Drei gegen den Falcon: Systemvergleich Falcon 030, Amiga, Windows, Macintosh

Amiga, Falcon, Macintosh und Windows-Systeme liefern sich heiße Schlachten um die Gunst der Anwender. Dabei ist die Bedienungsfreundlichkeit mindestens ebenso wichtig wie die reine Rechenpower. Wir nehmen die Systeme unter die Lupe.

Kai Schwirxke, Dietmar Lorenz und Wolfgang Klemme

»Drum prüfe wer sich ewig bindet, ob er nicht noch was Bessres findet«. So spottet der Volksmund über ehewillige Kandidaten. Doch auch unter Computeranwendern macht der Spruch die Runde. Aus gutem Grund: Langsam aber sicher rückt bei Anwendern die Meinung in den Vordergrund, daß es beim Computer nicht mehr so sehr auf die technische Potenz, sondern vielmehr auf den einfachen Umgang mit dieser Leistung geht. Freute man sich vor ein paar Jahren noch über jeden Zugewinn an RAM und Rechenleistung, so wünscht man sich heute einfache, intuitive Bedienung und eine gewisse Eigenintelligenz des Computers in Routineangelegenheiten. Sicher, immer noch ist die teilweise Resourcen-fressende Softwareentwicklung zu einem großen Teil darauf ausgerichtet, mehr Funktionen in mehr Rechenleistung zu packen. Doch die Entwicklung der Systemoberflächen und auch der Anwendungssoftware belegt einen gewissen Wandel in der Auffassung der Programmierer. Mehr und mehr rücken Fragen ergonomischer Softwaregestaltung in den Vordergrund, und bestimmt der Wunsch nach einfacher und effektiver Bedienung die Programmgestaltung.

Windows-Systeme

Längst vergangen sind die Tage, in denen die »ernsthaften« PC-User mit neidisch-hämischem Grinsen auf die Gemeinde der »mäuseschiebenden« Computer-Anwender herabschauten. Längst passe auch die Zeit, in der ein träge blinkender DOS-Prompt noch den Flair des Professionellen verbreitete und eine kunstvoll-kryptische Batch-Datei dem Programmierer ehrfurchtsvolle Blicke der Kollegen einbrachte. Unter den PClern ist nämlich das Windows-Fieber ausgebrochen. Spät, aber nicht zu spät entdeckt die DOS-Welt die Segnungen der grafischen Benutzeroberflächen und stürzt sich mit Vehemenz auf alles, was Fenster und Mauszeiger besitzt. Doch gibt es wohl kein Betriebssystem (oder besser keinen Betriebssystem-Aufsatz), über das respektive den erhitzte EDV-Gemüter so kontrovers diskutieren, wie gerade über Windows.

Wie stellt sich nun dieses fensterorientierte Betriebssystem dem unbedarften Anwender dar? Nun, zunächst einmal in Form von sieben, beziehungsweise acht Disketten (abhängig vom Disketten-Format), die man in einer ca. 10 bis 15 minütigen, allerdings recht simplen Prozedur auf Festplatte installieren muß. Nach gelungenem Setup sehen Sie sich dann einer Umgebung mit Fenstern, Icons und Menüleiste gegenüber, deren Handling nach kurzer Eingewöhnungsphase flott von der Hand geht.

Vergebens hält man dagegen nach Disketten- und Harddisk-Icons Ausschau, wie sie von den anderen Systemen bekannt sind: Sie befinden sich im sogenannten »Programm-Manager«, dessen einzige Aufgabe es ist, Ihre Programme übersichtlich in »Programmgruppen« zu ordnen. Eine Programmgruppe stellt Windows entweder als kleines Icon auf dem Desktop oder aber als Fenster dar, wobei eine Programmgruppe - vergleichbar mit einem Ordner unter den anderen Systemen - beliebig viele Einzelprogramme und Dateien enthalten darf. Das File-Handling übernimmt unter Windows der Datei-Manager, den Sie nach der Installation im Fenster »Hauptgruppe« erspähen.

So präsentiert sich der Amiga

Diese Trennung von Datei- und Programmverwaltung erscheint besonders dem Umsteiger von anderen Systemen unglücklich. Die gesamte Bedienung wirkt hier sperrig, fast zu ordentlich verwaltet und ein wenig dem natürlichen (Un-)Ordnungsempfinden wiedersprechend. Zwar lassen sich Datei- und Programm-Manager gemeinsam am Bildschirm darstellen, doch wird es dann, gerade im Standard VGA-Modus mit 640*400 Pixeln, leicht unübersichtlich.

Eine der Stärken von Windows ist seine Pseudo-Multitasking-Fähigkeit: Es lassen sich beinahe beliebig viele (abhängig vom RAM) Anwendungen laden und in Fenstern auf dem Desktop arrangieren. Mit einem simplen Tastendruck schalten Sie dann zwischen den einzelnen Anwendungen um, wobei Multitasking nach dem Time-Slice Verfahren möglich ist. Da sich unter Windows-Anwendungen Daten beinahe grenzenlos austauschen lassen, ist dieses Task-Switching nicht nur eine nette Spielerei, sondern ausgesprochen praktisch. So lassen sich Bilder zum Beispiel ohne den Umweg über Massenspeicher direkt in die Textverarbeitung übernehmen. Irritierend für den unbedarften Anwender sind die gelegentlichen Eigenaktivitäten der Festplatte, die unter Windows als virtuelles RAM herhalten muß. Das unterbricht zwar nicht den Arbeitsfluß, beunruhigt aber doch (Wenn jetzt der Rechner abstürzt...).

Das Einrichten neuer Programme gestaltet sich dank komfortabler Setup-Software zumeist unproblematisch, gut gelöst ist die Druckersteuerung: Alle Anwendungen drucken ohne Umschweife über den bei der ersten Windows-Installation angegebenen Treiber. Solange alles ordnungsgemäß funktioniert, macht die Arbeit unter Windows wirklich Spaß und bietet, gemessen an nicht multitasking-fähigen Betriebssystemen, einige nicht zu unterschätzende Annehmlichkeiten. Wehe aber, die Tücke sitzt im Detail und Windows bekommt aufgrund mangelhafter Treiber, defekter Dateien oder falsch installierter Hardware einen Schluckauf. Dann sitzt der Otto-Normal-User normalerweise fassungslos vor seinem PC und versteht die schöne, neue Windows-Welt nicht mehr. Liegt es am neuen Video-Treiber, ist die frisch optimierte »Config.sys« schuld, oder gerät gar eine TSR (Terminate and stay resident) Anwendung mit dem Windows-Speichermanagement in Konflikt? Warum produziert der Multimedia-Treiber Fehlermeldungen am laufenden Band, wieso kehrt Windows nach Anzeige des Start-Logos wieder zum DOS-Prompt zurück, warum bricht die System-Performance urplötzlich zusammen? Die Antwort auf diese Fragen liegt meist verborgen im Wust von Resource-Dateien, *.INI und *.PIF Files und läßt sich -wenn überhaupt-vom Nicht-Profi zumeist nur nach stundenlanger Kleinarbeit beantworten. Hier fordert die große Komplexität von Windows seinen teuren Tribut -Anwenderfreundlichkeit ade.

Eine andere, wenig beglückende Eigenheit von Windows ist der enorme Appetit auf leistungsstarke Hardware. Unter einem 386 DX, 30 MHz mit mindestens 4 MByte RAM sollte man erst gar nicht der fixen Idee verfallen, komplexere Anwendungen unter Windows zu fahren, sonst gerät die Arbeit nämlich zum nervenzehrenden Geduldsspiel: Ein Großteil der Rechenleistung geht schlicht und ergreifend für die reine grafische Darstellung verloren. Zügig läßt es sich hingegen mit einem 486er DX ab 33MHz aufwärts arbeiten, eine ausreichend große Festplatte (Windows-Applikationen sind weitaus »einnehmender« als ihre DOS-Kollegen), eine schnelle VGA-Karte zur Entlastung des Prozessors (erhältlich ab ca. 300 Mark) und 8 MByte RAM einmal vorausgesetzt. Wer den Gang zum nächsten Sehtest noch etwas hinauszögern möchte, gönnt sich besser von vornherein einen strahlungsarmen Multisync-Monitor, der auch die hohe 800x600, beziehungsweise 1024x740 Auflösung in ergonomisch günstigen 72 Hz Bildwiederholfrequenz darstellt (ab 1000 Mark).

Windows 3.1 bietet dem Anwender eine leistungsstarke grafische Bedienungsoberfläche, die bei normaler Anwendung relativ wenig Probleme bereitet. Minuspunkte handelt sich Windows durch hohe Hardwarekosten und die nicht zu unterschätzende Komplexität »hinter den Kulissen« ein. Man kann sich halt gelegentlich des Gefühls nicht erwehren, daß hier oftmals mit »Kanonen auf Spatzen« geschossen wird. Pluspunkte sammelt Microsofts Fensterkünstler durch seine Anpassungsfähigkeit an unterschiedlichste Hardwareausstattungen. Egal, ob 640x400 oder 1 700x1200 Pixel, ob 16, 256 oder gar 16 Millionen Farben, Windows funktioniert immer, den sauber programmierten Treiber einmal vorausgesetzt.

Apple Macintosh

Das Betriebssystem des Macintosh gilt allgemein als Vorreiter der grafischen Bedienungsoberfläche. Nicht ohne Grund laufen noch immer einige Copyrightprozesse mit den Herstellern anderer Systeme. Hiermit war es erstmals möglich, unabhängig von der Tastatur über anzuwählende Objekte beziehungsweise Bilder Funktionen auszuführen.

Womit ist nun die herausragende Stellung des Mac-Betriebssystems zu begründen? Ein wesentliches Merkmal ist die in unterschiedlichen Programmen weitgehende Einheitlichkeit der Menüeinträge, die die alltägliche Arbeit erheblich erleichtert. Dies ist eine Folge der konsequenten Apple-Politik, den Programmierern umfangreichen Richtlinien vorzugeben, an die er sich halten muß. Diese »Human Interface Guidelines« von Apple erschienen mit der Verfügbarkeit des ersten Macintosh.

So besitzt zum Beispiel jedes Programm eine Menüzeile, in denen die Einträge »Beenden, Ausschneiden, Kopieren, Einfügen und Löschen« immer im Menü »Bearbeiten« anzutreffen sind. Egal ob Sie eine Grafik, Tabelle oder einen Text bearbeiten. Sie können diesen einfach kopieren und in einer anderen Anwendung einfügen. Diese Funktionen sind auch immer über die gleichen Tastenkombinationen zu erreichen. Auch die Dialoge und Meldungen besitzen ein einheitliches Aussehen. Disketten, Festplatten, Programme und Dateien sind auf dem Desktop (Schreibtisch) anhand der jeweils eigenen, farbigen Symbole zu erkennen. Vom Softwarehersteller sind die unterschiedlichen Programm-Icons zwar vorgegeben. Sie können diese aber auch durch eigene Grafiken ersetzen. Dateien weisen sich durch ein kleines Eselsohr aus. Die Länge der Dateinamen ist auf 27 Zeichen begrenzt, Extender sind nicht erforderlich. Dateinamen lassen sich einfach durch Anklicken des Textes und Eingabe eines beliebigen Namen verändern. Mit einem Doppelklick auf die gewünschte Datei öffnet sich automatisch das zugehörige Programm und lädt die Datei. Zeichensatz, Schriftgröße, Symbolgröße sowie die angezeigten Dateiparameter (Größe, Datum, Bemerkungen) sind frei wählbar. Gekoppelt mit vielen Aktionen sind akustische Signale oder Warntöne, die man mit dem zugehörigen Mikrofon selbst aufnehmen und beliebig zuordnen kann.

Die Dateien insgesamt sind, wie bei jedem grafischen Betriebssystem, hierarchisch geordnet. Der Wechsel der System-Ebene ist auch durch Drücken der Command-Taste und Mausklick auf den Fenstertitel möglich. Hierbei erscheint dann ein PopUp-Menü mit der Auflistung der hierarchischen Ebene, die dem angezeigten Fenster übergeordnet sind. Die Anzahl der Fenster ist unbegrenzt.

Im Druckerbereich gilt die gleiche universelle Lösung wie unter Windows. Das Betriebssystem verwaltet den oder die installierten Druckertreiber, so daß man für alle Anwendungen jeweils mit dem im Betriebssystem installierten Treiber druckt. Für die richtigen Treiber ist immer der Druckerhersteller verantwortlich.

Auch die Zeichensätze verwaltet das Betriebssystem, so daß in jeder Anwendung immer alle und die gleichen Zeichensätze zur Verfügung stehen. Unabhängig vom verwendeten Programm stehen Ihnen immer alle in einem besonderen Ordner installierte Schriftarten in beliebiger Größe und Schriftart (True-Type) zur Auswahl. Auch Adobe-Type 1 Schriften verarbeitet das System, wenn diese im Schriftenordner anzutreffen sind. Wie alle Systemdateien schieben Sie diese zur Installation einfach auf den Systemordner. Das Einsortieren in die entsprechenden Unterordner nimmt das Betriebssystem selbständig vor, so daß der Anwender sich nicht darum kümmern muß.

Ein gutes Beispiel für viele effektive, anwenderfreundliche Kleinigkeiten ist das Kopieren von Dateien aus einem Fenster im Hintergrund. Wählen Sie diese einfach an und verschieben sie in das Fenster ihrer Wahl. Das ist möglich, da ein Fenster im Hintergrund erst beim Loslassen der Maustaste in den Vordergrund gelangt.

Vorbildlich ist auch die Hilfefunktion (aktive Hilfe) des Systems 7, der aktuellen Betriebssystemversion. Schalten Sie diese ein, so erscheint ein Hilfetext in einer Sprechblase, sobald Sie eine Funktion mit der Maus anwählen. Dieses gilt nicht nur für den Desktop, sondern auch in allen Programmen.

Programme arbeiten in Fenstern bei beliebiger Bildschirmgröße, so daß auch der Wechsel zwischen mehreren Anwendungen einfach durch Mausklick auf die zu dem jeweiligen Programm gehörenden Fenster erfolgt. Das aktive Programm erkennen Sie zusätzlich an einem kleinen Symbol (entsprechend dem Programmsymbol) in der Menüzeile. Möchten Sie ein Programm exklusiv auf dem Schreibtisch haben, so können Sie alle anderen - weiter laufenden -Anwendungen einfach ausblenden.

Das TOS des Falcon 030

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die kooperative Multitasking-Umgebung des Mac. Das Multitasking wird von einem Prozessmanager überwacht, der jeder Anwendung nach Bedarf Prozessorzeit erteilt. Druckeraufträge, umfangreiches Suchen und Ersetzen oder auch Kopieren sind Beispiele von Anwendungen, die mit geringerer Priorität im Hintergrund ablaufen können. Ein wichtiger Vorteil ist die dynamische Verbindung zwischen zwei Anwendungen, zum Beispiel zwischen einer Tabellenkalkulation und einem Präsentationsprogramm. Damit ändert sich die Grafik sofort mit der Veränderung eines Wertes in der Tabelle.

Schieben Sie eine Disketten in die dafür vorgesehen Öffnung, so erscheint nach kurzer Zeit das Diskettensymbol auf dem Desktop und wird eventuell auf gleich geöffnet, je nachdem in welchem Zustand Sie die Disketten beim letzten Mal ausgegeben haben. Der Diskettenauswurf erfolgt durch Verschieben des Symbols auf den Papierkorb. Danach wirft der Computer die Diskette aus dem Laufwerk, ohne daß Sie einen Hebel oder Knopf drücken müssen. Findet das System eine nicht formatierte Diskette vor, so erscheint automatisch der entsprechende Dialog zum Formatieren -hier Initialisieren - Beispiele, wie ein Computer die wahrscheinlich nächsten Schritte der Anwenders aus der Situation heraus erkennt und entsprechend selbsttätig reagiert.

Programme, die Sie in mehreren Verzeichnisse haben möchten, können Sie kopieren, ohne das eigentliche Programm zu verdoppeln, so wie das auch beim Commodore Amiga möglich ist. Diese sogenannten Aliases vereinfachen Ihren eigenen Desktopaufbau erheblich. Den selbst aufgebauten Desktop speichert das System beim Ausschalten des Computers automatisch.

Die vielen genannten und noch mehr ungenannte Beispiele belegen deutlich, daß die Entwicklung der Benutzerschnittstelle beim Macintosh wirklich am weitesten entwickelt ist. Einschränkungen oder Reglementierungen, die dem natürlichen Arbeitsverhalten, beispielsweise auf einem Schreibtisch, entgegenstehen, sind schon weitgehend vermieden. Im Gegenteil, die Fähigkeiten des Rechners werden dazu genutzt, offensichtlich logische Folgeentscheidungen oder Routinearbeiten weitgehend zu automatisieren. Das mag zwar im Einzelfall nicht gewünscht sein, meistens bedeutet es jedoch eine Vereinfachung im Umgang mit dem Computer.

Atari Falcon 030

Der Falcon 030 wurde lange Zeit als neuer Hoffnungs- und Leistungsträger von Atari angekündigt. Die technischen Daten mit 68030er Prozessor, DSP und True Colour sind beeindruckend. Software-seitig präsentierte sich die an die neuen Hardwarefähigkeiten angepaßte Version des Betriebssystems TOS 4.0 mit einigen optischen Schmankerln wie Popup-Menüs, farbigen Icons und einer Windows-ähnlichen 3D-Oberfläche. Bedeutsamer für den Anwender ist allerdings die Ankündigung des MultiTOS, der multitaskingfähigen Version des Betriebssystems. In der Praxis schaut die Sache zumindest hardwaremäßig gar nicht so schlecht aus. Der Falcon 030 kommt in einem knapp dimensionierten Gehäuse mit integrierter Tastatur und Laufwerk daher. Intern ist Platz für eine Festplatte, weitere Aufrüstungen wie Speichererweiterung oder DOS-Emulator lassen sich ebenfalls, wenn auch mit einigem Aufwand, einbauen. Der Falke gibt sich anschlußfreudig und bietet neben den Standardschnittstellen vor allem einiges in Sachen Video/Audio. Dazu zählen der DSP-Anschluß, Mikrofon- und Kopfhörer-Buchse sowie ein Video/Genlock-Anschluß. Erstmals serienmäßig in den Atari-Rechnern ist auch der LAN-Anschluß zur Vernetzung sinnvoll integriert.

Doch die reinen Hardwaredaten interessieren uns weniger, schauen wir uns die Arbeit auf der Bedienungsoberfläche an. Hier hat sich gegenüber den letzten Versionen des TOS nicht allzuviel getan. Die Dateien und Programme sind als Icons oder als Textzeilen in Fenstern dargestellt. Die Icons lassen sich auch direkt auf dem Desktop ablegen und per Maus oder Tastaturkürzel beziehungsweise Funktionstaste starten. Allgemeine Steuerbefehle für den Desktopbereich sind in vier Pull-Down-Menüs angeordnet und ebenfalls mit der Maus oder über Tastaturkürzel anzuwählen. Ruft man beispielsweise den Befehl zur Einstellung des Bildschirmtyps auf, erscheint eine Dialogbox, in der weitere Einstellungen zu tätigen sind. Popup-Menüs, Auswahlboxen und Bestätigungsfelder sind hier mit der Maus zu bedienen, über softwaremäßige Erweiterungen des Betriebssystems sind auch hier teilweise Tastatursteuerungen möglich.

Optisch ansprechend, von der Wirksamkeit her allerdings fragwürdig ist die 3D-mäßige Darstellung der Buttons, zum Beispiel in den Dialogboxen. Sinnvoller erscheint hier die Einführung farbiger Icons. In Kombination mit der freien Gestaltbarkeit dieser Symbole läßt sich hier ein gut zu durchschauender Desktop aufbauen. Lästig bleibt nach wie vor die Beschränkung der Dateinamen auf acht Zeichen plus drei Zeichen für einen Extender. Positiv lassen sich diese Extender mit der Funktion der »Dateimaske« nutzen, die nur bestimmte, einer frei festzulegenden Dateinamenmaske entsprechende Namen in den Fenstern anzeigt.

Die wenigen Richtlinien, die Atari selbst für die Gestaltung von Programmen und Oberflächen herausgegeben hat, sorgten für eine sehr individuelle Oberflächengestaltung bei den Anwendungsprogrammen. Gewisse Schwierigkeiten in der Arbeit mit der GEM-Oberfläche, die auch der Atari-Desktop benutzt, führten dazu, daß der Anwender heute mit einer Vielzahl von Programmoberflächen konfrontiert wird, die sich in der Bedienung, beispielsweise der Fensterelemente oder Tastaturkürzel, sehr stark voneinander unterscheiden. So gibt es auch für den Falcon 030 keine einheitlichen Anforderungen an die Bedienungsoberfläche, und für den Anwender ergibt sich die schwierige Situation, daß er in verschiedenen Programmen für die gleichen Funktionen (z.B. Programm beenden) unterschiedliche Tastenkombinationen kennen muß.

Auch die bei den anderen drei Systemen so positiv gelöste Druckersteuerung über das Betriebssystem ist beim unter dem TOS des Falcon 030 umständlich gelöst. Hier sorgt jede Anwendung für eine eigene Druckersteuerung beziehungsweise entsprechende Treiber. Das gleiche Problem tritt bei den Fonts auf. Bisher verwendeten Atari-Rechner entweder den eingebauten Systemzeichensatz oder die Applikationen arbeiteten mit eigenen Fonts. Atari unterstützte eine Erweiterung des Betriebssystems, die GDOS-Fonts, auf die alle entsprechend programmierten Anwendungen gemeinsam zugreifen konnten. Leider handelte es sich hier um Pixelfonts, die zwar für jedes Gerät mit dem entsprechenden Treiber eine sehr gute Ausgabequalität erreichten, aber sehr umständlich zu handhaben waren. Derzeit arbeitet Atari daran, Vektorfonts als allgemein zugänglichen Standard auf seinen Rechnern einzuführen. Das Speedo-GDOS war aber zumindest bis kurz vor der CeBIT'93 noch immer nicht wirklich verfügbar. Das ebenfalls derzeit immer noch nicht ausgelieferte MultiTOS sorgt für die nächste heftige Kritik im Vergleich zu den anderen Systemen. Reine Softwarelösungen von Fremdanbietern erlauben zwar bereits ein gewisses Multitasking nach dem Time-Slice-Verfahren, aber Ataris MultiTOS kommt im wahrsten Sinne des Wortes nicht in die Gänge. Im Vergleich zum Multitasking des Amiga fällt es von der Leistungsfähigkeit sehr stark ab.

Insgesamt ist der Falcon 030 ein einfach zu bedienender Rechner, der vor allem durch die Leistungsfähigkeit des DSP wieder viele Softwareeffekte zuläßt. Auch Anfänger kommen schnell mit dem System zurecht, stossen jedoch schon bald an Grenzen und Einschränkungen, die eigentlich der verfügbaren Hardware-Technologie unangemessen sind. Bedauerlicherweise scheinen die Software-Entwickler bei Atari nicht in der Lage zu sein, die positiven Beispiele in Sachen einfacher Bedienung, die andere Rechner vormachen, konsequent umzusetzen. Die technischen Voraussetzungen dazu sind besser als bei manchem anderen Konkurrenten.

Commodore Amiga

Last but not least folgt im Computer-Quartett der Commodore Amiga, den wir in seiner neuesten Erscheinungsform mit dem Betriebssystem 3.0 in den Vergleich einbeziehen. Bekanntlich werkelt im Inneren des Amiga schon seit etlichen Jahren ein echtes Multitasking-System. Also beste Voraussetzungen für den Anwender, denn wenn eine Firma so fortschrittliche Technologie in einen Computer einbaut, dann wird sie doch auch an die vielen kleinen Sorgen und Nöte der Benutzer denken. Das war zwar in der Vergangenheit nicht ganz so, aber langsam, sprich mit der Version 3.0, kommt der Amiga-Anwender auf seine Kosten.

Von der verfügbaren Hardware befindet sich Commodore gerade mitten in einer Umbruchsituation. Die bisherigen Modelle vom 500er bis zum 2000er sind in die Jahre gekommen. Die nächste Generation mit dem 1200er am unteren und dem 4000er am oberen Ende der Skala steht schon in den Regalen der Händler. Leistungsfähige Prozessoren und ausgezeichnete Grafik bringen den Amiga wieder mit an die Spitze der technologischen Entwicklung. Das Loch in der Mitte will Commodore in diesem Frühjahr oder Sommer stopfen, und auch die angekündigten Erweiterungen wie zum Beispiel die DSP-Karte für den A4000, sorgen dafür, daß sich die Amiga-Reihe hardwaremäßig in keiner Hinsicht mehr hinter einem der anderen drei Systeme verstecken muß.

Und wie präsentiert sich dem Anwender nun seine neue »Freundin«? Nun, die Dame möchte schon, daß man sich mit ihr befaßt. Die Installation des auf fünf Disketten gelieferten Betriebssystems erfordert zunächst einige Zeit, ist aber dank einer gut ausgearbeiteten Installationshilfe keine große Schwierigkeit. Es fällt allerdings auf, daß Amiga-Fans immer auch einen gewissen Hang zum Englischen haben sollten. Die bemüht deutsche Anleitung legt manchmal die Vermutung nahe, daß ein original englisches Handbuch einfacher zu lesen sein könnte. Doch lassen wir uns nicht von solchen Nebensächlichkeiten ablenken und widmen uns dem Aufbau des Betriebssystems.

Das tiefste Element ist das Intuition (verfügbare Grafikroutinen, Art und Aufbau der Oberflächenelemente etc.). Ihm übergeordnet findet sich die Workbench, die eigentliche grafische Benutzeroberfläche. Da wir uns auf dem Amiga in einem echten Multitaskingsystem befinden, ist die Workbench natürlich auch nur eine neben mehreren möglichen anderen Anwendungen. Entsprechend öffnet sie als Anwendung einen Bildschirm (Screen), über den der Anwender mit dem Rechner kommuniziert. Die Dateien und Programme erscheinen auf diesem Screen als Icons oder als Textzeilen. Die Icons sind sehr variabel gestaltet, und bereits die vorgegebenen Symbole lassen sich intuitiv richtig bedienen. Die Daten sind in Ordnern zusammengefaßt oder auch direkt auf dem Screen plaziert. Öffnet man einen Ordner, so erscheint der Inhalt in einem Fenster auf dem virtuellen Bildschirm, dem Screen. Allgemeine Steuerbefehle für die Workbench beziehungsweise für den Diskettenbetrieb sind ebenfalls in Pull-Down-Menüs zusammengefaßt.

Zahlreiche Befehle und Routinen, die häufig von mehreren Programmen genutzt werden, sind in Libraries zusammengefaßt, die man einfach ein einem bestimmten Ordner sammelt und damit dem gesamten System zur Verfügung stellt. Dieses zentralisierte Konzept ist für ein Multitaskingsystem sehr effektiv, da viele Resourcen nur einfach vorhanden sein müssen und trotzdem jedem anfordernden Programm zur Verfügung stehen. Die gleiche Lösung findet sich auch bei den Druckertreibern und bei den verfügbaren Fonts. Auch hier erfolgt eine zentrale Einstellung der Treiber beziehungsweise Zeichensätze und alle Programme greifen darauf zurück.

Von der Workbench aus startet man normalerweise seine Anwendungsprogramme. Dazu öffnen die Anwendung einen eigenen Screen oder benutzt auch den Workbenchscreen. Die Bildschirmmodi der virtuellen Screens (Auflösung, Farben) lassen sich bereits ab Betriebssystemversion 2.0 einzeln weitgehend frei konfigurieren, so daß auch hier eine benutzerfreundliche Anpassung an die jeweilige Anwendung möglich ist.

Zum Lieferumfang des Betriebssystems gehören zahlreiche Hilfsprogramme, die dem Anwender das Leben erleichtern sollen. Das wichtigste davon ist die Shell, die dem Anwender neben der grafischen Benutzeroberfläche auch eine kommandoorientierte Eingabeform bietet. Ebenfalls unbedingt zu erwähnen ist der ARexx-Port, eine standardisierte Schnittstelle zwischen den einzelnen Anwendungen. Mit Hilfe dieser Steuersprache lassen sich Kommandodateien schreiben, die eine Steuerung der Anwendungsprogramme quasi von außen erlauben. Außerdem tauschen die Programme untereinander über diesen Port Daten aus und können so direkt miteinander kommunizieren - im Multitaskingsystem eine wichtige und sinnvolle Einrichtung.

Die Arbeit mit dem Betriebssystems ist für den Anwender einfach zu durchschauen. Ein Problem werfen höchstens die unterschiedlichen Bildschirmauflösungen auf, mit denen man manchmal konfrontiert wird. Allerdings ist die Bedienung des Betriebssystems hier wieder einfach - wenn man sie erst einmal kapiert hat. Das ist aber kein Problem der Bedienungsoberfläche, sondern eher eins der Anleitung. Technische Unzulänglichkeiten, wie das Flimmern der Bildschirmdarstellung in den Interlaced-Modi, lassen sich durch entsprechende Hardware ebenfalls in den Griff bekommen. Störend wirken sich im Laufe der Zeit nur gewisse Beschränkungen aus, wie zum Beispiel die etwas umständliche Handhabung bei DOS-Disketten. Insgesamt muß man dem Amiga aber eine sehr benutzerfreundliche Oberflächengestaltung zugestehen. Zusammen mit dem wirklich flotten und gut funktionierenden Multitaskingsystem läßt er manchen Konkurrenten hinter sich.

Zum guten Schluß

Nun erwarten Sie, liebe Leser, vielleicht einen abschließenden Vergleich, eine Aussage zum »besten aller Systeme«. Doch hier möchten wir Sie bewußt enttäuschen, denn man sollte als Anwender immer bedenken, daß die Entwicklung der Oberflächen ständig weitergeht. Vorbild der Systementwicklung ist die Macintosh-Oberfläche. Das aktuelle Amiga-OS 3.0 ist in vielen Bereichen gut in der Folge. Windows-Systeme hingegen zeigen noch zu viele Haken und Ösen, in denen der Anwender sich verstricken kann. Das TOS des Falcon 030 schließlich zeigt ebenfalls viele gute Ansätze, ist aber in manchen Bereichen, bedingt durch die teilweise recht laxe Einstellung Ataris, zu uneinheitlich. Hinzu kommen echte Einschränkungen, wie beispielsweise die nur acht Zeichen langen Dateinamen. Im Vergleich fällt der Falcon auch durch das immer noch fehlende beziehungsweise einfach zu langsame Multitaskingsystem »Multi-TOS« heraus.

Alle Systeme erreichen für sich bereits einen hohen Stand an Benutzerfreundlichkeit und effektiver Bedienbarkeit. Letztendlich entscheidend ist die Funktionalität der Anwendungssoftware, da man sich doch immer nur relativ kurze Zeit auf der Betriebssystemoberfläche des Computers aufhält. Und so bleibt den Anwendern eigentlich nur zu wünschen, daß die Entwicklung vor allem im Hinblick auf die Kommunikation verschiedener Software miteinander vorangetrieben wird und sich der Computer immer mehr vom Zauberkasten in ein handhabbares Werkzeug verwandelt. Wir denken, die Bedienungsoberflächen sind in dieser Entwicklung schon bei den Polierarbeiten angelangt. (wk)



Aus: TOS 05 / 1993, Seite 81

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