Der Horrormeldung des Desktops, »Für diese Anwendung steht nicht genügend Speicherplatz zur Verfügung«, ist nun der Schrecken genommen. Besitzer eines TT oder Falcon haben mit »Outside« die Möglichkeit, die Festplatte als virtuellen Speicher zu nutzen.
In den letzten Jahren stieg die Mindestanforderung an Hauptspeicherkapazität drastisch an. War man zur Einführung des ST 520+ vom immensen Speicher beeindruckt, so sind diese Rechner heute längst überholt und eine Mindestausstattungen von 2 MByte ist ein absolutes Muß. Seit dem Erscheinen der ersten Grafikkarten ist nun auch diese Mindestausstattung zu klein. Dies zeigt ein kleines Beispiel. In der Bildschirmauflösung »ST-HOCH« benötigt der Bildschirmspeicher 32 KByte, bei der neuen Falcon-Auflösung von 640 x 480 mit 256 Farben ergibt dies aber schon 300 KByte, also mehr als das Achtfache. Und das ist nur der Anfang. Ein JPEG-Bild mit 150 KByte ergibt ein XIMG-Pendant von 3 MByte. Spätestens bei der lapidaren Meldung »Out of memory« schießen die Tränen in die Augen. Entsprechend speicherhungrig zeigen sich Anwendungen wie DTP und Bildverarbeitung. Wie löst man dieses Problem ? Einfachste Variante: Speicher kaufen. Clevere Variante: der virtuelle Speicher als Software-Lösung.
Wenn man sich den im TT und Falcon eingesetzten Prozessor MC68030 näher betrachtet, stellt man fest, daß die darin enthaltene PMMU (»Page Memory Management Unit«) die Verwendung von virtuellem Speicher unterstützt. Dies bedeutet, daß der RAM-Speicher in Segmente unterteilt wird, die dann auf eine Festplatten-Partition (SWAP-Partition) ausgelagert werden. Wir können, je nach Partitionsgröße, bis zu 512 MByte (maximale Partionsgröße) virtuelles RAM anlegen. Und hier ist auch der finanzielle Vorteil, denn die Festplattenpreise fallen und für 1000 Mark bekommt man eine schnelle 100-MByte-Platte.
Das Programm »Outside« setzt genau dies in die Praxis um. Es stellt virtuellen Speicher als TT-kompatibles RAM zur Verfügung. Hier müssen wir uns mit einem Begriffsproblem auseinandersetzen. Viele Benutzer setzen den Begriff »TT-RAM« mit dem Begriff »Fast-RAM« gleich, dies ist aber nicht ganz richtig. Beim TT-RAM handelt es sich um »alternatives RAM« mit besonderen Eigenschaften. Beim TT kann nur der Prozessor auf diesen Bereich zugreifen, was einen besonders schnellen Zugriff erlaubt. Seitdem Programme virtuelles RAM unterstützen, ist dieser Begriff nicht mehr richtig, da virtuelles RAM von Natur aus nicht so schnell sein kann wie seine Chip-Geschwister. Wenn wir also ab jetzt von TT-RAM sprechen, ist das »alternative RAM« gemeint.
Die Systemvoraussetzungen zur Installation von Outside sind ein TT oder Falcon mit Festplatte und mindestens 4 MByte Speicher. Die Installation von Outside ist trivial. Einfach das Programm »OUTSIDE.PRG« an erster Stelle in den AUTO-Ordner kopieren - fertig. Anschließend läßt sich Outside den individuellen Wünschen anpassen. Hierzu starten Sie das Programm »OUTCONF«, wobei sich aus Kopierschutzgründen die Originaldiskette im Diskettenlaufwerk befinden muß.
Wichtigster Parameter ist die Partition, die das virtuelle RAM bereitstellt. Die bereits vorhandenen Daten der gewählten Partition bleiben inklusive Leserecht erhalten, lediglich das Schreiben auf diese Partition ist bei gestartetem Outside nicht möglich. Ausgehend von dieser Tatsache läßt sich also eine Partition auch teilweise als virtueller Speicher nutzen, über dessen Größe Sie frei bestimmen. Sprengt der von Ihnen gewünschte Wert jedoch die Kapazität der Partition, geht Outside davon aus, daß Sie die komplette Partition virtuell nutzen möchten.
Natürlich eignet sich eine schnelle Festplatte besser als virtuelles Medium. Die im Falcon eingebaute AT-Bus-Festplatte ist mit ihren 800 KByte/s nicht gerade die schnellste Festplatte, aber für diesen Zweck durchaus brauchbar. Spürbar bessere Ergebnisse erzielen Sie mit einer 120-MByte-Quantum LPS (1,5 MByte/s).
Abhängig von den verwendeten Programmen ist die einstellbare Segmentgröße (Seitengröße), die mit 32 KByte vorbelegt ist. Bei Anwendungen, die viel im Speicher »herumspringen«, bietet sich eine kleinere Seitengröße an. Diese Einstellung sollte jeder bei seiner Software selbst testen, um den besten Wert zu ermitteln.
Bei einem Rechner ohne TT-RAM, wie dem Falcon, muß ein Teil des ST-RAMs in TT-RAM überführt werden und steht dadurch nicht mehr als ST-RAM zur Verfügung. Es handelt sich also um den Speicher, dessen Seiten Outside bei Bedarf mit den Seiten der Swap-Partition tauscht. Hierzu nehmen wir als Beispiel einen 4-MByte-Falcon. Wandeln wir 3 MByte in TT-RAM und beträgt die Kapazität der Swap-Partition 10 MByte, stehen 1 MByte ST-RAM und 10 MByte TT-RAM zur Verfügung.
Und hier erkennt man schon die Problematik. Man hat wohl 10 MByte TT-RAM, aber nur 1 MByte ST-RAM, was bei True Color oder einigen Grafikkarten zu Problemen mit dem Platzbedarf von Bildschirmspeicher und Accessories führen kann. Zudem gibt es immer noch Programme, die das TT-RAM nicht unterstützen und mit dem verbleibenden ST-RAM nicht zurechtkommen. Führt man aber nur 1 MByte in TT-RAM über, bleiben nach wie vor 10 MByte TT-RAM, aber 3 MByte ST-RAM übrig. Der Zuwachs von 2 MByte ST-RAM schlägt sich in vermehrter Plattenaktivität nieder, da Outside öfter Speicherbereiche zwischen Festplatte und Rechner tauschen muß. Für Geschwindigkeitszuwachs von etwa 30 Prozent sorgt das Verschieben des ROM ins RAM, da der TT auf das TT-RAM schneller zugreifen kann. Beim Falcon ist der Gewinn nicht ganz so groß, liegt aber immerhin bei 7 Prozent. Im praktischen Betrieb fällt dies natürlich nicht so stark ins Gewicht, da ja nicht immer das ROM beansprucht wird; für Patches im Betriebssystem aber eine nützliche Sache. Aus diesem Grund ermöglicht es Outside, die Betriebssystemkopie mit und ohne Schreibschutz zu betreiben.
Da es noch einige Programme gibt, die TT-RAM und somit virtuelles RAM nicht unterstützen, kann Outside so konfiguriert werden, daß es das virtuelle RAM nicht in den normalerweise genutzten Speicherbereich legt, sondern in die unteren 16 MByte des Hauptspeichers. Dieser Speicher ist voll kompatibel zum Atari ST. Die ST-Kompatibilität unterstützt Outside zusätzlich dadurch, daß es die Adressierung optional auf 24 Bit beschränkt, wodurch selbst Programme, die mit einem 32-Bit-Adreßbus nicht zurechtkommen, wieder korrekt arbeiten. In diesem Fall ergibt sich natürlich eine Begrenzung auf 14 MByte virtuelles RAM.
In der Regel zählt Outside das echte TT-RAM (oder auch das überführte ST-RAM) nicht zum virtuellen RAM der Swap-Partition hinzu. Auf Wunsch gibt das Programm das TT-RAM zusätzlich frei, was sich allerdings negativ auf die Geschwindigeit auswirkt und nur in Notfällen Einsatz findet. Arbeiten Sie mit Speichermedien wie Wechselplatte oder MO-Lauf-werken, kann es Vorkommen, daß Sie das Medium wechseln möchten, ohne daran zu denken, daß auf dem Medium ein Teil des Hauptspeichers ausgelagert ist. Um dies zu verhindern, läßt sich der Auswurfknopf eines Mediums verriegeln, vorausgesetzt, ein XHDI-kompatibler Festplattentreiber ist geladen, der aber Outside ohnehin beiliegt. Programme, die nicht in den virtuellen Speicher verlagert werden dürfen, geben Sie Outside in einer Liste an. Probleme ergaben sich beim Test allerdings nur mit Calamus.
Alle Einstellungen speichert Outside in einer Konfigurationsdatei; nach dem nächsten Reset ist der virtuelle Speicher verfügbar.
Damit auch alle Programme in den Genuß des virtuellen RAM kommen, muß man die Flags der Programme verändern. Hierzu dient das Programm »Outflags«, mit dem Sie Ihre Anwendungen virtuellverträglich ändern. Entscheidend ist hierbei das Flag »Fastload«, das es unbedingt zu setzen gilt, will man nicht die Zeit warten, die das Löschen von 30 MByte virtuellen Speichers in Anspruch nimmt. Das zweite Flag, »Programm läuft im alternativen RAM«, legt fest, ob ein Programm ins alternative RAM geladen und dort gestartet werden soll. Das dritte Flag weist das Betriebssystem an, einem Programm entweder aus dem ST- oder aus dem dem alternativen RAM Speicher zur Verfügung zu stellen. Hier kommt es auf das einzelne Programm an, ob es im TT-RAM laufen kann oder nicht.
Problematischer wird es mit der Speicheranforderung. Hier gibt es Programme, die mit verschiedenen Bildschirmen arbeiten und die Daten hierfür dürfen nicht im alternativem RAM liegen. Da aber fast alle Programme auf den TT angepaßt sind, gibt es hiermit immer weniger Probleme und da ein Falcon mit Outside sich wie ein TT darstellt, werden die wenigsten Programme Probleme machen.
Was kann man in der Praxis mit einem so großen Speicher alles anfangen? Nun ein Beispiel haben wir schon am Anfang aufgezählt. Da nun viele Malprogramme in Fenstern laufen und unbegrenzte Bildgrößen zulassen, kann es schon Vorkommen, daß man ein sehr großes Bild bearbeiten will. In unserem oben genannten Beispiel handelte es sich um ein JEP-Bild mit 150 KByte, das sich als ein 2286x1268 Pixel großes Farbbild entpuppte und nach dem Speichern eine 3 MByte große XIMG-Datei ergab. Ein solches Bild läßt sich mit »GEMVIEW2« entpacken und dann später mit »Papillon« bearbeiten. Aber hierzu benötigt man extrem mehr als 4 MByte. Die Demoversion von Papillon aus der TOS 12/93 verrichtete ihren Dienst ohne Probleme mit Outside. Auch das Kopierprogramm Kobold zeigt keine Probleme. Hierbei ist nur zu beachten, daß man den Verwaltungspeicher im ST-RAM behält und den Dateispeicher ins TT-RAM verlegt.
Die beiden Multitaskingerweiterungen »MultiGEM« und »Mag!X« arbeiten auf einem TT mit Outside fehlerfrei. Gerade im Zeitalter des Multitasking werden die alten Vorstellungen von ausreichender RAM-Ausstattung gesprengt. Es läßt sich dann sehr effektiv arbeiten, da man alle Programme, die man zum Arbeiten benötigt, gleichzeitig im Speicher behält und so die Ladezeiten entfallen. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß alle Programme mit Outside laufen. Einige wenige Programme haben mit dem TT-RAM noch Probleme, lassen sich aber dank der verschiedenen Kompatibilitätsmodi zum Dienst bewegen.
Das Outside-Programmpaket enthält wie erwähnt einen XHDI-kompatiblen Festplattentreiber mit Zusatzprogrammen. Das Paket verfügt über ein Partitionierungsprogramm, mit dem Sie Ihre Festplatte in bis zu 512 MByte große Abschnitte aufteilen. Das Programm »HARDBOOT.PRG« macht die Platte bootfähig und installiert den Treiber auf der Platte. Der Festplattentreiber selbst hört auf den »HDDRIVER.PRG«, den Sie einfach mit dem Programm »HDDRCONF.PRG« individuell einstellen, etwa auf welchen SCSI-, ACSI- und IDE-Adressen der Treiber beim Booten suchen soll und auf welchen nicht - dies erspart das Warten auf Geräte, die ohnehin nicht angeschlossen sind. Die andere Einstellung betrifft die maximale Sektorgröße. Sie ist wichtig, wenn man eine Wechselplatte mit unterschiedlich formatierten Medien besitzt. Ein weiterer Vorteil des Festplattentreibers ist die Möglichkeit, einzelne Partitionen schreibzuschützen. Über ein Accessory und CPX-Modul ändern Sie diese Einstellungen.
Zweifelsohne: Outside ist eine günstige Alternative zu einer Speichererweiterung. Virtueller Speicher kann das Original natürlich nicht ersetzen, aber er kann das Speicherproblem entspannen. Manche Anwendungen sind nicht »ohne« zu lösen. Den Falcon kann man derzeit nicht über 14 MByte erweitern, und den TT mit 128 MByte aufzustocken, wäre doch etwas kostspielig. Seit Anfang Januar laufen Outside und der Festplattentreiber auf einem Falcon 030/65 und zusätzlicher 120-MByte-Quantum-Festplatte zuverlässig. Bei der täglichen Arbeit gewöhnt man sich daran, nicht mehr jedes Bit umdrehen zu müssen. Mit einer 30-MByte-Swap-Partition ist man immer auf der sicheren Seite und wundert sich nur, wenn auf einmal ein unerwarteter Festplattenzugriff stattfindet, erst dann merkt man, daß die 4 MByte wieder mal nicht ausgereicht haben. (ah)
Bezugsadresse: MAXON Computer, Industriestraße 26.6236 Eschborn
Name: Outside 3.0
Preis: 99 Mark (Update mit neuem Handbuch 40 Mark)
Hersteller: Maxon Computer
Stärken: Flexibel □ Zusatzprogramme □ kein TT-RAM nötig □ betriebssicher
Schwächen: Festplattentreiber unterstützt nur GEMDOS-Cache
Fazit: Günstige Alternative zum Festspeicher