Frei zum Kopieren: FD-Grundlagen

Frei kopierbare Software (kurz FD-Software) ist teilweise genauso leistungsfähig wie kommerzielle Produkte, kostet aber ungleich weniger. Ein paar Grundbegriffe sollten Ihnen aber auch hier vertraut sein.

Die ersten frei kopierbaren Programme datieren sehr weit zurück, tief in die Computer-Steinzeit, als man noch nicht an die kommerzielle Verwertung von Software dachte. Denn die Idee, Programmstücke und ganze Programme anderen zum Experimentieren und Verbessern zur Verfügung zu stellen, war schon bekannt, als Computer noch über Schalterfelder und Lochkarten programmiert wurden. Einige dieser frühen Programme ernten heutzutage nur ein amüsiertes Lächeln. Galgenraten und Rechenspiele findet man bestenfalls noch als Programmierbeispiele in Lehrbüchern. Andere hingegen sind mit der Zeit erwachsen geworden, und was einst als Spielerei begann, ist heute ein ausgewachsener Editor oder eine Datenbank - und manchmal entstand daraus auch ein kommerzielles Produkt.

Doch nicht alle Programme, die einmal öffentliches Eigentum (so die wörtliche Übersetzung von Public Domain) waren, sind diesen Weg gegangen. Denn auch unter der frei kopierbaren Software gibt es durchaus verschiedene Arten, und einige davon sind kommerzieller, copyrightgeschützter Software schon sehr ähnlich.

Am Anfang standen Programme und Quellcodes, die frei verteilt wurden, eben Public Domain waren. Die Gründe dafür waren vielfältig. Die einen wollten sich unter Gleichgesinnten einen Namen machen, andere nur ihren Code demonstrieren, wieder andere hofften, daß jemand anders ihr eingeschlafenes Programmierprojekt wiederbeleben und fertigstellen könnte. Vieles war auch einfach nur als Beispiel zu einem bestimmten Aspekt der Programmierung gedacht. Eine wichtige Quelle für frei kopierbare Programme waren und sind auch immer noch amerikanische staatliche Einrichtungen. Was dort mit Steuergeldern entwickelt wurde, bekommt häufig kostenfrei die Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.

Das Programm GNUCHESS fesselt als Freeware mit Sicherheit alle Schachfreunde an den Atari
Seinen festen Platz bei allen Datenreisenden eroberte sich das Shareware-Terminalprogramm Rufus von Michael Bernards

Public Domain

Unter echter Public Domain versteht man ein Programm, dessen Autor jegliche Rechte daran aufgegeben hat. Mit einem echten PD-Programm dürfen Sie alles machen: Es kopieren, es zu einem beliebigen Preis verkaufen, sogar Ihren eigenen Namen hineinschreiben und es als eigene Programmierleistung ausgeben. Rechtlich sind dem keine Grenzen gesetzt, lediglich die Moral gebietet, manches zu unterlassen. Da die Erfahrung zeigt, daß es immer jemanden gibt, der Geld über Moral setzt, sind echte PD-Programme im eigentlichen Sinn des Wortes heute sehr selten geworden. Die Autoren haben dazugelernt.

Was heute in der Regel mit dem nicht mehr zutreffenden, aber nach wie vor häufig als Oberbegriff gebrauchten Ausdrgck »PD-Software« bezeichnet wird, ist meist etwas anderes: Freeware und Shareware. Ein überschneidungsfreier Oberbegriff ist übrigens »FD-Software«, der angesichts der Begriffsverwirrung 1989 von einigen deutschen FD-Programmierern ersonnen wurde und seither an Verbreitung gewonnen hat. FD steht für Freely Distributable, also frei kopierbar. Selbst im englischen Sprachraum findet der Begriff langsam Eingang. Darunter fallen neben der echten und selten gewordenen Public Domain auch die Freeware sowie die Shareware mit all ihren Varianten.

Mit dem Public Domain-Programm Autobahn stellen Sie schnell die günstigste Autobahnverbindung innerhalb Deutschlands fest

Freeware

Freeware können Sie als privater Anwender nahezu mit Public Domain gleichsetzen. In der Regel ist sowohl die private Anwendung wie auch das nichtgewerbliche Kopieren uneingeschränkt erlaubt, jedoch gibt der Autor nicht alle Rechte am jeweiligen Programm frei. Häufig findet sich entweder ein Verbot der gewerblichen Nutzung oder zumindest ein Höchstbetrag, über dem dieses Programm nicht verkauft werden darf. Die Verletzung der Kopier- und Nutzungsbedingungen ist bereits hier strafrechtlich ebenso zu bewerten wie bei einem kommerziellen Programm. In der Regel fehlt dem Freeware-Programmierer aber sowohl die Erfahrung als auch das Geld, um gegen Verletzungen seiner Rechte juristisch vorzugehen. Clevere Geschäftsleute wurden und werden mit solcher Software reich - der Programmierer sieht keinen Pfennig und ahnt bisweilen gar nicht, wieviel er mit seinem Programm verdienen könnte.

Die Frustration darüber war es vermutlich, die die Shareware entstehen ließ, eine weitere Variante. Hier ist zwar noch das Kopieren erlaubt, nicht aber die fortgesetzte Nutzung. Shareware ist Software zum Testen - wer Gefallen daran findet und das Programm regelmäßig benutzt, ist gebeten, einen entsprechenden Betrag an den Autor zu überweisen. Diese Registrierungsgebühr erkauft häufig weitere Annehmlichkeiten, beispielsweise Informationen über neue Programmversionen, weitere Programme des Autors oder auch einfach nur eine erweiterte oder neuere Version des Programms.

Shareware

Die Shareware ist kommerzieller Software bereits sehr ähnlich, jedoch deutlich preiswerter als diese. Das liegt in erster Linie daran, daß die Kosten für Werbung und Vertrieb komplett wegfallen. Von den 20 oder 30 Mark, die ein Shareware-Programmierer normalerweise für sein Werk fordert, kommen ihm 100 Prozent zu. Anders hingegen beim kommerziellen Vertrieb, wo er häufig nicht einmal 5 Prozent von dem bekommt, was der Endkunde für das Programm zahlt.

Da fragt man sich natürlich, warum es nicht mehr Shareware-Programme gibt, wenn sie doch so attraktiv für den Programmierer sind. Natürlich gibt es auch hier einen Haken. Während das Shareware-Konzept in den Vereinigten Staaten, wo es erfunden wurde, noch so halbwegs funktioniert, hat es in Deutschland nie recht Fuß fassen können. Die Vorstellung, ein Programm, das man schon besitzt, trotzdem noch zu bezahlen, stieß hierzulande bei den Anwendern auf wenig Gegenliebe.

Tryware

Aus dieser Situation entstanden weitere Varianten der Shareware. Sie tragen so blumige Namen wie Tryware, Crippleware oder Demoware und sind eben nicht das originale Programm, sondern nur ein mehr oder weniger kompletter Abklatsch davon. Die Programmierer nehmen die verschiedensten Einschränkungen vor, um den Interessenten eben doch zum Kauf des Originals zu animieren. Da gibt es Programme, in denen Funktionen gesperrt oder eingeschränkt sind, andere wiederum machen ab und zu mit einer Alert-Box auf die Sharewaregebühr aufmerksam. Spieledemos haben häufig nur einen oder zwei spielbare Levels, Demos von Anwenderprogrammen bieten keine Speicher- oder Druckfunktionen.

Hier ist die Grenze zur kommerziellen Software allerdings schon überschritten. Was in dieser Form vertrieben wird, hat mit Shareware nicht mehr allzuviel zu tun. Deren Grundgedanke ist ja das Testen des kompletten Programms vor dem Kauf.

Die Shareware ABBBREVIATION zeigt per Mausklick die Bedeutung selbst der kryptischsten Abkürzungen
Viele frei kopierbare CPX-Module leisten häufig nützliche Dienste oder erweitern die GEM-Funktionen
Die Public Domain-Version des Spiels Dr. Freud unterhält 1 bis 4 Spieler für Stunden am Atari

Giftware

Eine Art Zwischending aus Freeware und Shareware ist die Giftware. Im Gegensatz zur Shareware ist das Registrieren gegen Zahlung eines Geldbetrags hier nicht obligatorisch. Im Unterschied zu reiner Freeware bittet der Autor allerdings um eine Kleinigkeit, wenn man das Programm länger benutzt. Bei der Giftware ist das ein Geschenk (englisch gift), bei einer anderen Variante, der Cardware, bittet der Programmierer lediglich um eine Ansichtskarte, wenn sein Programm Gefallen findet.

Verbreitung

Ursprünglich wurde frei kopierbare Software ausschließlich unter Bekannten weitergegeben. Auch heute noch ist die Kopie von Freunden oder Bekannten oder auf einem Usertreff die preiswerteste Möglichkeit, in den Besitz von FD-Software zu gelangen. Daneben haben sich aber auch andere Vertriebswege etabliert.

Mit der größer werdenden Anzahl frei kopierbarer Programme ging die Übersichtlichkeit ein wenig verloren. Freiwillige Bibliothekare (librarians) machten sich deshalb die Arbeit, die Softwaremassen zu sammeln, zu sichten und zu sortieren. Das Ergebnis ihrer Arbeit liegt meist in Diskettenform vor und nennt sich PD-Serie. Sie stellen die Programme vieler Autoren zusammen, katalogisieren und sortieren sie und veröffentlichen die Software auf einer fortlaufenden Diskettenserie. Meist können diese Disketten direkt beim Herausgeber abonniert werden. Einige versenden ihre Serie, einfach um sie bekannter zu machen, idealistisch gegen Leerdisketten und Rückporto, andere verlangen Bares für ihre Arbeit. Die Beträge sind jedoch gering und liegen in der Regel zwischen 2 und 5 Mark pro Diskette.

Da durch Angabe von Serie und Nummer aber auch eine einwandfreie Bestimmung der Bezugsquelle eines Programms möglich wurde, erleichtern die Serienanbieter einer weiteren Gattung von Vertreibern die Arbeit: den Händlern. Unter ihnen findet man vom Enthusiasten, der die Sammelleidenschaft zum Nebenjob gemacht hat, bis hin zum Geschäftemacher, der die schnelle Mark witterte, so ziemlich alles. Empfehlungen sind hier schwer. Der eine bietet vielleicht konkurrenzlos günstige Preise für seine Dienstleistung, kopiert jedoch ohne Endkontrolle auf die billigsten Disketten und ist nicht in der Lage, ein gewünschtes Programm ausfindig zu machen. Ein anderer mag teurer sein, liefert dafür aber vielleicht schneller und zuverlässiger. Hier geht Probieren über Studieren. Prinzipiell sollten Sie dabei im Hinterkopf behalten, daß eine Pooldisk eine Pooldisk bleibt, ob Sie die nun beim billigen Jakob oder teuer in Folie eingeschweißt auf dem Computerflohmarkt kaufen. Fehlerfrei hat sie in jedem Fall zu sein, und komplett ebenfalls.

Für Modembesitzer bietet sich eine weitere Alternative an: Mailboxen sind in der Regel eine wahre Fundgrube, was frei kopierbare Software angeht. Per simplem Download holen Sie sich die Programme auf den heimischen Atari, und an Kosten fallen lediglich die Telefonkosten an. Was so schön klingt, ist nicht risikolos: Nur die wenigsten Betreiber haben Zeit, sämtliche Programme in ihrer Box auf Computerviren zu überprüfen. Teilweise sind schon eigene Netzwerke zum Vertrieb freier Software gegründet worden. Ein Netzwerk, das in jüngster Zeit immer häufiger für die schnelle Verbreitung neuer Programme verantwortlich zeichnet, ist das international verbreitete Internet. In diesem Netz gibt es zahlreiche Rechner, deren Festplatten Archiv-Funktion erfüllen. Auf diesen sogenannten ftp-Servern (von file transfer protocol, dem Protokoll, mit dem die Programme hin- und hergeschickt werden) kann Software binnen Minuten weltweit verfügbar gemacht werden. Von dort findet sie nahezu gleichzeitig ihren Weg zu Mailboxen und Serienherausgebern in aller Welt. Ein PD-Programm zu benutzen, das erst vor wenigen Tagen oder gar Stunden fertiggestellt wurde, ist für Netzteilnehmer keine Seltenheit. Auch Updates bei Fehlern werden so sehr einfach und zeitsparend.

What is sagt ihnen, mit welchen Dateitypen Sie arbeiten
Type V3 ist ein komplettes Schreibmaschinen-lernprogramm, das für 20 Mark zu haben ist
Auch Tastatur-Puristen finden ihr Programm unter der frei kopierbaren Software: CLIs verzichten auf Maus und Icons

Kontakt zum Autor

Um Fehler zu beheben, muß der Autor eines Programms diese natürlich kennen. In der Regel gibt der Autor in der Programmdokumentation eine Adresse an, unter der er erreichbar ist. Scheuen Sie sich nicht, Fehler in einem FD-Programm an an den Autor zu berichten, selbst wenn Sie nichts dafür bezahlt haben. Auch ein FD-Programmierer hat den Ehrgeiz, ein fehlerfreies Programm zu schaffen. Support jedoch sollten Sie bei PD und Freeware nicht erwarten. Wenn Sie ihn dennoch bekommen - um so besser. Selbstverständlich ist er nicht, schließlich verdient der Programmierer mit dem Programm nichts.

Etwas anders ist der Fall bei Shareware gelagert. Hier ist die Registrierung beim Autor ja unumgänglich, wenn das Programm regelmäßig genutzt werden soll, und damit auch schon der erste Kontakt vorgegeben. Eine besonders gute Gelegenheit, Fehlerberichte und Verbesserungsvorschläge einzureichen, denn zahlende Anwender werden in der Regel bevorzugt bedient. Manchmal kommt sogar postwendend eine neue Version zurück.

Die Registrierung selbst ist innerhalb Deutschlands denkbar einfach. Wenn der Autor nicht sowieso schon eine Bankverbindung angegeben hat, reicht ein einfacher Verrechnungsscheck aus. Im europäischen Raum bietet es sich an, einen Euroscheck in der jeweiligen Landeswährung zu verschicken. Kniffliger wird es, wenn Sie beispielsweise ein amerikanisches Programm registrieren wollen. US-Dollars von der Bank zu holen und per Post zu versenden, ist offiziell nicht erlaubt, Auslandsanweisungen und -Schecks sind mit Gebühren von zehn bis 20 Mark verbunden. Erkundigen Sie sich im Zweifelsfall bei Ihrem Geldinstitut nach der preiswertesten Variante.

Das eigene FD-Programm

Wenn Sie selbst ein Programm geschrieben haben, das Sie als frei kopierbar deklarieren möchten, stehen Sie vor ganz anderen Problemen. Hier sind die wesentlichen Fragen rechtlicher Natur. Insbesondere gilt es natürlich zu vermeiden, daß andere Ihren Idealismus ausnutzen. Fälle, in denen FD-Software für mehr Geld verkauft wurde, als die Shareware-Gebühr betrug (und der Autor davon keinen Pfennig sah) sind leider schon mehr als einmal vorgekommen. Wenn Sie ihr Programm als Public Domain deklarieren und kein Copyright darin vermerken, sind alle Rechte daran nichtig. Die normale Vorgehensweise ist hier, ein Copyright zu beanspruchen und dann dem Anwender einzelne, genau spezifizierte Rechte zu geben. Sie können beispielsweise das nicht kommerzielle Kopieren uneingeschränkt erlauben, das kommerzielle Kopieren jedoch nur einem bestimmten Personenkreis. Wenn Sie die Nutzung uneingeschränkt erlauben, haben Sie ein Freeware-Programm geschaffen. Mit Einschränkungen in der Benutzungszeit handelt es sich in der Regel um Shareware, bei Einschränkungen im Funktionsumfang fällt es in die Kategorie Tryware.

Beachten Sie, daß Einnahmen aus Shareware-Vertrieb ebenso wie die Einnahmen aus einem herkömmlichen, kommerziellen Software-Vertrieb steuerpflichtig sind. Ein Gewerbe brauchen Sie dennoch nicht sofort anmelden - sie können den Softwarevertrieb auch als Freiberufler betreiben. Und Schüler oder Studenten liegen ohnehin häufig unter den Freibeträgen. Darüberhinaus sollten Sie bei der Verwendung fremden Quellcodes in Ihren Programmen, selbst wenn er Public Domain war, nur noch eine Grundregel beherzigen: »Give credit where credit is due« - Ehre, wem Ehre gebührt. In noch viel stärkerem Maße gilt das, wenn Sie ein fremdes Programm portieren oder modifizieren - der Name des Originalautors sollte zumindest in der Dokumentation auftauchen. Sie sehen, so kompliziert ist es mit der frei kopierbaren Software gar nicht. Für den Fall, daß Sie jetzt richtig auf den Geschmack gekommen sind, haben wir uns für Sie einige frei kopierbare Spiele sowie Utilities aus dem großen Angebot herausgepickt. Mehr darüber finden Sie auf den folgenden Seiten. (uh)


Holger Lubitz
Aus: TOS 07 / 1993, Seite 18

Links

Copyright-Bestimmungen: siehe Über diese Seite