenten bestehen oder Zylinder wahlweise geöffnet oder geschlossen sein. Ist diese erste Konstruktion abgeschlossen, öffnet sich automatisch ein weiteres Formular. Hier bestimmen Sie das Aussehen der Objektoberfläche. Waren die bisherigen Wählmöglichkeiten mehr als vielfältig, so reißen die folgenden Kombinationen den ehrfürchtig staunenden Anwender schier vom Hocker.

Und es ward Morgen. Mit InShape den neuen Tag erschaffen.
Traumhafte Welten, dreidimensional und real

Versuch einer Beschreibung

Dieses »Surface-Menü« (Oberflächengestaltungsmenü ist nun wirklich zu lang) erlaubt die farbliche Gestaltung von Oberflächenstrukturen für jede einzelne Fläche des Objektes. Jede Oberfläche besteht aus zwei Materialien. Deren Farbanteile mischen Sie per Regler aus den Grundfarben Rot, Grün, Blau.

Danach bestimmen Sie weitere Eigenschaften wie beispielsweise die Lichtreflexion oder die Transparenz (für Glasobjekte) Natürlich ist auch eine reine Spiegelfläche möglich oder das Objekt erhält ein Eigenleuchten wie bei Neonröhren. Aber das ist beileibe noch nicht alles. Jede Oberfläche läßt sich mit einem von zweiunddreißig Mustern versehen. Als da wären Marmor unterschiedlichster Art, diverse Holzarten, kunterbunte Mischung und so weiter. Jedes Muster erhält seine eigene Verlaufsrichtung und Größendarstellung. Wer immer noch nicht genug hat, packt dann noch eine zusätzliche Struktur auf das gequälte Objekt Soll die Figur Schatten werfen, machen Sie auch noch ein Kreuz in das entsprechende Feld. Jede Oberfläche ist anschließend in einer Liste speicherbar. So bauen Sie sich eigene Bibliotheken zusammen. Wer will, projiziert an Stelle der Muster True Color-, Graustufen- oder monochrome Bilder auf die Flächen. All diese Anweisungen führt allerdings erst der »Shader« später aus, so daß das Ergebnis nicht unmittelbar ersichtlich bleibt. Ist der Oberfläche Genüge getan, so erlaubt der Objekteditor eine nachträgliche Bearbeitung der Objekte. Einzelne Flächen oder Punkte lassen sich verschieben, kopieren oder löschen. Auch Verzerren und Drehen von Teilen ist kaum ein Problem. Natürlich ist für jede Fläche auch eine neue Oberfläche projizierbar. Die fertigen Gebilde betrachten Sie aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln sowohl in der zweidimensionalen als auch der dreidimensionalen Darstellung. Natürlich gibt es Formen, die sich nicht aus den geometrischen Grundkörpern bilden lassen. Für solche Fälle existiert der Template-Editor. Hier entwerfen Sie eine Art Schablone, die anschließend neue Objekte erzeugt. Dabei haben Sie die Wahl zwischen flachen Objekten, wie etwa Papier und Folie, oder Sie schaffen räumliche Objekte, wie Sie für Ausschnitte von festen Körpern vorgesehen sind. Für die Darstellung von Flaschen, Vasen und derartigen Rotationskörpern wählen Sie die Einstellung »Spin«. Geschwungene Elemente, wie ein Bogen, verlangen nach der »Pfad-Editierung«. Dieser Pfad besteht zum Beispiel aus Bézierkurven oder einzelnen Segmenten, an denen entlang die zukünftigen Objektflächen verlaufen. Kurvenreiche Körper sind das Ergebnis. Bei sehr komplexen Objektkompositionen empfiehlt sich der Einsatz von Layern. Sechzehn verschiedene Ebenen lassen sich wie Folien übereinander legen und separat editieren und darstellen. Auf diese Weise erhöht sich die Übersicht in der Arbeitsumgebung. Zudem betreffen fehlerhafte Änderungen nicht gleich das Gesamtobjekt. Haben Sie jetzt endlich alle Objekte nach Ihrem geistigen Bilde geformt, so fehlt noch die richtige Anordnung. Hierzu wechseln Sie in den »Scene-Editor«. Ein Klick ins Arbeitsfenster ruft das »Hierarchy-Fenster« auf. Im Grunde genommen legen Sie hier nur die Abhängigkeit der Objekte untereinander fest. Beispielsweise entwerfen Sie einen Pavillon, in dessen Mitte Tisch und Stuhl stehen. Verschieben oder drehen Sie nun das Objekt »Pavillon«, so bewegt sich der Stuhl mit. Neben der Hierarchie legen Sie hier auch gleich die Ausleuchtung der einzelnen Objekte fest. Zwischen Kerzenschein und Flutlicht ist alles machbar. Wie in einem Film beeinflußt die Beleuchtung den Ausdruck des Bildes. Neben Anordnung und Ausleuchtung bestimmen Sie in diesem Editor auch die Objektumgebung. Blaustrahlender Sommerhimmel mit idyllischen Schäfchenwolken oder Londoner Nebel ist ebensowenig ein Problem wie der englische Rasen. Zu guter Letzt wählen Sie durch die »Camera-Position« den Blickwinkel, aus dem Ihr Bild aufzunehmen ist. Auch hier ist so ziemlich jede Einstellung denkbar, selbst Positionen, die im wirklichen Leben zu waghalsigen Stunts des Kameramannes führen.

Machen Sie Ihrem Bild eine Szene

Wie Sie wahrscheinlich schon ahnen, produziert InShape nicht nur Einzelbilder, sondern auch gleich komplette Animationen. Sie legen in diesem Falle drehbuchgerecht alle Kamerapositionen fest, beeinflussen die Kamerafahrt von Einstellung zu Einstellung und was sonst noch zur Filmreife nötig ist. Leider liegt zur Zeit noch kein Abspielprogramm für die Animationen dem Programm bei. Aber der »Shader« berechnet alle Bilder einzeln, so daß zum Beispiel für Bewegungsabläufe eine Art Fotoserie entsteht. Mit Hilfe von spezieller Hardware überspielen Sie die Animationen auf Video. Wie Eingangs schon angedeutet, benötigt der Shader zur Bildberechnung einiges an Zeit. Darüberhinaus sollten Sie zum Speichern eine große Partition Ihrer Festplatte bereithalten. Zwei, drei MByte pro Bild sind hier rein gar nichts. Das ist der Preis der True-Color-Welt.

Der Objekteditor setzt Sie hinter Gitter

Wer benötigt nun solch ein Programm? Ein Blick ins Handbuch, das übrigens auch sehr gute Übungsbeispiele enthält, verrät schon zwei Anwendergruppen: Grafiker und Designer fürs moderne Product Placement und Werbefilmer, zum Beispiel für Titelanimationen. Aber auch interessante Diabelichtungen und sendefähige Videos sind vorstellbar. Wer die Möglichkeit einer Profisatzbelichtung hat, erhält ausdrucksstarke Drucke in Fotoqualität. Aber auch jedes Tiff-Bilder verdauende Grafikprogramm eignet sich zur Wiedergabe. Mit einem Preis von 498 Mark liegt ein sehr leistungsfähiges, wenn auch gewöhnungsbedürftiges Tool vor. (wk)

InShape, Softwareentwicklung GmbH, Stuhrsalle 17, W-2390 Flensburg

TOS-INFO

Name: InShape
Preis: 498 Mark
Hersteller: InShape Softwareentwicklung


Andreas Wischerhoff
Aus: TOS 07 / 1993, Seite 78

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