Pixelkünstler par exellence: Pixart pinselt Farbe auf die Pixel

Vor gut drei Monaten stellten wir Ihnen im Rahmen unseres damaligen Grafikschwerpunktes das farbfähige Rastergrafikprogramm »Pixart« vor. Mittlerweile hat das Softwarehaus OMIKRON den Berliner Pixelmaler in seine Produktpalette aufgenommen.

Ein neues Grafikprogramm für TOS-Rechner muß eine Menge bieten, wenn es dem aktuellen Zeitgeist Rechnung tragen will. Selbstverständlich also, daß Pixart sich streng an GEM-Richtlinien hält. Damit läuft es auf allen derzeitigen und zukünftigen TOS-Versionen einschließlich des Falcon 030. Und natürlich unterstützt Pixart auch alle gängigen Bildschirmauflösungen, wobei die kleinen Standardauflösungen »ST-Niedrig« und »TT-Niedrig« sogar besondere Beachtung durch eine spezielle Anpassung der Benutzeroberfläche erhalten. Unnötig zu erwähnen, daß der Pixelmaler auch bestens mit den meisten Grafikkarten harmonisiert und die Videohardware mit bis zu 16.7 Millionen Farben bis aufs letzte ausreizt. Für die Grafikausgabe bzw. -bearbeitung verwendet unser Farbenkünstler natürlich GEM-Fenster. Die maximale Bildgröße beträgt rein theoretisch 32000 x 32000 Pixel. Als kleines Rechenbeispiel, ein einfaches Schwarzweißbild dieser Größe beansprucht lumpige 128 MByte Speicherplatz. Wo wir gerade beim Thema sind, mindestens 1 MByte RAM ist von Nöten, wer es aber so richtig bunt treiben will, sollte seinem Rechner ein paar MByte mehr gönnen und dann auch gleich die passende Festplattenkapazität bereit halten.

Die Benutzeroberfläche präsentiert sich nach dem Programmstart mit der obligatorischen Menüleiste und einer darunter befindlichen Modulzeile. Deren acht Icons verbergen vier unterschiedliche Funktionsgruppen und vier verschiedene Darstellungsmodi. Eine starre Werkzeugbox enthält die Symbole für die jeweils aktive Funktionsgruppe. Wer es vor Ungeduld nun nicht mehr aushält, stellt sich anhand der Seitenparameter das gewünschte Seitenformat ein, nötigenfalls gleich in der passenden Druckerauflösung, öffnet ein Arbeitsfenster mit »Datei/Neues Bild«, klickt ein Zeichenwerkzeug aus der Toolbox an und legt los. Die jeweilige Funktionsbezeichnung finden Sie in der rechten Ecke der Menüzeile angezeigt. Dem etwas Bedächtigeren steht es frei, sich das Programm nach eigenen Bedürfnissen und Gewohnheiten zurecht zu schneidern. Dazu zählt die frei wählbare Tastaturbelegung für Funktionen und Menüpunkte. Oder die Zusammenstellung des Werkzeug-Pop-Ups, das Sie nahezu jederzeit mit der rechten Maustaste aufrufen können. Somit brauchen Sie zum Werkzeugwechsel nicht ständig die Toolbox am linken Bildschirmrand anzufahren. Weitere Voreinstellungen betreffen die unterschiedlichen Arbeitsmodi und die Wahl der Darstellungsgröße für das Arbeitsfenster. Nebenbei bestimmen Sie den Vergrößerungsfaktor der Lupe (2 bis 16facher Zoom).

Das Zeichnen innerhalb von Fenstern hat gerade bei kleinen Monitoren den Nachteil, daß selbst bei maximaler Fenstergröße der Arbeitsbereich sehr klein gerät. Dieses Problem haben die Programmautoren auf sehr angenehme Weise gelöst. Ein Klick auf das »Fullscreen«-lcon in der Modulleiste und schon steht Ihnen der gesamte Bildschirm zur Verfügung. Die wichtigsten Werkzeuge klauben Sie sich nun aus dem Werkzeug-Pop-Up. Möchten Sie den Bildbereich scrollen, fahren Sie einfach in der entsprechenden Richtung den Bildschirmrand an. Ein Druck auf < ESC > bringt Sie wieder in den Desktop-Modus zurück. Eine praktische Sache, wie ich finde. Freundlicherweise weist das Handbuch darauf hin, daß der Fullscreen-Modus etwas am GEM vorbei geht und somit im Multitasking-Betrieb die parallelen Prozesse für diese Zeit auf Eis liegen.

Bild 2. Die Lupe bringt es an den Tag, Pixelknipsen ohne Ende

Randvolle Werkzeugkiste

Damit läßt sich aber sicherlich leben. Eine weitere feine Sache ist der Vergrößerungsfaktor des aktuellen Bildes. Die 16fache Vergrößerung der Bildansicht ist ebensowenig ein Problem wie das Verkleinern um den Faktor zwei. Wer auf den True-Color-Modus zugreifen kann, freut sich über eine Verkleinerung in Zweierschritten bis 1:8! Für Detailarbeiten hält Pixart eine äußerst leistungsfähige Lupenfunktion bereit, deren neuartiges Konzept einige Überraschungen birgt. Die Wiedergabe des zu vergrößernden Bildausschnittes erfolgt in einem eigenständigen Fenster. Mit diesem Fenster läßt sich genauso arbeiten wie mit dem Originalbild. Das heißt, es sind alle Zeichenfunktionen verfügbar(!). Auch hier leistet das Werkzeug-Pop-Up wertvolle Dienste. Natürlich sehen Sie jede Veränderung im Lupenausschnitt sofort im Originalbild. Ein Rechteck kennzeichnet hier den momentanen Ausschnitt. Das Wechseln zwischen Lupen- und Arbeitsfenster ist dabei jederzeit möglich. Somit haben Sie die Möglichkeit, zwei verschiedene Darstellungsebenen miteinander zu kombinieren. Gerade bei aufwendigen Pixel kn ipsereien eine unverzichtbare Hilfe. Wer nun meint, die Zoomfunktionen gehen mit der bekannten GEM-Gemüt-lichkeit einher, der befindet sich auf dem sprichwörtlichen Holzweg. Wie in fast allen Funktionsteilen legt Pixart auch hier eine verblüffende Geschwindigkeit an den Tag.

Zum Zeichnen liegen 17 grafische Grundfunktionen in der Werkzeugkiste, die Sie teilweise mit 24 Stiftformen und 24 Füllmustern kombinieren können. Sowohl Muster als auch Stiftarten sind frei editierbar und lassen sich speichern. Durch geschickte Kombination lassen sich Effekte, wie Tusche- und Kreidestifte relativ einfach nachahmen. Für das Arbeiten mit den Linienfunktionen setzen Sie vier verschiedene Modi. Die jeweilige Einstellung bestimmt dann das Zeichenverhalten. Entweder zeichnen Sie die Linie direkt an der aktuellen Mausposition oder positionieren diese erst nach dem Aufziehen. Selbstverständlich ist auch das mehrfache Anlegen eines Linienobjektes möglich. Hier ist für jedermanns Gewohnheit etwas dabei. Leider scrollt der sichtbare Ausschnitt nur im Fullscreen-Modus automatisch beim Erreichen der Ränder weiter. Beim Freihandzeichnen hinderlich, bietet dieser Umstand bei den anderen Werkzeugen die Möglichkeit, mitten im Zeichnen die Darstellungsart, Linienattribute usw. mit einem Mausklick zu ändern.

Bild 3. Auf Biegen und Brechen in die Blockfunktionen

Vermißt habe ich in der Toolbox eigentlich nur ein Werkzeug zum Zeichnen von Bezierkurven. Recht flexibel ist dafür die Sprühdose gelungen. Neben dem Sprühradius legen Sie auch die Intensität in einem Dialog fest. Zusammen mit den unterschiedlichen Füllmustern, die unser Pixelfärber hier ebenfalls beachtet, entstehen interessante Effekte. Mit den beiden Verknüpfungsmodi »transparent« und »deckend« lassen Sie dann den Bildhintergrund durchschimmern bzw. überdecken ihn. Sind einmal ein paar Pixel daneben gegangen, so tauschen Sie die Grafik mit dem Undo-Speicher aus. Ein nochmaliges Undo-Drücken holt dann das fehlerhafte Bild zurück. Aus »Undo« wird »Redo«. Die aktuellen Zeichenparameter entnehmen Sie übrigens einem zuschalt-baren Parameterfenster. Anhand der Farbpalette wählen Sie, je nach Auflösung, die aktuelle Zeichenfarbe. Die einzelnen Farbwerte, die als RGB-Modell vorliegen, können Sie über Slider mit den drei Grundfarben mischen. Leider ist keine Lade- und Speichermöglichkeit für solche selbstgemixten Farbtabellen vorgesehen. Dafür picken Sie anhand der »Snap-Funktion« aus einem Bild einen Farbton heraus und verwenden diesen als aktuelle Zeichenfarbe. Praktisch, wenn Sie zum Beispiel beim Retuschieren von 24-Bit-Grafiken eine bestimmte Nuance nur schwer per Hand nachmischen können. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß Pixart nur Bilder mit der aktuellen Farbanzahl oder niedriger laden kann. Ein Konvertieren wie zum Beispiel in Papillon ist leider nicht vorgesehen. Schade! Welche Grafikformate zum Im- und Export bereitstehen, entnehmen Sie bitte dem Infokasten. Hier sei nur soviel gesagt, daß Pixart beim Speichern von TIF-Bildern sowohl das Motorola- als auch das Intel-Format beachtet und dabei zwei gängige Kompressionsformen anbietet. Für das XIMG-Format ist zusätzlich eine Fehlerkompatibilität vorgesehen. Somit liest das Programm auch unkorrekte XIMG-Dateien, wie sie einige Programme und Snapper erzeugen.

Bild 4. Im fliegenden Dialog mit den Parametern

Einen wesentlichen Teil des Pixelmalers bilden die Blockoperationen. Auch hier liegt ein ähnlich praktisches Konzept wie bei der Lupe vor. Den gewünschten Block schneiden Sie als Rechteck oder mit dem Lasso (leider nicht reduzierend) aus. Pixart legt diesen Block in ein eigenes Fenster, in dem Sie dann die manigfaltigsten Veränderungen vornehmen dürfen. Verzerren in allen Größen und Formen und stufenfreies Drehen sind dabei nur die leichtesten Übungen. Alle Blockmanipulationen nehmen Sie »in Vito« vor. Das heißt, Sie verändern zunächst den Blockrahmen und erst ein Druck auf die Leertaste startet die Blockberechnung. Blockmanipulationen von Farbbildausschnitten in Echtzeit wären ansonsten nur mit gut durchgetakten Prozessoren drin. So richtig vielseitig sind die Projektionen von Blöcken auf 3D-Objekten und Gitterstrukturen. Anstatt innerhalb eines Blockrahmens, liegt der Ausschnitt unter einem Netz mit 81 Knotenpunkten. Durch das Verschieben dieser Punkte bilden Sie neue Figuren oder wählen eines von sechzehn fertigen Objekten. Neben bekannten Kugel- oder Tonnen Projektionen erledigen Sie im Maus-, nein Handumdrehen auch das Zerknüllen von Bildteilen nach dem Zufallsprinzip. Aber Vorsicht, das Experimentieren mit diesen Funktionen kann süchtig machen. Im Bedarfsfall ist auch das Verschieben von Bildteilen ohne Fensterumweg vorgesehen. Und Sie schneiden ebensogut aus Lupe oder anderen Darstellungsebenen heraus aus. Herrlich, herrlich!

Letzteres ließe sich auch zu den Textfunktionen sagen, die mit einem kleinen Texteditor einhergehen und mit Signum!2-Fonts arbeiten. Pixart verdaut dabei sowohl die kleineren Editor- als auch die größeren Druckerfonts. Unterschiedliche Textattribute setzen Sie direkt im Editor. Ein grafischer Leckerbissen: Mit dem Farbeffekteditor legen Sie bis zu zweiunddreißig Farbverläufe innerhalb des Textobjektes fest. Hier ist der Spieltrieb des Anwenders gefragt. Unter dem Modul »Digitalisieren« finden Sie Befehle zum Ansteuern von Scannern, Videodigitizern und Grafiktabletts. Das Einsatzspektrum von Pixart erweitert sich hierdurch ganz erheblich, zumal das Programm auch direkt den druckempfindlichen Stift des Wacom-Tabletts unterstützt. Was nützt einem die beste Grafik, wenn diese dann nicht bunt auf weiß, sprich auf dem Papier vorliegt. Auch hier geht Pixart neue Wege. Neben den gängigen Schwarzweißdruckern unterstützt die Druckfunktion auch die Farb-Tintenstrahldrucker 500 C und 550 C der HP-Serie. Und dieses aufgrund spezieller Rasterverfahren auf ganz exquisite Weise, so daß mancher Grafik nur noch der fertige Holzrahmen fehlt. Für 298 Mark bietet Omikron dem ambitionierten Pixelkünstler ein hervorragendes Programm an. »Draw! 3.0«-Besitzern steht als zusätzlicher Anreiz die Upgrademöglichkeit offen. (wk)

Vertrieb: Omikron. SoftlHardware GmbH, Sponheimstr 12, 7530 Pforzheim

Datei-Formate

Import: IMG, XIMG, TIF, IFF, ESM, PIPS, PCI - PC3, PI4-PI6, PAC, PIC. Formaterkennung auch bei unkorrekter Extension

Export: IMG, XIMG, TIF, IFF, PIC, ESM, PCI - PC3, PI4-PI6, PCX

WERTUNG

Name: Pixart
Hersteller: Crazy Bits
Preis: 298 Mark, Upgrade von Draw!3.0: 169 Mark

Stärken: Geschwindigkeit □ Zoomfunktionen Blockfunktionen □ Farbdruck

Schwächen: Fehlende Farbbildkonvertierung

Fazit: Unbedingt sehenswert


Andreas Wischerhoff
Aus: TOS 06 / 1993, Seite 18

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